VwGH vom 28.09.2011, 2008/13/0025
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des P in L, vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 18/1/2/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1292-W/04, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum (Allein )Gesellschafter-Geschäftsführer der S GmbH, einem Franchiseunternehmen, das an den Standorten W, H Straße (im Folgenden: H), und W, F Straße (im Folgenden: F) auch eigene Geschäftslokale betrieb. Mit Kaufverträgen vom Jänner 2000 und vom Dezember 2000 erwarb der Beschwerdeführer von der S GmbH das Geschäftslokal H sowie die in den Geschäftslokalen H und F befindliche Betriebs- und Geschäftsausstattung und machte in Bezug auf die angeführten Erwerbe Investitionsfreibeträge gemäß § 10 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 101/2006 geltend. Zudem schloss er Franchiseverträge mit der S GmbH ab, in denen er sich verpflichtete, ausschließlich Waren und Dienstleistungen der S GmbH zu beziehen und in den Geschäftslokalen H und F unter dem Namen der Wortbildmarke "(S)" zu vertreiben.
Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Beschwerdeführer habe im Jänner und Dezember 2000 Betriebe erworben, weshalb ihm die im Zusammenhang mit diesen Erwerben geltend gemachten Investitionsfreibeträge nicht zustünden.
Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2000.
Der Beschwerdeführer berief gegen den Einkommensteuerbescheid und brachte vor, die Übertragung eines Betriebes setze voraus, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen bildeten und objektiv geeignet seien, dem Erwerber die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen.
Im gegenständlichen Fall handle es sich um Fachgeschäfte, die unter der geschützten Marke "(S)" betrieben würden. Die wesentlichen Betriebsmittel seien das zur Verfügung stehende Geschäftslokal, die Betriebseinrichtung und das Recht die Marke "(S)" verwenden zu dürfen. Letzteres "stelle im gegenständlichen Fall sogar das wichtigste Betriebsmittel dar".
Mit Kaufverträgen vom Jänner 2000 und Dezember 2000 habe die S GmbH das Geschäftslokal H sowie die in den Geschäftslokalen H und F befindliche Betriebs- und Geschäftsausstattung an den Beschwerdeführer verkauft. Das Recht, die Marke "(S)" führen zu dürfen, sei nicht Gegenstand dieser Kaufverträge gewesen. Die entsprechenden Franchiseverträge seien gesondert zwischen der S GmbH und dem Beschwerdeführer abgeschlossen worden. "Diese Franchiseverträge haben auch die Verpflichtung zur Bezahlung des entsprechenden Entgeltes ausgelöst, zusätzlich zu den Kaufpreiszahlungen aus den anderen Kaufverträgen."
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Franchiseverträge nicht gesondert von den Kaufverträgen beurteilt werden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 101/2006 konnte der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern einen Investitionsfreibetrag von höchstens 20% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. Gemäß § 10 Abs. 5 dritter Teilstrich leg. cit. durfte ein Investitionsfreibetrag u.a. bei Erwerb eines Betriebes oder eines Teilbetriebes nicht geltend gemacht werden.
Der Erwerb eines Betriebes liegt immer dann vor, wenn die erworbenen Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des bisherigen Betriebes gebildet haben und an sich geeignet waren, dem Erwerber die Fortführung des übernommenen Betriebes zu ermöglichen. Es muss ein in seinen wesentlichen Grundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens übertragen werden, wobei es nicht entscheidend ist, ob der Erwerber tatsächlich willens ist, den erworbenen Betrieb unverändert weiterzuführen. Es genügt, dass die insgesamt erworbenen Wirtschaftsgüter objektiv die Fortführung des Betriebes ermöglichen. Dabei ist der zivilrechtliche Titel, der den Erwerber zur Nutzung bestimmter Teile des Betriebsvermögens berechtigt, nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die tatsächliche Einräumung des Verfügungsrechtes in einer Weise, die es ermöglicht, den Betrieb im Wesentlichen unverändert weiterzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0161, mwN).
Einen tauglichen Maßstab für die vorzunehmende Wertung, ob ein "ganzer Betrieb" übertragen wird, gibt die Beschreibung der bisherigen in der Hauptsache ausgeübten betrieblichen Tätigkeit. Ihre Art, ihr Umfang und ihr geschäftlicher Wirkungskreis müssen aufrechterhalten werden können, soll durch die Sachmittelübertragung der Übergang des "ganzen" Betriebs als bewirkt zu betrachten sein. Bei Beurteilung dieser Frage wird insbesondere zu prüfen sein, ob die ihrer Funktion nach für den übergehenden Betrieb in seiner bisherigen Art und Größe bestimmenden Wirtschaftsgüter übergehen, denn dies sind die Betriebsgrundlagen, die die Betriebsfortführung beim Erwerber ermöglichen (vgl. Stoll , Rentenbesteuerung4, Rz 208).
In der Beschwerde wird - wie im Verwaltungsverfahren - vorgebracht, der Beschwerdeführer habe mit den Kaufverträgen vom Jänner und Dezember 2000 nur das Geschäftslokal H sowie die in den Geschäftslokalen H und F befindliche Betriebs- und Geschäftsausstattung erworben. Wesentliche Betriebsgrundlage seien die Franchiseverträge mit der S GmbH gewesen. Erst diese hätten die Fortführung der Betriebe ermöglicht.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Für die Frage, ob ein Betrieb übergegangen (erworben worden) ist, kommt es entscheidend darauf an, ob der Betrieb in seiner konkreten, gerade den übertragenen Betrieb ausmachenden Art übergeht.
Der Beschwerdeführer hat mit den hier in Rede stehenden Kaufverträgen das Geschäftslokal H sowie die in den Geschäftslokalen H und F befindliche Betriebs- und Geschäftsausstattung erworben. Zudem hat er Franchiseverträge mit der S GmbH abgeschlossen. Damit hat er sichergestellt, dass die Betriebe H und F in derselben Weise weitergeführt werden können, wie sie bisher von der S GmbH geführt worden waren. Dass erst die Franchiseverträge die Fortführung der Betriebe ermöglichten, ändert nichts daran, dass in der gegebenen Konstellation die vom Beschwerdeführer zudem erworbenen Anlagegüter Teile von im Ganzen erhalten gebliebenen Betrieben gebildet haben und ein Investitionsfreibetrag nach der Bestimmung des § 10 Abs. 5 EStG 1988 in der oben angeführten Fassung daher nicht zustand (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom und das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0270).
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am