VwGH vom 22.05.2014, 2013/01/0108

VwGH vom 22.05.2014, 2013/01/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Beschwerde des S R in T, vertreten durch Dr. Kurt Waldhör, Rechtsanwalt in 4820 Bad Ischl, Schulgasse 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(Stb)-433802/6-2012-Wim, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den "§§ 10, 11, 11a, 12, 13 und 14" des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 (StbG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am einen Asylantrag gestellt; über diesen sei am rechtskräftig negativ entschieden worden. Am habe der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung beantragt; dieser Antrag sei mit genehmigt worden. Vom bis sei der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Erst seit bestehe ein durchgehend rechtmäßiger Aufenthalt. Der Beschwerdeführer sei zwar (seit und daher) über sechs Jahre mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, er erfülle aber die Verleihungsvoraussetzung im Sinne des § 11a Abs. 1 StbG eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet nicht, weil er erst seit durchgehend über Aufenthaltstitel verfüge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluss vom , B 541/2012-14, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gelten gemäß § 8 VwGbk-ÜG die bis zum geltenden Bestimmungen des VwGG.

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom ergänzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG (BGBl. Nr. 311/1985 idF BGBl. I Nr. 38/2011) darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

Gemäß § 11a Abs. 1 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn weitere nachfolgend in den Ziffern 1 bis 3 genannte Voraussetzungen erfüllt sind.

Gemäß § 44a. Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 (NAG) hat die Behörde einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 41a Abs. 9 oder 43 Abs. 3 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Ausweisung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 10 AsylG 2005 oder eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG jeweils auf Grund des § 61 FPG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

§ 73 AVG gilt. Die Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG beginnt mit der Zustellung der gemäß § 22 Abs. 9 AsylG 2005 oder § 105 Abs. 7 FPG zu übermittelnden Entscheidung an die Behörde.

Nach § 43 Abs. 3 NAG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine "Niederlassungsbewilligung" zu erteilen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 4 vorliegt und dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung sowohl zu § 10 Abs. 1 Z. 1 als auch zu § 11a Abs. 4 Z. 1 StbG bereits klargestellt, dass nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("rechtmäßig und ununterbrochen") Verleihungsvoraussetzung ist, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden ("ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/01/0316, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/01/0001). Gleiches trifft auch für die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 11a Abs. 1 Z. 1 StbG zu, die ebenso einen rechtmäßige und ununterbrochenen Aufenthalt (hier) von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet verlangt.

Zum rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt zählen vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Für die Zeiten vor Inkrafttreten des NAG kann die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch mit Aufenthaltstitel nach den Vorschriften des FRG 1997 oder des AufG nachgewiesen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/01/0059, mwN).

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass sein rechtmäßiger Aufenthalt unterbrochen sei, bzw. eine Lücke im rechtmäßigen Aufenthalt bestehe, sei verfehlt. Er stütze seinen Aufenthalt durchgehend (unmittelbar) auf Art. 8 EMRK, weil mit der rechtskräftigen Entscheidung im Asylverfahren ausgesprochen worden sei, dass seine Ausweisung nach § 10 AsylG unzulässig sei; er könne nicht ausgewiesen werden, weil seine Ausweisung das Grundrecht nach Art. 8 EMRK verletzen würde. Daraus folge, dass ihm (unmittelbar) auf Grund dieses Grundrechtes ein Aufenthalt zustehe. Schon vor der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung nach dem NAG sei sein Aufenthalt rechtmäßig, er müsse nicht rückwirkend begründet werden.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen eines rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von sechs Jahren verneint, weil der Beschwerdeführer erst seit durchgehend über Aufenthaltstitel verfügt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu § 44a NAG bereits klargestellt hat, ändert auch das amtswegige Vorgehen der Niederlassungsbehörde nichts daran, dass ein Aufenthaltstitel mit dem Ausspruch der Asylbehörde, wonach eine Ausweisung auf Dauer unzulässig sei, (noch) nicht vorliegt. Auch für gemäß § 44a NAG erteilte Aufenthaltstitel gilt nämlich § 20 Abs. 2 NAG, wonach die Gültigkeit eines (erstmals erteilten) Aufenthaltstitels mit dem Ausstellungsdatum beginnt. Eine Bestimmung, nach der während eines Verfahrens gemäß § 44a NAG schon ein rechtmäßiger Aufenthalt vorliege, sieht das Gesetz ebenso wenig vor wie die rückwirkende Gültigkeit eines im Verfahren nach § 44a NAG erteilten Aufenthaltstitels. Damit konnte der Beschwerdeführer weder aus dem Ausspruch der Unzulässigkeit seiner Ausweisung noch aus dem im Verfahren nach § 44a NAG erteilten Aufenthaltstitel einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 11a Abs. 1 StbG für den Zeitraum zwischen Verlust des Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen und der Erteilung eines Aufenthaltstitels im Verfahren nach § 44a NAG ableiten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/01/0043; und vom , Zl. 2012/01/0133).

Aus dem Hinweis auf Art. 8 EMRK ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil damit ein fehlender Aufenthaltstitel nicht ersetzt wird und dies daran nichts ändert, dass ein Aufenthaltstitel von der zuständigen Behörde zu erteilen ist, besteht doch ein Aufenthaltsrecht nicht bereits auf Grund des Ausspruches über die Unzulässigkeit der Ausweisung.

Dass im strittigen Zeitraum sein Aufenthalt etwa auf Grund eines unionsrechtlich relevanten "Freizügigkeitssachverhaltes" rechtmäßig gewesen wäre (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/01/0116, mwN), behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer ununterbrochene legale Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet erst ab aufweist und die Verleihungsvoraussetzungen eines ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von sechs Jahren im Zeitpunkt der Bescheiderlassung () daher (noch) nicht erfüllte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am