VwGH vom 04.09.2008, 2005/17/0203
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. Herwig Trnka, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Maßenbergstraße 8, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom , Zl. Jv 50156-33a/05, betreffend Nachlass von Gerichtskosten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges rechtskräftig zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Mit Beschlüssen des Landesgerichtes Leoben vom und vom wurden die Gebühren des in diesem Strafverfahren tätig gewesenen Sachverständigen mit insgesamt EUR 73.812,-- bemessen.
Mit Beschluss vom wies das Landesgericht Leoben den Antrag der Beschwerdeführerin, die Kosten des Strafverfahrens für uneinbringlich zu erklären, ab. Begründend führte das Landesgericht Leoben im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall lägen weder die Voraussetzungen über die rechtliche noch über die faktische Uneinbringlichkeit vor. Auf Grund ihrer Pension verfüge die Beschwerdeführerin über ein regelmäßiges Einkommen. Darüber hinaus lägen noch Ersparnisse in der Höhe von zumindest S 400.000,-- vor und weitere Ersparnisse seien nicht auszuschließen.
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, die Sachverständigengebühren zumindest teilweise nachzulassen, und führte begründend aus, ihr seien aus der Straftat, deretwegen sie verurteilt worden sei, keinerlei Mittel zugeflossen. Sie beziehe eine vorläufige Berufsunfähigkeitspension von EUR 923,-- monatlich (befristet bis ). Weiters erhalte sie auf Grund einer Lebensversicherung eine Rente in Höhe von monatlich EUR 1.846,62. Die Ansprüche aus dieser Lebensversicherung seien zu Gunsten der S AG zur Besicherung eines von ihr aufgenommenen Kredites von EUR 135.000,-- verpfändet. Diesen Kredit habe sie im Mai 2004 zur Abdeckung ihrer überzogenen Girokonten aufgenommen. Die genannte Lebensversicherung basiere auf einen Einmalerlag in Höhe von S 6 Mio. Dieser Betrag sei ihr als Darlehen von der V Stiftung (Vaduz) zur Verfügung gestellt worden, wobei sich die jährlichen Rückzahlungsraten auf EUR 19.521,67 beliefen. Die erste Darlehensrate habe sie im Mai 2004 geleistet. Auf Grund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation, insbesondere der Pensionierung, befürchte sie allerdings, künftig diese Rückzahlungsraten nicht mehr aufbringen zu können. An unbeweglichem Vermögen besitze sie eine Liegenschaft im Ausmaß von
1.314 m2 mit einem darauf errichteten Einfamilienhaus. Sie habe diese Liegenschaft 1999 käuflich erworben. Seit 2000 sei auf dieser Liegenschaft ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten ihrer Tochter einverleibt. An sonstigem Vermögen besitze sie einen Pkw der Type Mercedes 203, Baujahr 2000, mit einem Tachostand von rund 72.000 km, welcher einen Zeitwert von höchstens EUR 12.000,-- habe und im Sicherungseigentum der S AG stehe. Die drei Sparbücher mit Ersparnissen in Höhe von (insgesamt) rund S 400.000,-- seien bei einer am durchgeführten Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden. Sie sei damit einverstanden, dass die Guthaben aus diesen Sparbüchern zur teilweisen Abdeckung der gegenständlichen Kosten verwendet würden. Sie verfüge lediglich über monatlich EUR 923,-- und habe auf ihre übrigen Vermögenswerte keinerlei Zugriff. Sie sei daher beim besten Willen nicht in der Lage, "die im gegenständlichen Strafverfahren angelaufenen Sachverständigengebühren zumindest derzeit zu bezahlen". Die Hereinbringung dieser Kosten sei auch auf exekutivem Weg nicht möglich. Auch sei die Einbringung für sie mit einer besonderen Härte verbunden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin, die ihr zur ungeteilten Hand mit WT vorgeschriebenen Gerichtskosten im Betrag von EUR 73.812,-- teilweise nachzulassen, nicht stattgegeben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, für das von der Beschwerdeführerin genannte Grundstück bestehe zwar ein Belastungs- und Veräußerungsverbot, aber kein Pfandrecht. Das Landesgericht Leoben habe den Antrag auf Uneinbringlichkeitserklärung der Kosten mit der Begründung abgewiesen, dass weder die Voraussetzungen des § 391 Abs. 1 noch Abs. 2 StPO vorlägen, die Beschwerdeführerin über ein regelmäßiges Einkommen sowie Ersparnisse von S 400.000,-- verfüge und weitere Ersparnisse (als jene auf den beschlagnahmten Sparbüchern) nicht auszuschließen seien.
In Anbetracht der gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin (eine monatliche Berufsunfähigkeitspension von EUR 923,-- und eine Gesamtrente in Höhe von EUR 1.846,62 monatlich, drei Sparbücher mit einer Einlage von (insgesamt) S 400.000,--, die derzeit beim Landesgericht Leoben verwahrt würden, ein Pkw mit einem Zeitwert von EUR 12.000,-
- und die genannte Liegenschaft) könne in der Einbringung eines Betrages von EUR 73.812,-- keine besondere Härte im Sinn des § 9 Abs. 2 GEG erblickt werden. Daran änderten auch die im Zuge des Nachlassverfahrens mitgeteilten jährlichen Rückzahlungsraten von EUR 19.521,67 für das Darlehen von S 6 Mio von der V Stiftung nichts. Ausgehend vom monatlichen Pensionseinkommen und der Gesamtrente in Höhe von EUR 1.846,62 unter Berücksichtigung der jährlichen Rückzahlungsrate für das Darlehen in Höhe von EUR 19.521,67 bleibe ein monatliches Einkommen von EUR 1.143,--. Weiters bestehe keine Sorgepflicht. Nach der Tabelle 1 a m der Existenzminimumverordnung 2005 seien EUR 805,40 unpfändbar, somit wären im Fall einer Gehaltsexekution EUR 337,60 abschöpfbar. Berücksichtige man nun die vorhandenen Sparbücher, den Pkw Mercedes 203 (Baujahr 2000) und den Realbesitz, so könne dem vorliegenden Nachlassantrag keine Folge gegeben werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 2 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962, BGBl. Nr. 288, idF BGBl. I Nr. 131/2001 (in der Folge: GEG), können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0180, mwN).
In Ermangelung von Hinweisen auf das Vorliegen einer besonderen Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung wäre im vorliegenden Fall der Nachlass aus dem Grund der besonderen Härte vom Vorliegen individueller Gründe abhängig, die die Eintreibung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren und Sachverständigenkosten als besondere Härte erschienen ließen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der vom Gesetz geforderten besonderen Härte ausschlaggebenden Umstände gehört die Frage, ob der Nachlasswerber über Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. welcher Art (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0197, mwN).
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Einbringung der Kosten für Sachverständigengebühren mit einer besonderen Härte für die Beschwerdeführerin verbunden wäre. Solches hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der Begründung verneint, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin einer unbelasteten (aber mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belegten) Liegenschaft, eines Fahrzeuges im Wert von EUR 12.000,-- sowie dreier beschlagnahmter Sparbücher im Wert von insgesamt rund S 400.000,-- sei. Hinsichtlich des Einkommens stellte die belangte Behörde fest, dass auch unter Berücksichtigung der Rückzahlungsraten an die V Stiftung in Vaduz im Falle einer Gehaltsexekution monatlich ein Betrag von EUR 337,60 abschöpfbar wäre, womit der Beschwerdeführerin noch ein dem Existenzminimum entsprechender monatlicher Betrag von EUR 805,40 verbliebe.
Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, die belangten Behörde habe bei ihrer Rechnung nicht berücksichtigt, dass der monatliche Betrag aus der Lebensversicherung von EUR 1.846,62 zur Gänze zur Besicherung eines Kredites in Höhe von EUR 135.000,-- verpfändet sei. Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzustimmen, dass die oben dargestellte Berechnung ohne Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin bereits in ihrem Nachlassersuchen genannten Umstandes der Verpfändung dieser Zahlungen erfolgt ist. Allerdings vermag auch dies der Beschwerde nicht zu einem Erfolg zu verhelfen. Die gegenständlichen Gerichtskosten wurden der Beschwerdeführerin nämlich unstrittig zur ungeteilten Hand mit WT vorgeschriebenen. Bei einem Gesamtschuldverhältnis kommt aber eine Nachsicht von Abgaben nur dann in Betracht, wenn die Nachsichtsvoraussetzungen bei allen Gesamtschuldnern erfüllt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0005, mwN, sowie die bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, E 81f zu § 9 GEG, wiedergegebene Rechtsprechung). Dass diese Voraussetzungen auch bei WT vorgelegen wären, hat die Beschwerdeführerin aber nicht behauptet und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch sonst nicht ersichtlich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0197, welches das Nachlassverfahren des WT betrifft).
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Abweisung eines Nachsichtsansuchens noch nicht gleichbedeutend mit der Setzung von Eintreibungsmaßnahmen ist und solche auch nicht zwangsweise zur Folge hat. Gemäß § 13 iVm § 1 Z 1 GEG ist von der Einbringung von Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (bzw. Gerichtskosten) nämlich abzusehen, wenn mit Grund angenommen werden darf, dass sie erfolglos bleiben wird. Daraus können die Gebührenschuldner allerdings kein Recht auf Abstandnahme ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0021, mwN).
Da die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Ergebnis nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am