VwGH vom 07.10.2005, 2005/17/0207
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des EW in Wien, vertreten durch Dr. Johann Kral, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Frankgasse 6/10, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , Zl. Jv 2671- 33a/2005, betreffend Zeugengebühren (mitbeteiligte Parteien: 1. GD und 2. X Versicherungs AG, Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer wurde in einem vor dem Landesgericht Wiener Neustadt anhängigen Zivilverfahren zur mündlichen Streitverhandlung vom als Zeuge geladen. Er kam dieser Ladung nach.
Mit einem an die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Wiener Neustadt gerichteten Schriftsatz vom begehrte er unter Vorlage einer vorgedruckten Bestätigung über die Vergütung für Stellvertreter eine solche von EUR 432,-- (zuzüglich Fahrtkosten). Die Notwendigkeit der Vertreterbestellung begründete der Beschwerdeführer wie folgt:
"'Wahrnehmungen der Interessen meines technischen Büros - qualifizierte Befundaufnahme/Beratung/Bewertung - insbesonders qualifizierte Vorarbeiten zur Erstellung von Gutachten über Unfallschäden an Kraftfahrzeugen während meiner Abwesenheit, wobei auch die Zeit von expliziter Instruktion vor und Berichterstattung nach meiner Rückkehr, gerundet auf ½ Stunde unten stehend ausgewiesen ist.'"
Auf dem genannten Formblatt bestätigte auch der Stellvertreter den Erhalt einer Vergütung von EUR 432,--.
Daraufhin bestimmte die Kostenbeamtin beim Landesgericht Wiener Neustadt die Zeugengebühren antragsgemäß mit EUR 438,--.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Administrativbeschwerde an die belangte Behörde. Diese forderte den Beschwerdeführer am ausdrücklich auf, die Notwendigkeit der Stellvertretung näher zu erläutern.
Am führte der Beschwerdeführer hiezu Folgendes aus:
"Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom darf ich beantworten: In der Eigenschaft als gewerblich Selbstständiger mit aufrechtem Gewerbeschein an der rubrizierten Adresse der Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik, Handel - eingeschränkt auf den Bürobetrieb 'Bewertung, Beratung und Schätzung' insbesonders nach VKU und anderen Problemen an Fahrzeugen aller Art, erledige ich diese sach- und fachgerechte Tätigkeit ausschließlich selbst (- das bedeutet ich beschäftige (dauernd) keine/n weiteren sach- und fachkundigen Mitarbeiter):
Tritt nunmehr der Fall einer Ladung u.a. zu Gericht (- der gesetzlich zu folgen ist) ein, so begründe ich meine Forderung nach den Bestimmungen des Gebührengesetzes 1975 idgF Kosten für Stellvertreter § 18 (1) Z 2 lit c und Reisekosten nach §§ 6-12 - 1.Reisekosten;
aber auch nur bei tatsächlicher sach- und fachkundiger Vertretung (wie im Antrag vom ) dies erfolgt ist."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde der Administrativbeschwerde der Mitbeteiligten Folge gegeben und die Zeugengebühren des Beschwerdeführers wie folgt bestimmt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Euro | 15,00 | |
2.Entschädigung für Zeitversäumnis: § 18 Abs. 1 Zif 1 GebAG: 5 Stunden a Euro 12,10............................................................... ....................................... | Euro | 60,50 |
Summe............................................... .................................................................... ............. | Euro | 75,50 |
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen in Ansehung des - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich strittigen - Bestehens der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136 (im Folgenden: GebAG), Folgendes aus:
"Unter einem Stellvertreter im Sinne dieser Gesetzesstelle kann nach dem Regelungszusammenhang nur eine Person verstanden werden, die den Zeugen während der Zeit seiner Abwesenheit von seinem Betrieb, seinem Unternehmen, seiner Kanzlei etc. vertritt. Auch diesbezüglich hat der Berichtigungswerber keine konkreten Angaben über die Erforderlichkeit einer derartigen Vertreterbestellung gemacht. Der Berichtigungswerber hat in keiner Weise erläutert, warum in seinem Büro ständig jemand zur Verfügung stehen müsse.
Sollte das diesbezügliche Vorbringen des Zeugen als dahingehend zu verstehen sein, dass eine derartige Notwendigkeit offenkundig wäre, kann dem nicht gefolgt werden, da nach der allgemeinen Lebenserfahrung vielmehr davon auszugehen ist, dass der Zeuge auch während der Bürozeiten nicht ständig in seinem Büro anzutreffen ist, vielmehr in dieser Zeit auch Termine außerhalb des Büros wahrnimmt.
Soweit sich der Zeuge jedoch auf unaufschiebbare Arbeiten beruft, wäre es an ihm gelegen gewesen, die behauptete Tatsache der Unaufschiebbarkeit näher zu erläutern.
Die diesbezüglich nicht näher erläuterte Behauptung der Unaufschiebbarkeit der Arbeiten reicht jedenfalls nicht aus, die Erforderlichkeit einer solchen Vertreterbestellung darzulegen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung von Zeugengebühren nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 Abs. 1 Z 2, § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. b und c sowie
Abs. 2, § 19 Abs. 2 und § 20 Abs. 2 GebAG lauten:
"Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
...
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er
durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
...
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 12,10 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
...
b) beim selbstständig Erwerbstätigen das tatsächlich
entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
...
(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen. Geltendmachung der Gebühr
§ 19. ...
(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren § 3 Abs. 2), zu bescheinigen.
...
Bestimmung der Gebühr
§ 20. ...
(2) Vor der Gebührenbestimmung kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen."
Unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bekämpft der Beschwerdeführer die Auffassung der belangten Behörde, er wäre gehalten gewesen, die Unaufschiebbarkeit der von seinem Stellvertreter während seiner Abwesenheit wahrgenommenen Aufgaben konkret zu behaupten und auch nachzuweisen. Vielmehr "begreifen die Kosten der Bestellung eines Stellvertreters den Entgang des Einkommens gem. lit. b) in sich". Es sei wohl unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer die in der erwähnten Bestätigung ausgewiesenen Kosten aus seinem Einkommen bezahlt und insoweit natürlich und zwangsläufig auch eine Einkommenseinbuße erlitten habe. Dem ist Folgendes zu erwidern:
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG gebühren gegebenenfalls anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a oder b leg. cit. die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter. Es genügt daher - anders als der Beschwerdeführer offenbar mit dem zuletzt wiedergegebenen Beschwerdevorbringen meint - nicht, dass ein Stellvertreter bestellt und dessen Kosten vom Zeugen getragen wurden. Vielmehr setzt der geltend gemachte Anspruch des Weiteren voraus, dass die Stellvertretung notwendig war. Als einen für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstand hat der Zeuge im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls über diesbezügliche Aufforderung der Verwaltungsbehörde diese Notwendigkeit zu behaupten und zu bescheinigen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse je vom , Zl. 99/17/0207 und Zl. 2000/17/0065).
Der Beschwerdeführer ist gleichfalls nicht im Recht, wenn er die Auffassung vertritt, hiezu sei es nicht erforderlich, konkrete Behauptungen zur Unaufschiebbarkeit der vom Stellvertreter wahrgenommenen Tätigkeiten zu erstatten (vgl. in diesem Zusammenhang zunächst auch die Ausführungen in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0207). Die Bestellung eines Stellvertreters ist nur dann notwendig, wenn die von ihm wahrgenommenen Aufgaben unaufschiebbar sind. Dies folgt daraus, dass die in § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG vorgesehene Gebühr jene auf Ersatz des (fallbezogen: beim selbstständig Erwerbstätigen) tatsächlich entgangenen Einkommens nach lit. b leg. cit. substituieren soll. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbstständig Erwerbstätigen aber nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Wesentlich ist hiebei insbesondere, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht selbst durchzuführen, wobei auch die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen kann (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/17/0063, und vom , Zl. 98/17/0137). Vor diesem Hintergrund ist auch die Frage zu sehen, wann die Bestellung eines Stellvertreters "notwendigerweise" erfolgt. Dies ist dann der Fall, wenn der Stellvertreter für Tätigkeiten herangezogen wird, die dem Zeugen Einkommen bringen, welches in Ermangelung der erfolgten Bestellung eines Stellvertreters jedoch verloren gegangen wäre. Auch dabei ist es wesentlich, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden dem Stellvertreter übertragenen Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht selbst durchzuführen, wobei gleichfalls die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen kann. Ist im Sinne der zuletzt erstatteten Ausführungen die Verrichtung der dem Stellvertreter übertragenen Arbeiten durch den Zeugen selbst nach seiner Rückkehr vom Gericht möglich und zumutbar, so war der Stellvertreter nicht "notwendigerweise" im Verständnis des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG zu bestellen.
Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behauptet, die Notwendigkeit der Stellvertreterbestellung habe sich schon aus seiner Eingabe vom ergeben, ist ihm zu entgegnen, dass dem dort erstatteten Tatsachenvorbringen zwar die Art der dem Stellvertreter übertragenen Tätigkeiten zu entnehmen war, es jedoch keine hinreichend konkreten Angaben über deren Unaufschiebbarkeit (im Verständnis der Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit ihrer Durchführung durch den Zeugen selbst zu einem späteren Zeitpunkt) enthalten hat. Nicht einmal in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet der Beschwerdeführer, dass die von seinem Stellvertreter entfaltete Sachverständigentätigkeit darin bestanden hätte, Gutachtensaufträge von Kunden, die spontan und ohne Terminvereinbarung in seinem Büro (unter Mitnahme des beschädigten Kraftfahrzeuges) erschienen sind, umgehend an Ort und Stelle auszuführen. Vielmehr wird lediglich behauptet, es sei als notorisch vorauszusetzen, dass Kunden, die vor einem verschlossenen Büro stünden, nicht wieder kämen und dies auch anderen Kunden bekannt geben würden, sodass bei Nichtbesetzung des Büros unwiederbringlicher Schaden entstehen würde. Auch die vom Beschwerdeführer jetzt vorgebrachte Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb (im Sinn eines Anwesenheitsdienstes zwecks Entgegennahme von Aufträgen) aufrecht zu erhalten, wäre schon im Verwaltungsverfahren initiativ darzutun gewesen, wobei insbesondere auch zu begründen gewesen wäre, weshalb eine aus diesem Grund erfolgte Bestellung nur mit einem gleich qualifizierten Vertreter erfolgen kann. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Wenn der Beschwerdeführer weiters meint, die Behörde hätte im Falle von Zweifeln an der Qualifikation des Stellvertreters diese von Amts wegen zu hinterfragen gehabt, wobei das Vorliegen einer entsprechenden Qualifikation schon aus der Berufsbezeichnung des Stellvertreters als Karosserie- und Bauspenglermeister hervorgehe, so verkennt er, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht auf Zweifel an der Qualifikation des Stellvertreters, sondern zutreffend auf das Fehlen hinreichender Behauptungen zur Notwendigkeit seiner Bestellung gestützt hat.
An diesem Ergebnis könnte auch der vom Beschwerdeführer behauptete Umstand nichts ändern, wonach Justizverwaltungsbehörden die Notwendigkeit der Bestellung eines Stellvertreters in seinem Falle seit Jahrzehnten anerkannt hätten.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am