VwGH vom 24.05.2013, 2013/02/0085
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie Hofrat Mag. Dr. Köller und Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des W in Z, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zlen. UVS-3/20418/13-2013, UVS-28/11086/13-2013, betreffend Übertretungen der StVO (mitbeteiligte Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe am ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt, und zwar gegen 19.20 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,81 mg/l) in K. (Spruchpunkt 1.) und gegen 20.15 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in G. (Spruchpunkt 2.). Der Beschwerdeführer habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 5 Abs. 1 StVO begangen, weshalb über ihn zu 1. gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.620,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 339 Stunden) und zu 2. gemäß § 99 Abs. 1a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.400,-- (Ersatzfreiheitstrafe 270 Stunden) verhängt wurde.
In der Begründung gab die belangte Behörde den Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der BH Z. vom sowie die Angaben der in der mündlichen Verhandlung am bei der belangten Behörde vernommenen Personen wieder und stellte zunächst das im Spruch wiedergegebene Verhalten des Beschwerdeführers als Sachverhalt fest. Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde in der Begründung weiter - sei anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle aufgehalten und einem Vortest unterzogen worden. Das Ergebnis der Messung mit dem Vortestgerät habe um 19.25 Uhr einen Wert von 0,90 mg/l ergeben. Deshalb sei der Beschwerdeführer zu einem Alkomattest aufgefordert worden, welcher in der 200 m vom Tatort entfernt gelegenen Dienststelle durchgeführt worden sei. Der Fahrzeugschlüssel des gegenständlichen LKW's sei dem ungarischen Beifahrer des Beschwerdeführers an Ort und Stelle übergeben worden. Die erste Messung auf dem Gerät der Marke Siemens Alkomat M52052/A15, Gerätenummer W05-625 (aufrecht geeicht, halbjährliche Überprüfungen durchgeführt) habe um
19.45 Uhr einen Wert von 0,82 mg/l ergeben. Der Wert der zweiten Messung um 19:47 Uhr habe 0,81 mg/l betragen. Gegen
20.15 Uhr sei der ungarische Arbeitskollege des Beschwerdeführers zur Polizeiinspektion gekommen und habe den Beamten mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer mit dem LKW in Richtung Z. weggefahren sei. Der Beschwerdeführer sei im Bereich G. durch Beamte der Patrouille Z. zur Anhaltung gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe somit ein zweites Mal am gegen 20.15 Uhr den dem Kennzeichen nach näher bestimmten LKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Nachdem die Beamten mit dem Beschwerdeführer zur Polizeiinspektion zurückgekehrt seien, habe das am Tisch liegen gebliebene Messprotokoll gefehlt. Der Beschwerdeführer habe bis zum Schluss bestritten, mit dem Verschwinden des Messprotokolls irgendetwas zu tun zu haben. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer um 20.15 Uhr den LKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von mehr als 0,81 mg/l gelenkt habe.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, im Akt befinde sich ein Foto vom Vortestgerät mit einem darauf abgebildeten Messwert von 0,90 mg/l, wobei die Messung um
19.25 Uhr stattgefunden habe. Dieses Foto sei nach dem Verschwinden des Messprotokolls angefertigt worden, da die zehn letzten Ergebnisse auf einem Vortestgerät aufgezeichnet würden. Die in der Berufungsverhandlung vorgelegten handschriftlichen Notizen des Beamten seien als Beweis für die Alkoholisierung des Beschwerdeführers ausreichend und es sei dem Beamten als erfahrenem Polizisten zuzutrauen, dass er den Messtreifen vom Alkomaten richtig ablese und auch in seine Notizen richtig übertrage und somit von einem Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers um 19.47 Uhr von 1,62 Promille auszugehen sei. Da der Beschwerdeführer ca. 25 Minuten nach der Feststellung seiner Alkoholisierung neuerlich den LKW gelenkt habe, hätten die Beamten keinen neuerlichen Alkomattest durchgeführt. Die Schilderungen des Geschehnisablaufes durch die beiden Polizeibeamten seien sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht nachvollziehbar und schlüssig. Es sei ihnen als geschulte Straßenaufsichtsorgane eine entsprechend verlässliche Wahrnehmung zuzubilligen und kein Grund ersichtlich, weshalb die Beamten eine ihnen fremde Person wahrheitswidrig belasten hätten sollen. Der Alkomat sei laut Eichbestätigung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen am mit der gesetzlichen Nacheichfrist geeicht worden; auch die halbjährlichen Überprüfungen hätten laut Lieferschein - Alkomatüberprüfungsprotokoll stattgefunden. Die letzten Wartungen vor dem Tatzeitpunkt seien am und erfolgt.
In der Folge stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und führte zu Spruchpunkt 2. aus, auf Grund des durchschnittlichen Verbrennungswertes des Alkohols im Blut von 0,1 bis 0,12 Promille pro Stunde müsse im Zweifel für den Beschwerdeführer angenommen werden, dass der Alkoholgehalt um 20.15 Uhr unter dem in § 99 Abs. 1 lit. a StVO angeführten Wert gefallen sei, weshalb im Zweifel die Strafnorm nach § 99 Abs. 1a StVO heranzuziehen gewesen sei. Ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass die verspätete halbjährliche Überprüfung das Messergebnis zu Lasten des Beschwerdeführers verändert habe, weil die halbjährliche Wartung des Alkomaten statt am erst am erfolgt sei, sei nicht einzuholen gewesen, weil es sich dabei um einen unzulässigen Erkundungsbeweis handle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt - zwar unzutreffend unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, jedoch erkennbar als Verfahrensmangel - die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weil diese von der festgestellten Alkoholisierung ausgegangen sei, obwohl kein Messstreifen vorgelegen sei. Ohne Vorliegen eines solchen Messprotokolls sei der Beweis einer Alkoholisierung nicht gelungen. Nur das Vorliegen eines Messstreifens könne Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 5 StVO sein.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist -
die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2007/02/0288).
Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde die Feststellungen über die Alkoholisierung des Beschwerdeführers auf Grund einer unschlüssigen Beweiswürdigung getroffen hat. Es lagen vom Messstreifen des Alkomaten durch den Polizeibeamten abgeschriebene Notizen über die Messergebnisse vor; der Beschwerdeführer hat auch nicht bestritten, alkoholisiert gewesen zu sein. Die Annahme des Beschwerdeführers, allein ein Messprotokoll könne einen Beweis über die Alkoholisierung erbringen, ist unzutreffend. Eine solche Beweisregel, die im Übrigen dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung widerspräche, findet sich nicht in den vom Beschwerdeführer in der Beschwerde angeführten Erkenntnissen (etwa vom , Zl. 92/11/0198). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Gegenteil auch in einem Fall eines nicht vorhandenen Messstreifens in freier Beweiswürdigung den Beweis von gültigen Blasversuchen als erbracht angesehen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0111).
Andere Gründe für die behauptete Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde werden in der Beschwerde nicht vorgetragen, weshalb der behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt.
Eine Rechtswidrigkeit hinsichtlich Spruchpunkt 2. sieht der Beschwerdeführer darin, dass der Alkoholisierungsgrad nicht im Spruch genannt wird.
Zwar trifft dies zu, allerdings bedarf es für die Annahme des Tatbilds des § 5 Abs. 1 StVO nicht der Feststellung eines bestimmten Alkoholisierungsgrades (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 86/02/0116); zudem hat die belangte Behörde die Bestrafung in diesem Punkt ausdrücklich auf § 99 Abs. 1a StVO gestützt, weshalb dem Beschwerdeführer eine 0,8 mg/l übersteigende Alkoholisierung ohnehin nicht angelastet wurde.
Völlig unbestimmt bleibt das unter dem Aspekt eines Verfahrensmangels erstattete Vorbringen, es hätten sich "objektivierte Bedenken gegen die Richtigkeit der Messung ergeben", weil die Wartung des verwendeten Alkomaten statt spätestens am erst am durchgeführt worden sei. Zu welchen Ergebnissen der vom Beschwerdeführer angesprochene Sachverständige bei der Beurteilung dieses Umstandes gekommen wäre, lässt der Beschwerdeführer offen, die Relevanz eines solchen Verfahrensmangels hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-78153