VwGH vom 20.05.2009, 2008/12/0147

VwGH vom 20.05.2009, 2008/12/0147

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der M O in P, vertreten durch Dr. Josef Flaschberger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Priesterhausgasse 1/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. -6- SchA-75853/1-2008, betreffend Versorgungsbezug nach § 19 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom , 23 Cg 128/69, wurde die am zwischen der klagenden Beschwerdeführerin und dem Beklagten Max O. geschlossene Ehe "aus dem Alleinverschulden des Beklagten" geschieden. In der Tagsatzung vom hatten die Beschwerdeführerin ("Klägerin") und der Beklagte folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Vergleich geschlossen:

"1.) Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin einen monatlichen Unterhalt von S 1.500,-- ab Juni 1969, der Unterhalt zahlbar bis jeweils 5. eines Monates bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

...

Die zu leistenden Unterhaltsbeiträge zu Gunsten der Klägerin ... sind wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex I des statistischen Zentralamtes Wien. ..."

Am verstarb Max O., der als Landeslehrer in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten gestanden war.

In ihrer Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin das Ansuchen um den Versorgungsgenuss nach ihrem geschiedenen, verstorbenen Ehegatten Max O. Sie beziehe von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ein geringes Einkommen und Unterhalt in Höhe von EUR 376,01.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde auf Grund des Antrages vom u.a. fest, dass der Beschwerdeführerin nach ihrem am verstorbenen geschiedenen Ehegatten gemäß § 19 Abs. 1, 2 und 4 des Pensionsgesetzes 1965 ab ein monatlicher Versorgungsbezug in der Höhe von EUR 439,20 brutto gebühre.

Begründend führte die belangte Behörde unter Zitierung aus § 19 des Pensionsgesetzes 1965 aus, laut Vergleichsausfertigung des Landesgerichts Klagenfurt vom habe sich der frühere Ehegatte der Beschwerdeführerin verpflichtet, ihr ab auf Lebenszeit einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von ATS 1.500,-- (EUR 109,01) zu leisten. Die Ehe der Beschwerdeführerin habe 14 Jahre und 9 Monate gedauert und aus dieser seien zwei Kinder hervorgegangen. Das Scheidungsurteil des Bezirksgerichts (richtig: Landesgerichts Klagenfurt) vom enthalte nicht den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe fest, dass der Anspruch auf volle Pension bzw. auf vollen Versorgungsgenuss nur zustehe, wenn das Scheidungsurteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG in der Fassung BGBl. Nr. 280/1978 enthalte. Da dies auf das Scheidungsurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom nicht zutreffe und die Ehe außerdem nicht 15 Jahre gedauert habe, dürfe der Versorgungsbezug im gegenständlichen Fall die festgesetzte Unterhaltsleistung, laut Vergleich des Landesgerichts vom sohin ATS 1.500,-- (EUR 109,01) nicht übersteigen. Dieser Betrag sei wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex I des statistischen Zentralamtes Wien. Laut Mitteilung der Landesstelle für Statistik des Amtes der Kärntner Landesregierung ergebe die Wertberechnung für April 2008 einen Betrag von EUR 439,20.

Da der Antrag auf Versorgungsgenuss am gestellt worden sei, falle dieser gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. mit dem auf den Sterbetag des früheren Ehegatten folgenden Monatsersten, das sei der , an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Anspruch auf volle Pension bzw. auf vollen Versorgungsgenuss", sohin offenbar auf Bemessung ihres Versorgungsbezuges ohne Anwendung des § 19 Abs. 4 des Pensionsgesetzes 1965, verletzt.

Sie sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, das am Stichtag geltende Ehegesetz habe die gesetzliche Bestimmung des § 61 Abs. 3 EheG nicht gekannt. Demnach könne die bescheiderlassende belangte Behörde nicht auf § 61 Abs. 3 EheG in der Fassung BGBl. Nr. 280/1978 Bezug nehmen. Sie hätte vielmehr die am Stichtag geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden gehabt und wäre demnach zur Entscheidung gelangt, dass mangels Anwendbarkeit des § 61 Abs. 3 EheG (in der ab geltenden Fassung) § 61 leg. cit. und sämtliche geltenden Bestimmungen des am Stichtag "aktuellen Ehegesetzes" anzuwenden gewesen wären. Sie hätte auf Grund des Spruchs des Scheidungsurteils vom feststellen müssen, dass die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten einem Ausspruch nach § 61 Abs. 3 EheG in der Fassung BGBl. Nr. 280/1978 entspreche und demnach der Beschwerdeführerin einen "vollen Pensionszuspruch oder vollen Versorgungsgenuss" zusprechen müssen. Der Tenor des Urteils vom entspreche exakt der neun Jahre später in Kraft getretenen gesetzlichen Bestimmung des § 61 Abs. 3.

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0076 = Slg. 15.855/A, verwiesen werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis - unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/12/0198 - ausführte, habe die Berücksichtigung des Verschuldensausspruches nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz in der Regelung des § 19 des Pensionsgesetzes 1965 vor dem Hintergrund normativen Charakter erhalten, dass nach dem Bundesgesetz vom über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und Ehescheidungsrechts, BGBl. Nr. 280 - im Unterschied zur Rechtslage zuvor - der an der Zerrüttung schuldlose Ehegatte eine Scheidung nicht mehr grundsätzlich habe verhindern und sich auf diese Weise den Unterhaltsanspruch wie bei aufrechter Ehe habe sichern können. Nach § 55 Abs. 1 und 2 EheG in der ab geltenden neuen Fassung sei die Widerspruchsmöglichkeit des schuldlosen Ehegatten stark eingeschränkt und die Scheidung erleichtert worden; als Ausgleich dafür seien die unterhaltsrechtlichen Maßnahmen nach § 61 Abs. 3 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 EheG (in der neuen Fassung) getroffen worden. Der Versorgungsbezug einer unschuldig geschiedenen Ehegattin sollte grundsätzlich dem einer Witwe gleichgestellt werden. Diese Gleichstellung habe im Gesetz insofern ihren Niederschlag gefunden, als nach § 19 Abs. 4a des Pensionsgesetzes 1965 - bei entsprechender Ehedauer bzw. entsprechendem Lebensalter des früheren Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung - die Kürzungsregelung des § 19 Abs. 4 leg. cit. auf unschuldig geschiedene frühere Ehegatten keine Anwendung zu finden habe. Darin liege die pensionsrechtliche Besserstellung schuldlos geschiedener Ehegatten gegenüber denjenigen, die entweder nicht schuldlos geschieden worden seien oder die - vor dem - die Scheidung der Ehe nicht verhindert hätten; damit werde hinsichtlich der Berechnung des Versorgungsbezuges die Gleichstellung des unschuldig geschiedenen früheren Ehegatten mit einem überlebenden Ehegatten (der Witwe oder dem Witwer) erreicht.

Mit dem eingangs zitierten, klagsstattgebenden Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom wurde die Ehe der Beschwerdeführerin, wenn auch aus dem Alleinverschulden des Beklagten, so doch auf ihr Begehren hin geschieden. Entgegen der Ansicht der Beschwerde scheidet damit eine Anwendung des § 19 Abs. 4a Z. 1 des Pensionsgesetzes 1965 und damit die Unanwendbarkeit der "Deckelung" des Versorgungsbezuges nach § 19 Abs. 4 leg. cit. schon deshalb aus, weil die Ehe nicht gegen den Willen der - wenn auch schuldlosen - Beschwerdeführerin, sondern vielmehr in Stattgebung ihres Klagebegehrens geschieden wurde, mag dies auch aus dem Alleinverschulden des Beklagten erfolgt sein. Damit scheidet im Sinne der wiedergegebenen Ausführungen eine pensionsrechtliche Besser- bzw. Gleichstellung der geschiedenen Beschwerdeführerin, die auf die Scheidung der Ehe geklagt hatte, mit einem überlebenden Ehegatten (der Witwe oder dem Witwer) aus.

Vor diesem Hintergrund entbehrt die Verfahrensrüge einer Relevanz.

Dass der Bemessung des Versorgungsbezuges in anderer Weise eine Rechtswidrigkeit anhaften würde, behauptet die Beschwerde nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am