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VwGH vom 26.01.2011, 2010/13/0197

VwGH vom 26.01.2011, 2010/13/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der W AG in W, vertreten durch die Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid des Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 5, vom , Zl. ReOrg 240- 2/05/Wa/TM, betreffend Vorschreibung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage II) gemäß § 122 Abs. 7 Wirtschaftskammergesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1-8/2003 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von rund 4 Mio. EUR mit einem Betrag von rund 17.800 EUR fest. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass Anträgen der Beschwerdeführerin gemäß § 201 BAO auf Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Monate Jänner bis August 2003 "mit Null" nicht habe gefolgt werden können. Zur weiteren Begründung verwies das Finanzamt auf eine Stellungnahme der Wirtschaftskammer Wien vom . In dieser Stellungnahme wurde im Wesentlichen die Meinung vertreten, dass die Bediensteten der Gemeinde Wien, die der Beschwerdeführerin (einer aus der Gemeindeverwaltung ausgegliederten Gesellschaft) zur Dienstverrichtung zugewiesen seien, als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin anzusehen seien, zumal eine weisungsgebundene Eingliederung in deren Betrieb vorliege. Daher seien die zugewiesenen Bediensteten mit ihren Arbeitslöhnen im Rahmen der Bemessungsgrundlage des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage II) bei der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen.

Gegen diesen Festsetzungsbescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Berufung. Auf der Grundlage des Bundesgesetzes über Maßnahmen anlässlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke (BGBl. I Nr. 68/1999) sei das Vermögen der Wiener Stadtwerke als Unternehmung der Stadt Wien u. a. auf die beschwerdeführende AG übertragen worden. Die Rechtsfolgen für die Bediensteten seien im Wiener Zuweisungsgesetz (LGBl. Nr. 17/1999) geregelt worden. Demnach seien die Bediensteten, die im Zeitpunkt der Betriebsaufnahme der ausgegliederten Gesellschaften in einem öffentlich-rechtlichen oder durch Vertrag begründeten Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien beschäftigt gewesen seien, den Gesellschaften zur Dienstleistung zugewiesen worden. Durch die Zuweisung sei in der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Stellung der Dienstnehmer keine Änderung eingetreten. Die Gemeinde Wien habe weiterhin die Gehälter zu leisten, wobei dieser Aufwand für die zugewiesenen Bediensteten von der jeweiligen Gesellschaft ersetzt werde. Die "kostenersatzleistenden Gesellschaften" seien (lediglich) berechtigt, den Bediensteten die fachlichen Weisungen bei der Besorgung der laufenden Geschäfte zu erteilen. Strittig sei, "ob die Gesellschaften, denen die Bediensteten im Rahmen des Wiener Zuweisungsgesetzes zugewiesen seien, auch für den Kostenersatz bzw. die darin enthaltenen 'Arbeitslöhne' DZpflichtig sind". Entgegen der Ansicht der Wirtschaftskammer Wien, die zur Begründung des Bescheides des Finanzamtes über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag herangezogen worden sei, bestehe nach Ansicht der Beschwerdeführerin keine Pflicht zur Entrichtung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die zugewiesenen Bediensteten. Die Beschwerdeführerin sei nicht als steuerrechtlicher Dienstgeber der zugewiesenen Bediensteten zu betrachten.

Das Finanzamt leitete die Berufung zur Entscheidung an die Wirtschaftskammer weiter, weil mit diesem Rechtsmittel die Umlagepflicht "dem Grunde nach" bestritten worden sei.

Mit Bescheid vom entschied die Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien über die Berufung vom "soweit in dieser Berufung die Vorschreibung von Dienstgeberbeitragszuschlägen (Kammerumlage II) dem Grunde nach bekämpft wird", dahingehend, dass die Berufung abgewiesen und "der angefochtene Bescheid dem Grunde nach bestätigt" wird. Die Entscheidung über die Berufung der Höhe nach bleibe der Finanzverwaltung des Bundes vorbehalten.

Zum Sachverhalt wurde im Bescheid vom festgestellt, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihre Tochterunternehmen Mitglieder der Wiener Wirtschaftskammer seien, was auch unstrittig sei. Die Bemessungsgrundlage für die in Rede stehende Kammerumlage II entspreche gemäß § 122 Abs. 7 WKG der Beitragsgrundlage gemäß § 41 FLAG 1967. Für die Dienstnehmer- (Arbeitnehmer )Eigenschaft sei nach § 41 Abs. 2 FLAG die Norm des § 47 Abs. 2 EStG maßgebend. Nach § 47 Abs. 2 EStG liege ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Da sowohl Weisungsbefolgungspflicht der zugewiesenen Bediensteten gegenüber der Beschwerdeführerin bestehe als auch eine organisatorische Eingliederung in den geschäftlichen Organismus gegeben sei, sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin die entsprechende Kammerumlage als Zuschlag zum Beitrag gemäß § 41 FLAG dem Grunde nach zu Recht vorgeschrieben worden sei, "zumal § 122 Abs. 7 WKG bei den Arbeitslöhnen wiederum auf den Begriff der Unternehmen nach § 2 WKG verweist, zu denen die Berufungswerberin unstrittig zählt". Die Entscheidung über die allenfalls auch bekämpfte Höhe der Umlage, "soweit es sich nicht um die Frage handelt, die Gehälter/Löhne etc. welcher Gruppe von Bediensteten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, und nicht um die Frage, ob die Berufungswerberin Kammermitglied ist, bleibt jedoch der Bundesfinanzverwaltung vorbehalten".

Gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Wien erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Berufung an die belangte Behörde, in der sie der in diesem Bescheid vertretenen Ansicht zur Verpflichtung der Leistung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die an die Beschwerdeführerin zur Dienstleistung zugewiesenen Bediensteten der Gemeinde Wien "dem Grunde nach" entgegentrat. Die Beschwerdeführerin sei nämlich nicht als steuerrechtlicher Dienstgeber der zugewiesenen Bediensteten zu betrachten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge (die Berufung werde abgewiesen und der Bescheid der Wirtschaftskammer Wien vom bestätigt). Die Kammermitglieder - wozu die Beschwerdeführerin unstrittig zähle - seien gemäß § 122 Abs. 7 WKG verpflichtet, eine weitere Umlage (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag/Kammerumlage II) zu entrichten, die von der Summe der beim jeweiligen Kammermitglied anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen sei, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 gelte. Die dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Frage sei daher, ob die der Beschwerdeführerin zugewiesenen Bediensteten der Gemeinde Wien in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 zur Beschwerdeführerin stünden. Daran knüpfe - über die Weiterverweisung mittels des FLAG 1967 - das Bestehen "der Umlagepflicht dem Grunde nach" an. Es sei zu untersuchen, wer Arbeitgeber im Sinne des § 47 EStG 1988 für die zugewiesenen Dienstnehmer sei, wobei nur die Beschwerdeführerin oder die Gemeinde Wien in Betracht kämen. Insgesamt sei den Ausführungen der Wirtschaftskammer Wien im bekämpften Bescheid zur Arbeitgebereigenschaft der Beschwerdeführerin gegenüber den zugewiesenen Dienstnehmern zu folgen.

In der Beschwerde weist die Beschwerdeführerin eingangs der Sachverhaltsschilderung darauf hin, dass sie Mitglied der Wirtschaftskammer Wien sei. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf richtige Anwendung des § 122 Abs. 7 Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG) iVm § 41 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) bzw. in ihrem Recht auf korrekte Vorschreibung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage II) gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl. I Nr. 103/1998.

Nach § 122 Abs. 7 WKG (idF BGBl. I Nr. 153/2001) können die Landeskammern zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder neben der im § 122 Abs. 1 bis 6 WKG geregelten (umsatzabhängigen) Kammerumlage I eine weitere (lohnsummenabhängige) Kammerumlage II zu entrichten haben. Diese ist gemäß § 122 Abs. 7 leg. cit. beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 WKG anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen, der vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen ist und 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf. Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 FLAG 1967 finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde nach bestritten wird, hat nach dem drittletzten Satz des § 122 Abs. 7 WKG der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 128 Abs. 3 WKG; § 128 Abs. 3 und Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden. § 122 Abs. 8 WKG ordnet ergänzend an, dass die Bundeskammer zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine (ergänzende) Umlage nach Abs. 7 leg. cit. festlegen kann, die mit 0,15 % der dort angeführten Beitragsgrundlage begrenzt ist.

§ 128 Abs. 3 WKG bestimmt u.a., dass gegen den Bescheid des Präsidenten der Landeskammer die Berufung an den Präsidenten der Bundeskammer offen steht, gegen dessen Entscheidung kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig ist (auf das Verfahren sind nach § 128 Abs. 5 WKG die Vorschriften des AVG sinngemäß anzuwenden).

Sowohl die Kammerumlage I als auch die Kammerumlage II sind von den Abgabenbehörden des Bundes (Finanzämtern) zu erheben. Für sie gilt § 201 BAO (vgl. zum Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0081). Ebenso wie der Dienstgeberbeitrag nach § 41 FLAG 1967 knüpft der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage II) nach § 122 Abs. 7 und 8 WKG an die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 an.

Das Vorläufergesetz zum WKG, nämlich das Handelskammergesetz 1946 (HKG), BGBl. Nr. 182/1946 idF BGBl. Nr. 661/1994, enthielt eine dem § 122 WKG entsprechende Regelung für die Kammerumlagen I und II im § 57 (vgl. die ErlRV zum WKG 1998, 1155 BlgNR 20. GP 69).

Zur Kammerumlage I des § 57 HKG sprach der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , B 1933/94, VfSlg. 14072, aus, dass die (damals) im § 57 Abs. 1 Z 3 HKG (idF der 10. HKG-Novelle BGBl. Nr. 958/1993) enthaltene Regelung, wonach bei einer Bekämpfung der Umlagepflicht dem Grunde nach der Präsident der Landeskammer über das Rechtsmittel zu entscheiden habe, dahingehend auszulegen sei, dass nur die Frage, ob (und allenfalls mit welchen Berechtigungen) eine Unternehmung der Wirtschaftskammerorganisation angehört, als Frage der Umlagepflicht dem Grunde nach zu verstehen ist, nicht aber die Frage der Bemessung oder Berechnung der Umlage (auch der Verwaltungsgerichtshof habe - bei wortgleicher Formulierung - zur Regelung der Kammerumlage I vor der 10. HKG-Novelle im Erkenntnis vom , 92/14/0177, zum Ausdruck gebracht, dass die Kammerumlagepflicht nur dann dem Grunde nach bestritten wird, "wenn die Kammermitgliedschaft bestritten wird").

Da die im § 122 Abs. 7 WKG zur Kammerumlage II (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) enthaltene Vorschrift zur Zuständigkeit über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde nach bestritten wird, vom Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang her der für die Kammerumlage I (nunmehr) im § 122 Abs. 5 Z 5 WKG enthaltenen Regelung entspricht, ist auch diese dahingehend zu verstehen, dass ein Streit über die Umlagepflicht dem Grunde nach nur dann vorliegt, wenn die persönliche Umlagepflicht (die Kammerzugehörigkeit) strittig ist. Nur in diesem Fall ist abweichend von dem in der BAO geregelten Verfahren und Instanzenzug die Entscheidung über das Rechtsmittel dem Präsident der Landeskammer vorbehalten.

Wie auch aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde hervorgeht, waren im Beschwerdefall nicht Fragen der Kammerzugehörigkeit der Beschwerdeführerin strittig. Der Streit drehte sich vielmehr nur darum, ob die von der Gemeinde Wien zur Dienstleistung zugewiesenen Mitarbeiter mit ihren Arbeitslöhnen zu Recht im Festsetzungsbescheid des Finanzamtes bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag nach § 41 FLAG (somit im Rahmen der sachlichen Steuerpflicht) Berücksichtigung fanden (weil die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 erfüllt gewesen seien). Zur Erledigung des gegen den Bescheid des Finanzamtes vom erhobenen Rechtsmittels war daher der Präsident der Landeskammer im Sinne des § 122 Abs. 7 drittletzter Satz WKG nicht zuständig. Davon ausgehend hätte die belangte Behörde den bei ihr bekämpften Bescheid der Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien vom ersatzlos beheben müssen. Da dies unterblieb, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am