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VwGH 30.05.2018, Ra 2018/13/0006

VwGH 30.05.2018, Ra 2018/13/0006

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §30 Abs3;
RS 1
Nichtstattgebung - Umsatzsteuer 2005 bis 2009 sowie Feststellung von Einkünften 2005 bis 2009 - Im Fall eines Antrages nach § 30 Abs. 3 VwGG ist - wenn wie im vorliegenden Fall eine wesentliche Änderung der für die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung maßgeblichen Voraussetzungen nicht behauptet wird - grundsätzlich nur die Begründung des ursprünglichen Antrages maßgeblich. Das Verfahren nach § 30 Abs. 3 VwGG dient nicht dazu, dem Antragsteller eine "Nachbegründung" seines Antrages zu erlauben; vielmehr soll es einerseits eine Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf Basis der diesem bereits vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und andererseits die Berücksichtigung von wesentlichen Änderungen, die auch die Stellung eines neuen Antrages rechtfertigen würden, ermöglichen (vgl. den hg. Beschluss vom , Ro 2015/08/0017; vgl. auch Mairinger, in FS-Ritz, Von der Wirksamkeit des Rechtsschutzes in Abgabensachen, 196).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/15/0049 B RS 1 (hier Nichtstattgebung - Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Haftung für Kapitalertragssteuer)
Norm
RS 1
Die Initiative zur Akteneinsicht hat nicht von der Behörde (oder dem Verwaltungsgericht) auszugehen. Die Partei ist zur Akteneinsicht also nicht aufzufordern, ihr ist die Einsicht in die Akten lediglich zu gestatten (§ 90 Abs. 1 BAO; vgl. , mwN). Die Gestattung ist ein Realakt, der nicht einer besonderen Genehmigung bedarf (vgl. auch Ritz, BAO6, § 90 Tz 9: kein Bescheid). Wird ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der nicht abgewiesen wird, dann liegt es bei der Partei, diese Möglichkeit zu nützen (vgl. , VwSlg 7572 F/2001).
Norm
RS 2
Im Bescheidbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht (vgl. ); Beweise können - wie insbesondere aus § 269 Abs. 2 BAO hervorgeht - über Anordnung des Verwaltungsgerichts auch durch eine Abgabenbehörde aufgenommen werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/15/0022 B RS 2 Hier nur erster Halbsatz.
Normen
RS 3
Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch das Beweismittel erwiesen werden sollen, brauchen die Abgabenbehörden und das Verwaltungsgericht nicht zu entsprechen (vgl. neuerlich ).
Norm
RS 4
Eine "griffweise" Schätzung ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anerkannt (vgl. etwa ).
Norm
RS 5
Das Mehrfachprüfungsverbot ist in § 148 Abs. 3 BAO ausdrücklich (gesetzlich) vorgesehen. Dass ein Verstoß gegen das Mehrfachprüfungsverbot kein Beweisverwertungsverbot begründet, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. , mwN).
Normen
RS 6
Spruch des Haftungsbescheides (§ 224 BAO) ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (Hinweis Ritz, Wiederaufnahme eines Lohnsteuerverfahrens oder zweiter Haftungsbescheid?, SWK 1996, A 604). Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Abänderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Berufungsverfahren iSd § 289 Abs 2 BAO festgelegt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2001/15/0029 E VwSlg 7780 F/2002 RS 2 (hier nur erster Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der A Ges.m.b.H. Ltd (vormals: T Ges.m.b.H. Ltd), vertreten durch Dr. Andreas Huber, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 12/2/10, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7106143/2015, betreffend Umsatzsteuer 2011 bis 2013, Körperschaftsteuer 2011 und 2012, Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 und 2012, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interesse entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Nach § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

3 Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , VwSlg 10.381/A) schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.

4 Im Falle eines Antrages nach § 30 Abs. 3 VwGG ist - wenn eine wesentliche Änderung der für die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung maßgeblichen Voraussetzungen nicht behauptet wird - grundsätzlich nur die Begründung des ursprünglichen Antrages maßgeblich. Das Verfahren nach § 30 Abs. 3 VwGG dient nicht dazu, dem Antragsteller eine "Nachbegründung" seines Antrages zu erlauben; vielmehr soll es einerseits eine Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auf Basis der diesem bereits vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und andererseits die Berücksichtigung von wesentlichen Änderungen, die auch die Stellung eines neuen Antrages rechtfertigen würden, ermöglichen (vgl. etwa den , mwN).

5 Im vorliegenden Fall wurde in einem gleichzeitig mit der Revision eingebrachten Schriftsatz die aufschiebende Wirkung mit der Begründung beantragt, die Revisionswerberin müsste zur Begleichung der - strittigen - Abgabenforderung einen Kredit aufnehmen, der auf einer im Eigentum der Revisionswerberin befindlichen Liegenschaft besichert werden müsste. Der Kredit und die Besicherung seien mit erheblichen Kosten verbunden, die im Fall des Obsiegens der Revisionswerberin nicht ersetzt würden.

6 Das Bundesfinanzgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom nicht statt und begründete dies - unter Verweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs () - damit, dass das Vorbringen der Revisionswerberin einen unverhältnismäßigen Nachteil nicht begründen könne.

7 Im nunmehrigen Antrag auf aufschiebende Wirkung macht die Revisionswerberin geltend, sie betreibe ein "Hausbetreuungsunternehmen". Zu ihren Auftragnehmern zählten überwiegend staatliche Unternehmen und Gebietskörperschaften, die Auftragsvergabe erfolge mittels Ausschreibung. Zwingendes Qualifikationskriterium der an den Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen sei deren ausreichende Bonitäts-Einstufung durch Gläubigerschutzverbände. Der gegen das angefochtene Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision sei keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden; das Erkenntnis (das Abgaben über insgesamt ca. 280.000 EUR betreffe) sei vollstreckbar. Damit scheine auch die Abgabenschuld auf dem Steuerkonto der Revisionswerberin als vollstreckbar auf, was negative Auswirkungen auf die Bonitäts-Einstufung durch Banken und Gläubigerschutzverbände zeitige. Noch am habe die Revisionswerberin eine sehr gute Bonitäts-Einstufung des KSV 1870 erhalten. Infolge des angefochtenen Erkenntnisses sei die Herabsetzung der Bonitäts-Einstufung erfolgt. Damit sei der Revisionswerberin die Teilnahme an Vergabeverfahren verwehrt. Am sei weiters die UID-Nummer der Revisionswerberin gesperrt worden. Damit sei es der Revisionswerberin nicht weiter möglich, im geschäftlichen Verkehr aufzutreten, Rechnungen an Geschäftspartner zu legen, Rechnungsbeträge zu vereinnahmen oder an Vergabeverfahren teilzunehmen. Zur Absicherung der Einbringlichkeit der Abgabenschuld erklärte sich die Revisionswerberin zur Einverleibung eines Pfandrechts zugunsten des Abgabengläubigers betreffend eine im Alleineigentum der Revisionswerberin stehenden Liegenschaft bereit.

8 Das Finanzamt teilte in der Äußerung zu diesem Antrag u. a. mit, die Liegenschaft, zu der die Revisionswerberin die Einverleibung eines Pfandrechtes anbiete, weise ein Ausmaß von 43 m2 auf; die Revisionswerberin habe diese Liegenschaft um

3.200 EUR erworben.

9 Die Revisionswerberin zeigt mit ihrem Vorbringen im nunmehrigen Antrag jedenfalls insoweit, als das Bundesfinanzgericht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Erfordernis einer Kreditaufnahme verwies, weder eine Fehlbeurteilung durch das Bundesfinanzgericht auf der Grundlage des Erstantrages noch eine Änderung der Voraussetzungen auf. Insbesondere ist aus diesem Vorbringen nicht ableitbar, dass die Revisionswerberin - anders als zum Zeitpunkt des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes vom  - jetzt nicht mehr in der Lage wäre, einen Bankkredit zur Begleichung der Abgabenforderung aufzunehmen. Der nunmehrige Antrag enthält überdies keinerlei Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Revisionswerberin (abgesehen von den Angaben zur Liegenschaft).

10 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der B LTD (vormals A Ges.m.b.H. Ltd; vormals: T Ges.m.b.H. Ltd) in T (England), vertreten durch Dr. Andreas Huber, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 12/2/10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7106143/2015, betreffend Umsatzsteuer 2011 bis 2013 und 9-12/2013, Körperschaftsteuer 2011 und 2012, sowie Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 und 2012, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist eine nach englischem Recht gegründete Gesellschaft (Ltd.) mit Sitz in Großbritannien und Zweigniederlassung in Österreich. Sie ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr (Bilanzstichtag 31. August).

2 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom (Gegenstand der Prüfung: Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2011 und 2012; sowie Nachschau 9/2012 bis 12/2013) wurde u.a. ausgeführt, die Revisionswerberin sei im Wirtschaftsjahr 2010/2011 hauptsächlich mit Schneeräumarbeiten als Subunternehmerin für die Hausbetreuung A GmbH tätig gewesen. Im Juni 2011 sei die Revisionswerberin von der W GmbH mit der winterlichen Gehsteigbetreuung (in der Folge für mehrere Wiener Bezirke) beauftragt worden; seit September 2013 werde sie auch für weitere Auftraggeber im Bereich Grünflächenbetreuung und Winterdienst tätig.

3 Die Buchführung sei nicht ordnungsgemäß; die Buchungen im Kassabuch erfolgten jeweils erst mit dem letzten Tag des jeweiligen Monats, die Ausgangsrechnungen seien nicht in chronologischer Reihenfolge erfolgt.

4 Weiters enthält der Bericht umfangreiche Darlegungen zu Lieferanten der Revisionswerberin. Bei den von diesen ausgestellten Rechnungen handle es sich um Schein- oder Deckungsrechnungen. Der Aufwand und die geltend gemachten Vorsteuern würden daher nicht anerkannt. Die für die Leistungserbringung der Revisionswerberin notwendigen Aufwendungen würden gemäß § 184 BAO ermittelt, es werde eine Summe von 50% der geltend gemachten Nettoaufwendungen anerkannt. Die insoweit nicht anerkannten Aufwendungen und Vorsteuern seien als verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter der Revisionswerberin zu behandeln. Da Zweifel an der Einbringlichkeit beim Gesellschafter bestünden, werde die Kapitalertragsteuer der Gesellschaft vorgeschrieben.

5 Mit Bescheiden vom 23., 24. und wurden Umsatzsteuer 2011 bis 2013, Umsatzsteuer 9-12/2013 sowie Körperschaftsteuer 2011 und 2012 festgesetzt. Weiters wurde die Revisionswerberin zur Haftung für Kapitalertragsteuer 2011 und 2012 herangezogen. Begründend wurde in den Bescheiden jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen.

6 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Beschwerde.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2011 bis 2013 und 9-12/2013 sowie betreffend Körperschaftsteuer 2011 und 2012 als unbegründet ab; der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 wurde endgültig erlassen. Betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 2011 und 2012 gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte die Bescheide ab; betreffend die Bemessungsgrundlage verwies das Bundesfinanzgericht im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses auf nähere Darlegungen am Ende der Entscheidungsgründe. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

8 Nach umfangreicher Wiedergabe des Verfahrensganges setzte sich das Bundesfinanzgericht mit vom Revisionswerber geltend gemachten Mängeln des Verfahrens vor dem Finanzamt auseinander. Weiters ging es auf die von der Revisionswerberin behaupteten Leistungen von Dritten im Einzelnen ein. Es kam dabei mit näherer Begründung zum Ergebnis, dass den Rechnungen dieser Dritten an die Revisionswerberin keine Leistungen zu Grunde gelegen seien, sodass insoweit weder Betriebsausgaben noch Vorsteuern anerkannt werden könnten. Da aber (zu manchen Rechnungen) auch ein Vermögensabgang bei der Revisionswerberin nicht ersichtlich sei, könne insoweit keine Vorteilszuwendung angenommen werden, sodass die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer zum Teil zu Unrecht erfolgt sei.

9 Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Erkenntnis sowohl Revision als auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

10 Mit Beschluss vom , E 86/2018-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab (und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab). Begründend führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, die Beschwerde rüge die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein faires Verfahren und auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht sowie einen Verstoß gegen Art. 4 7. ZPEMRK. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesfinanzgericht das Vorliegen von Schein- bzw. Deckungsrechnungen zu Recht angenommen habe, nicht anzustellen. Selbst wenn für einen Zeitraum, für den eine Außenprüfung bereits vorgenommen worden sei, entgegen § 148 Abs. 3 BAO ein neuerlicher Prüfungsauftrag erteilt worden sein sollte, werde dadurch kein Verstoß gegen Art. 4 7. ZPEMRK begründet.

11 Das Finanzamt hat - nach Einleitung des Vorverfahrens über die Revision durch den Verwaltungsgerichtshof - eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Zur Zulässigkeit wird in der Revision zunächst gerügt, die Revisionswerberin habe mehrmals die Gewährung von Akteneinsicht beantragt (sowohl in der Beschwerde als auch in drei Ergänzungen zur Beschwerde). Hiezu macht die Revisionswerberin näher geltend, zwei Tage vor der Verhandlung sei die steuerliche Vertreterin der Revisionswerberin vom Bundesfinanzgericht angerufen worden; es sei die Möglichkeit der Akteneinsicht angeboten worden. Die Sekretärin der steuerlichen Vertreterin habe erklärt, die steuerliche Vertreterin halte sich im Krankenhaus auf und könne eine Akteneinsicht nicht durchführen. Das Bundesfinanzgericht sei verpflichtet, die Akteneinsicht fristgerecht vor Durchführung der mündlichen Verhandlung zu gewähren. Über den Antrag auf Akteneinsicht bestehe Entscheidungspflicht.

16 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Initiative zur Akteneinsicht nicht von der Behörde (oder dem Verwaltungsgericht) auszugehen hat. Die Partei ist zur Akteneinsicht also nicht aufzufordern, ihr ist die Einsicht in die Akten lediglich zu gestatten (§ 90 Abs. 1 BAO; vgl. , mwN). Die Gestattung ist ein Realakt, der nicht einer besonderen Genehmigung bedarf (vgl. auch Ritz, BAO6, § 90 Tz 9: kein Bescheid). Wird ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der - wie hier - nicht abgewiesen wird, dann liegt es bei der Partei, diese Möglichkeit zu nützen (vgl. , VwSlg. 7572/F).

17 Sodann rügt die Revision, das Bundesfinanzgericht habe im Rahmen der mündlichen Senatsverhandlung kein Beweisverfahren durchgeführt. Insbesondere habe die Revisionswerberin in der Beschwerde die Einvernahme von Zeugen mit klaren Beweisthemen unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Anschriften der Zeugen beantragt.

18 Hiezu ist zunächst zu bemerken, dass im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht gilt (vgl. - unter Hinweis auf § 269 Abs. 2 BAO - , mwN). Dass von der Revisionswerberin beantragte Beweise nicht unmittelbar vom Bundesfinanzgericht aufgenommen wurden, begründet daher keinen Verfahrensmangel.

19 Dass bei mündlicher Verhandlung die Entscheidung über die Beschwerde zu verkünden ist, sieht § 277 Abs. 4 BAO ausdrücklich als (eine) Möglichkeit vor. Ein Verfahrensmangel dahin, dass - wie die Revisionswerberin geltend macht - das „Urteil [...] bereits vorbereitet“ bzw. die mündliche Verhandlung damit „ad absurdum geführt“ worden sei, ist darin keinesfalls zu erkennen.

20 Zu den beantragten Zeugen hat das Bundesfinanzgericht im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen diese Beweise nicht aufgenommen wurden (bzw. nicht aufgenommen werden konnten). Entgegen den Revisionsbehauptungen erfolgten keineswegs Ladungen ohne Zustellnachweis; die Personen wurden hingegen vom Finanzamt mit Rückschein geladen.

21 Mehrere Zeugen konnten - wie im angefochtenen Erkenntnis dargelegt wird - an den von der Revisionswerberin angegebenen Anschriften nicht erreicht werden, Anhaltspunkte für andere Anschriften konnten von der Prüferin nicht ermittelt werden. Diese Umstände wurden der Revisionswerberin auch durch Übermittlung der Stellungnahme der Prüferin zur Beschwerde zur Kenntnis gebracht.

22 Die Zeugin Mag. H (Masseverwalterin der R KG) wurde von der Revisionswerberin (u.a.) zum Nachweis dafür beantragt, dass die R KG keine unterschiedlichen Rechnungsformulare verwendet habe (das Layout sei jeweils gleichlautend gewesen) und keine falsche Firmenbuchnummer auf den Rechnungsformularen vorhanden gewesen sei. Hiezu ist zu bemerken, dass sich das Bundesfinanzgericht insoweit nicht auf unrichtige Firmenbuchnummern gestützt hat. Was das unterschiedliche Layout von Rechnungen betrifft, lag ein derartiges aber selbst nach der von der Revisionswerberin vorgelegten eidesstättigen Erklärung des Geschäftsführers der R KG vor.

23 Wenn die unterlassene Einvernahme eines „informierten Vertreters“ des KSV gerügt wird, so wurde aber im Beweisantrag - anders als nunmehr in der Revision - als Beweisthema lediglich angeführt, dass sich aus dessen Einvernahme ergeben werde, dass eine Vielzahl von Geschäftsverbindungen mit der B GmbH bestanden hätten (offenbar - wie in der Revision dargelegt - gemeint: die B GmbH habe eine Vielzahl an Geschäftsverbindungen gehabt); dies ist für das vorliegende Verfahren aber ohne Bedeutung.

24 Zu den weiters in der Revision als unterblieben gerügten Einvernahmen von Zeugen ist zu bemerken, dass hiezu - anders als zu den zuvor genannten Zeugen - in der Revision nicht angegeben wird, wann diese Zeugen beantragt wurden. Es ist aber nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, sich durch das Studium von Schriftstücken aus den Verfahrensakten Kenntnis von allfällig weiteren Beweisanträgen der Revisionswerberin zu verschaffen; es wäre vielmehr Sache der Revisionswerberin gewesen, ein diesbezügliches, entsprechend konkretisiertes Vorbringen in der Revision zu erstatten (vgl. ). Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch das Beweismittel erwiesen werden sollen, brauchen die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht im Übrigen nicht zu entsprechen (vgl. neuerlich ).

25 Die Revision rügt sodann, die Schätzung sei „nach Willkür“ erfolgt. Im angefochtenen Erkenntnis wurde hiezu ausgeführt, erfahrungsgemäß werde nur ein Teil der in Deckungsrechnungen ausgewiesenen Beträge zur Bezahlung von Schwarzarbeitern verwendet. Mangels anderer Anhaltspunkte sei die Höhe der für die Leistungserbringung erforderlichen Aufwendungen im Wege einer griffweisen Schätzung zu ermitteln gewesen. Der auf Erfahrungswerten der Finanzverwaltung beruhenden Schätzung dieser Lohnaufwendungen für Schwarzarbeiter mit 50% der Rechnungsbeträge habe die Revisionswerberin nichts Konkretes entgegengesetzt.

26 Das Bundesfinanzgericht hat sohin seine Schätzungsmethode - entgegen den Revisionsbehauptungen - offen gelegt. Eine „griffweise“ Schätzung ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anerkannt (vgl. etwa ).

27 Schließlich macht die Revision geltend, der Umsatzsteuerbescheid 2013 sei ohne Rechtsgrundlage ergangen. Hiezu sei keine Steuererklärung abgegeben worden; es liege vielmehr nur für den Zeitraum 9/2013 bis 12/2013 eine Umsatzsteuervoranmeldung vor. Dieses Vorbringen ist unverständlich, erfolgte doch die Nachschau für den Zeitraum 9/2012 bis 12/2013. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung (Seite 17) wurde insoweit auch im Einzelnen dargelegt, welche Bemessungsgrundlage sich - ausgehend von den Zahlen der Buchhaltung der Revisionswerberin - für das Wirtschaftsjahr 2012/13 (also für den Zeitraum 9/2012 bis 8/2013) ergebe. Es war somit keineswegs die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 9/2013 bis 12/2013 (dieser Zeitraum ist Teil des Wirtschaftsjahres 2013/14) Grundlage des Umsatzsteuerbescheides 2013 (der das Wirtschaftsjahr 9/2012 bis 8/2013 betrifft). Für den Zeitraum 9/2013 bis 12/2013 erfolgte hingegen eine Umsatzsteuerfestsetzung (gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994), die mit dem angefochtenen Erkenntnis ebenfalls bestätigt wurde.

28 Ob ein „Mehrfachprüfungsverbot gesetzlich zulässig“ ist, ist - entgegen der Behauptung in der Revision - keine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage; das Mehrfachprüfungsverbot ist in § 148 Abs. 3 BAO ausdrücklich (gesetzlich) vorgesehen. Dass ein Verstoß gegen das Mehrfachprüfungsverbot kein Beweisverwertungsverbot begründet, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. , mwN). Da eine Wiederaufnahme von Verfahren nicht verfügt wurde, stellt sich insoweit auch keine Frage zur Ermessensübung in diesem Zusammenhang.

29 Die Revisionswerberin rügt, es sei keine Schlussbesprechung durchgeführt worden; dadurch sei das Parteiengehör nicht gewährt worden. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Revisionswerberin der Prüfungsbericht zur Kenntnis gelangte und sie hiezu Stellung nehmen konnte und Stellung genommen hat. Der (allfällige) Verfahrensfehler im Verfahren vor dem Finanzamt führt damit nicht zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. etwa ). Aus diesem Grunde war der zu diesem Thema von der Revisionswerberin beantragte Zeugenbeweis (Monika B) nicht aufzunehmen.

30 Wenn die Revisionswerberin weiters geltend macht, es sei zu klären, welche Voraussetzungen für die Gutgläubigkeit eines Vorsteuerabzugs gegeben sein müssten, so ist zu bemerken, dass es im vorliegenden Fall auf Fragen des guten Glaubens nicht ankommt. Der geltend gemachte Vorsteuerabzug scheitert daran, dass - nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts, die vom Zulässigkeitsvorbringen in der Revision nicht erschüttert werden - tatsächlich keine Leistungen erbracht worden waren.

31 Zur Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer macht die Revision geltend, das Bundesfinanzgericht habe die zeitliche Zuordnung verändert; es sei für die Revisionswerberin nicht nachvollziehbar, welche Beträge nunmehr der Bemessungsgrundlage in welchem Kalenderjahr unterworfen worden seien. Es sei die Rechtsfrage zu klären, ob die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kapitalertragsteuer detailliert und nachvollziehbar im Spruch des Erkenntnisses dargestellt werden müsse.

32 Spruch des Haftungsbescheides (§ 224 BAO) ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (vgl. ). Diese Angaben beinhaltet der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses. Die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer findet sich detailliert im Rahmen der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, worauf im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses auch ausdrücklich verwiesen wird.

33 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

35 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

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Norm
VwGG §30 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018130006.L00
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Fundstelle(n):
ZAAAE-78342