VwGH vom 18.06.2014, 2013/01/0128
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Pitsch, über die Beschwerde der G S in I, vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Strasse 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ia-26.012/33-2013, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheide vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer kubanischen Staatsangehörigen, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die durchgeführten Ermittlungen hätten die tabellarisch dargestellten Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin ergeben; sie habe von bis über Aufenthaltserlaubnisse nach dem FrG 1997 und ab über eine Niederlassungsbewilligung als begünstigte Drittstaatsangehörige verfügt. Da ihre Niederlassungsbewilligung laufend verlängert wurde, habe sie bis über eine gültige Niederlassungsbewilligung verfügt. Am habe die Beschwerdeführerin einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EG" gestellt. Dieser Antrag sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom mit der (wesentlichen) Begründung abgewiesen worden, dass die Beschwerdeführerin - auf Grund verspätet gestellter Verlängerungsanträge - von 21. Jänner bis und von 5. Februar bis nicht im Besitz von Aufenthaltsberechtigungen gewesen sei. Für ihre bis gültige Niederlassungsbewilligung habe sie vor dem Ablauf deren Gültigkeit keinen Verlängerungsantrag gestellt. Deshalb beruhe ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ab auf keinem gültigen Titel. Auf Grund ihres unrechtmäßigen Aufenthalts im Zeitraum 12. März bis sei die Beschwerdeführerin (mit Geldstrafe) bestraft worden; mit Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates Tirol vom sei die über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe (auf EUR 250,--) herabgesetzt worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, seit der Fassung der §§ 20 Abs. 2 iVm 24 Abs. 2 NAG durch BGBl. I Nr. 29/2009 (In Kraft getreten am ) müssten Aufenthaltstitel vor dem Ablauf der Gültigkeit verlängert werden (gemeint: ein Verlängerungsantrag müsse spätestens am letzten Tag der Gültigkeit des Titels bei der Behörde eingelangt sein). Zwischen 12. März und habe die Beschwerdeführerin (auf Grund ihres erst am verspätet eingebrachten Verlängerungsantrages) über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt. Sie könne sich frühestens ab auf einen durchgehend legalen Aufenthalt in Österreich berufen. Die von ihr ins Treffen geführte Judikatur beziehe sich auf eine "mittlerweile überholte Rechtslage" (damit gemeint: NAG in der bis gültigen Fassung). Jene "Unterbrechungen der Titelkette" (gemeint: von 21. Jänner bis und von 5. Februar bis ), die für die Abweisung des Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EG" maßgeblich gewesen sei, würden nicht zur Abweisung des vorliegenden Verleihungsantrages führen, wohl aber die Unterbrechung zwischen 12. März und .
Die Beschwerdeführerin erfülle im Entscheidungszeitpunkt (auf Grund ihres "titellosen Aufenthalts" vom 12. März bis ) die Verleihungsvoraussetzung eines zehnjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG (BGBl. Nr. 311/1985 idF BGBl. I Nr. 38/2011) darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.
Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ("rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten") ist Verleihungsvoraussetzung, dass ein Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden legalen Aufenthalt im Bundesgebiet in der erforderlichen Mindestdauer von zehn Jahren aufweisen kann.
Zum rechtmäßigen und unterbrochenen Aufenthalt zählen vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Für die Zeiten vor Inkrafttreten des NAG kann die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch mit Aufenthaltstiteln nach den Vorschriften des FrG 1997 oder des AufG nachgewiesen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/01/0094; und vom , Zl. 2009/01/0059, mwN).
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, sie habe "bereits zum Zeitpunkt der Antragstellerin" (erkennbar gemeint: Antragstellung) im März 2011 die Voraussetzung eines zehnjährigen Aufenthalts im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfüllt. "Mehrere Monate vor Ablauf ihres rechtmäßigen Aufenthaltstitels" habe sie einen Antrag auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung eingebracht. Wer den Verlängerungsantrag in einen Antrag auf "Dauer-EG umgewandelt hat", bleibe offen. Ihr Antrag auf "Dauer-EG" wäre jedoch positiv zu erledigen gewesen. Auch habe sie immer die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 6 und Z. 7 StbG erfüllt.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen eines rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von zehn Jahren verneint, weil die Beschwerdeführerin erst seit durchgehend über einen Aufenthaltstitel verfügt.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe im Zeitpunkt der Antragstellung () bzw. auch im März 2011 die Verleihungsvoraussetzung des rechtmäßigen und unterbrochenen zehnjährigen Aufenthalts erfüllt, ist zu erwidern, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG hinsichtlich des rechtmäßigen und unterbrochenen Aufenthaltes im Bundesgebiet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde zurückzurechnen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/01/0036; und vom , Zl. 2012/01/0063).
Das Beschwerdevorbringen zu den Verleihungsvoraussetzungen nach Z. 6 und Z. 7 des § 10 Abs. 1 StbG geht schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde die Abweisung des Verleihungsantrages auf die Nichterfüllung dieser Voraussetzungen gar nicht stützte. Daher muss auch nicht darauf eingegangen werden, ob die Beschwerdeführerin diese Verleihungsvoraussetzungen tatsächlich (immer) erfüllte.
Hinsichtlich ihres ins Treffen geführten Antrages um "Erteilung eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt-EG", der von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit Bescheid vom gemäß § 45 Abs. 1 NAG abgewiesen wurde, verkennt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde sich auf diese abweisende Entscheidung nicht stützte, sondern darauf, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 12. März bis über keinen Aufenthaltstitel verfügte. Dass sie während dieses Zeitraumes dennoch über einen Aufenthaltstitel verfügte, legt die Beschwerdeführerin aber nicht dar. Die erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Behauptung, sie habe "mehrere Monate vor Ablauf ihres Aufenthaltstitels" einen Verlängerungsantrag eingebracht, widerspricht dem in ihrer Stellungnahme (vom ) an die belangte Behörde erstatteten Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie "rechtzeitig einen Antrag auf Dauer EG" gestellt habe, der mit einem - nach Ansicht der Beschwerdeführerin - "rechtlich unrichtigen Bescheid rechtskräftig abgewiesen wurde". Im Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet, sie habe einen "Verlängerungsantrag" gestellt.
Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin ununterbrochene legale Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet erst ab November 2011 aufweist und daher die Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von zehn Jahren im Zeitpunkt der Bescheiderlassung () nicht erfüllte. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-78003