VwGH vom 11.09.2015, 2013/02/0273
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Beschwerde des R in B, vertreten durch Dr. Andreas Hochwimmer und Dr. Remy Horcicka, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Neutorstraße 15A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-104/650/13-2013, betreffend Übertretung der StVO (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Berufungsbehörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am um 13.52 Uhr an einem näher genannten Ort auf der A 10 als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Fahrzeugs keinen solchen Abstand vom nächsten vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihm das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre. Er sei mit einem Abstand von elf Metern, das entspreche 0,39 Sekunden, hinter einem in gleicher Richtung fahrenden Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 104 km/h nachgefahren. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2c Z 4 StVO eine Geldstrafe in Höhe von EUR 220,--(Ersatzfreiheitsstrafe: 73 Stunden) verhängt wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vor der Berufungsbehörde eingeräumt, bei der gegenständlichen Fahrt eine Abstandsunterschreitung begangen zu haben. Der zum nächsten, in gleicher Richtung vorausfahrenden Kfz eingehaltene Abstand sei mittels eines computergestützten, damals laut Eichschein bis aufrecht geeichten Messgerätes der Bauart VKS 3.1 des Herstellers V. festgestellt worden und durch eine der Berufungsbehörde zur Verfügung gestellte, in der Berufungsverhandlung vorgeführte Videoaufzeichnung sowie durch daraus hergestellte, bereits im erstbehördlichen Verfahren vorgelegte Lichtbilder dokumentiert worden.
Dieses in seiner Funktionsweise amtsbekannte, für Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen zugelassene System ermögliche es, die Fahrgeschwindigkeit von Fahrzeugen und deren Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu bestimmen, indem aus einer mit Videoaufzeichnung erfassten Verkehrssituation mittels perspektivischer Transformation eine von einem Fahrzeug zurückgelegte Strecke im Bereich eines zuvor definierten Messfeldes exakt vermessen und die Anzahl der Videobilder zwischen zwei Momentaufnahmen als Berechnungsbasis herangezogen werde, wofür mittels der vor Ort als Messrasterdaten erfassten sowie manuell digitalisierten und vom System gespeicherten Punkte, deren Kodierungsnummern zur Verfügung stünden, die Berechnungen mit dem jeweils günstigsten Wert vorgenommen und als abgespeicherte Protokolldateien jederzeit aufgerufen und abgedruckt werden könnten. Bei der Abstandsmessung zwischen zwei aufeinander folgenden Fahrzeugen werde der Abstand der Radaufstandspunkte der Vorderachse unter Berücksichtigung der Fahrzeuglänge (durch den Abstand der Radaufstandspunkte bei der Vorder- und der Hinterachse des voranfahrenden Fahrzeugs) gemessen.
Der in der Verwendung dieses Messsystems und in der Auswertung der Videoaufnahmen geschulte, zur Tatzeit darin bereits mehrjährig praktisch erfahrene Zeuge RI P. A. habe glaubwürdig und auch durch die Videosequenz nachvollziehbar geschildert, dass eine durch nicht vom Beschwerdeführer zu vertretende Umstände, wie durch ein Fahrverhalten Dritter (etwa durch Fahrstreifenwechsel oder eine Bremsung des voranfahrenden Fahrzeuges) verursachte Abstandsverkürzung nach Beobachtung des Verkehrs über eine Strecke von jedenfalls 500 m und nach nachfolgender Überprüfung der Videoaufzeichnung der Beschuldigtenfahrt habe ausgeschlossen werden können.
Ebenso nachvollziehbar - und durch die mit der Stellungahme vom vorgelegte Lichtbildbeilage dokumentiert - habe der die Messung vornehmende Beamte die vom Auswertungssystem aus der Veränderung der Fahrzeugpositionen im Messfeld durch eine Weg- /Zeitberechnung ermittelten und auf der genannten Stellungnahme ausgewiesenen Ergebnisse erläutert, wonach der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort eine Fahrgeschwindigkeit von 108 km/h bzw. nach Berücksichtigung einer Messtoleranz von 104 km/h gehabt und hiebei zum nächsten in gleicher Richtung vorausfahrenden Kraftfahrzeug einen bereits augenscheinlich zu geringen Tiefenabstand gehabt habe. Dieser Abstand habe zwischen den vom Zeugen (Beamten) im Messfeld bei den Radaufstandspunkten bei der Vorderachse des Fahrzeugs des Beschwerdeführers und des diesem vorausfahrenden Fahrzeugs gesetzten Messlinien nur 12,5 m bzw. nach Berücksichtigung der davon in Abzug zu bringenden Fahrzeuglänge nur 10,2 m betragen. Dieser Wert berücksichtige nur den Abstand der Messlinien zwischen des Radaufstandspunkten bei der Vorder- und der Rückachse des dem Fahrzeug des Beschwerdeführers voranfahrenden Fahrzeugs (von 2,3 m), nicht aber die Fahrzeugüberhänge (von jeweils ca. 0,5 m) und dieser sei vom System zu Gunsten des Beschwerdeführers auf 1 m bzw. 0,39 sec. aufgerundet worden, sodass der ermittelte Abstand erheblich größer als der tatsächliche Abstand gewesen sei.
Der Zeuge RI P. A. habe glaubhaft darauf verwiesen, die Messlinien mit größter Sorgfalt entsprechend der Gebrauchsanweisung für das VKS 3.1-Programm über den den Film in Farbe zeigenden, bezüglich Helligkeit und Dunkelheit regulierbaren Bildschirm der Kamera ohne jegliche Beeinträchtigungen, und zwar zu Beginn des Messfeldes und dann im (für ihn) vorderen Bereich des Messfeldes gesetzt zu haben. Dabei sei dieser vom System mittels automatischer Fotos (Screenshots) dokumentierte - händische - Vorgang, der gegenüber der Erstbehörde auch durch zwei Lichtbilder mit Messlinien von 13:52:26:15 Uhr und von 13:52:28:22 Uhr belegt worden sei, vom System zur Überprüfung jederzeit abrufbar gespeichert worden. Der Zeuge habe ferner dargelegt, dass er durch Auswahl einer weiteren (zweiten) Videoaufzeichnung zu einem späteren Zeitpunkt und durch neuerliche Anbringung der Messlinien erst das Berechnungssystem gestartet habe, in dem minimale Abweichungen beim Anbringen der Messlinie durch Einrechnung von Toleranzwerten zugunsten des Beschwerdeführers ausgeglichen worden seien.
Ferner habe der Zeuge darauf verwiesen, dass bei seiner Vorgangsweise keine personenbezogenen Daten Unbeteiligter gespeichert worden seien, insbesondere die begrenzte Videoaufzeichnung keine Identifizierung von Lenker und Fahrzeugkennzeichen zulasse. Es fehle an Anhaltspunkten für einen Bedienungsfehler oder eine Funktionsstörung des zur Tatzeit verwendeten Messgerätes. Ferner fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass der unter straf- und dienstrechtlicher Wahrheitspflicht vernommene Zeuge den ihm fremden Beschwerdeführer hätte falsch belasten wollen. Es habe daher von dem dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zugrunde gelegten Sachverhalt unter Abstandnahme von weiteren Beweisaufnahmen ausgegangen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, - wie vorliegend - nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.
In der Beschwerde wird zunächst ausgeführt, der mit der 22. StVO-Novelle (BGBl. I Nr. 16/2009) in Geltung gesetzte § 98c StVO sehe eine gesetzliche Ermächtigung "für die räumlich und zeitlich begrenzte Verwendung bildverarbeitender technischer Einrichtungen" vor. Gemäß dem Wortlaut des § 98c Abs. 2 StVO dürften über den Zeitpunkt der Feststellung der "Abstands-Unterschreitung" hinaus (hier den ) ausschließlich Daten verwendet werden, die zur Identifizierung des auffahrenden Fahrzeugs oder Fahrzeuglenkers erforderlich seien. Eine Verwertung der Videoaufzeichnungen oder Verwendung darüber hinaus sei nach § 98c StVO unzulässig.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides werde an mehreren Stellen auf die in der Berufungsverhandlung vorgeführte Videoaufzeichnungen verwiesen. Dadurch, dass die Berufungsbehörde ohne entsprechende Rechtsgrundlage die Videoaufzeichnungen verwertet und zur Begründung des angefochtenen Bescheides heranziehe, habe sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
§ 98c StVO, zuletzt geändert durch die Novelle
BGBl. I Nr. 39/2013, lautet:
"Abstandsmessung
§ 98c. (1) Für Zwecke der automationsunterstützten Feststellung einer Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstands beim Hintereinanderfahren gemäß § 18 dürfen die Behörden jeweils räumlich und zeitlich begrenzt bildverarbeitende technische Einrichtungen verwenden. Diese technischen Einrichtungen umfassen jeweils alle Anlagenteile, die diesem Zweck dienen. Die Ermittlung von Daten mittels dieser Einrichtungen hat sich auf Fälle des begründeten Verdachtes von Unterschreitungen des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu beschränken.
(2) Wird mittels einer technischen Einrichtung gemäß Abs. 1 eine Unterschreitung eines notwendigen Sicherheitsabstands beim Hintereinanderfahren gemäß § 18 festgestellt, dürfen über den Zeitpunkt der Feststellung der Unterschreitung hinaus ausschließlich die Daten verwendet werden, die zur Identifizierung des auffahrenden Fahrzeuges oder des betreffenden Fahrzeuglenkers erforderlich sind, und zwar ausschließlich für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer solchen Unterschreitung sowie wegen einer allenfalls gleichzeitig festgestellten Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Soweit mittels einer technischen Einrichtung gemäß Abs. 1 zwar keine Unterschreitung eines notwendigen Sicherheitsabstandes, jedoch eine Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit festgestellt wird, dürfen die bezüglichen Daten auch für die Zwecke eines darauf Bezug nehmenden Verwaltungsstrafverfahrens verwendet werden.
(3) Soweit die bildgebende Erfassung von Personen außer dem Fahrzeuglenker technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen. Dasselbe gilt für Kennzeichen von anderen Fahrzeugen als des auffahrenden Fahrzeuges, soweit ein solches Kennzeichen nicht für Zwecke des Ermittlungsverfahrens zwingend erforderlich ist."
Die Begründung (Erläuterung) des durch die 22. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 16/2009 mit Initiativantrag (315/A XXIV. GP, S. 5) neu aufgenommenen § 98c StVO lautet:
"§ 98c unterscheidet sich von den vorangehenden Bestimmungen lediglich insofern, als hier auch die Verwendung von anderen Daten als denen des Verdächtigen unter bestimmten Umständen für zulässig erklärt wird. Dies betrifft insbesondere das Kennzeichen des vorderen Fahrzeugs, weil dieses im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den zu dicht Auffahrenden von Bedeutung sein kann (etwa für Zeugeneinvernahmen)."
Die vom Beschwerdeführer ausschließlich aufgrund einer Wortinterpretation vorgenommene Auslegung des § 98c Abs. 2 StVO wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt, zumal auf diese Weise jegliche weitere Verwendung und Verwertung des vorhandenen Datenmaterials als Beweismittel für ein Verwaltungsstrafverfahren betreffend eine Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO wegen Unterschreitung des notwendigen Sicherheitsabstands beim Hintereinanderfahren ab dem Zeitpunkt der Feststellung einer solchen Unterschreitung unzulässig wäre. Dies erschließt sich auch aus § 98c Abs. 3 StVO, zumal diese Bestimmung betreffend die nachträgliche Anonymisierung von sonstigen Personen und Fahrzeugkennzeichen bei einer Auslegung im Sinne des Beschwerdeführers weitgehend überflüssig wäre.
Aus den vorgenannten Erläuterungen zu dieser Bestimmung erhellt jedoch, dass jene Daten, die unmittelbar den Verdacht einer Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes betreffen und für Zwecke der Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens (wozu auch das entsprechende Berufungsverfahren vor dem jeweiligen unabhängigen Verwaltungssenat - nunmehr Beschwerdeverfahren vor dem jeweiligen Verwaltungsgericht - zählt) ermittelt und verarbeitet wurden, von den zuständigen Behörden/Gerichten im Zuge der Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes bzw. wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verwendet werden dürfen.
Die in diesem Zusammenhang gerügte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.
In der Beschwerde wird ferner vorgebracht, der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Verfahrens bereits die technische Richtigkeit sowie die Nachvollziehbarkeit der Messung bemängelt und auch explizit auf die Entscheidung des Zl. 2008/02/0058, verwiesen. Es gehe gegenständlich um einen denkbar knappen Messwert und um eine Differenz von nur 0,01 Sekunden, bei deren Nichtvorliegen bereits die Strafbarkeit nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO ausgeschlossen sei. Zudem sei auf die Unzulänglichkeit der im Akt erliegenden zwei Fotos und die daraus resultierende mangelnde technische Nachvollziehbarkeit der Messung verwiesen.
Hätte die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer beantragten Beweis, nämlich die Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens durchgeführt, dann wäre sie zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gekommen. Ein Sachverständiger hätte unter Heranziehung seiner einschlägigen Fachkenntnisse nachvollziehbar darlegen können, dass anhand der im Akt erliegenden Beweismittel - nämlich der Lichtbilder - eine Nachvollziehbarkeit der vorgenommenen Messung mit einer Genauigkeit von 0,01 Sekunden im konkreten Fall nicht gegeben sei. Die Einvernahme des Zeugen RI P. A. als Meldungsleger habe diesen Mangel nicht ausgleichen können, zumal dieser in der Verhandlung vom dargelegt habe, sich an die hier verfahrensgegenständliche Abstandsmessung konkret nicht mehr erinnern zu können.
Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.
Nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs. 1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.
Im vorliegenden Beschwerdefall hängt die Richtigkeit der Messung von der subjektiven Entscheidung des messenden Beamten ab, wo er die Messlinien gesetzt hat und ob er die Messlinien tatsächlich an den in der Betriebsanleitung vorgesehenen Stellen gesetzt hat. In so einem Fall muss dieser Vorgang zu einem späteren Zeitpunkt auf seine Genauigkeit überprüfbar sein; erst wenn objektiv feststellbar ist, dass die Messlinien an den in der Betriebsanleitung vorgesehenen Stellen gesetzt wurden, kann die Verlässlichkeit der vorgenommenen Abstandsmessung abschließend beurteilt werden. In Grenzbereichen von Messergebnissen, wo minimale Verschiebungen der Pixelsetzung die Strafbarkeit ausschlössen, muss die Überschreitung ausführlich und nachvollziehbar begründet werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/02/0058, mwH).
Wie der Meldungsleger als Zeuge bei der mündlichen Verhandlung aussagte, liegen vom Setzen der Messlinie nur zwei Lichtbilder im Akt auf, nämlich von 13:52:26 und von 13:52:28 Uhr auf; es könne aus den Videoaufzeichnungen auch ein größeres Bild der Messlinien reproduziert werden. Auf der Videoaufnahme der Berufungsbehörde seien diese Messlinien "nicht ersichtlich", wie man am Verhandlungstag habe sehen können.
Angesichts des vom einschreitenden Beamten gemessenen Wertes von 0,39 Sekunden (die Strafbarkeit nach § 99 Abs. 2c Z 4 StVO ist u. a. bei einem Wert von "weniger als 0,4 Sekunden" gegeben) hängt im vorliegenden Beschwerdefall die Strafbarkeit des Beschwerdeführers davon ab, dass nachvollziehbar und schlüssig dargelegt wird, dass tatsächlich sämtliche Voraussetzungen für eine technisch einwandfreie - insbesondere auch für eine entsprechend der einschlägigen Gebrauchsanweisung für das verwendete Messgerät durchgeführte - Messung gegeben waren. Dies stellt jedoch eine Fachfrage dar, die - sofern die Behörde nicht selbst über das erforderliche Fachwissen verfügt (vgl. die bei Walter Thienel, Verwaltungsverfahren II2, S. 801 unter E 19 zu § 52 AVG wiedergegebene hg. Judikatur) - von einem beizuziehenden technischen Sachverständigen zu beantworten wäre. Es fehlt im vorliegenden Fall an Anhaltspunkten, dass die Berufungsbehörde selbst über das nötige technische Fachwissen verfügt hätte.
In einem solchen Fall wäre daher die Behörde verpflichtet gewesen, die Richtigkeit der Messergebnisse durch Einholung eines Gutachtens eines technischen Sachverständigen prüfen zu lassen. Weshalb u.a. die dem Akt beiliegenden beiden Fotos mit den eingezeichneten Messlinien, welche noch dazu von mäßiger Bildqualität sind, dazu ausreichen sollen, die Richtigkeit der vorliegenden Messung zu belegen, vermag die belangte Behörde nicht einsichtig und schlüssig nachvollziehbar darzulegen. Das in der Berufungsverhandlung vorgeführte Video konnte zwar den zu geringen Sicherheitsabstand, nicht jedoch die richtige Setzung der Messlinien durch den Meldungsleger belegen, wie sich auch aus der Aussage des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers eindeutig ergibt. Auch lässt sich dem angefochtenen Bescheid eine nähere Begründung dafür, weshalb die Behörde zulässiger Weise von der beantragten Aufnahme eines Sachverständigenbeweises Abstand nehmen konnte, nicht entnehmen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist.
Wien, am