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VwGH vom 29.03.2012, 2008/12/0096

VwGH vom 29.03.2012, 2008/12/0096

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des R P in O, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) vom , GZ. BMWA-107.276/0012-Pers/2/2008, betreffend Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens zur amtswegigen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 amtswegig in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Zl. 2006/12/0083 mit Erkenntnis vom als unbegründet ab.

Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer - soweit hier von Interesse - die Wiederaufnahme des Ruhestandsversetzungsverfahrens. Er führte aus, bereits in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei die Befangenheit der an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitwirkenden Bediensteten des Ministeriums Dr. M., Mag. B. und Dr. J. gerügt worden. Neben den in der Beschwerde angeführten wichtigen Gründen, welche bereits geeignet seien, die volle Unbefangenheit der genannten Beamten in Zweifel zu ziehen, sei anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof eine weitere Urkunde zum Nachweis der Befangenheit dieser Bediensteten vorgelegt worden. Es habe sich dabei um einen Auszug aus einem Akt des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gehandelt. Aufgrund einer Anzeige gegen unbekannte Täter wegen des Verdachtes der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß § 310 Abs. 1 StGB allenfalls in Tateinheit mit § 302 Abs. 1 StGB habe die Staatsanwaltschaft Wien als Verdächtige die Beamten Dr. M. und Mag. B. ausgeforscht. Konkret gehe es um die Herausgabe bzw. Weitergabe der Gutachten der Sachverständigen Dr. P. und Dr. K. aus dem unter Verschluss stehenden Personalakt des Beschwerdeführers an eine dritte Person. Dr. M. sei vom Untersuchungsrichter bereits als Zeuge einvernommen worden. Die von Dr. M. anlässlich seiner Vernehmung vorgewiesenen Aktenteile seien beschlagnahmt worden.

Die Wiederaufnahme des Ruhestandsversetzungsverfahrens werde beantragt, weil neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen seien, die im Verwaltungsverfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht hätten geltend gemacht werden können, da diese erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommen seien. Hätten die befangenen Beamten Dr. M. und Mag. B. sowie deren Vorgesetzter Dr. J. nicht am Verfahren wegen Versetzung in den Ruhestand mitgewirkt und/oder den angefochtenen Bescheid nicht erlassen, wäre voraussichtlich das Verfahren wegen Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eingestellt bzw. ein anders lautender Bescheid herbeigeführt worden. Jedenfalls wäre der Beschwerdeführer nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden.

Für den Fall, dass das Verfahren nicht wiederaufgenommen werden sollte, werde die Erlassung eines Feststellungsbescheides beantragt.

Die belangte Behörde führte in der Folge ein Erhebungsverfahren betreffend den Zeitpunkt der Kenntnisnahme der neuen Tatsachen durch den Beschwerdeführer bzw. dessen rechtsfreundliche Vertreterung durch. Dabei wurden Anfragen an die Oberstaatsanwaltschaft Wien, die Staatsanwaltschaft Wien und das Landesgericht für Strafsachen Wien gestellt.

Mit Schreiben vom teilte die zuständige Richterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit, dass in der Strafsache gegen Dr. M. u.a. wegen § 310 ff StGB laut Aktenvermerk vom Kopien aus dem Strafakt für die rechtsfreundliche Vertretung (RA Dr. S.) des Beschwerdeführers hergestellt worden seien. Eine Akteneinsicht vor diesem Zeitpunkt sei nicht feststellbar.

Mit Schreiben vom brachte die belangte Behörde der Vertreterin des Beschwerdeführers das Ergebnis der Auskunft des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Kenntnis und führte aus, dass daher davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer bzw. seine rechtsfreundliche Vertretung seit dem Zeitpunkt der Erstellung der Kopien Kenntnis von den mit dem Antrag vom behaupteten Wiederaufnahmegründen gehabt habe. Es wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Woche eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag zurück. Sie ging dabei davon aus, dass eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Erhebungsergebnis nicht eingelangt sei.

Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde den Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf, weil mittlerweile hervorgekommen sei, dass die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers eine mit datierte und am bei der belangten Behörde eingelangte Stellungnahme erstattet habe.

In dieser Stellungnahme wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer als Privatbeteiligter einen Antrag auf Aktenabschrift beim Landesgericht für Strafsachen Wien gestellt habe. Aufgrund telefonischer Urgenz am seien schließlich Kopien von jenen Aktenteilen hergestellt worden, die nicht Eingaben des Privatbeteiligten gewesen seien. Der Inhalt dieser Aktenteile sei nicht bekannt gewesen. Laut Gerichtsakt seien diese Kopien am hergestellt worden. Nachdem die Aktenabschrift in der Rechtsanwaltskanzlei eingelangt sei, sei sie als pdf-File unverzüglich mit E-mail vom an den Beschwerdeführer übermittelt worden. Erst durch die Zustellung der Aktenabschrift sei vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt worden.

Dieser Stellungnahme war die E-Mail vom an den Beschwerdeführer samt Aktenabschrift und Übermittlungsnachweis angeschlossen. Daraus ergibt sich, dass das Verfahren gemäß § 310 StGB aufgrund der Weitergabe der medizinischen Gutachten der Sachverständigen Dr. P. und Dr. K. an den Sachverständigen für Innere Medizin Dr. R. die Grundlage für das Strafverfahren bildete. Laut Einvernahme Dris. M. wurde das Gutachten Dris. K. an Dr. R. in seiner Eigenschaft als Vertrauensarzt der belangten Behörde am in Kopie übermittelt. Diese Übermittlung hatte Dr. M. als Sachbearbeiter nach Genehmigung durch Mag. B. getätigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zurück. Weiters wurde auch der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der ihrer Meinung nach anzuwendenden Rechtslage aus, gemäß § 69 Abs. 2 AVG sei ein Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen ab Kenntnisnahme des vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes einzubringen. Der vorliegende Antrag auf Wiederaufnahme sei von der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers am eingebracht worden.

Auf der vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopie des Strafaktes, konkret des "fortgesetzten AV-Bogens" sei auf Seite 3b zu lesen: "4) In Erl. ON 6: Kopie der ON 3, 4 und 5 an PbV RA Dr. S. gegen Kostenersatz". Diese Verfügung sei mit datiert. Weiters finde sich auf der Seite folgender gestempelter Aktenvermerk: "AV vom : Kopien wurden hergestellt". Daraus gehe hervor, dass die von der rechtsfreundlichen Vertretung beantragten Aktenkopien am und nicht wie in der Stellungnahme vorgebracht am hergestellt worden seien. Dies entspreche auch der Auskunft des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom .

Von der rechtsfreundlichen Vertretung sei nicht vorgebracht worden, wann die Aktenkopien in ihrer Kanzlei eingegangen seien. Auch Kopien eines mit Eingangsstempel versehenen Kuverts bzw. Schreibens oder Kopien eines Postbuches, die das Eingangsdatum der Unterlagen in der Anwaltskanzlei zweifelsfrei belegten, seien nicht vorgelegt worden. Es sei lediglich ausgeführt worden, die Kopien nach Erhalt mittels E-Mail vom an den Beschwerdeführer gesendet zu haben.

Unter Einrechnung des durchschnittlichen Postlaufs innerhalb von Wien sei davon auszugehen, dass die Aktenkopien der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers spätestens in der ersten Oktoberwoche, jedenfalls aber vor dem zugegangen seien und dass die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers somit vor dem von den behaupteten Wiederaufnahmegründen Kenntnis erlangt habe. Dass die Aktenkopien dem Beschwerdeführer mit E-Mail vom übermittelt worden seien, tue insofern nichts zur Sache, weil die Kenntnis seiner rechtsfreundlichen Vertretung von den behaupteten Wiederaufnahmegründen dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei.

Das Vorbringen, wonach zwischenzeitig Kenntnis von der Erhebung von Strafanträgen gemäß § 310 Abs. 1 StGB gegen die am Bescheid beteiligten Beamten erlangt worden sei, habe keine Relevanz, weil diese Kenntnis keine neue Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 darstelle.

Die in § 69 Abs. 2 AVG vorgesehene Zweiwochenfrist sei vom Beschwerdeführer somit nicht eingehalten worden, sodass sein Antrag zurückzuweisen gewesen sei.

Abschließend sei festzuhalten, dass der Wiederaufnahmeantrag auch bei fristgerechter Einbringung mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG abzuweisen gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis über die Beschwerde gegen den Ruhestandsversetzungsbescheid unter anderem Folgendes ausgeführt:

"… Aufgrund des Gutachtens des Univ. Prof. Dr. K ist daher von beim Beschwerdeführer vorliegenden Persönlichkeitsstörungen mit Krankheitswert auszugehen. …

… Gestützt auf diesen auf Grund der drei durchgeführten Untersuchungen erstellten psychopathologischen Befund gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Vorgeschichte (vgl. S. 22 des Gutachtens) beim Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit eine paranoide Persönlichkeitsstörung vorliege. …

… Die Darlegungen in der Beschwerde ließen keine Zweifel an der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens aufkommen. …

… Dr. Z gelangt im Gutachten II zu dem Ergebnis, dass selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass die Persönlichkeitsstörung des Beschwerdeführers Krankheitswert nicht aufweise, diese trotzdem dessen Dienstunfähigkeit bewirke, er also nicht in der Lage sei, unter der bisherigen Aktivdienstbehörde zu arbeiten. Die Aufarbeitung der störenden Persönlichkeitsproblematik sei als Folge der vorliegenden Persönlichkeitsstörung nicht zu erwarten, die selbst für den Fall, dass unerwarteter Weise eine therapeutische Behandlung erfolge. Aus dem Gutachten ergibt sich somit auch, dass diese Persönlichkeitsstörung die vom Sachverständigen angeführten Auswirkungen zeitigt, die es dem Beschwerdeführer unmöglich machen, mit seinen Vorgesetzten zusammen zu arbeiten und dabei allenfalls auftretende Konflikte zu bereinigen. Da Dienstfähigkeit in einem Dienstverhältnis mit der Aktivdienstbehörde auch für die Zukunft nicht zu erwarten ist, liegt dauernde Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers vor. …"

Auf Basis der Persönlichkeitsstörungen des Beschwerdeführers und der damit verbundenen dauerhaften Dienstunfähigkeit, die auch durch den Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden sei, hätte jeder Organwalter zweifelsfrei den Schluss ziehen müssen, den Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen. Das Vorbringen, dass die bescheiderlassenden Beamten befangen gewesen wären, was sich in der Einleitung der Vorerhebungen gegen diese wegen § 310 Abs. 1 StGB manifestiere, wäre somit auch bei fristgerechter Einbringung des Wiederaufnahmeantrages nicht geeignet gewesen, einen anders lautenden Bescheid und somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens des amtswegigen Ruhestandsversetzungsverfahrens gemäß § 14 BDG 1979 herbeizuführen. Im Übrigen sei die behauptete angebliche Befangenheit der bescheiderlassenden Beamten von der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers in der Bescheidbeschwerde sowie im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebracht worden und dem Verwaltungsgerichtshof somit vor Erlassung seines Erkenntnisses bekannt gewesen.

Das Begehren auf Erlassung eines Feststellungsbescheides sei zurückzuweisen gewesen, weil eine Entscheidung gemäß § 69 AVG möglich sei und folglich für den begehrten Feststellungsbescheid als subsidiären Rechtsbehelf kein Raum bestehe.

Erkennbar lediglich gegen die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages richtet sich die Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

In der Gegenschrift wurde unter anderem ausgeführt, dass die Beamten der belangten Behörde im Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses freigesprochen worden seien, u.a. weil Dr. R. unter den funktionalen Beamtenbegriff des § 74 Z. 4 StGB falle. Die Staatsanwaltschaft Wien habe kein Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt. Die schriftliche Urteilsausfertigung sei bislang noch ausständig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird in der Beschwerde ausgeführt, fristauslösend im Sinne des § 69 AVG könne nur die direkte persönliche Kenntnisnahme durch den Betroffenen, also durch die seinerzeitige Verfahrenspartei (des wiederaufzunehmenden Verfahrens) sein. Das ergebe sich jedenfalls für die Konstellation des beschwerdegegenständlichen Falles zwingend daraus, dass mangels eines anhängigen Verwaltungsverfahrens auch keine aufrechte Bevollmächtigung für ein solches gegeben sein könne. Dementsprechend gebe es auch niemanden, der rechtlich als Vertreter dieser Verfahrenspartei an ihrer Stelle stehe und dessen Handlungen oder Wahrnehmungen als eigene Handlungen oder Wahrnehmungen der Verfahrenspartei behandelt werden könnten. Etwas anderes gelte selbstverständlich für einen gesetzlichen Vertreter, der insgesamt und ohne Einzelbevollmächtigung bzw. Einzelbeauftragung das rechtliche Organ der Wahrnehmung und Handlung sei. Schon eine gewillkürte Generalvollmacht würde jedoch keineswegs genügen, weil auch bei ihrem Vorhandensein im Einzelfall noch immer mindestens die Auftragserteilung zusätzlich erforderlich sei.

Wenn daher im konkreten Fall ein Rechtsanwalt für ihn die Aktenkopie vom Strafgericht beschafft habe, so sei das doch weder im Rahmen des nicht mehr existenten Ruhestandsverfahrens geschehen, noch schon vorausblickend im Rahmen einer Auftragserteilung für den Wiederaufnahmeantrag, sondern es sei um einen Privatbeteiligtenanschluss an das strafgerichtliche Verfahren gegangen, wobei als primärer Zusammenhang jener mit einem Schadenersatzanspruch (Amtshaftungsanspruch) anzusehen sei.

Nach § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG habe der die Wiederaufnahme Begehrende die Umstände glaubhaft zu machen, aus welchen sich die Einhaltung der Frist von zwei Wochen ergebe. Dies sei durch die Angabe des Datums der Weiterleitung an den Beschwerdeführer am geschehen. Selbst wenn entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht die direkte Kenntnisnahme durch ihn erforderlich wäre, sondern die Kenntnisnahme durch einen Bevollmächtigten genügte, hätte von einer rechtzeitigen Antragstellung ausgegangen werden müssen. Der sei ein Freitag gewesen, sodass eine Fristversäumung zur Voraussetzung hätte, dass die Aktenkopie am vorangegangenen Dienstag, den in der Kanzlei seines Rechtsanwaltes hätte eingelangt sein müssen. Da jedoch eine solche Weiterleitung keinerlei besonderen Arbeitsaufwand erfordere, sei davon auszugehen, dass sie im Regelfall innerhalb eines Tages vorgenommen werde, zwei Werktage wären schon als relativ lang anzusehen und drei Werktage entsprächen jedenfalls nicht mehr dem typischen Verlauf.

Auch wenn andererseits ausgehend von den behördlich erhobenen Vorgängen beim Strafgericht der typische Verlauf auf Seiten dieses Gerichtes und der Post dafür sprächen, dass es tatsächlich zu einem Einlangen der Kopien in der Kanzlei seines Vertreters vor dem gekommen sein sollte, so stünden einander damit doch höchstens zwei ungefähr gleichwertige Überlegungen gegenüber und es habe daher nicht ohne Weiteres eine dieser beiden Versionen ausgewählt werden dürfen. Vielmehr wäre es unerlässlich gewesen, dass dem Beschwerdeführer betreffend die Vorgänge bei Gericht und die weiteren Annahmen Parteiengehör gewährt worden wäre, um ihm Gelegenheit zu geben, trotzdem die Glaubhaftmachung des späteren Zustelltermins vorzunehmen. Es bestünden offensichtlich zusätzliche Abklärungsmöglichkeiten, welche von der belangten Behörde seines Erachtens sogar amtswegig hätten genutzt werden müssen.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde das Erhebungsergebnis betreffend die Herstellung der Aktenkopien am und den daraus gezogenen Schluss, dass der Inhalt der Kopien dem Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, der rechtsfreundlichen Vertreterin des Beschwerdeführers mit Schreiben vom bekanntgegeben, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es auf die Kenntnisnahme durch die "rechtsfreundliche Vertretung" ankomme. Weiters wurde in diesem Schreiben die Möglichkeit eingeräumt, hiezu Stellung zu nehmen.

Die Vertreterin des Beschwerdeführers hat auch tatsächlich die mit datierte und am bei der belangten Behörde eingelangte Stellungnahme erstattet. Darin hat die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers zum Umfang der ihr vom Beschwerdeführer erteilten Vollmacht und zum Einlangen der Aktenkopien in der Rechtsanwaltskanzlei bzw. zu deren Kenntnisnahme durch die Rechtsanwältin kein Vorbringen erstattet, sondern vielmehr den Standpunkt vertreten, es komme auf den Zeitpunkt des Einlangens der Kopien beim Beschwerdeführer an.

Gemäß § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG sind vom Antragsteller die Umstände, aus denen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist zur Stellung des Antrages auf Wiederaufnahme ergibt, glaubhaft zu machen. Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer ausdrücklich die Gelegenheit ein, ein konkretisierendes Vorbringen zur Einhaltung der Frist zu erstatten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass es nach Ansicht der Behörde auf die Kenntnisnahme der neuen Tatsachen durch "die rechtliche Vertretung" ankomme. Davon wurde jedoch nicht Gebrauch gemacht, sondern entgegen der von der belangten Behörde mitgeteilten Rechtsansicht davon ausgegangen, dass auf die Kenntnisnahme durch den Beschwerdeführer persönlich ankomme.

Entgegen dieser Rechtsansicht ist nicht die Kenntnisnahme des Beschwerdeführers, sondern die durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter entscheidend für den Beginn des Laufes der Frist zur Einbringung des Wiederaufnahmeantrages. Die Partei hat sich nämlich die Kenntnis ihres Vertreters zurechnen zu lassen (vgl. zur BAO das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/14/0204). Es kommt auch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Kenntniserlangung das Verwaltungsverfahren anhängig war oder nicht oder welchen Auftrag der Beschwerdeführer seiner Vertreterin erteilt hatte.

Weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde vom Beschwerdeführer behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, die der in die Strafakten Einsicht nehmenden Rechtsanwältin erteilte Vollmacht hätte die Einbringung eines Wiederaufnahmeantrages nicht umfasst. Ob allenfalls eine Generalvollmacht unter bestimmten Umständen nicht ausreichend wäre, braucht im Beschwerdefall schon mangels entsprechender Behauptungen nicht geprüft werden. Selbst falls nur eine Generalvollmacht vorgelegen sein sollte, bestehen im Beschwerdefall auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der einschreitenden Vertreterin die Relevanz allfälliger Tatsachen, die Wiederaufnahmegründe betreffend das Ruhestandsversetzungsverfahren bilden könnten, nicht erkennbar gewesen wäre, hat sie doch den Beschwerdeführer auch anlässlich der vor dem Verwaltungsgerichtshof zu diesem Verfahren durchgeführten Verhandlung und im Wiederaufnahmeverfahren vertreten.

Was den Zeitpunkt der Kenntnisnahme der neuen Tatsache anlangt, verstößt das nunmehr in der Beschwerde erstattete Vorbringen, dass davon auszugehen sei, dass von der rechtsfreundlichen Vertretung keinesfalls mehr als zwei Arbeitstage für die Übermittlung der E-mail an den Beschwerdeführer benötigt würden, gegen das Neuerungsverbot. Damit wird darüber hinaus keinesfalls die rechtzeitige Einbringung des Wiederaufnahmeantrages innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen glaubhaft gemacht . Bei Herstellung von Kopien der relevanten Aktenbestandteile durch das Gericht am ist nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine Zustellung an die Rechtsanwaltskanzlei vor dem erfolgte. Die belangte Behörde ist zu Recht mit Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages vorgegangen, weil diese nicht erst bei erwiesener Verspätung, sondern schon mangels Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Einbringung zu erfolgen hat.

Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, dass vom Wiederaufnahmswerber nicht glaubhaft gemacht wurde, dass er von den als Wiederaufnahmegrund behaupteten Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor Stellung des Wiederaufnahmeantrages Kenntnis erlangt habe. Sie hat den Wiederaufnahmeantrag daher zu Recht zurückgewiesen.

Es kommt daher im Beschwerdefall auch nicht darauf an, ob der Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers auch (inhaltlich) abzuweisen gewesen wäre. Weshalb die Übermittlung von medizinischen Gutachten an einen Arzt als Sachverständigen vor Erstellung eines Gutachtens durch ihn für die Befangenheit der die Übermittlung veranlassenden Beamten sprechen sollte, ist für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Zusammenhang allerdings nicht ersichtlich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am