VwGH vom 07.04.2020, Ra 2018/11/0105
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des M F in E, vertreten durch die Bruckmüller Rechtsanwaltsgmbh in 4020 Linz, Landstraße 50, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2017/40/2431-3, betreffend Übertretung des LSD-BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird infolge Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als Verantwortlicher der Firma E LTD mit Sitz in Zypern und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass für die Arbeitnehmer KK und SK, die von 6. bis in einem Hotelbetrieb (nach dem Akt: des HW) beschäftigt wurden, "die Lohnunterlagen nicht bereitgestellt bzw. bereitgehalten wurden". Gemäß § 22 iVm. § 28 Z 3 Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz (LSD-BG) iVm. § 20 VStG wurde jeweils eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
2 Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass die Lohnunterlagen - wie etwa Lohnzahlungsnachweise, Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen - noch nicht existiert hätten, da die betreffenden Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kontrolle noch keinen ganzen Monat im Betrieb des Beschäftigers HW gearbeitet hätten. Der Beschäftiger habe selbst gesagt, dass keine Lohnunterlagen vorhanden seien, da eine Entlohnung über die Leasingfirma aufgrund der kurzen Dauer noch nicht stattgefunden habe. Weiters sei dem Straferkenntnis nicht konkret zu entnehmen, welche Lohnunterlagen nicht bereitgehalten oder bereitgestellt worden seien. Die Behörde verkenne auch, dass die E LTD als Überlasser, nicht als Beschäftiger tätig geworden sei. Das ergebe sich eindeutig aus der Mehr-Wert-Vereinbarung zur Personalanwerbung und Gestellung internationaler Tourismusarbeiter zwischen dem Beschäftiger und der E LTD sowie den ZKO4 Meldungen. Die Anwendung des § 28 Z 3 LSD-BG, die sich auf den Beschäftiger beziehe, sei sohin nicht korrekt. Auch komme eine Bestrafung nicht in Betracht, da keinerlei Erschwerungsgründe vorliegen würden, der Beschwerdeführer kooperativ gewesen sei und es zu keiner tatsächlichen Verkürzung von Sozialabgaben oder einer Unterentlohnung gekommen sei. Es hätte daher jedenfalls eine Ermahnung ausgereicht.
3 Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die E LTD als "Überlasser" bezeichnet werde und die übertretene Strafnorm § 28 Z 2 LSD-BG (anstelle von § 28 Z 3 leg.cit.) zu lauten habe. Weiters sprach es gemäß § 25a VwGG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
Das Verwaltungsgericht stellte (soweit vorliegend relevant) fest, eine am durch Organe der Finanzpolizei durchgeführte Kontrolle im erwähnten Hotel habe ergeben, dass die beiden genannten Arbeitskräfte über die zypriotische Firma E LTD angestellt und nach Österreich an HW überlassen worden seien. HW sei von den Kontrollorganen der Finanzpolizei aufgefordert worden, die erforderlichen Unterlagen gemäß LSD-BG vorzulegen. Er habe den Leasingvertrag zwischen ihm und der E LTD, ZKO4-Meldungen, leere Stundenaufzeichnungen sowie Arbeitsverträge bzw. Überlassungsverträge vor Ort elektronisch zugänglich gemacht. Die gesetzlich definierten Lohnunterlagen gemäß § 22 Abs. 1 LSD-BG seien nach Aussagen von HW von der E LTD als Überlasser im Fall einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nicht übermittelt und somit nicht nachweislich bereitgestellt worden. Es hätten Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohneinstufungsunterlagen und Lohnaufzeichnungen gefehlt. Am Kontrolltag seien per E-Mail Unterlagen wie A1-Versicherungsdokumente, Lohnunterlagen sowie arbeitsmarktrechtliche Dokumente nachgefordert worden. Bis auf die arbeitsmarktrechtlichen Dokumente seien die angeführten Unterlagen am nachgereicht worden.
Unter dem Punkt III. "Erwägungen" führte das Verwaltungsgericht aus, es sei unbestritten, dass der Revisionswerber
verantwortliches Organ der E LTD sei und dass die in Rede stehenden Arbeitskräfte von dieser an HW überlassen worden seien. Weiters sei vom Revisionswerber nicht bestritten worden, dass im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei nur der Leasingvertrag zwischen HW und der E LTD, ZKO4-Meldungen, leere Stundenaufzeichnungen sowie Arbeitsverträge bzw. Überlassungsverträge elektronisch zugänglich gemacht worden seien. Am Kontrolltag hätten weder Arbeitszeitaufzeichnungen (Nachweis des tatsächlichen zeitlichen Ausmaßes der Arbeitsleistung) noch Lohneinstufungsunterlagen (Nachweis der Bildungs- und Verwendungshistorie der Arbeitnehmer) oder Lohnaufzeichnungen (zB Anmeldung zur Sozialversicherung, Sozialversicherungsbeitragszahlungen, Lohnzuschläge oder - abschläge, Diäten usw.) vorgelegt bzw. zugänglich gemacht werden können. Da diese Unterlagen gefehlt hätten, liege ein objektiver Verstoß gemäß § 22 Abs. 2 LSD-BG vor. Zwar seien die beiden Arbeitnehmer noch keinen ganzen Monat im Betrieb tätig gewesen, weshalb im Kontrollzeitpunkt keine volle Lohnzahlungsperiode beendet gewesen sei. Jedoch hätten sie bereits zwei Wochen im Betrieb gearbeitet, und es sei daher völlig unerfindlich, dass keine Arbeitszeitaufzeichnungen oder Lohnzahlungsvereinbarungen gemacht worden wären. Bereits bei Fehlen einer der Unterlagen im Sinne des § 22 Abs. 1 LSD-BG gelte der Tatbestand des § 22 Abs. 2 iVm § 28 Z 2 LSD-BG als erfüllt.
Hinsichtlich der Strafhöhe führte das Verwaltungsgericht aus, dass als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Revisionswerbers sowie die unverzügliche Übermittlung der Unterlagen per E-Mail zu werten gewesen sei. Weiters sei davon auszugehen, dass die österreichischen Arbeitsbedingungen nicht unterlaufen worden seien, Sinn und Zweck der übertretenen Norm, nämlich die möglichst rasche Feststellung, ob die österreichischen Arbeitsbedingungen eingehalten worden seien, seien durch die Tat dennoch beeinträchtigt worden. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde bereits von der Anwendung des § 20 VStG Gebrauch gemacht habe, sei eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht geboten gewesen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die vom Verwaltungsgericht zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegt wurde. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.
5 Zur Zulässigkeit wird in der Revision vorgebracht, es fehle Rechtsprechung dazu, wann dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG hinsichtlich § 22 Abs. 2 LSD-BG entsprochen werde, insbesondere, wenn im Spruch lediglich undifferenziert von den "Lohnunterlagen" die Rede sei.
6 Die Revision ist im Hinblick auf dieses Vorbringen zulässig. Sie ist auch begründet.
7 Die maßgeblichen Bestimmungen des Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes (LSD-BG) in der Stammfassung BGBl. I 44/2016 lauten auszugsweise:
"Bereithaltung von Lohnunterlagen
§ 22. (1) Arbeitgeber im Sinne der § 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1 haben während der Dauer der Beschäftigung (im Inland) oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs. 3 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder diese den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich zu machen, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat. Der Arbeitsvertrag ist entweder in deutscher oder in englischer Sprache bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Verpflichtung nach dieser Bestimmung als Arbeitgeber.
§ 21 Abs. 2 findet sinngemäß Anwendung. Bei mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich sind die vorgenannten Unterlagen bereits ab der Einreise in das Bundesgebiet im Fahrzeug bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Im Fall eines mobilen Arbeitnehmers im Transportbereich sind nur die Z 2 und 3 des § 21 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden.
(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen nach Abs. 1 den inländischen Beschäftiger. Der Überlasser hat dem Beschäftiger die Lohnunterlagen nach Abs. 1 nachweislich bereitzustellen.
....
Nichtbereithalten der Lohnunterlagen
§ 28. Wer als
...
2. Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen dem Beschäftiger nicht nachweislich bereitstellt, oder
3. Beschäftiger im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.
...."
8 Die Vorgängerbestimmung des § 22 LSD-BG, § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 152/2015, lautete auszugsweise:
"Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen
§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der § 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen.
..."
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 7d Abs. 1 AVRAG in seinem hg. Beschluss vom , Ra 2017/11/0301, folgendes ausgeführt:
"Ausgehend von der Zielrichtung des Konkretisierungsgebots des § 44a Z 1 VStG (nach ständiger Judikatur hat die Tatumschreibung so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; vgl. nur etwa , mwN) sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen (vgl. nur etwa , mwN). Eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung ist im Regelfall (wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde) nicht revisibel (vgl. nur etwa , , Ro 2015/07/0041, , Ra 2017/11/0024)."
Dieser Entscheidung folgend sprach der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Ra 2018/11/0217, aus:
"Dem zitierten Beschluss, Ra 2017/11/0301, lag der Vorwurf einer Übertretung des § 7d Abs. 1 AVRAG zugrunde, der dadurch gekennzeichnet war, dass der Arbeitgeber zwar einzelne, aber nicht sämtliche der in der letztgenannten Bestimmung aufgezählten Lohnunterlagen bereitgehalten hatte bzw. zum Bereithalten mancher Lohnunterlagen im Kontrollzeitpunkt fallbezogen noch gar nicht verpflichtet war. Vor diesem Hintergrund hielt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die noch fehlenden "Lohnunterlagen" iSd. § 7d Abs. 1 AVRAG hätten im Spruch des Straferkenntnisses präzisiert werden müssen, weil der Verpflichtete sonst im Unklaren über den eigentlichen Tatvorwurf bliebe, für vertretbar.
Unter dem Gesichtspunkt dieser Rechtsschutzüberlegungen (...) hat der Verwaltungsgerichtshof daher im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2018/11/0141 (...), in einem Fall, in welchem sämtliche der in § 7d Abs. 1 AVRAG genannten Lohnunterlagen in deutscher Sprache fehlten bzw. nicht am Arbeitsort bereitgehalten wurden, ausgesprochen, dass in einer solchen Konstellation eine Präzisierung (Aufzählung) der Lohnunterlagen im Spruch des Straferkenntnisses gemäß § 44a VStG nicht geboten ist, weil sie unter den genannten Umständen weder zum Schutz vor
Doppelbestrafung noch zur ausreichenden Verteidigung des Revisionswerbers erforderlich ist.
Der vorliegende Revisionsfall gleicht jedoch der dem zitierten hg. Erkenntnis, Ra 2017/11/0301, zugrunde liegenden Fallkonstellation, weil nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis (...) im Kontrollzeitpunkt am Arbeitsort einige der in § 7d Abs. 1 AVRAG genannten Lohnunterlagen hinsichtlich einer Reihe von Arbeitnehmerinnen sehr wohl bereitgehalten wurden. Daher hätte dem Revisionswerber jedenfalls hinsichtlich dieser Arbeitnehmerinnen angelastet werden müssen, konkret welche der in der letztgenannten Bestimmung aufgezählten Lohnunterlagen in Bezug auf welche der von ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen fehlten, um ihn in die Lage zu versetzen, den jeweiligen Tatvorwurf zu widerlegen."
10 Aus den zitierten Entscheidungen lässt sich für den vorliegenden Fall ableiten, dass der Spruch der Straferkenntnisses, obgleich vom Verwaltungsgericht noch abgeändert (zur Verpflichtung zur Präzisierung des Spruchs bzw. Korrektur der angewendeten Strafnorm siehe ; , Ra 2019/11/0053), auch in der abgeänderten Fassung jedenfalls nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG genügt:
11 Die vom Revisionswerber vertretene E LTD wurde im vorliegenden Fall unstrittig als Überlasser tätig. Daher traf sie gemäß § 22 Abs. 2 LSD-BG die Verpflichtung, dem inländischen Beschäftiger die in § 22 Abs. 1 LSD-BG genannten Lohnunterlagen nachweislich bereitzustellen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 7d AVRAG bereits ausgesprochen hat, betrifft die Bereithaltungspflicht eines Beschäftigers nur Unterlagen, die (schon) vorliegen können (siehe hierzu erneut , mwN). Auch § 7d Abs. 1 AVRAG enthielt eine Aufzählung der bereitzuhaltenden Lohnunterlagen, Abs. 2 leg.cit. normierte die Verpflichtung des Überlassers, diese Unterlagen dem Beschäftiger bereitzustellen. § 7d Abs. 1 AVRAG ordnete im Wesentlichen die Bereithaltung derselben Unterlagen an wie § 22 Abs. 1 LSD-BG. Aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung und derselben Zielrichtung der beiden Normen (vgl. dazu etwa ) kann die zitierte, zu § 7d ergangene hg. Rechtsprechung auf § 22 LSD-BG übertragen werden. 12 Daraus folgt, dass es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem einige, aber nicht alle Unterlagen fehlten, nicht genügt, wenn im Spruch des Straferkenntnisses pauschal ausgeführt wird, dass "die Lohnunterlagen nicht bereitgestellt" wurden. Es wäre am Verwaltungsgericht gelegen, im Rahmen seiner Entscheidung in der Sache selbst im Spruch konkret anzuführen, welche der in § 22 LSD BG aufgezählten Lohnunterlagen in Bezug auf welche Arbeitnehmer fehlten. Abgesehen davon hätte das Verwaltungsgericht die Tatumschreibung auch deshalb korrigieren müssen, weil den Überlasser gemäß § 22 Abs. 2 LSD-BG die Pflicht zur Bereitstellung, aber nicht zur Bereithaltung der Unterlagen trifft. Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet und gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 13 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
14 Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018110105.L00 |
Schlagworte: | Mängel im Spruch |
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