VwGH vom 23.09.2014, 2013/01/0123
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des A in B, dieser bei Beschwerdeerhebung vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Silvana Dorner in Bregenz, Rathausstraße 27, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. Ia-370- 2009/0280, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Kosovo, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), in der bis geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 37/2006 und Abs. 5 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009), ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei 1982 in Kosovo geboren, er halte sich seit 2002 ununterbrochen im Bundesgebiet auf und sei seit rechtmäßig niedergelassen. Die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und der österreichischen Staatsbürgerin RW sei am rechtskräftig geschieden worden. Seit sei der Beschwerdeführer neuerlich verheiratet, die Ehegattin sei im Ausland (Kosovo). Die Einkommenssteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2010, 2011 und 2012 würden ein monatliches Nettoeinkommen von ca. EUR 815,-- ausweisen. Selbst seine Behauptung, dass Miete und offene Kredite von der näher bezeichneten Pizzeria getragen würden, könnten die Unterschreitung des vom Gesetz vorgeschriebenen "Richtsatzes des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) für ein Ehepaar von aktuell EUR 1.255,89" nicht ausgleichen. Die (laut Mitteilung des Bezirksgerichtes Bregenz) gegen ihn geführten Exekutionen (aus dem Jahr 2013) habe er per beglichen. Nach dem vorliegenden Versicherungsdatenauszug betreffend die Beiträge "zum gewerbllichen Sozialversicherungsgesetz" sei er von bis seinen Zahlungspflichten nicht nachgekommen. Daraus sei zu folgern, dass der Lebensunterhalt durch die Einnahmen aus dem Gastbetrieb der Pizzeria "nicht gesichert sein dürfte".
Ob dem Beschwerdeführer "und damit letztlich auch seiner Ehegattin, die noch nicht in Österreich aufhältig ist, eine entsprechende Lebensführung der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG möglich ist", müsse auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse verneint werden. Der Beschwerdeführer sei seit rund zwei Jahren selbständiger Unternehmer (und Gewerbeinhaber). Seine Einkommenssteuerbescheide würden durchschnittliche Jahreseinkommen von EUR 8.000,-- bis maximal EUR 11.000,-- ausweisen. In seiner Stellungnahme vom behaupte er, seit seiner Eheschließung im März 2013 neben den Wohnungsmietkosten und Kreditrückzahlungen aus Geschäftseinnahmen für den Privatbereich mehrere Privatentnahmen getätigt zu haben, um "den erforderlichen Richtsatz zu erfüllen", dies könne aber "nicht auf den nachzuweisenden Zeitraum der vorausgegangenen drei Jahre Anwendung finden".
Der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen des "§ 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG 1985" nicht. Die Prüfung des Vorliegens der weiteren Verleihungsvoraussetzung des "§ 10 Abs. 1 StbG 1985" sei daher nicht mehr erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Zu dieser erstattete der Beschwerdeführer eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Aufgrund der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 106/12 ua, ausgesprochenen Aufhebung mit Ablauf des und des Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides () war die als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 7 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006 und Abs. 5 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, im Beschwerdefall anzuwenden. Diese ist erst am außer Kraft getreten (vgl. BGBl. I Nr. 136/2013).
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 leg. cit. darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 leg. cit. ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass im vorliegenden Fall Richtsätze für Ehegatten heranzuziehen seien.
Der Beschwerdeführer macht (unter anderem) geltend, sein nachgewiesenes Einkommen sei hinreichend, weil Richtsätze für eine Einzelperson zur Anwendung kämen.
Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Ehegattin des Beschwerdeführers (unstrittig) nicht in Österreich, sondern in Kosovo.
Ehegatten und minderjährige Kinder, die Unterhaltsansprüche gegen einen Verleihungswerber haben, sind bei Ermittlung des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts nur dann zu berücksichtigen, wenn sie mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/01/0026; und vom , Zl. 2008/01/0768).
Da im Beschwerdefall die Ehegattin des Beschwerdeführers im Ausland lebt, ist sie bei den (für die Ermittlung des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts) heranzuziehenden Richtsätzen nach § 293 ASVG nicht zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde hätte daher Richtsätze nach § 293 ASVG für eine Person heranziehen müssen.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
HAAAE-77992