VwGH vom 24.04.2015, 2013/02/0188
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde der F in W, vertreten durch Mag. Claudia Fessler, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 65-382789/2013, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid der belangten Behörde vom erging gegenüber der beschwerdeführenden Partei folgender Spruch:
"Das auf Sie zugelassene Kraftfahrzeug Marke/Type Hyundai/I 30 mit dem behördlichen Kennzeichen W-45264Z war in 1200, Hellwagstraße 30 gegenüber, verkehrsbehindernd abgestellt.
Es wurde daher am um 2.00 Uhr von der Stadt Wien - Magistratsabteilung 48 entfernt und aufbewahrt.
Gemäß § 89a Abs. 7 und 7a der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit §§ 1 bis 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Festsetzung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung von Fahrzeugen in Bauschbeträgen, Amtsblatt der Stadt Wien 47/2011, wird Ihnen dafür der folgende Kostenersatz vorgeschrieben:
Gemäß Tarif I P. Nr. 3 EUR 242,-- für das Entfernen des Fahrzeuges
Gemäß Tarif II P. Nr. 3 EUR 9,-- für jeden angefangenen
Kalendertag
(nach Dauer der Fahrzeugaufbewahrung)
Das Fahrzeug wurde in der Verwahrstelle der Magistratsabteilung 48 am aufbewahrt.
Die Kosten betragen daher insgesamt EUR 251,--.
Der Betrag ist binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die Stadt Wien einzuzahlen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Die beschwerdeführende Partei bringt unter anderem vor, der Text der maßgebenden Zusatztafel sei "unklar und missverständlich" gewesen. Weder Sonntag noch Feiertage würden auf dem Text dieser Zusatztafel erwähnt. Somit könne der Text dahingehend ausgelegt werden, dass diese von der Zusatztafel nicht erfasst seien. Die beschwerdeführende Partei habe ihren PKW an einem Sonntag abgestellt und sei davon ausgegangen, dass der PKW nicht vorschriftswidrig abgestellt sei. Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass der Sonntag sehr wohl auch von der Zusatztafel erfasst sei. Die Zusatztafel lasse indessen offensichtlich eine mehrfache Deutung zu.
Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Recht:
Es wurde unwidersprochen von der belangten Behörde festgestellt, dass unter dem Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 13b StVO ("Halten und Parken verboten") auf einer Zusatztafel folgender Text angebracht war:
"Mo.-Fr. (werkt.) v. 6-20h, Sa (werkt.) v. 6-12h, ausgen. Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen sowie v. 20-6h ausgenommen Taxi."
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht im Wesentlichen jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/02/0047, VwSlg. 16.644A/2005, zugrunde gelegen ist. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen. Der vorliegenden Zusatztafel mangelt es hinsichtlich des verfügten Halte- und Parkverbotes auch an einem Sonntag an der "leichten Verständlichkeit". Die beschwerdeführende Partei konnte sich daher auf die Unkenntnis der Vorschrift berufen. Diese fiel nicht ihr, sondern der Behörde zur Last, weil diese die Anordnung des § 54 Abs. 2 StVO, betreffend die leichte Verständlichkeit der Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln, nicht befolgt hat.
Die Behörde hat in einem Kostenvorschreibungsverfahren nach § 89a Abs. 7 StVO als Vorfrage zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89 Abs. 2 und 2a StVO gegeben und damit die zwangsweise Entfernung des KFZ durch die Behörde berechtigt war. Erst bei Bejahung dieser Frage hat die Behörde zu prüfen, ob auch die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung vorliegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0137, mit Verweis auf die diesbezügliche Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).
Die belangte Behörde hat die Vorfrage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Kostenvorschreibung falsch beurteilt.
Dadurch hat sie den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, der daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/02/0175, mwN).
Wien, am