VwGH vom 17.12.2013, 2013/01/0105

VwGH vom 17.12.2013, 2013/01/0105

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/01/0106

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerden des Dr. H L in B, vertreten durch Mag. Walter Pirker, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brahmsplatz 1/14, gegen die Bescheide des Landeshauptmann von Kärnten je vom , 1.) Zl. 01-W-PERS-13884/3-2013, 2.) Zl. 01-W-PERS-13883/6-2013, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Parteien: 1. mj. M O, 2. mj. B O, beide in Hermagor, vertreten durch Mag. Arno Pajek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Plankengasse 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 610,60, sohin insgesamt EUR 1.221,20, und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am geborene Erstmitbeteiligte und der am geborene Zweitmitbeteiligte sind die außerehelichen Kinder des Beschwerdeführers und der Maga. S.O.; die Mitbeteiligten führten zunächst den Familiennamen des Beschwerdeführers ("L"). Die allein obsorgeberechtigte Mutter beantragte als gesetzliche Vertreterin am die Änderung des Familiennamens der Mitbeteiligten von "L" auf ihren Familiennamen "O".

Mit Bescheiden je vom bewilligte die Bezirkshauptmannschaft H die beantragte Namensänderung.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurden die dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen jeweils abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde den Anträgen des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Beiziehung eines Kurators sowie auf Aussetzung der Verfahren keine Folge gegeben (Spruchpunkte II. bis IV).

Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden - jeweils inhaltsgleich - im Wesentlichen aus, dass nach der Aktenlage unstrittig sei, dass der Mutter die alleinige Obsorge hinsichtlich der Mitbeteiligten zukomme, dass die Mitbeteiligten die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen und mit der Mutter im gemeinsamen Haushalt lebten.

Die Angleichung des Familiennamens der minderjährigen Mitbeteiligten an den der Mutter führe zur Beseitigung der Namensdiskrepanz zwischen den Mitbeteiligten und der Familie, in der sie aufwüchsen. Es sei davon auszugehen, dass dies dem Wohl der minderjährigen Kinder diene. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für eine davon abweichende Betrachtungsweise zu entnehmen. Insbesondere seien die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters der erstinstanzlichen Behörde sowie dessen Vorbringen, dass die im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Stellungnahme nicht entscheidungsrelevant sein sollte, nicht nachvollziehbar. Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die erstinstanzliche Behörde den Antrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache hätte zurückweisen müssen, entbehre jeglicher Grundlage. Aus dem Akteninhalt gehe hervor, dass der erste Antrag vom Magistrat der Stadt (W) rechtskräftig eingestellt worden sei, weil die Kindesmutter verzogen sei. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft H betreffend den zweiten Antrag der Mutter sei mit Berufungsbescheid der belangten Behörde aufgrund eines Formmangels vollständig behoben worden.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung habe Abstand genommen werden können, weil diese infolge der angeführten Argumente des Beschwerdeführers nicht notwendig gewesen sei.

Die Bestellung eines Kollisionskurators sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Namensänderungsverfahren nicht vorgesehen.

Durch den Verweis des Beschwerdeführers auf das von ihm angestrengte Verfahren zur Beantragung der gemeinsamen Obsorge könne noch nicht auf eine konkrete absehbare gemeinsame Obsorge geschlossen werden. Die im Rahmen des § 2 Abs. 1 Z. 9 Namensänderungsgesetz zu beurteilende Frage, wem die Obsorge hinsichtlich der Mitbeteiligten zustehe, sei eindeutig in dem Sinne zu klären, dass die Obsorge der Kindesmutter zustehe. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG lägen nicht vor.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen jeweils die Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, wie auch die anwaltlich vertretenen Mitbeteiligten, jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2013 (NÄG), lauten auszugsweise:

" Antrag auf Namensänderung

§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegen steht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.

Voraussetzung der Bewilligung

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

9. der Antragsteller einen § 155 ABGB entsprechenden Familiennamen der Person erhalten will, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

Versagung der Bewilligung

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn

..

3. der beantragte Familienname von einer anderen Person rechtmäßig geführt wird, der ein berechtigtes Interesse am Ausschluß des Antragstellers von der Führung des gleichen Familiennamens zukommt; dies gilt nicht in den Fällen des § 2 Abs. 1 Z 5 und 7 bis 9;

6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;

Zustimmung und Anhörung

§ 4. (1) …

(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.

Parteien

§ 8. (1) Die Stellung einer Partei kommt in einem Verfahren auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens jedenfalls zu:


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1.
dem Antragsteller;
2.
der Person, die im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 3 in ihren berechtigten Interessen berührt ist.
…"

2.1. Vorweg ist zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten Vorliegen von "res iudicata" Folgendes auszuführen:

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurden mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von W vom die Bescheide des Magistrats W je vom , mit denen den Mitbeteiligten die Änderung ihres Familiennamens auf den Familiennamen "O" bewilligt worden waren, infolge Zurückziehung der Namensänderungsanträge gemäß § 66 Abs. 4 AVG (ersatzlos) behoben ("erstes Verfahren").

Weiters wurde mit Berufungsbescheiden der belangten Behörde je vom die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft H vom , mit denen die Änderung des Familiennamens der Mitbeteiligten auf den Familiennamen "O" bewilligt worden war, für "nichtig erklärt"; begründend führte die belangte Behörde aus, dass der auf die Namensänderungen jeweils gerichtete Antrag vom nicht von der vertretungsbefugten Kindesmutter, sondern von den minderjährigen Mitbeteiligten selbst unterfertigt worden wäre, weshalb der erstinstanzlichen Behörde kein zulässiger Antrag im Sinne des § 1 Abs. 2 NÄG vorgelegen sei ("zweites Verfahren").

Den gegenständlichen ("dritten") Namensänderungsverfahren liegen die von der Kindesmutter als gesetzlicher Vertreterin für die minderjährigen Mitbeteiligten eingebrachten Namensänderungsanträge vom zu Grunde.

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde erstmals rechtskräftig meritorisch über (zulässige bzw. aufrechte) Namensänderungsanträge der Mitbeteiligten abgesprochen. "Res iudicata" lag daher bis dahin nicht vor und stand diesen Entscheidungen nach dem Gesagten nicht entgegen.

2.2. Gemäß § 1 Abs. 1 NÄG ist eine Änderung des Familiennamens eines österreichischen Staatsbürgers auf Antrag zu bewilligen ist, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt und § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht. Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt aber gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. (bereits) dann vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt. Eine darauf gestützte Änderung des Familiennamens darf in einem Fall wie dem vorliegenden gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. allerdings dann nicht bewilligt werden, wenn die beantragte Änderung des Familiennamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist.

Ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage des NÄG seit dem Namensrechtsänderungsgesetz BGBl. Nr. 25/1995 ist es ferner, dass der (eheliche) nicht obsorgeberechtigte Elternteil mit Aussicht auf Erfolg nur solche Gründe gegen die beantragte Namensänderung vorbringen kann, aus denen sich ergibt, dass die Führung des bisherigen Namens dem Wohl des Kindes besser entspricht und daher die Änderung des Namens dem Kindeswohl "abträglich" wäre; dies entspricht der eingeschränkten Parteistellung dieses Elternteiles (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/01/0054, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur; vgl. für außereheliche Kinder auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0377).

Die Beschwerden machen als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Beeinträchtigung des Kindeswohles zu überprüfen und habe - entgegen entsprechender Anträge des Beschwerdeführers - die Beischaffung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. B. unterlassen.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben hat, auch zum Ausdruck gebracht, allenfalls mit einer solchen Namensänderung erwachsende psychische Belastungen des Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (vgl. auch dazu das erwähnte hg. Erkenntnis vom , mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in den Beschwerden konkrete Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Beschwerdefall als einen Ausnahmefall darzustellen vermögen und die - über die Einholung der Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie hinausgehend - die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätten angezeigt erscheinen lassen (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom , mwN).

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass im erstinstanzlichen Verfahren die (mit ) datierte aktenkundige Stellungnahme des Referates für Jugend eingeholt wurde, wonach die beabsichtigte Namensänderung unter dem Blickwinkel des Kindeswohles befürwortet wurde und auf die sich die belangte Behörde gestützt hat.

2.3. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Erstmitbeteiligte sei im Verwaltungsverfahren (entgegen der Bestimmung des 4 Abs. 2 NÄG) nicht angehört worden, ist insofern nicht nachvollziehbar, als nach der erwähnten Stellungnahme des Referates für Jugend und Familie vom der Erstmitbeteiligte (der zu diesem Zeitpunkt bereits das 10. Lebensjahr vollendet hatte) seine "Situation geschildert" und dabei angegeben hat, dass er den Familiennamen der Mutter "O" tragen möchte.

2.4. Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf Art. 6 EMRK das Unterbleiben einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde rügt, geht dies schon deshalb ins Leere, weil das gegenständliche Verfahren nicht dem Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK unterfällt, weshalb die Entscheidung durch ein Tribunal nicht vorgesehen ist und die belangte Behörde nach Maßgabe dieser Bestimmung auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet war. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde in den Beschwerden indes nicht beantragt.

2.5. Das Vorbringen, die gegenständlichen Namensänderungsverfahren wären im Hinblick auf das gerichtsanhängige Verfahren zur Beantragung der gemeinsamen Obsorge gemäß § 38 AVG auszusetzen gewesen, führt die Beschwerden aus den im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/01/0512, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, nicht zum Erfolg. Die Aussetzung der Verfahren kam demnach nicht in Betracht. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 114/11, mit dem der Satz "Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist allein die Mutter betraut." in § 166 ABGB idF BGBl. I. Nr. 135/2000 (mit Wirksamkeit des Ablaufes des ) als verfassungswidrig aufgehoben wurde, nichts zu ändern.

2.6. Insoweit der Beschwerdeführer meint, es hätte ein Kollisionskurator bestellt werden müssen, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 98/01/0212 verwiesen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0444). Die Bestellung eines Kollsionskurators war daher nicht erforderlich.

2.7. Soweit der Beschwerdeführer schließlich als sonstige Verfahrensmängel zusammengefasst rügt, die belangte Behörde sei den umfänglichen (weiteren) Argumenten und Anträgen (zB. auf Beischaffung von Gerichtsakten) in seiner Berufung nicht näher getreten, unterlässt er es, die Relevanz der behaupteten Versäumnisse aufzuzeigen (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).


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3.
Die Beschwerden waren somit als unbegründet abzuweisen.
4.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am