VwGH vom 22.03.2010, 2010/15/0033

VwGH vom 22.03.2010, 2010/15/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Mag. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zlen. RV/0506-L/07, miterledigt RV/0507-L/07, RV/0508-L/07, RV/0509-L/07, RV/0510-L/07, betreffend u.a. Umsatz- und Einkommensteuer 1998 und 1999,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Festsetzung von Anspruchszinsen für 1998 und 1999 betrifft, zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Beim Beschwerdeführer, einem Arzt für Allgemeinmedizin, fand für die Jahre 1998 bis 2004 eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Der Prüfer sah es als erwiesen an, dass vor allem im Bereich von Schwangerschaftsabbrüchen, aber auch im Zusammenhang mit Führerscheinuntersuchungen, nicht sämtliche Einnahmen im Rechenwerk des Beschwerdeführers erfasst worden und die Steuerbemessungsgrundlagen daher gemäß § 184 BAO zu schätzen seien. Zudem vertrat der Prüfer die Ansicht, dass der Beschwerdeführer die Umsätze im Zusammenhang mit der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zu Unrecht der Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z. 19 UStG 1994 subsummiert habe.

Das Finanzamt schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ dementsprechende - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren geänderte - Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2004.

Gegen die genannten Bescheide sowie gegen die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2000 bis 2004 erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Sachbescheide nur insoweit Folge als sie den Steuerfestsetzungen der Jahre 1998 bis 2004 geringere Zuschätzungen zu Grunde legte. Im Übrigen wies sie die Beschwerde als unbegründet ab.

Gegen diese Entscheidung, soweit darin über die Veranlagungsjahre 1998 und 1999 abgesprochen wurde, wendet sich die Beschwerde, in der der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit vorträgt:

"Im gegenständlichen Fall entstand der Abgabenanspruch für das Veranlagungsjahr 1998 am um 24:00 Uhr und für das Veranlagungsjahr 1999 am um 24:00 Uhr.

Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde infolge Eintritts der absoluten Verjährung für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer sowie die Anspruchszinsen für 1998 und 1999 mit dem angefochtenen Bescheid am , zugestellt am , nicht mehr neu festsetzen dürfen. Die belangte Behörde hätte der Berufung infolge zwischenzeitigen Eintritts der absoluten Verjährung für diese Zeiträume stattgeben müssen. Die Bezughabenden Bescheide betreffend Anspruchs- bzw Aussetzungszinsen für die gegenständlichen Zeiträume hätte ebenfalls aufgehoben werden müssen, was aber unterblieben ist.

Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig."

Zudem lägen folgende wesentliche Verfahrensmängel vor:

"o Die belangte Behörde unterlässt exakte Feststellungen zum Eintritt der absoluten Verjährung für die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999. Es wäre daher geboten gewesen weitere Ermittlungen in diese Richtung anzustellen, wozu die belangte Behörde von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre. Hätte die belangte Behörde diese Ermittlungen vorgenommen, wäre diese zu einem anderen Bescheidergebnis gekommen, weshalb ein Beschwerdegrund des § 42 Abs 2 Z 3 lit a VwGG vorliegt.

o Die belangte Behörde geht im Übrigen hinsichtlich entscheidungswesentlicher Fakten nicht von den Beweisergebnissen des abgabenrechtlichen Verfahrens aus, wandelt den tatsächlichen Sachverhalt für ihre Zwecke ab und geht auf die Frage der absoluten Verjährung gar nicht ein. Für die getroffenen Annahmen fehlen entsprechende Beweisergebnisse bzw werden Beweise aktenwidrig gewürdigt bzw liegen aktenwidrige Annahmen und bzw Feststellungen vor, welche entscheidungswesentlich sind. Bei Vermeidung dieser Aktenwidrigkeiten wäre die belangte Behörde jedenfalls zu einem inhaltlich anders lautenden Bescheid gelangt, weshalb ein Beschwerdegrund des § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG vorliegt.

o Geltend gemacht werden weiters entscheidungswesentliche Begründungsmängel, da sich die belangte Behörde mit umfangreichen -

durch Judikatur und Literatur belegten - Argumenten nicht auseinandergesetzt hat. Weiters hat die belangte Behörde versäumt, sich mit der Frage auseinander zusetzen, ob zwischenzeitig absolute Verjährung für die Veranlagungsjahre 1998 und 1999 eingetreten ist. Bei Vermeidung dieser Begründungsmängel wäre die belangte Behörde ebenso zu einem anders lautenden Bescheid gelangt, weshalb der Beschwerdegrund des § 42 Abs 2 lit c VwGG infolge entscheidungswesentlicher Begründungsmängel vorliegt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Der angefochtene Bescheid enthält keinen Abspruch über Anspruchszinsen der Jahre 1998 und 1999 (vgl. dazu auch die Bestimmung des § 323 Abs. 7 BAO wonach Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO erstmals auf Abgaben anzuwenden sind, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist).

Soweit sich die Beschwerde dessen ungeachtet ausdrücklich auf die genannten Abgaben bezieht, war sie daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2. Zur Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 beträgt die Verjährungsfrist bei näher genannten - gegenständlich nicht vorliegenden - Abgaben drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Bei hinterzogenen Abgaben beträgt die Verjährungsfrist sieben Jahre. Die Verjährung beginnt - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 180/2004 die Verjährungsfrist um ein Jahr.

Gemäß § 209 Abs. 3 BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.

Die belangte Behörde setzt sich im angefochtenen Bescheid mit der Frage der möglichen Verjährung der Abgabenansprüche der Jahre 1998 und 1999 auseinander. Sie geht dabei zutreffend davon aus, dass der Abgabenanspruch hinsichtlich der Einkommen- und Umsatzsteuer 1999 mit Ablauf des Jahres 1999 entstanden ist und die fünfjährige Verjährungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2004 geendet hätte. Allerdings hätten die mit datierten Erstbescheide zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist bis Ende 2005 geführt und habe das Finanzamt im Jahr 2005 eine weitere Verlängerungshandlung in Form einer abgabenbehördlichen Prüfung gesetzt. Damit seien die am erlassenen Wiederaufnahme- und Sachbescheide für das Jahr 1999 vor Eintritt der Verjährung ergangen.

Hinsichtlich der Umsatz- und Einkommensteuer 1998 sei vom Vorliegen hinterzogener Abgaben auszugehen, weshalb die Verjährung unter Berücksichtigung der durch das Ergehen der Erstbescheide gesetzten Verlängerungshandlung erst Ende 2006 eingetreten wäre.

Die am erlassenen Wiederaufnahmebescheide und geänderten Sachbescheide seien daher gleichfalls vor Eintritt der Verjährung ergangen. Der angefochtene Bescheid enthält auch nähere Ausführungen, weshalb vom Vorliegen hinterzogener Abgaben auszugehen sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich der Beschwerdeführer mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen nicht.

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde entschieden. Die den Eintritt der absoluten Verjährung einwendenden Ausführungen übersehen die Bestimmung des § 209a Abs. 1 BAO. Danach steht der Eintritt der Verjährung einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, nicht entgegen. Dies gilt auch für die zehnjährige (absolute) Verjährung (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2210; Ritz, BAO3, § 209a Tz. 5; und in jüngerer Zeit die hg. Erkenntnisse vom , 2006/15/0182, und vom , 2008/15/0216).

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer relevierte Frage der absoluten Verjährung war somit einzig entscheidend, dass die vom Finanzamt erlassenen und vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheide vom innerhalb der Frist des § 209 Abs. 3 BAO ergangen sind. Die geltend gemachten Verfahrensmängel gehen, soweit sie konkrete Vorwürfe enthalten, von einer - wie ausgeführt - unzutreffenden Rechtsansicht aus und sind daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am