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VwGH 19.10.2011, 2008/13/0004

VwGH 19.10.2011, 2008/13/0004

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
UStG 1972 §6 Z13 ;
UStG 1994 §6 Abs1 Z13;
RS 1
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Erkenntnis vom , 91/15/0022, VwSlg 6769 F/1993, zum UStG 1972 ausgesprochen, dass Provisionen, die sich ein Hausverwalter bezahlen lässt, wenn er Versicherungsverträge für die von ihm verwalteten Häuser abschließt, nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Z 13 UStG 1972 fielen, weil ein Hausverwalter hinsichtlich der vom ihm verwalteten Häuser als direkter Stellvertreter des jeweiligen Hauseigentümers und nicht als Vermittler tätig werde. Dass dies in gleicher Weise für eine Kapitalgesellschaft gilt, die Personal an ihr nahestehende Hausverwalter verleast und daneben (im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) Versicherungsverträge für die von diesen Hausverwaltern betreuten Liegenschaften vermittelt, ist aus dem angeführten Erkenntnis nicht ableitbar. Es stößt daher auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die Befreiungsbestimmung des § 6 Z 13 UStG 1972 bzw. § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 im Streitfall zum Tragen kommt. Zum § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 ist weiters darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2006/15/0143, VwSlg 8392 F/2008, seine im zitierten Erkenntnis vom entwickelte Rechtsprechung für den Geltungsbereich des UStG 1994 nicht mehr aufrecht erhalten hat.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV 0773-W/02, betreffend Umsatzsteuer 1994 bis 1996 (mitbeteiligte Partei: A AG in W, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Dr. Wolfgang Kretschmer und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 3 / Mezzanin), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei, eine AG mit dem Unternehmensgegenstand u.a. des Versicherungsmaklergewerbes, erklärte im Streitzeitraum steuerpflichtige Umsätze aus der Personalgestellung und gemäß § 6 Z 13 UStG 1972 (1994) bzw. § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 (1995 und 1996) steuerfreie Umsätze. Die Umsätze aus der Personalgestellung resultierten aus Vereinbarungen mit den Hausverwaltungen Dr. TS und EH. Den steuerfreien Umsätzen lag eine Vereinbarung mit der S Versicherungsmakler und Vermögensberatungs GmbH (im Folgenden nur: S GmbH) zugrunde, laut der die Mitbeteiligte für die Namhaftmachung von Immobilienverwaltern, die bereit waren der S GmbH eine Maklervollmacht zu erteilen, an den Abschluss- und Folgeprovisionen der dadurch zustande gekommenen Versicherungsverträge partizipierte.

Im Rahmen einer Außenprüfung gab die Mitbeteiligte in Bezug auf die steuerfrei belassenen Umsätze Folgendes bekannt (Schreiben vom ):

"Die (Mitbeteiligte) wird für div Hausverwaltungen (im Prüfungszeitraum die Hausverwaltung (Dr. TS) und (EH)) u.a. auch in Versicherungsangelegenheiten tätig. Die Berechtigung dazu ergibt sich aus dem Gegenstand des Unternehmens ('… i) das Versicherungsmaklergewerbe …').

Ab wurde eine Geschäftsbeziehung mit der (S GmbH) eingegangen, weil

-

(die S GmbH) bessere Konditionen bei den Versicherungsgesellschaften als die (Mitbeteiligte) erreicht

-

auch das Versicherungsgeschäft immer komplizierter wird und die Zusammenarbeit mit (der S GmbH) den Qualitätsstandard hebt

-

(Dr. TS) aus rechtlichen Gründen die Gesellschaft nicht als Versicherungsmakler bei den Versicherungsgesellschaften geführt haben wollte

Wir legen eine Kopie des Vertrages zwischen (der Mitbeteiligten) und (der S GmbH) bei.

Es tritt im Aussenverhältnis (die S GmbH) als Versicherungsmakler auf und wird die (Mitbeteiligte) als Untervertreter tätig.

Der Tätigkeitsbereiche stellen sich wie folgt dar:

Die (Mitbeteiligte) beschäftigt einen Dienstnehmer namens (F). Herr (F) war früher Versicherungsangestellter und ist Spezialist in Versicherungsfragen. Herr (F) erledigt folgende Aufgaben im Rahmen der Leistungen der (Mitbeteiligten) für die Hausverwaltungen:

-

bei Neuabschlüssen: Einholen verschiedener Angebote, Preisvergleich, Feststellen des Risikoumfanges, Beratungsleistungen.

-

für laufende Verträge: Erstellen von Schadensmeldungen, Besichtigen mit Sachverständigen der Versicherungsgesellschaft, Aushandeln der Entschädigungsleistung bzw Kulanzregelungen, Erledigung laufender Fragen oder Wünsche (s auch VI d) des Vertrages).

Das Ergebnis seiner Tätigkeiten (Versicherungsanträge, Schadensmeldungen etc) leitet (F) an (die S GmbH) weiter.

(Die S GmbH ) überprüft die Vorarbeiten von (F), gibt gegebenenfalls Besserungsvorschläge ab, schlägt Änderungen vor, macht Konvertierungsvorschläge (s XIII des Vertrages), tritt den Versicherungsgesellschaften gegenüber als Makler auf, überprüft die Provisionsabrechnungen und übernimmt Schadensabwicklungen (s auch VI des Vertrages).

Dafür erhält (die S GmbH) 25% der Provision für den Fall von Neuabschlüssen und 5% der Folgeprovisionen. Allfällige nicht unter dem Titel 'Folgeprovisionen' bezahlte Vergütungen und Entlohnungen gebühren (der S GmbH)."

Der Prüfer stellte fest, dass die Haupttätigkeit der 1985 gegründeten Mitbeteiligten ab 1993 darin bestanden habe, den am gleichen Betriebsort ansässigen Hausverwaltungen Dr. TS und EH Personal und Anlagen zur Verfügung zu stellen, und vertrat die Auffassung, dass die Mitbeteiligte keine Maklertätigkeit entfaltet habe, sondern nur im Rahmen des Personalleasings für die Hausverwaltungen tätig geworden sei. Sie habe kein Versicherungsunternehmen vertreten und "übte wegen des Fehlens einer ständigen Betrauung zur Vermittlung oder zum Abschluß von Versicherungsverträgen - keine Versicherungsvertretertätigkeit und auch keine Subtätigkeit aus". Gegenüber den Versicherungsgesellschaften sei die S GmbH aufgetreten. "Die Firma übernahm das Unternehmer- und Haftungsrisiko, die Schadensabwicklung gegenüber den Hausverwaltungen und den Mietern einerseits und Versicherungsgesellschaften andererseits, Besichtigungen von Schäden gemeinsam mit Mitarbeitern der Versicherungen (Pkt. 6 der Vereinbarung) u. v. m.". Die Mitbeteiligte habe auch keinen Gewerbeschein (Konzession) für die Ausübung der Maklertätigkeit besessen. Daher sei "§ 6 Z 13 UStG" auf deren Provisionserlöse nicht anwendbar. "Als Folge dazu sind die Provisionserlöse Ust-pflichtig (Ust herausgerechnet) und die Vorsteuer von den provisionsbezogenen Aufwendungen abzugsfähig".

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren den Prüfungsfeststellungen folgende Umsatzsteuerbescheide1994 bis 1996.

Die Mitbeteiligte berief gegen die angeführten Umsatzsteuerbescheide und brachte vor, dass sie

u. a. Versicherungsverträge vermittle, indem sie Hauseigentümer dazu bringe, Versicherungsverträge für ihre Häuser abzuschließen. Weiters erledige sie diverse Geschäftsfälle, die mit der Versicherung im Zusammenhang stünden. Aus organisatorischen Gründen, aus Gründen der Qualitätssteigerung und wegen einer breiteren Infrastruktur sei zwischen der Mitbeteiligten und den Versicherungsgesellschaften ein Makler zwischengeschaltet. Damit sei eine mehrgliedrige Vertreterorganisation entstanden, in der die Mitbeteiligte in folgender Hierarchie tätig sei:

Hauseigentümer ( Mitbeteiligte ( S GmbH ( Versicherer.

Der Prüfer "hat die oben beschriebenen Tätigkeiten der (Mitbeteiligten) (im wesentlichen: Hausbesitzer dazu zu bringen, Versicherungsanträge zu stellen sowie laufende Betreuung in Versicherungsfragen) dem Inhalt nach anerkannt". Er komme aber zur Ansicht, dass sie nicht unter "§ 6 Z 13 UStG" fielen, weil ein weiterer Makler eingeschaltet sei und die Mitbeteiligte auch Leistungen an Hausverwalter erbringe. Damit verkenne der Prüfer das Institut des Untervertreters. "Allein die Tatsache, dass nicht direkt an den Versicherer vermittelt wird, im Außenverhältnis (die S GmbH) als Makler aufscheint und auch (die S GmbH) im Rahmen der Nachbetreuung diverse Pflichten zu erfüllen hat und auch andere Leistungen (zB Personalverleih) erbracht werden ist für die Anwendung der Gesetzesstelle nicht schädlich".

Dem hält der Prüfer in seiner Stellungnahme zur Berufung u. a. entgegen, dass die mitbeteiligte Partei Personal an Hausverwaltungen vermittle. Das Personal erbringe Leistungen für die Hausverwaltungen. Die Leistungen wären, "wenn sie direkte Abschlüsse mit den Versicherungsgesellschaften beinhalteten nicht steuerfrei, weil der Hausverwalter als direkter Stellvertreter des Hauseigentümers abschließt und nicht zwischen Hauseigentümer und Versicherungsgesellschaft vermittelt".

Wenn die Mitbeteiligte ihre Maklereigenschaft "allein in den erbrachten Dienstleistungen des Angestellten (F)" erblicke, so bestätige sie die Ausführungen des Prüfers. F sei laut Auskunft vom ursprünglich beim Versicherungsschutz der österreichischen Konsumvereine tätig gewesen. Am sei er von der Hausverwaltung Dr. TS in das Angestelltenverhältnis aufgenommen und Ende 1993 von der Mitbeteiligten übernommen worden. F habe gegenüber dem Prüfer angegeben, dass auf Verträgen, die nicht von den Hauseigentümern selbst abgeschlossen würden, die S GmbH als Betreuer aufscheine. "Er selbst sei im 'technischen Bereich', sprich bei Schadensmeldungen von Mietern (gehört zu den üblichen Aufgabengebieten v. Hausverwaltungen) tätig".

Aus der Vereinbarung mit der S GmbH bzw. aus dem Tätigkeitsfeld des Angestellten F für die "Hausverwaltung" könne der Prüfer "weder eine auf dem freien Markt selbständige und gewerbsmäßige angebotene Versicherungstätigkeit, noch eine ständige Betreuung in Versicherungsfragen erkennen".

In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Prüfers wies die Mitbeteiligte erneut darauf hin, dass sie als Untervertreter tätig sei. Als solcher vermittle sie Versicherungskunden an die S GmbH, die gegenüber den Versicherungen als Makler auftrete. "Die Annahme und Weitergabe von Versicherungsanträgen der Hauseigentümer (durch die (Mitbeteiligte) via (die S GmbH) an den Versicherer) und den laufenden Kontakt (Betreuung der Hausbesitzer in Versicherungsfragen, teilweise mit (der S GmbH)) erledigt nach wie vor die (Mitbeteiligte)". Da die Mitbeteiligte "nicht Hausverwalter ist, kann sie selbst Versicherungsverträge für die Hauseigentümer nicht abschließen, sondern muß sich darauf beschränken als Untervertreter derartige Abschlüsse zu vermitteln".

Über Vorhalt der belangten Behörde gab die Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom bekannt, dass die Hausverwaltungen Dr. TS und EH das für die Abwicklung ihrer Geschäfte notwendige Personal und die Infrastruktur von der Mitbeteiligten gemietet hätten. Damit habe die Mitbeteiligte im Streitzeitraum rund zwei Drittel ihres Gesamtumsatzes erzielt. Das verbleibende Drittel stamme aus der eigenen Geschäftstätigkeit ("Vermitteln von Versicherungen, Wohnungen gegen Provision sowie Nebenleistungen"). Die Personalkosten des Angestellten F seien nur zu einem geringen Teil (1,83% bis 2,35%) weiterverrechnet worden, weil sein Anteil "an Hausverwaltertätigkeit unwesentlich klein" gewesen sei. "Weiters war noch Frau (UL) im Zusammenhang mit Versicherungsangelegenheiten tätig".

Mit Eingabe vom teilte die Eigentümerin der Hausverwaltung EH über Aufforderung der belangten Behörde u. a. mit, dass sie über eigene Büroräume verfügt und ihr die Mitbeteiligte nur Personal verrechnet habe. Eine Vereinbarung dahingehend, dass die Hausverwaltung EH der Mitbeteiligten Kunden zum Zwecke der Verschaffung eines Versicherungsschutzes namhaft mache, habe es nicht gegeben. Die Hausverwaltung EH habe auch keine Einnahmen daraus erzielt.

In einer Eingabe vom führte die Mitbeteiligte u. a. aus, dass mit der Übernahme von umfangreichen Maklertätigkeiten ein erhöhtes Haftungsrisiko verbunden sei. "(Dr. TS) und Frau (EH) hätten persönlich und unbeschränkt gehaftet. Bei einer GmbH ist die Haftung auf das Stammkapital beschränkt. Um die persönliche und unbeschränkte Haftung der natürlichen Personen auszuschalten wurde die (Mitbeteiligte) gegründet".

Die angeführten Schriftsätze und Eingaben der Mitbeteiligten wurden dem Finanzamt zwecks Wahrung des Parteiengehörs und zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung übermittelt.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erläuterte die Mitbeteiligte das Berufungsvorbringen und ihre weiteren Äußerungen. Die Vertreterin des Finanzamtes wies laut der in den Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung "insbesondere auf das EUGH-Urteil vom RS. C-453/05, Ludwig und auf das VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 91/15/0022" hin.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Die Umsätze aus der Tätigkeit eines Versicherungsmaklers seien nach Lehre und Rechtsprechung gemäß § 6 Z 13 UStG 1972 bzw. § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Versicherungsmakler sei derjenige, der gewerbsmäßig für andere Personen die Vermittlung von Verträgen über Versicherungen übernehme. Von der Befreiungsbestimmung seien auch die Umsätze des im Auftrag eines Versicherungsmaklers tätigen Untervertreters umfasst, soweit sich dessen Tätigkeit nicht bloß auf die Übernahme eines Teils der mit den Versicherungsverträgen verbundenen Sacharbeit (sogenannte "Back-Office-Tätigkeiten") beschränke.

Die Mitbeteiligte habe mit der S GmbH einen Maklervertrag abgeschlossen. Laut Schreiben vom stelle sie bei Neuabschlüssen den Risikoumfang fest, hole Anbote ein, führe Preisvergleiche durch und erbringe diverse Beratungsleistungen. Bei laufenden Verträgen erstelle der Angestellte F die Schadensmeldungen, besichtige mit Sachverständigen der Versicherung die Schäden, handle die Entschädigungsleistungen aus und leite das Ergebnis seiner Tätigkeit an die S GmbH weiter. Die S GmbH überprüfe die Vorarbeiten von F, gebe Verbesserungsvorschläge ab, überprüfe die Provisionsabrechnung und nehme die Schadensabwicklung vor. Gegenüber den Versicherungen trete die S GmbH auf, weil die Mitbeteiligte dazu nicht berechtigt sei. Die Abschluss- und Folgeprovisionen würden zwischen der S GmbH und der Mitbeteiligten geteilt.

Die belangte Behörde gelange daher zu der Auffassung, "dass die von (F) und von (UL) namens der (Mitbeteiligten) in den Jahren 1994 bis 1996 erbrachten Leistungen (…) als Leistungen eines Untervertreters (der S GmbH) anzusehen sind, die unter die Steuerbefreiung des § 6 Z 13 UStG 1972 bzw. § 6 Abs 1 Z 13 UStG 1994 fallen. Für die Steuerfreiheit der von der (Mitbeteiligten) erbrachten Leistungen wurde in Übereinstimmung mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes als wesentlich angesehen, dass die (Mitbeteiligte) den wesentlichen Teil der für die steuerfreie Tätigkeit eines Versicherungsmaklers charakteristischen Leistungen bewirkt".

Dass die Mitbeteiligte nicht die "gewerberechtliche Konzession" eines Versicherungsmaklers besitze, sei nicht maßgeblich. Den Ausführungen des Prüfers, wonach die Mitbeteiligte kein Versicherungsvertreter sei, weil sie kein Versicherungsunternehmen vertrete und von einem solchen auch nicht beauftragt worden sei, sei entgegen zu halten, "dass ein auf dem Markt auftretender Versicherungsmakler als treuhändischer Sachwalter des Kunden, weder als Beauftragter, noch als Vertreter eines Versicherungsunternehmens anzusehen ist. Gleiches gilt demnach für den Untervertreter eines Versicherungsmaklers".

Ungeachtet des Umstandes, dass das bei der Mitbeteiligten angestellte Personal "infolge der Personalgestellungsvereinbarung bei den Hausverwaltungen (Dr. TS) und (EH) in wirtschaftlicher Betrachtungsweise in Hausverwaltungsangelegenheiten tätig wurde, kann damit die der (Mitbeteiligten) zuzurechnende Tätigkeit in der Vermittlung von Hauseigentümern und Hausverwaltungen an (die S GmbH) in Versicherungsangelegenheiten nicht ignoriert werden".

Soweit die Umsätze der Jahre 1994 bis 1996 gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG unecht befreit seien, könnten auch die damit zusammenhängenden Vorsteuern nicht abgezogen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid vom Finanzamt erhobene Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei erwogen:

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass die Mitbeteiligte mit der S GmbH einen Maklervertrag abgeschlossen und in weiterer Folge "den wesentlichen Teil der für die steuerfreie Tätigkeit eines Versicherungsmaklers charakteristischen Leistungen (beim Neuabschluss von Versicherungsverträgen: Feststellung des Risikoumfangs, Einholen von Anboten, Durchführen von Preisvergleichen, diverse Beratungsleistungen; bei laufenden Versicherungsverträgen:

Schadensmeldungen, Besichtigung von Schäden mit Sachverständigen der Versicherung, Aushandeln von Entschädigungsleistungen etc.) bewirkt" hat. Zudem stellte die belangte Behörde fest, dass die angeführten Tätigkeiten der Mitbeteiligten und nicht den Hausverwaltungen  Dr. TS und EH zuzurechnen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Erkenntnis vom , 91/15/0022, VwSlg 6769/F, zum UStG 1972 ausgesprochen, dass Provisionen, die sich ein Hausverwalter bezahlen lässt, wenn er Versicherungsverträge für die von ihm verwalteten Häuser abschließt, nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 6 Z 13 UStG 1972 fielen, weil ein Hausverwalter hinsichtlich der vom ihm verwalteten Häuser als direkter Stellvertreter des jeweiligen Hauseigentümers und nicht als Vermittler tätig werde. Dass dies in gleicher Weise für eine Kapitalgesellschaft gilt, die Personal an ihr nahestehende Hausverwalter verleast und daneben (im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) Versicherungsverträge für die von diesen Hausverwaltern betreuten Liegenschaften vermittelt, ist aus dem angeführten Erkenntnis nicht ableitbar. Es stößt daher auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die Befreiungsbestimmung des § 6 Z 13 UStG 1972 bzw. § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 im Streitfall zum Tragen kommt. Zum § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 ist weiters darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2006/15/0143, VwSlg 8392/F, seine im zitierten Erkenntnis vom entwickelte Rechtsprechung für den Geltungsbereich des UStG 1994 nicht mehr aufrecht erhalten hat.

Das Vorbringen, wonach die Personalkonzentration in der Mitbeteiligten sowie der Abschluss des Maklervertrages mit der S GmbH in zeitlicher Nähe zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom erfolgt sei und die Mitbeteiligte der S GmbH de facto nur die Adressen der von den Hausverwaltungen Dr. TS und EH verwalteten Häuser zur Verfügung gestellt habe und die Versicherungsprovisionen unzulässig auf die Ebene der Mitbeteiligten verlagert habe, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.

Soweit das beschwerdeführende Finanzamt damit die Missbrauchsbestimmung des § 22 BAO ansprechen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass die Abgaben im Falle eines Missbrauchs so zu erheben sind, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären (§ 22 Abs. 2 BAO). Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die hier in Rede stehenden Provisionen und die mit diesen Provisionen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen im Rechenwerk der Hausverwaltungen Dr. TS und EH zu erfassen wären. Die Erfassung der Provisionen und der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen bei den Hausverwaltungen hätte zwangsläufig - worauf auch die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hinweist - zur Folge, dass diese aus den Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen der Mitbeteiligten auszuscheiden wären.

Soweit die Beschwerde schließlich - unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - rügt, die belangte Behörde habe nicht ausreichend erhoben, ob die Tätigkeiten der Mitbeteiligten nicht nur eine sogenannte "Backoffice Tätigkeit" dargestellt hätten, die von vornherein nicht unter die Befreiung des § 6 Z 13 UStG 1972 bzw. § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 fallen, ist sie auf die eingangs angeführte - im angefochtenen Bescheid näher dargestellte - Feststellung der belangten Behörde zu verweisen, wonach die Mitbeteiligte "den wesentlichen Teil der für die steuerfreie Tätigkeit eines Versicherungsmaklers charakteristischen Leistungen bewirkt" hat. Konkret Gegenteiliges kam im Verwaltungsverfahren nicht hervor und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die Abweisung des Mehrbegehrens der Mitbeteiligten an Aufwandersatz folgt daraus, dass die verzeichnete "Beschwerdegebühr" nicht zu entrichten war.

Wien, am

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Normen
UStG 1972 §6 Z13 ;
UStG 1994 §6 Abs1 Z13;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2008130004.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAE-78298