VwGH vom 19.09.2013, 2013/01/0089
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des B in I, vertreten durch Mag. Roland Seeger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. Ia-370-2011/0318, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme in einer Angelegenheit nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. Ia 370-2011/0318, abgeschlossenen Verfahrens über den Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, mit Bescheid vom sei dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden.
Mit Schreiben vom sei der Beschwerdeführer von der belangten Behörde aufgefordert worden, binnen sechs Monaten einen Nachweis über das Ausscheiden aus dem kosovarischen Staatsverband zu übermitteln bzw. über die gesetzten Schritte zu berichten. Gleichzeitig sei er darüber informiert worden, dass ihm der Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft drohe, wenn er aus Gründen, die er selbst zu vertreten habe, die kosovarische Staatsangehörigkeit beibehalte. Da der Beschwerdeführer weder auf dieses Schreiben noch auf eine persönliche Ladung vom reagiert habe, sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft rechtskräftig entzogen worden.
Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG und begründete diesen im Wesentlichen damit, es sei von vorneherein bekannt gewesen, dass ein Ausscheiden des Beschwerdeführers, der seit jeher nur über eine Geburtsurkunde verfügt habe, aus seinem Heimatstaat mühselig und langwierig sein würde. Der Beschwerdeführer habe diesen Umstand als amtsbekannt vorausgesetzt und der belangten Behörde auch telefonisch mitgeteilt. Zu den seitens der Behörde gemachten Urgenzen vom und könne er nicht Stellung nehmen, da diese Schreiben unauffindbar seien. Der Beschwerdeführer habe den Bescheid über den Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft auch nicht persönlich übernommen. Er sei zu diesem Zeitpunkt bestrebt gewesen, alle Erfordernisse der Republik Kosovo zu schaffen, damit er einen Antrag auf Ausscheiden stellen könne. Diese Erfordernisse seien am vorgelegen und er habe auch unverzüglich einen Antrag auf Ausscheiden gestellt. Er sei seiner Verpflichtung termingerecht nachgekommen und habe alles in seiner Macht stehende unternommen, um das Ausscheiden zu erwirken. Er habe den per datierten Bescheid über das Ausscheiden allerdings erst am erhalten, jedoch sei das Verfahren bereits bei Erlassung des Entzugsbescheides durch die Behörde im Gange gewesen. Einzig auf Grund der Untätigkeit der kosovarischen Behörden und nach Intervention seines Vaters sei es dem Beschwerdeführer erst im Februar 2013 gelungen, den Beschluss über das Ausscheiden zu erhalten. Es sei ihm also schlicht nicht möglich gewesen, früher einen derartigen Beschluss zu erwirken. Deshalb stelle er nunmehr den Antrag auf Wiederaufnahme, da der nunmehr vorliegende Beschluss (über das Ausscheiden aus dem kosovarischen Staatsverband) die Erlassung des Entzugsbescheides durch die belangte Behörde verhindert hätte.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, was den Vorwurf des mangelhaften Verfahrens betreffe, sei dies nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 2 und 3 AVG. Was das Argument betreffe, der Beschwerdeführer habe den per datierten Bescheid über das Ausscheiden erst am erhalten, sei festzuhalten, dass es sich hiebei um keine neuen Tatsachen oder Beweismittel handle, die voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. So gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Bescheid rechtsgültig nicht am , sondern erst am erlassen worden sei. Doch selbst dann, wenn man als Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides den annehmen würde, sei anzunehmen, dass auch dieser Zeitpunkt der Entlassung aus dem kosovarischen Staatsverband nach der Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfolgt sei und somit rechtlich nicht relevant gewesen sei. Somit stamme alles, was der Beschwerdeführer als Wiedereinsetzungsgrund vorgebracht habe, aus einem Zeitraum nach der Rechtskraft des gegenständlichen Bescheides und stelle somit "nova produkta" dar. Somit sei kein Wiederaufnahmegrund nach § 69 AVG gegeben und der Antrag abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der das Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag im Wesentlichen wiederholt und vorgebracht wird, zusammenfassend lägen alle Voraussetzungen iSd § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zur Wiederaufnahme des Verfahrens vor.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, der angefochtene Bescheid sei irrtümlich mit dem Vermerk "für den Landeshauptmann" gefertigt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
Der angefochtene Bescheid weist zwar die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" auf. Ausgehend vom Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom abgeschlossenen Verfahrens abgewiesen wurde, und der diesbezüglichen offenkundigen Zuständigkeit dieser Behörde gemäß § 69 Abs. 4 AVG bleibt jedoch kein Zweifel, dass der angefochtene Bescheid der für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten zuständigen Behörde, der Vorarlberger Landesregierung, zuzurechnen ist und daher - wie auch in der Gegenschrift angeführt - in der Verwendung der Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" ein bloßer, der jederzeitigen Berichtigung zugänglicher Schreibfehler zu sehen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat Schreibfehler - sogar bei Unrichtigkeiten im Namen von Bescheidadressaten - schon wiederholt als unbeachtlich, das heißt als dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend angesehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0131, mwN).
Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid von der Vorarlberger Landesregierung als belangter Behörde erlassen wurde.
In der Sache ist mit der belangten Behörde darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer angeführten Beschluss über sein Ausscheiden aus dem kosovarischen Staatsverband auch wenn man die Erlassung des Beschlusses mit dem Beschwerdeführer bereits am annehmen wollte, nicht um eine neu hervorgekommene neue Tatsache oder ein neu hervorgekommenes Beweismittel nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG handelt. Vielmehr ist die Tatsache des Ausscheidens des Beschwerdeführers aus dem kosovarischen Staatsverband erst nach Abschluss des Verfahrens entstanden. Soweit der Beschwerdeführer in seinem Wiederaufnahmeantrag Verfahrensmängel geltend gemacht hat, ist mit der belangten Behörde darauf hinzuweisen, dass das nachträgliche Erkennen, im abgeschlossenen Verfahren seien Verfahrensmängel oder gar eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen, keinen Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG bildet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0018, mwN).
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Aufwandersatz war nicht zuzusprechen, da ein solcher von der belangten Behörde nicht beantragt wurde.
Wien, am