VwGH vom 23.09.2014, 2013/01/0131
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 02/11/12481/2012-42, betreffend Aufwandersatz in einer Angelegenheit einer Maßnahmenbeschwerde nach SPG (mitbeteiligte Partei: M in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Kostenausspruch, soweit der Landespolizeidirektion Wien der Ersatz von Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Umfang von EUR 1.659,60 an die mitbeteiligte Partei auferlegt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen - über die Maßnahmenbeschwerde der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: M) "in Angelegenheit der am erfolgten Vorführung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe durch Organe der belangten Behörde Landespolizeidirektion Wien" wie folgt entschieden:
"Gemäß § 67c Abs. 3 iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG sowie § 88 Abs. 1 SPG wird die am durch die belangte Behörde vorgenommene Vorführung zum Strafantritt zu GZ: S 84 839-Z/2010 als rechtmäßig erkannt; jedoch die damit korrelierende Anhaltung ab dem Zeitpunkt der amtsärztlichen Untersuchung um 11:40 Uhr bis zur Entlassung um 14:10 Uhr, sowie die im Zuge dieser Anhaltung erfolgte Verweigerung eines Rechtsbeistandes und Vertrauensperson als rechtswidrig erkannt.
Auf Grund des § 79a Abs. 1 und 4 AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 456/2008, werden dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei an Ersatz für Schriftsatz und Verhandlungsaufwand Kosten im Umfang von 1659,60 Euro zugesprochen, zahlbar durch die belangte Behörde binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution.
Ein Ersatz der Eingabengebühr von 13,20 Euro findet nicht statt, da die Eingabe an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht vergebührt war.
Gemäß § 67c Abs. 3 iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG sowie § 88 Abs. 1 SPG wird hingegen die Beschwerde zum Vorwurf der Verweigerung der Verabreichung von Speisen und Getränken während dieser Anhaltung als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde Landespolizeidirektion Wien ist hiezu als obsiegende Partei anzusehen und gebühren ihr nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 456/2008, 887,20 Euro für Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand."
Begründend führte die belangte Behörde zur Kostenentscheidung aus, M habe keinen Kostenantrag gestellt. Da er rechtsunkundig sei folge die belangte Behörde aus Billigkeitserwägungen der Judikatur, wonach "Kosten auch dann zuzuerkennen sind, wenn diese nicht oder unrichtig beantragt wurden".
Vorführung, Festnahme und Anhaltung, samt den anfallenden Teilhandlungen wie Verständigungspflichten seien als einheitlicher Verwaltungsakt anzusehen. Da sich die Festnahme ab dem näher bezeichneten Zeitpunkt als rechtswidrig erweise, seien die damit korrelierenden Teilhandlungen als konsumiert zu betrachten. M gebühre einmaliger Kostenersatz für Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand.
Gegen diesen Bescheid im Umfang der Kostenentscheidung (soweit M Kosten zugesprochen wurden) richtet sich die vorliegende, auf § 91 Abs. 1 Z. 1 SPG gestützte Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Inneres.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Amtsbeschwerde als unbegründet abzuweisen. M hat keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die Amtsbeschwerde macht geltend, Aufwandersatz dürfe ohne Antrag nicht zugesprochen werden. Die gegenteilige Entscheidung der belangten Behörde werde nicht durch Judikatur gestützt. Die Kostenentscheidung sei rechtswidrig.
Die Amtsbeschwerde ist berechtigt.
Unter der Überschrift "Kosten bei Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" normiert das AVG Folgendes:
"§ 79a (1) Die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwandes hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
(7) Die §§ 52 bis 54 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 gelten auch für den Aufwandersatz nach Abs. 1."
Die belangte Behörde hat festgestellt, M habe keinen Kostenantrag gestellt. Gemäß § 79a Abs. 6 AVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Ohne Antrag darf Aufwandersatz nicht zugesprochen werden. Die Unterlassung der Geltendmachung führt zum Verlust des Aufwandersatzanspruches.
Da M - unbestrittenermaßen - keinen Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz stellte - lagen die Voraussetzungen für den Zuspruch von Kostenersatz an ihn nicht vor (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/03/0163; vom , Zl. 2007/21/0016; vom , Zlen. 2003/01/0655 bis 0656; und vom , Zl. 99/01/0404).
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-78011