VwGH vom 24.04.2015, 2013/02/0096

VwGH vom 24.04.2015, 2013/02/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Zollamtstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-281400/38/Kl/TK, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft U. vom wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 92 Stunden) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde.

In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde nach durchgeführtem Beweisverfahren als erwiesen fest, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom sei mit RSa-Brief (Eigenhandzustellung) am dem Beschwerdeführer als Empfänger übergeben worden; der Beschwerdeführer scheine als Unterzeichner auf. Als Zusteller habe der für diese Region zuständige Zusteller J. H. unterzeichnet. Der Zustellschein sei mit abgestempelt.

Auch das Straferkenntnis sei mit Eigenhandzustellung zugestellt worden; der Zustellschein (RSa) weise als Zustelldatum den und die Übernahme durch den Beschwerdeführer als Empfänger sowie die Unterschrift des Beschwerdeführers auf. Zusteller sei ebenfalls J. H., der den Zustellschein unterschrieben und mit abgestempelt habe. Der Zusteller habe bei der Übernahmebestätigung sowohl den Empfänger angekreuzt als auch das Übernahmedatum eingetragen. Der Zusteller übergebe einen RSa-Brief immer dem Empfänger. Er schließe aus, dass er den Brief einer anderen Person übergebe, wenn der RSa-Brief an den Empfänger gerichtet sei und der Zusteller den Empfänger angekreuzt habe. Beide Zustellscheine wiesen die Unterschrift des Beschwerdeführers auf. Hiezu habe der Zusteller auch Kopien von geleisteten Unterschriften des Beschwerdeführers für die belangte Behörde mitgebracht und es habe festgestellt werden können, dass die Paraphe bzw. Unterschrift des Beschwerdeführers in den Zeichen wechsle.

Der Beschwerdeführer halte sich meistens am Mittwoch in der Niederlassung seines Gewerbebetriebes in B. auf. Ob der Beschwerdeführer - wie behauptet - "mit Sicherheit" am in der Niederlassung in B. gewesen sei, und dies den ganzen Tag, könne jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde dazu aus, dass die vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen bei ihrer Einvernahme nicht überzeugend hätten darlegen können, dass der Beschwerdeführer am nicht in H. (= Zustelladresse laut Rückschein) anwesend gewesen sei, sondern sich den ganzen Tag in B. aufgehalten habe. Sämtliche einvernommenen Zeugen hätten nicht mit Sicherheit angeben können, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag in B. gewesen sei. Vielmehr sei den Aussagen der Zeugen zu entnehmen, dass sie im Kalender nachgesehen bzw. nachträglich mit dem Beschwerdeführer gesprochen hätten bzw. davon ausgehen würden, dass der Beschwerdeführer auch am in B. gewesen sei, weil er üblicherweise am Mittwoch immer in B. sei. Konkrete Erinnerung an den hätten jedoch die einvernommenen Zeugen nicht gehabt.

Zudem werde dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit abgesprochen, weil dieser zunächst in Abrede gestellt habe, den Zustellschein betreffend das Straferkenntnis unterschrieben zu haben und dann nach Nachweis der Unterschriftsleistung seine Verantwortung geändert, die Unterschriftsleistung nicht mehr bestritten, dafür aber seine Ortsabwesenheit behauptet habe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird gerügt, der Beschwerdeführer habe in der Verhandlung am den Antrag gestellt, C. B. zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass der Beschwerdeführer am nicht an der im Zustellschein angegebenen Adresse, sondern in der Filiale B. aufhältig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Beweisantrag in der Verhandlung vom ausdrücklich aufrecht erhalten und darauf verwiesen, dass der Zeuge C. B. weitere Aussagen über das Kassensystem und die Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Filiale B. tätigen könne. Dessen ungeachtet habe die belangte Behörde ohne jede Begründung von der Einvernahme des beantragten Zeugen Abstand genommen, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel darzutun, weil die Einvernahme dieses Zeugen in der mündlichen Berufungsverhandlung vom lediglich zu dem Beweisthema, dass der Beschwerdeführer am nicht an der am Zustellschein angegebenen Adresse aufhältig gewesen sei, erfolgt ist. Der Beweisantrag wurde jedoch - entgegen den dargelegten Beschwerdeausführungen - in dieser Verhandlung nicht zur Frage, ob der Beschwerdeführer während des gesamten Tages in der Filiale B. anwesend gewesen sei, gestellt. Auch in der Verhandlung am , an welcher der Zeuge C. B. wegen Erkrankung laut damaliger Mitteilung des Beschwerdeführers nicht habe teilnehmen können, wurde der Beweisantrag u.a. deshalb vom Beschwerdeführer aufrecht erhalten, weil dieser Zeuge eine Aussage über die Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Filiale B. machen könne. Auch mit diesem ergänzenden Antrag wurde kein konkreter Hinweis darauf gegeben, dass der genannte Zeuge eine Aussage zur Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Filiale B. für den gesamten Tag hätte machen können. Die Behörde war daher nicht verpflichtet, diesem Beweisantrag näherzutreten. Mit dem Hinweis auf das Fehlen einer Begründung zur unterlassenen Einvernahme dieses Zeugen wird daher auch kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt.

Die vom Beschwerdeführer gerügte angebliche Aktenwidrigkeit, es bestehe ein Widerspruch zwischen den Aussagen des Beschwerdeführers und jenen der Zeugen O. und R., ist schon deshalb nicht wesentlich, weil die belangte Behörde in durchaus schlüssiger Beweiswürdigung darlegte, dass die am in der Filiale B. an der Kasse der Filiale B. erfolgte Bonierung nicht für einen Nachweis geeignet ist, dass der Beschwerdeführer tatsächlich am in dieser Filiale - noch dazu den ganzen Tag - anwesend war.

Ferner wird vom Beschwerdeführer gerügt, die belangte Behörde gehe davon aus, dass er sein Vorbringen während des Berufungsverfahrens geändert habe, indem er zuerst die Unterschriftsleistung geleugnet und sich erst später auf eine Ortsabwesenheit gestützt habe. Dies sei unrichtig und aktenwidrig. In der Berufung vom habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er am in B. gewesen sei.

Weshalb die behauptete Aktenwidrigkeit wesentlich sein sollte, vermag die Beschwerde nicht einsichtig darzulegen, zumal von der belangten Behörde in durchaus schlüssiger Beweiswürdigung - im Wesentlichen gestützt auf die Aussage des Zustellers - näher dargelegt wurde, dass der Beschwerdeführer selbst und nicht etwa eine dritte Person am den RSa-Brief mit dem Straferkenntnis persönlich übernommen hat.

Der vom Beschwerdeführer auch in der Beschwerde erwähnte Vorfall, dass bei einer Zustellung einer Ladung des Bezirksgerichtes W. ein Fehler unterlaufen sei, vermag - wie auch schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt - nicht die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu widerlegen, zumal dieser Vorgang noch keinen hinreichenden Nachweis dafür darstellt, dass tatsächlich auch am anlässlich der Zustellung des in Rede stehenden Straferkenntnisses ein Fehler unterlaufen sei.

Gleichfalls nicht wesentlich ist, ob sich der Beschwerdeführer - wie u.a. in der Beschwerde behauptet wird - am "am Kassensystem in Wien" um 09:00 Uhr angemeldet und nach Abwicklung mehrerer Verkäufe um 18:00 Uhr abgemeldet habe, zumal damit, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung darlegt, noch kein Nachweis erbracht wird, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag die gesamte Zeit in der Filiale B. war.

Dass die belangte Behörde den Ausführungen des Zustellers mehr Glauben schenkte als den Darlegungen des Beschwerdeführers betreffend den Zustellvorgang am vermag für sich allein auch nicht die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde durchgeführten Beweiswürdigung zu widerlegen.

Es trifft auch nicht zu, dass den vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen von der Behörde schlechthin abgesprochen wurde, nach dem lange zurückliegenden Zeitraum trotz Einsicht in ihre Aufzeichnungen eine verlässliche Auskunft über den Aufenthalt des Beschwerdeführers am geben zu können. Vielmehr hat laut Niederschrift der belangten Behörde über die öffentliche Verhandlung vom weder der Zeuge R. mit hinreichender Sicherheit darlegen können, dass der Beschwerdeführer am den ganzen Tag in der Filiale B. war, noch konnte der Zeuge O. ausschließen, dass der Beschwerdeführer am (auch) in H. (= Ort der Zustellung) war.

Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.

Insoweit die Beschwerde schließlich wegen der erfolgten Bestrafung wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen durch das Straferkenntnis vom einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot rügt, weil ein gleichfalls anhängig gewesenes gerichtliches Strafverfahren wegen Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung nach § 88 StGB diversionell nach § 203 StPO erledigt worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass nicht die aufgrund dieses Straferkenntnisses erfolgte Bestrafung, sondern die von der belangten Behörde angenommene Verspätung der Berufung Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist.

Wien, am