VwGH vom 09.10.2014, 2013/02/0269

VwGH vom 09.10.2014, 2013/02/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde des Dr. K in J, vertreten durch Dr. Johannes Schütz, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, Burggasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl UVS 30.4-123/2012-6, betreffend Übertretung des ASchG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murtal vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten, dass ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen nicht eingehalten wurden; er habe als Arbeitgeber vom bis zum nicht dafür gesorgt, dass in Bezug auf die psychischen (Fehl)Belastungen der ArbeitnehmerInnen die erforderliche Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, sowie die Festlegung von Maßnahmen in der näher anführten Arbeitsstätte durchgeführt worden seien, obwohl dies notwendig gewesen sei. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.

In der Begründung dieses Bescheids werden die Rechtfertigung des Beschwerdeführers sowie eine dazu ergangene Stellungnahme des Arbeitsinspektorats und sodann die angewendeten Gesetzesbestimmungen wörtlich wiedergegeben. Daran anschließend finden sich Ausführungen zur Strafbemessung.

Sachverhaltsfeststellungen zu dem dem Beschwerdeführer vorgeworfenen strafbaren Verhalten sind diesem Bescheid nicht zu entnehmen.

Der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er unter anderem die mangelhafte Sachverhaltsfeststellung rügte. Als Beilage zur Berufung legte der Beschwerdeführer Unterlagen zu "von ihm vorgenommenen Evaluierungsmaßnahmen nochmals vor."

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In diesem Bescheid werden zunächst der wesentliche Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides sowie der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung dargelegt; sodann wird eine von der belangten Behörde eingeholte Stellungnahme des Arbeitsinspektorates wörtlich wiedergegeben.

In der Folge führt die belangte Behörde aus, dass die Stellungnahme des Arbeitsinspektorats dem Beschwerdeführer mit der Möglichkeit, sich dazu zu äußern, übermittelt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dieses Schreiben der belangten Behörde nicht beantwortet. Daran schließen rechtliche Erwägungen an. Feststellungen zum Sachverhalt sowie zur Beweiswürdigung sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht durchgeführt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben und das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG sind - soweit wie im vorliegenden Fall durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Gemäß § 58 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu erhalten (Abs 1), zudem sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird (Abs 2). In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach der Rechtsprechung bedeutet die Begründung eines Bescheides die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt, und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher all jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist dem Bescheidadressaten eine Verfolgung seiner Rechte und auch dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtsrichtigkeit möglich. Die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides erfordert somit in einem ersten Schritt die Feststellung jenes Sachverhaltes, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt.

Für eine den §§ 58, 60 AVG entsprechende Begründung eines Bescheides ist es daher erforderlich, jenen Sachverhalt, den die Behörde als erwiesen annimmt, unzweideutig in eigenen Worten festzustellen. Eine Begründung, in der die belangte Behörde nicht preisgibt, von welchem konkreten Sachverhalt sie überhaupt ausgegangen ist, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2014/02/0013).

Der angefochtene Bescheid enthält entgegen den dargestellten Erfordernissen keine eigenen Feststellungen der belangten Behörde und erweist sich schon deshalb als rechtswidrig, sodass er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, welche gemäß § 3 Abs 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist. Das in der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 keine Deckung findende Kostenmehrbegehren war abzuweisen.

Wien, am