VwGH vom 20.11.2018, Ra 2018/12/0012

VwGH vom 20.11.2018, Ra 2018/12/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die außerordentliche Revision des X, vertreten durch die Celar Senoner Weber-Wilfert Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilferstraße 88a, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W213 2176759-1/4E, betreffend Feststellung von Dienstpflichten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorstand des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wird beim Finanzamt Y im Bereich der Betriebsprüfung verwendet.

2 Am erhielt der Revisionswerber eine Weisung, mit welcher er mit Wirksamkeit vom auf die Dauer von 90 Kalendertagen dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dienstzugeteilt wurde. Die Weisung wurde schriftlich wiederholt, nachdem er seinem Vorgesetzten seine Bedenken gegen diese mitgeteilt hatte.

3 Mit Bescheid vom stellte die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde über die Anträge des Revisionswerbers vom und vom nach § 44 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, fest, dass die Befolgung des Dienstauftrags (Weisung) vom demzufolge er aus dienstlichen Gründen nach § 39 BDG 1979 mit Wirksamkeit auf die Dauer von 90 Kalendertagen dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dienstzugeteilt worden sei, zu seinen Dienstpflichten gezählt habe und im dienstlichen Interesse erfolgt sei. In der Begründung verwies die Behörde auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W122 2113836-1/55E (mit dem ein Ersatzanspruch des Revisionswerbers nach § 18a B-GlBG im Instanzenzug abgewiesen worden war (siehe auch )). Dem umfangreichen Aktenkonvolut sei zu entnehmen, dass das Vertrauensverhältnis im Amt, sowohl dem Vorstand als auch den anderen Vorgesetzten gegenüber, unüberbrückbar zerrüttet gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Dienstzuteilung die einzig mögliche dienstrechtliche Maßnahme gewesen, um einen geordneten Dienstbetrieb sicherzustellen.

4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Abänderung des Bescheids dahingehend, dass festgestellt werde, dass die mit Weisung vom angeordnete Dienstzuteilung zum Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mit Wirksamkeit vom auf die Dauer von 90 Tagen nicht zu seinen Dienstpflichten gezählt habe und nicht zu befolgen gewesen sei.

5 Die Behörde legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor, beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurück. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

7 Über das eingangs Dargestellte hinaus führte das Verwaltungsgericht aus, dass Feststellungen zu den dienstlichen Gründen für die (ihrem Wesen nach zeitlich befristete) Dienstzuteilung dem angefochtenen Feststellungsbescheid nicht zu entnehmen seien. Diese Feststellungen könnten unmittelbar auf Grund der in diesen Punkten eindeutigen Aktenlage getroffen werden.

8 Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse. Im vorliegenden Fall sei bereits auf Grund der Aktenlage festgestanden, dass der mit Beschwerde "angefochtene Bescheid aufzuheben und zurückzuverweisen" gewesen sei.

9 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht fallbezogen - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - mit näherer Begründung aus, dass das bescheiderlassende Organ entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers zuständig und auch nicht befangen gewesen sei.

10 Der Revisionswerber habe mit Schreiben vom die Feststellung beantragt, ob er verpflichtet gewesen sei, die betreffende Weisung (Dienstzuteilung) zu befolgen. Mit Schreiben vom wurde das dienstliche Interesse an der Zuteilung bezweifelt. Da eine Dienstzuteilung nur aus dienstlichen Gründen zulässig sei, sei Gegenstand dieses Feststellungantrags die Frage nach der "schlichten" Rechtswidrigkeit der Weisung gewesen.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könne die Partei des Verwaltungsverfahrens die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung sei und insofern im Interesse der Partei liege. Dieses rechtliche Interesse setze voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukomme, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Der Umstand, dass die konkreten Auswirkungen eines Dienstauftrags der Vergangenheit angehörten, bilde für sich allein noch kein Hindernis für die Erlassung eines Feststellungsbescheids, doch müsse die an ein abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen (Hinweis auf ; , 88/12/0103). Für das Vorliegen einer "erforderlichen Klarstellung für die Zukunft" reiche es dabei aus, dass nicht auszuschließen sei, dass dem Beamten auch in Zukunft wiederholt eine derartige Weisung erteilt werde (Hinweis auf ; , 88/12/0026). Als subsidiärer Rechtsbehelf scheide der Feststellungsbescheid jedoch dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden sei (Hinweis auf ; , 2007/12/0062).

12 Bei Vorliegen der Voraussetzungen bejahe der Verwaltungsgerichtshof ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheids auch in Bezug auf Weisungen. Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens könne einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehöre, das heiße, ob er verpflichtet sei, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung sei danach dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliege ("wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden sei oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde"), wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt worden sei oder ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstoße. Anderseits könne Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die "schlichte" Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berühre; ein Recht auf die bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Weisungen bestehe jedoch bloß dann, wenn durch die Weisung die aus dem Dienstrecht entspringenden Rechte und Pflichten des Beamten berührt würden (Hinweis auf ).

13 Fallbezogen sei die Weisung von einem zuständigen Organ erteilt worden und habe ihre Befolgung nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Funktion des Feststellungsbescheids als subsidiären Rechtsbehelf, der nur dann zu erlassen sei und über das Bestehen einer Verpflichtung zu dem mit der Weisung aufgetragenen Verhalten abzusprechen habe, wenn eine Klärung der strittigen Fragen im Weg des § 44 Abs. 3 BDG 1979 versucht worden sei (Hinweis auf ), sei für den vorliegenden Fall davon auszugehen, dass ein entsprechender Klärungsversuch unternommen worden sei. Der Revisionswerber habe mit Schreiben vom gegen die Weisung remonstriert; die Ausführungen in diesem Schreiben ließen klar erkennen, dass es sich um eine Remonstration handle und welche rechtlichen Bedenken der Revisionswerber gegen die Weisung gehegt habe. Mit E-Mail vom sei die Weisung schriftlich wiederholt worden; für eine solche Wiederholung seien, außer der Schriftform, keine weiteren Vorgaben normiert; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei sie nicht an den Gebrauch bestimmter Wendungen gebunden. Es reiche vielmehr, wenn der objektive Erklärungswert einer solchen schriftlichen Äußerung dahin zu deuten sei, dass der weisungserteilende Vorgesetzte die in der Remonstration geltend gemachten Bedenken nicht teile und - deshalb - die Weisung aufrechterhalten wolle und in diesem Sinne "bestätige". Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben.

14 Fallbezogen habe der Revisionswerber auch vorgebracht, dass die Dienstzuteilung willkürlich erfolgt sei und § 43a BDG 1979 widerspreche. Der Revisionswerber habe seinen Dienst über 35 Jahre lang zur vollsten Zufriedenheit geleistet und sei ein geschätzter Mitarbeiter. Seine fachliche Eignung für die ihm ursprünglich zugeteilte Abteilung stehe außer Frage. Die Dienstzuteilung sei aus rein subjektiven Gründen erfolgt.

15 Zu diesem Vorbringen habe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die dienstrechtliche Maßnahme der Dienstzuteilung ausschließlich aus dienstlichen Gründen erfolgt sei. Die Belassung des Revisionswerbers in der Dienststelle sei als nicht vertretbar erschienen, weil Spannungsverhältnisse unter den Bediensteten und ein Vertrauensentzug durch den Vorgesetzten gegeben gewesen seien. Diesbezüglich sei im angefochtenen Bescheid auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom verwiesen worden.

16 Eigene Ermittlungen oder Feststellungen seien seitens der belangten Behörde nicht getätigt worden. Insbesondere mangle es an Ermittlungen und Feststellungen in Zusammenhang mit dienstlichen Gründen, die gerade eine Dienstzuteilung rechtfertigen würden. Dienstzuteilungen seien ihrem Wesen nach befristet und daher gerade nicht geeignet, eine abschließende Lösung des behaupteten Konflikts an der Dienststelle herbeizuführen. Die vorgebrachten Gründe würden allenfalls für eine dauerhafte Versetzung sprechen. Dienstliche Gründe, warum gerade eine Dienstzuteilung im vorliegenden Fall die einzig mögliche dienstrechtliche Maßnahme gewesen sei, seien dem angefochtenen Bescheid hingegen nicht zu entnehmen. Eine Ermittlung und Feststellung des Sachverhalts, aus dem sich dienstliche Gründe für die Dienstzuteilung ableiten ließen, wäre aber hinsichtlich der Feststellung, dass die Befolgung der gegenständlichen Weisung zu den Dienstpflichten des Revisionswerbers gehöre, notwendig gewesen. Bei Nichtvorliegen konkreter dienstlicher Gründe für die Dienstzuteilung sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht auszuschließen.

17 Darüber hinaus habe sich die belangte Behörde auch weder in ihren Feststellungen noch in der rechtlichen Beurteilung mit der Frage beschäftigt, ob die gegenständliche Weisung die aus dem Dienstrecht entspringenden Rechte und Pflichten des Revisionswerbers berührt habe und ob auch eine "schlichte" Rechtswidrigkeit nicht vorgelegen sei.

18 Zwar komme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs der Sachentscheidung in den Fällen des § 28 Abs. 2 VwGVG Vorrang vor einer Aufhebung und Zurückverweisung zu (Hinweis auf ; , Ra 2014/08/0005; , Ra 2014/09/0027; , Ra 2014/07/0077). Die Behörde habe jedoch zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts unzureichende Ermittlungsschritte gesetzt bzw. solche bloß ansatzweise getätigt. Der Sachverhalt sei nur unzulänglich ermittelt und in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs seien daher hier die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG erfüllt.

19 Im Übrigen stehe der gegenständlichen Entscheidung auch § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG nicht entgegen, zumal die Behörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts im Sinn des Gesetzes zumindest mit der gleichen Raschheit und nicht mit höheren Kosten als das Bundesverwaltungsgericht werde bewerkstelligen können. Vielmehr sei angesichts der erforderlichen Beweisaufnahme und der grundsätzlich gegebenen Verhandlungspflicht nicht anzunehmen, dass die Ermittlung des Sachverhalts unter Wahrung des Parteiengehörs durch das Bundesverwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

20 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

21 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision aus den Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantrage die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu sie als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision unter anderem darin begründet, dass das Bundesverwaltungsgericht von den Vorgaben der (bereits vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach der Sachentscheidung in den Fällen des § 28 Abs. 2 VwGVG der klare Vorrang vor einer Aufhebung und Zurückverweisung zukomme, abgewichen sei. Das in § 28 VwGVG normierte System, wobei insbesondere der Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung und der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer Bedeutung zukomme, verlange, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Solche besonders gravierenden Ermittlungslücken lägen im vorliegenden Fall zweifelsfrei nicht vor. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei einer Zurückverweisung neue Sachverhaltselemente durch weitere Ermittlungen der belangten Behörde festgestellt werden könnten. Dass die belangte Behörde Ermittlungstätigkeiten, welche für die abschließende Beurteilung in der Sache selbst maßgeblich seien und nur von dieser vorgenommen werden könnten, unterlassen habe, gehe aus dem Akteninhalt jedenfalls nicht hervor.

23 Ungeachtet dessen wäre eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 VwGVG seien unzweifelhaft nicht gegeben. Für den Fall einer mündlichen Verhandlung sei es notwendig, dass durch eine solche eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten sei. Gerade eine solche wäre jedoch geboten und eine inhaltliche Entscheidung zu treffen gewesen.

24 Der Revisionswerber zeigt damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung und damit die Zulässigkeit seiner Revision auf. Die Revision ist auch berechtigt.

25 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in zahlreichen Erkenntnissen, beginnend mit jenem vom , Ro 2014/03/0063, zur Befugnis der Verwaltungsgerichte zur Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG Stellung genommen.

26 Demnach stellt die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

27 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt hervorgehoben, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind (vgl. zum Ganzen , mwN).

28 Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis weiter ausgeführt hat, kann sich im Rahmen der Verhandlung aber auch herausstellen, dass die noch fehlenden Ermittlungen einen Umfang erreichen, der eine Behebung und Zurückverweisung erlaubt (siehe dazu auch ).

29 Das Bundesverwaltungsgericht hat den Entfall der mündlichen Verhandlung damit begründet, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts von der Behörde zumindest mit der gleichen Raschheit und nicht mit höheren Kosten als vom Bundesverwaltungsgericht bewerkstelligt werden könne. Damit verkannte das Bundesverwaltungsgericht den Bedeutungsgehalt des "Interesses der Raschheit" in § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG wozu der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2016/12/0071, bereits ausführte:

"Erfolgt nämlich im Anschluss an eine Zurückverweisung die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes durch die Verwaltungsbehörde (lediglich) ¿gleich schnell' wie im gedachten Fall einer Ermittlung durch das Verwaltungsgericht, so verlangt das ¿Interesse der Raschheit', welches auf die Raschheit der Erzielung einer endgültigen Entscheidung in der ¿Sache' Bezug nimmt, gerade keine Zurückverweisung, sondern eine Entscheidung in der ¿Sache' durch das Verwaltungsgericht. Dies folgt einerseits daraus, dass schon die Ausfertigung und Zustellung sowie eine allenfalls erfolgende Bekämpfung eines zurückverweisenden Beschlusses einen entsprechenden Zeitverlust mit sich bringen, andererseits aber auch daraus, dass eine folgende Entscheidung der Verwaltungsbehörde in der ¿Sache' unter Umständen neuerlich gerichtlich überprüft werden müsste." (Siehe auch .)

30 Das Verwaltungsgericht begründete die Aufhebung und Zurückverweisung nun damit, dass Ermittlungen und Feststellungen des Sachverhalts, aus dem sich dienstliche Gründe für die Dienstzuteilung hätten ableiten lassen, notwendig gewesen wären. Den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis ist jedoch nicht zu entnehmen, welche konkreten Ermittlungen und Sachverhaltsaufnahmen sich das Verwaltungsgericht dabei vorstellte und weshalb diese effizienter von der Behörde vorgenommen werden könnten. Dass die Dienstbehörde jegliche - rechtlich erforderliche - Ermittlungen unterlassen hätte und etwa aufwändige Ermittlungen auf das Verwaltungsgericht hätte abwälzen wollen, lässt sich für den Verwaltungsgerichtshof jedenfalls aus derzeitiger Sicht nicht erkennen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht die von der Dienstbehörde festgestellten Spannungsverhältnisse nicht als taugliche "dienstliche Gründe" im Sinn des § 39 Abs. 1 BDG 1979 ansah. Sofern das Bundesverwaltungsgericht eine rechtliche Beurteilung der gegenständlichen Weisung in dem bei ihm angefochtenen Bescheid vermisste, rechtfertigte dies eine Zurückverweisung der Sache in keinem Fall.

31 Indem das Bundesverwaltungsgericht in Verkennung des eben Dargelegten eine auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestützte Aufhebung und Zurückverweisung vornahm, und die gemäß § 24 VwGVG gebotene Verhandlung unterließ, belastete es den angefochtenen Beschluss mit - vorrangig wahrzunehmender - inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Im Hinblick darauf war der angefochtene Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

32 Da das Verwaltungsgericht nach dem Dargelegten nun in der Sache zu entscheiden haben wird, ist der Revisionswerber mit seinen Ausführungen zur Befangenheit des Bescheidapprobanten im behördlichen Verfahren auf diese Entscheidung zu verweisen (vgl. überdies ).

33 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018120012.L00
Schlagworte:
Verfahrensbestimmungen

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