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VwGH vom 05.03.2015, 2013/02/0175

VwGH vom 05.03.2015, 2013/02/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde der W in I, Deutschland, vertreten durch Mag. Natalie Kaan, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Dr. Christa-Maria Scheimpflug, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Erdberger Lände 6/27, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW7-Tanz-59/001-2011, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Tanzschulbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am bei der belangten Behörde den Antrag auf Erteilung einer Tanzschulbewilligung an einem näher bezeichneten Standort in Krems. Dem Antrag war eine Urkunde des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft Sachsen-Anhalt beigelegt, aus der hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin berechtigt sei, den Grad "Diplom-Betriebswirtin (FH)" zu führen. Weiters war ein vom selben Ministerium ausgestelltes Dokument mit dem Titel "Bescheinigung über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen" angeschlossen, wonach die Beschwerdeführerin das Studium an der Ingenieurschule für Elektrotechnik und Maschinenbau Eisleben, Deutschland, in der Fachrichtung Materialwirtschaft absolviert habe. Weiters wird in diesem Dokument festgehalten, dass die Beschwerdeführerin eine anschließende, mindestens dreijährige einschlägige Berufserfahrung nachgewiesen habe und sie berechtigt sei, den Grad "Diplom-Betriebswirtin (FH)" zu führen. Schließlich war dem Antrag ein Schreiben von G. W. beigelegt, in dem er dargelegte, dass die Beschwerdeführerin mit ihm gemeinsam in Deutschland eine Tanzschule betrieben habe. Diese Tanzschule sei am gemeinsam mit der Beschwerdeführerin gegründet worden. In weiterer Folge werden in diesem Schreiben die genauen Tätigkeiten der Beschwerdeführerin aufgezählt. Unter anderem habe sie als Tanzlehrerin, Choreographin und Nachwuchsausbilderin sowie als betriebswirtschaftliche Leiterin und Organisatorin unterschiedlichster Tanzveranstaltungen und -kurse gearbeitet. Der Schwerpunkt des Angebots der Tanzschule habe bei der Vermittlung von Gesellschaftstänzen gelegen. Die Beschwerdeführerin habe die Tätigkeit mit Ende des Jahres 2010 aufgegeben.

Die belangte Behörde erteilte einen Verbesserungsauftrag, in dem sie ausführte, dass im gegenständlichen Fall nach § 8 des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes die regelmäßige und gewerbsmäßige Erteilung von Unterricht in allen Gesellschaftstänzen in als Tanzschulen bezeichneten Einrichtungen einer Bewilligung durch die Landesregierung bedürfe. Eine Bewilligung dürfe jedoch nur dann erteilt werden, wenn der Bewilligungswerber durch ein entsprechendes Zeugnis nachgewiesen habe, über die erforderlichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse zur Unterweisung in Gesellschaftstänzen zu verfügen. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin auf, in diesem Sinne innerhalb von vier Wochen durch Vorlage eines entsprechenden Zeugnisses die erforderlichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse nachzuweisen. Sollte diesem Auftrag nicht entsprochen werden, werde der Antrag zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin legte daraufhin der belangten Behörde weitere Unterlagen vor. Es handelte sich hierbei um eine Bestätigung des Oberbürgermeisters der Stadt Suhl, Sport und Kulturamt, über die Tätigkeit der Beschwerdeführerin "als behördlich zugelassene und autorisierte Tanzlehrerin und - trainerin" sowie über Tätigkeiten der Beschwerdeführerin im Bereich des Tanzsports und als Vorstandsmitglied eines gemeinnützigen Vereins. Vorgelegt wurde außerdem eine "Leistungsbescheinigung und Bestätigung" über die Vorstandstätigkeit in diesem gemeinnützigen Verein, in welcher festgehalten wurde, dass die Beschwerdeführerin unter anderem im Bereich der tänzerischen, künstlerischen und sportlichen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen tätig war; weiters eine Bestätigung über die Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin in zwei Tanzsportvereinen, eine Lehrgangsbestätigung bzw. Teilnahmebestätigung der Sportakademie des Landessportbundes Thüringen e.V. sowie eine Lizenz als Übungsleiterin Seniorensport. Zuletzt wurde eine Bestätigung des Finanzamtes Illmenau vom vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin seit dem als Tanzlehrerin tätig sei und eine Tanzschule betreibe.

Daraufhin erging eine Mitteilung der belangten Behörde, in der sie auf die vorgelegten Unterlagen Bezug nahm und festhielt, dass die Beschwerdeführerin keine Zeugnisse vorgelegt habe, mit welchen der belangten Behörde nachgewiesen worden wäre, dass sie über die zur Erteilung von Tanzunterricht geforderten notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse zur Unterweisung in Gesellschaftstänzen verfügte. Mit dem gleichen Schreiben wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

In ihrer Stellungnahme führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie nachgewiesen habe, in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen für die Führung von Tanzschulen und für die Erteilung von Tanzunterricht erfüllt zu haben. Diese Tätigkeit dürfe in Deutschland konzessionsfrei ausgeübt werden; auch wenn die in Deutschland erforderlichen Voraussetzungen nicht dem Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetz genügten, sei dies im Sinne des "Europäischen freien Personen- und Warenverkehrs sowie der Niederlassungsfreiheit" nachzusehen, vor allem dann, wenn ein EU-Bürger nachweislich ca. zehn Jahre eine Tanzschule in einem anderen Mitgliedstaat betrieben habe und hierbei sowohl wirtschaftlich als auch tänzerisch tätig gewesen sei, weil auch in einem solchen Fall den Anforderungen des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes entsprochen werde. Wie sich auch aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, würden die Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin einen erheblich größeren Umfang aufweisen als lediglich die im Gesetz genannte Befähigung zum Unterricht im Gesellschaftstanz. Außer Zweifel stehe außerdem, dass sie bereits erfolgreich eine Tanzschule betrieben habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung einer Tanzschulbewilligung zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass eine derartige Bewilligung gemäß dem Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetz nur zu erteilen sei, wenn der Bewilligungswerber nachweise, dass er über die zur Erteilung von Tanzunterricht erforderlichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse verfüge. Die Beschwerdeführerin habe kein Zeugnis vorlegt, welches diese Kenntnisse nachgewiesen hätte. Einem ergangenen Verbesserungsauftrag habe sie nicht entsprochen. Weiters enthält der angefochtene Bescheid, abgesetzt von der rechtlichen Begründung des Bescheides, folgenden "Hinweis":

"Hinweis:

Da sie überhaupt keine inhaltlichen Ausbildungsnachweise beigebracht haben, konnte auch im Sinne der Berufsanerkennungsrichtlinie keinerlei Anerkennung einer Ausbildung erfolgen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben "und eine Tanzschulbewilligung zu erteilen".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sind im vorliegenden Fall - da durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Die Erteilung von Tanzunterricht ist in Niederösterreich unter dem Titel "Tanzschulen" im Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetz geregelt. Der maßgebliche § 8 des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl 7070, lautet wie folgt:

"(1) Einer Bewilligung durch die Landesregierung bedarf die regelmäßige und gewerbsmäßige Erteilung von Unterricht in allen Gesellschaftstänzen in als Tanzschulen bezeichneten Einrichtungen.

(2) Die Bewilligung darf nur einem Bewilligungswerber erteilt werden, der durch Erwerb eines entsprechenden Zeugnisses nachgewiesen hat, dass er über die zur Erteilung von Tanzunterricht erforderlichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse zur Unterweisung in Gesellschaftstänzen verfügt.

(3) Sonstige Bestimmungen zur Durchführung von Veranstaltungen nach diesem Gesetz bleiben unberührt.

(4) Die Erteilung einer Bewilligung ist von der Landesregierung der Wirtschafskammer Niederösterreich und der Arbeiterkammer Niederösterreich zur Kenntnis zu bringen."

3. Die für den Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. L 363 vom , Seite 22 (im Folgenden: Richtlinie 2005/36/EG), in der hier maßgeblichen Fassung vor der Änderung durch die Richtlinie 2013/55/EU, ABl. L 354 vom , Seite 132, lauten:

"Artikel 1 - Gegenstand

Diese Richtlinie legt die Vorschriften fest, nach denen ein Mitgliedstaat, der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft (im Folgenden 'Aufnahmemitgliedstaat' genannt), für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten (im Folgenden 'Herkunftsmitgliedstaat' genannt) erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben.

(...)

Artikel 3 - Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a) 'reglementierter Beruf' ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. Trifft Satz 1 dieser Begriffsbestimmung nicht zu, so wird ein unter Absatz 2 fallender Beruf als reglementierter Beruf behandelt;

b) 'Berufsqualifikationen' sind die Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach

Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden;

c) 'Ausbildungsnachweise' sind Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die von einer Behörde eines Mitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, für den Abschluss einer überwiegend in der Gemeinschaft absolvierten Berufsausbildung ausgestellt werden. Findet Satz 1 keine Anwendung, so sind Ausbildungsnachweise im Sinne des Absatzes 3 den hier genannten Ausbildungsnachweisen gleichgestellt;

d) 'zuständige Behörde': jede von den Mitgliedstaaten mit der besonderen Befugnis ausgestattete Behörde oder Stelle, Ausbildungsnachweise und andere Dokumente oder Informationen auszustellen bzw. entgegenzunehmen sowie Anträge zu erhalten und Beschlüsse zu fassen, auf die in der vorliegenden Richtlinie abgezielt wird;

(...)

Artikel 4 - Wirkungen der Anerkennung

(1) Die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht der begünstigten Person, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben.

(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie ist der Beruf, den der Antragsteller im Aufnahmemitgliedstaat ausüben möchte, derselbe wie derjenige, für den er in seinem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, wenn die Tätigkeiten, die er umfasst, vergleichbar sind.

(...)

Artikel 11 - Qualifikationsniveaus

Für die Anwendung von Artikel 13 werden die Berufsqualifikationen den nachstehenden Niveaus wie folgt zugeordnet:

a) Befähigungsnachweis, den eine zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, ausstellt

i) entweder aufgrund einer Ausbildung, für die kein Zeugnis oder Diplom im Sinne der Buchstaben b, c, d oder e erteilt wird, oder einer spezifischen Prüfung ohne vorhergehende Ausbildung oder aufgrund der Ausübung des Berufs als Vollzeitbeschäftigung in einem Mitgliedstaat während drei aufeinander folgender Jahre oder als Teilzeitbeschäftigung während eines entsprechenden Zeitraums in den letzten zehn Jahren;

ii) oder aufgrund einer allgemeinen Schulbildung von Primär- oder Sekundarniveau, wodurch dem Inhaber des Befähigungsnachweises bescheinigt wird, dass er Allgemeinkenntnisse besitzt.

(...)

Artikel 13 - Anerkennungsbedingungen

(1) Wird die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Aufnahmemitgliedstaat von dem Besitz bestimmter Berufsqualifikationen abhängig gemacht, so gestattet die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Antragstellern, die den Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis besitzen, der in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten, die Aufnahme oder Ausübung dieses Berufs unter denselben Voraussetzungen wie Inländern.

Die Befähigungs- oder Ausbildungsnachweise müssen

a) in einem Mitgliedstaat von einer entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannten zuständigen Behörde ausgestellt worden sein;

b) bescheinigen, dass das Berufsqualifikationsniveau des Inhabers zumindest unmittelbar unter dem Niveau nach Artikel 11 liegt, das der Aufnahmemitgliedstaat fordert.

(2) Die Aufnahme und die Ausübung eines Berufs gemäß Absatz 1 müssen dem Antragsteller ebenfalls gestattet werden, wenn er diesen Beruf vollzeitlich zwei Jahre lang in den vorhergehenden zehn Jahren in einem anderen Mitgliedstaat, der diesen Beruf nicht reglementiert, ausgeübt hat, sofern er im Besitz eines oder mehrerer Befähigungs- oder Ausbildungsnachweise ist.

Die Befähigungs- oder Ausbildungsnachweise müssen

a) in einem Mitgliedstaat von einer entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannten zuständigen Behörde ausgestellt worden sein;

b) bescheinigen, dass das Berufsqualifikationsniveau des Inhabers zumindest unmittelbar unter dem Niveau nach Artikel 11 liegt, das der Aufnahmemitgliedstaat fordert;

c) bescheinigen, dass der Inhaber auf die Ausübung des betreffenden Berufs vorbereitet wurde.

(...)

KAPITEL IV - Gemeinsame Bestimmungen für die Niederlassung

Artikel 50 - Unterlagen und Formalitäten

(1) Wenn die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates in Anwendung der Bestimmungen dieses Titels über einen Antrag auf Zulassung zu einem reglementierten Beruf befinden, können sie die in Anhang VII aufgeführten Unterlagen und Bescheinigungen verlangen.

Die in Anhang VII Nummer 1 Buchstaben d, e und f genannten Bescheinigungen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.

Die Mitgliedstaaten, Stellen und sonstigen juristischen Personen sorgen für die Vertraulichkeit der übermittelten Angaben.

(...)

Artikel 51 - Verfahren für die Anerkennung der Berufsqualifikationen

(1) Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates bestätigt dem Antragsteller binnen eines Monats den Empfang der Unterlagen und teilt ihm gegebenenfalls mit, welche Unterlagen fehlen.

(2) Das Verfahren für die Prüfung eines Antrags auf Zulassung zu einem reglementierten Beruf muss innerhalb kürzester Frist abgeschlossen werden, spätestens jedoch drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen der betreffenden Person; die Entscheidung muss von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates ordnungsgemäß begründet werden. Diese Frist kann jedoch in Fällen, die unter die Kapitel I und II dieses Titels fallen, um einen Monat verlängert werden.

(3) Gegen diese Entscheidung bzw. gegen eine nicht fristgerecht getroffene Entscheidung müssen Rechtsbehelfe nach innerstaatlichem Recht eingelegt werden können."

4. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sehe sich durch den bekämpften Bescheid als gleichzubehandelnde EU-Bürgerin verletzt. Sämtliche von ihr vorgelegten Urkunden ersetzten ihrer Ansicht nach ein Zeugnis. Aufgrund der Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit und der somit fehlerhaften Überprüfung der Voraussetzungen der Erteilung einer Tanzschulbewilligung in Niederösterreich sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Die belangte Behörde habe es unterlassen, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen und Feststellungen im Hinblick darauf zu treffen, ob die vorgelegten Unterlagen ein Zeugnis allenfalls ersetzen.

5. In der Gegenschrift räumt die belangte Behörde ein, dass der gegenständliche Fall in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG falle. Hinsichtlich des Berufes des Tanzlehrers sei auf die allgemeinen Bestimmungen dieser Richtlinie zurückzugreifen, weil keine spezifischen Anerkennungsregeln bestünden. Demnach müsse ein Antragsteller für die Aufnahme oder Ausübung einer Berufstätigkeit, welche im Herkunftsmitgliedstaat nicht vom Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation abhängig gemacht wird, jedoch im Aufnahmemitgliedstaat reglementiert ist, neben dem Ausbildungsnachweis eine zweijährige Berufserfahrung in Vollzeittätigkeit nachweisen, die während der vorangegangenen zehn Jahre erworben worden sei. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigungen seien keine inhaltlichen Ausbildungsnachweise im Sinne dieser Richtlinie, weshalb keine Anerkennung erfolgen habe können.

6. Nach § 8 des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes (NÖ Veranstaltungsgesetz) ist die Ausübung des Tanzlehrer-Berufes in Niederösterreich insofern reglementiert, als die regelmäßige und gewerbsmäßige Erteilung von Unterricht in allen Gesellschaftstänzen in als Tanzschule bezeichneten Einrichtungen einer Bewilligung durch die Landesregierung bedarf. Die Bewilligung ist an den Nachweis eines "entsprechenden Zeugnisses" geknüpft, mit dem nachgewiesen wird, dass der Bewilligungswerber über die zur Erteilung von Tanzunterricht erforderlichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse zur Unterweisung in Gesellschaftstänzen verfügt. Nähere Bestimmungen, insbesondere auf welcher Grundlage und von welcher Einrichtung ein "entsprechendes Zeugnis" auszustellen wäre, enthält das NÖ Veranstaltungsgesetz nicht.

Der Beruf des Tanzlehrers ist in Niederösterreich damit ein reglementierter Beruf im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2005/36/EG, weil die Aufnahme dieser beruflichen Tätigkeit an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Das verlangte Qualifikationsniveau entspricht einem Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 11 lit. a (i) der Richtlinie 2005/36/EG.

Niederösterreich hat im Hinblick auf den Beruf des Tanzlehrers bislang keine Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG erlassen (vgl. demgegenüber etwa § 19 des Steiermärkischen Tanzschulgesetzes 2014, LGBl. Nr. 65/2014); Niederösterreich hat damit insbesondere auch nicht von der in Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, in den dort genannten Fällen die Absolvierung eines Anpassungslehrgangs oder die Ablegung einer Eignungsprüfung zu verlangen.

Ungeachtet dieses Umstandes sind im Verfahren zur Bewilligung der Erteilung von Tanzunterricht in einem Fall wie dem hier vorliegenden, in dem die Beschwerdeführerin von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen beabsichtigt, die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen.

§ 8 NÖ Veranstaltungsgesetz ist daher im Lichte der dargestellten Bestimmungen der am in Kraft getretenen (und bis umzusetzenden) Richtlinie 2005/36/EG unionsrechts- , also richtlinienkonform auszulegen (vgl. zu einem ähnlichen Regelungskomplex - § 27a Abs. 2 BAG - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/04/0087, m.w.N.); insoweit dies nicht möglich ist, sind alle Träger der Verwaltung verpflichtet, die Bestimmungen der Richtlinie (direkt) anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0108).

7. Die Beschwerdeführerin hat nach den von ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen eine Tanzschule in Deutschland betrieben bzw. Tanzunterricht in Deutschland erteilt. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Ausübung einer derartigen Tätigkeit im Herkunftsmitgliedstaat der Beschwerdeführerin nicht reglementiert.

8. Die belangte Behörde hätte daher festzustellen gehabt, ob die Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG den Beruf, für den sie die Bewilligung nach § 8 NÖ Veranstaltungsgesetz beantragte, vollzeitlich zwei Jahre lang in den vorhergehenden zehn Jahren in einem anderen Mitgliedstaat, der diesen Beruf nicht reglementiert, ausgeübt hat und ob sie im Besitz eines oder mehrerer von der zuständigen Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates ausgestellter Befähigungs- oder Ausbildungsnachweise ist, welche die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 lit. a bis c der Richtlinie 2005/36/EG erfüllen.

Sie hätte dazu im Sinne des Art. 50 der Richtlinie 2005/36/EG die in Anhang VII dieser Richtlinie genannten Unterlagen und Bescheinigungen verlangen können und hätte der Beschwerdeführerin insbesondere gemäß Art. 51 der Richtlinie mitteilen müssen, welche - konkret zu benennenden - Unterlagen fehlen.

Indem die belangte Behörde stattdessen der Beschwerdeführerin eine Frist zur Vorlage lediglich der - im Sinne des § 8 NÖ Veranstaltungsgesetz - "entsprechenden Zeugnisse" gesetzt und (nach Verlängerung der Frist) schließlich den Antrag zurückgewiesen hat, hat sie - ausgehend offenbar von der unzutreffenden Rechtsansicht, dass eine Bewilligung nach § 8 NÖ Veranstaltungsgesetz nur nach Vorlage von Zeugnissen im Sinne dieser Bestimmung erteilt werden könne - die hier anzuwendenden unionsrechtlichen Vorgaben nicht berücksichtigt, weshalb sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist.

9. Soweit die Beschwerdeführerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge eine Tanzschulbewilligung erteilen, ist festzuhalten, dass eine Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst nur unter den Voraussetzungen des § 42 Abs. 3a VwGG möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor, da die Sache nicht entscheidungsreif ist.

10. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist. Das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/18/0143).

Wien, am