VwGH vom 26.02.2013, 2010/15/0014
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der M T in B, vertreten durch Dr. Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in 4540 Bad Hall, Hauptplatz 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0398- L/03, betreffend Wiederaufnahme (Einkommensteuer 1995 bis 2000) sowie Einkommensteuer 1995 bis 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mutter der Beschwerdeführerin hat bis in einem ihr gehörenden Gebäude eine gewerbliche Frühstückspension betrieben. Mit ist sie in den Ruhestand getreten und hat diese gewerbliche Tätigkeit eingestellt.
Seit dem vermietet die Beschwerdeführerin Zimmer in diesem Gebäude ihrer Mutter und erklärt aus dieser Betätigung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Fremdenpension im Ausmaß von nicht mehr als 10 Betten).
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob unter dem Titel Miete bzw. Pacht von der Beschwerdeführerin an ihre Mutter geleistete Zahlungen bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Einkommensteuer 1995 bis 2000) als unbegründet abgewiesen und der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 2000 teilweise Folge gegeben. Die Zahlungen der Beschwerdeführerin an ihre Mutter hat sie nicht als Werbungskosten anerkannt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, es existiere kein schriftlicher Vertrag über die Nutzung des Gebäudes der Mutter durch die Beschwerdeführerin (zum Zwecke der Vermietung); es gebe auch keine detaillierten mündlichen Vereinbarungen hierüber. Laut den handschriftlichen, von der Mutter unterzeichneten Bestätigungen habe die Beschwerdeführerin "für Miete oder Pacht" am , am und am jeweils 93.000 S, am und am jeweils 72.000 S und am 54.000 S bar bezahlt. Die Mutter habe auch nach 1993 weiterhin laufend die Pensionsgäste betreut. Sie habe die im Rahmen der Zimmervermietung anfallenden Arbeiten einschließlich der gesamten Hausverwaltung erledigt. Sämtliche Rechnungen und Erlagscheine lauteten auf die Mutter. Die Beschwerdeführerin selbst bereite das Frühstück für die Gäste vor, bevor sie zur Arbeit als Zahnarztassistentin gehe.
Das Finanzamt habe eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Dabei seien die Beschwerdeführerin und ihre Mutter hinsichtlich der Pachtzahlungen und der näheren Details sowie der Arbeitsaufteilung einvernommen worden. Der Abgabenbehörde seien dadurch Sachverhaltselemente zur Kenntnis gelangt, die ihr bis dahin nicht bekannt gewesen seien. Das Finanzamt habe zu Recht das Verfahren wieder aufgenommen, weil der Sachverhalt im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht so vollständig bekannt gewesen sei, dass das Finanzamt schon in jenem Verfahren zu der nunmehr getroffenen Entscheidung hätte gelangen können.
Verträge zwischen nahen Angehörigen seien daraufhin zu untersuchen, ob hinter einer nach außen vorgegebenen Leistungsbeziehung in Wahrheit eine familienhafte Veranlassung bestehe. Es müssten daher eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die eine klare Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und -verwendung zuließen. Nach den Kriterien für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen müssten, wenn eine schriftliche Vereinbarung nicht vorliege, zumindest die wesentlichen Vertragsbestandteile (zeitlicher Geltungsbereich des Vertrages, Höhe des Bestandzinses, allfällige Wertsicherungsklausel, Vereinbarung über das Schicksal der Mieterinvestitionen und über die Instandhaltungspflichten, Tragung von Betriebskosten) mit genügender Deutlichkeit fixiert sein. Im gegenständlichen Fall seien die wesentlichen Vertragsbestandteile nicht ersichtlich. Es sei nach außen nicht erkennbar, ob überhaupt ein Bestandverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Mutter bestehe.
Die Mutter der Beschwerdeführerin sei mit Jahresende 1993 in Pension gegangen, die Beschwerdeführerin habe seither die Zimmervermietung im Haus der Mutter in einem eingeschränkten Ausmaß neben ihrer Tätigkeit als zahnärztliche Assistentin weitergeführt. Dieser Umstand sei aber für die Anerkennung der geltend gemachten Pachtzahlungen als Werbungskosten nicht ausreichend.
Verträge zwischen nahen Angehörigen müssten einen klaren, eindeutigen und zweifelsfreien Inhalt aufweisen. Im gegenständlichen Fall sei der Inhalt des mündlichen Pachtvertrages nicht bekannt und habe von der Beschwerdeführerin auch nicht präzisiert werden können. Es gebe keine Unterlagen über die Berechnung des Pachtzinses. Lediglich aus den handschriftlichen Bestätigungen sei die Höhe der jährlichen Pachtzahlung (zuerst 93.000 S, dann 72.000 S und schließlich 54.000 S) ersichtlich. Ein Zahlungsfluss sei auch nicht nachgewiesen, da die Geldentnahmen jeweils aus der Handkasse erfolgten. Das Vertragsverhältnis weise sohin keinen klaren, eindeutigen und zweifelsfreien Inhalt auf. Ein solcher Vertrag wäre unter Fremden nicht abgeschlossen worden.
Sohin liege kein steuerlich anzuerkennender Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Mutter vor. Die Pachtzahlungen seien daher nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erforderlich, dass die Vereinbarungen nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0265).
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom Verwaltungsgerichtshof auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen.
Der Grund für diese Anforderungen liegt zum einen darin, dass das zwischen Familienangehörigen typischerweise unterstellte Fehlen eines solchen Interessengegensatzes, wie er zwischen Fremden besteht, die Gefahr einer auf diesem Wege bewirkten willkürlichen Herbeiführung steuerlicher Folgen mit sich bringt, der im Interesse der durch § 114 BAO gebotenen gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen begegnet werden muss; zum anderen steht hinter den beschriebenen Kriterien für die Anerkennung vertraglicher Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch die Erforderlichkeit einer klaren Trennung der Sphären von Einkommenserzielung einerseits und Einkommensverwendung andererseits (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0119).
Auch im Beschwerdefall geht es darum, ob die Zahlungen der Beschwerdeführerin durch ihre zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führende Betätigung veranlasst sind oder durch das persönliche Naheverhältnis zu ihrer Mutter.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass den strittigen Aufwendungen keine klaren und eindeutigen Vereinbarungen zu Grunde liegen und unter Fremden die Überlassung der Nutzung des Gebäudes an die Beschwerdeführerin nicht auf diese Weise gestaltet worden wäre. Sie hat sich insbesondere darauf gestützt, dass nicht nachvollziehbar ist, woraus sich die Höhe der jährlich an die Mutter geleisteten Pacht- bzw. Mietzahlungen ergibt.
In der Beschwerde wird hiezu vorgetragen, die Beschwerdeführerin habe "je nach Geschäftsgang aus einem Guthaben der Kassa die Zahlungen bar" an die Mutter geleistet; der Umstand, dass es keine Unterlagen über die Berechnung gebe, dürfe nicht zur Versagung der Werbungskosteneigenschaft führen.
Somit wird auch in der Beschwerde nicht dargetan, aus welchen konkreten Vereinbarungen oder aus welchen Umständen es sich ergeben hat, dass gerade Zahlungen in der konkreten Höhe (93.000 S 72.000 S und 54.000 S) geleistet worden sind.
Solcherart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis gekommen ist, es lägen Vereinbarungen mit einem klaren Inhalt nicht vor, und als Folge dessen eine in der Einkunftserzielung liegende Veranlassung der Zahlungen nicht angenommen hat.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, in den an die Gäste der Fremdenpension ausgestellten Rechnungen scheine die Beschwerdeführerin als Rechnungsausstellerin auf, ist darauf zu verweisen, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Betreiben der Fremdenpension) ohnedies der Beschwerdeführerin zugerechnet worden sind. Die Gestaltung der Rechnungen an die Gäste der Fremdenpension steht aber in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob Zahlungen der Beschwerdeführerin an ihre Mutter Werbungskosten darstellen.
Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Wiederaufnahme der Verfahren und bringt in diesem Zusammenhang vor, die neue rechtliche Wertung der "bereits deklarierten sowie durch Handzettel nachgewiesenen Ausgaben" stelle keinen Wiederaufnahmegrund dar. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass der angefochtene Bescheid die neu hervorgekommenen Tatsachen iSd § 303 Abs. 4 BAO nicht in den Zahlungen als solchen oder deren rechtlichem Schicksal erblickt, sondern darin, dass dem Finanzamt im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung die mit den Zahlungen zusammenhängenden näheren Umstände, insbesondere das Fehlen von (klaren) Vereinbarungen über die Höhe der jährlichen Zahlungen, bekannt geworden sind.
Die Beschwerde bringt schließlich vor, im Spruch des angefochtenen Bescheides führe die belangte Behörde aus, der Berufung betreffend Einkommensteuer 1995 bis 2000 werde teilweise Folge gegeben, und stelle sodann in tabellarischer Form Einkommen und Einkommensteuer für die Streitjahre dar, allerdings "in Widerspruch zur Begründung auf Seite 10, wonach eine steuerliche Erfassung unterblieb; derartiges ist aus den abgeänderten Bescheiden nicht eindeutig erkennbar", sodass über die Berufungsanträge nicht abschließend entschieden worden sei.
Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Das Finanzamt hat im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Beschwerdeführerin auch dadurch erhöht, dass sie den Einnahmen geringfügige Beträge an "fehlenden Erlösen" und "Sicherheitszuschlägen" hinzugerechnet hat. Auf Seite 10 des angefochtenen Bescheides wird zum Ausdruck gebracht, dass der Berufung in dieser Hinsicht Folge gegeben wird. Die Höhe der von der belangten Behörde angesetzten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist für alle Streitjahre in den dem angefochtenen Bescheid angefügten Berechnungsblättern ausgewiesen und ergibt sich aus einer Erhöhung der erklärten Einkünfte um die nicht als Werbungskosten anerkannten (Pacht)Zahlungen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am