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VwGH vom 28.10.2014, 2010/13/0169

VwGH vom 28.10.2014, 2010/13/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und Senatspräsident Dr. Fuchs sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch teicht jöchl, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Rathausstraße 19/DG/53, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1204-W/06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie die Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000 betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Im Übrigen, betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2001 und 2002, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An den Beschwerdeführer ergingen jeweils mit datierte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2002, in denen das Einkommen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit umfasste. Zur Begründung ist zu lesen, die in Österreich ausgeübte Tätigkeit als Vertreter der "kroatischen Staatsbahnen" sei entsprechend dem Art. 19 Abs. 4 DBA Kroatien-Österreich sowie der vorgegebenen Betriebsstätte in Wien unter Berücksichtigung von Werbungskosten steuerpflichtig.

Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung vom führte zu einem Rechtsmittelverfahren, das schließlich in den angefochtenen Bescheid mündete. Mit diesem wurden die erstinstanzlichen Bescheide zu Lasten des Beschwerdeführers (wegen Aberkennung von Werbungskosten) abgeändert.

Zur Begründung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, strittig sei, ob Vergütungen der "Kroatischen Staatsbahnen" aus Kroatien, die der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit "an der Wiener Betriebsstätte" erhalten habe, in Österreich der Besteuerung zu unterziehen seien. Auf Grund einer Kontrollmitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse, wonach der Beschwerdeführer zwei Beschäftigungen in Wien nachgegangen sei, zum einen bei der Kroatischen Eisenbahnen Transport GesmbH (in Wien, O.-Gasse 5) (Anm.: Die Besteuerung dieser, dem Lohnsteuerabzug unterworfenen, Einkünfte in Österreich ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht strittig.) und zum anderen bei den "HZ-Kroatischen Staatsbahnen" (Sitz in Zagreb und Betriebsstätte ebenfalls in Wien, O.-Gasse 5), habe das Finanzamt die Einkünfte des Beschwerdeführers für die Streitjahre 1998 bis 2002 unter Ansatz von Werbungskosten ermittelt.

Abschließend zum Gang des Verwaltungsverfahrens referierte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid einen Vorhalt vom , in dem sie dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 4 des DBA-Kroatien mitgeteilt habe, dass sie davon ausgehe, dass er seit bis dato seinen Hauptwohnsitz in Wien gehabt habe und dort auch zwei Beschäftigungen (beide in Wien, O.-Gasse 5) nachgegangen sei. "D.h., dass der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in den Streitjahren in Österreich gelegen sei, er somit gem. den o.a. gesetzlichen Bestimmungen in Österreich ansässig sei (die 183 Tage-Regelung sei daher unbeachtlich), weshalb der (Beschwerdeführer) seine Einkünfte in Österreich zu versteuern habe".

In seiner Stellungnahme vom habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er sei in den Streitjahren Vertreter der Kroatischen Eisenbahnen in Österreich gewesen, "habe seine Bezüge in Zagreb erhalten, die Überweisungen selbst seien auf ein österreichisches Bankkonto erfolgt und die Lohnverrechnung sei in Kroatien erfolgt". Das DBA-Kroatien, das mit in Kraft getreten sei, sei nur teilweise für die Streitjahre 1998 bis 2002 heranzuziehen. Mit dem ehemaligen Jugoslawien habe es kein Doppelbesteuerungsabkommen gegeben. Das DBA-Kroatien halte fest, dass bei Ansässigkeit in beiden Staaten der Mittelpunkt der Lebensinteressen für die Beurteilung der Besteuerung ausschlaggebend sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine Wohnung in Zagreb und lebe gemeinsam mit seiner Ehefrau (Hausfrau bzw. Pensionistin) und seiner im Jahr 1974 geborenen Tochter (Studentin) in dieser Wohnung. In Wien habe der Beschwerdeführer in den Streitjahren zwar über eine Mietwohnung verfügt, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei aber in Zagreb gelegen gewesen, zumal "sein Dienstgeber 'Kroatische Staatsbahnen' auch in Zagreb gesessen sei und die Tätigkeit von diesem Ort ausgeführt worden sei". Die "Firma Kroatische Eisenbahnen GesmbH Co" habe niemals eine Geschäftstätigkeit aufgenommen. Die Aufgabe des Beschwerdeführers als Angestellter der Kroatischen Staatsbahnen sei es gewesen, von dem Geld, das die Kroatischen Eisenbahnen auf das Konto "der Firma" überwiesen hätten, die finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Die "Repräsentanz der Eisenbahnen" habe nicht die Funktion gehabt, eine Geschäftstätigkeit auszuüben, "auf Grund der sie sich finanziert hätte". Sie sei direkt von Zagreb aus finanziert worden. Der Beschwerdeführer, der in Kroatien über ein Eigenheim verfüge, habe sein Gehalt nach Österreich überwiesen bekommen.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird eingangs festgestellt:

"Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt und ist den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen:

Der (Beschwerdeführer) ging in den Streitjahren zwei Beschäftigungen in Wien nach, zum einen als Geschäftsführer bei der Kroatischen Eisenbahnen Transport GesmbH (in (Wien, O.- Gasse 5)) und zum anderen als Generalvertreter (Angestellter) bei den HZ-Kroatischen Staatsbahnen (Sitz in Zagreb und Betriebsstätte ebenfalls in (Wien, O.-Gasse 5)), wobei nur bei ersterer auch laufend Lohnabgaben entrichtet wurden.

Weiters wurde das Gehalt des (Beschwerdeführers) auf ein österreichisches Bankkonto überwiesen. Sowohl der (Beschwerdeführer) als auch seine Gattin hatten in den Streitjahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich.

Dieser Sachverhalt ergibt sich zum einen aus dem Zentralen Melderegister (lt. ZMR verfügt der (Beschwerdeführer) seit bis dato mit seiner Gattin (...) über einen Hauptwohnsitz in Wien), und zum anderen aus den div. Schriftsätzen des (Beschwerdeführers) aufgrund mehrerer Vorhalte der Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die HZ-Kroatischen Staatsbahnen unterhielten in Wien eine feste Einrichtung (Betriebsstätte), die auch sämtliche Kosten, die mit der Betriebsstätte in Wien in Zusammenhang standen, getragen hat. Weitere Betriebsstätten wurden nicht unterhalten."

Dieser Sachverhalt sei - so die weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid - rechtlich dahingehend zu würdigen, dass gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig seien, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Da der Beschwerdeführer über einen ständigen Wohnsitz in Wien verfügt habe, sei er in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig gewesen.

Nach einer Wiedergabe verschiedener Bestimmungen des "DBA Österreich-Kroatien (ab 27. Juli (richtig: Juni) 2001)" hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer vor Inkrafttreten des Abkommens mit Kroatien mit seinen erzielten Einkünften in Österreich jedenfalls unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Nach "Inkrafttretung des Abkommens mit Kroatien" habe die Ansässigkeit in Österreich gegeben sein müssen. Davon werde "aufgrund des o.a. Sachverhaltes ausgegangen", weil sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehefrau ihren Hauptwohnsitz in Österreich gehabt hätten und somit für die belangte Behörde die behauptete engere Beziehung zu Zagreb nicht glaubwürdig sei. Lediglich die erwachsene Tochter lebe ständig in Zagreb. Die im Schriftsatz vom zitierte "183-Tage Regel" sei im Übrigen wegen der österreichischen Betriebsstätte in Wien nicht anwendbar. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer als bevollmächtigter Generalvertreter der HZ-Kroatischen Staatsbahnen seine Dienstleistungen an der "gem. § 81 Abs. 2 EStG 1988 eingerichteten Betriebsstätte" in Wien, O.-Gasse 5, in den Streitjahren laufend erbracht, weshalb nach den oben zitierten DBA-Bestimmungen bzw. für den Zeitraum vor Inkrafttreten des DBA nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 jedenfalls Österreich das Besteuerungsrecht zustehe (unabhängig davon, ob die Vergütungen bereits "irrtümlich" in Kroatien versteuert worden seien). Auf Grund der "umfangreichen Erhebungen" gelange die belangte Behörde zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer "im gegenständlichen Fall sehr wohl in den Streitjahren seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Österreich verlegt hatte, da seine beiden Arbeitsstätten (= berufliche Bindung) sich in Wien befanden (siehe Generalvertreterbeschluss vom ), er sein Gehalt in Österreich ausbezahlt erhielt und schließlich sowohl der (Beschwerdeführer) als auch seine Gattin seit 1997 bis dato in Wien wohnhaft sind. Demnach sind gem. den o.a. gesetzlichen Bestimmungen sämtliche Einkünfte des (Beschwerdeführers) in Österreich zu versteuern". Weiters hätten die HZ-Kroatischen Staatsbahnen Zagreb in Wien unstrittig eine Betriebsstätte unterhalten, die sämtliche Kosten getragen habe. Die behauptete ausgedehnte Reisetätigkeit des Beschwerdeführers zwecks Akquirierung und Verhandlung mit potentiellen Kunden habe nichts an der Steuerpflicht des Beschwerdeführers in Österreich geändert. Da dem Beschwerdeführer lt. Schriftsatz vom in den Streitjahren keine Werbungskosten erwachsen seien, seien die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betreffend die Tätigkeit bei den "HZ-Kroatischen Staatsbahnen" in Abänderung der erstinstanzlichen Bescheide festzusetzen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht "auf Unterbleiben der Einbeziehung seiner von den Kroatischen Staatsbahnen in den Jahren 1998 bis 2002 gewährten Bezüge in die österreichische Einkommensbesteuerung mangels gesetzlicher Grundlage verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Kroatien, BGBl. III Nr. 119/2001 (DBA-Kroatien), ist - wie auch in der Stellungnahme vom seitens des Beschwerdeführers ausgeführt - mit in Kraft getreten. Bis zum Wirksamkeitsbeginn dieses DBA konnten allenfalls noch eintretende Fälle von Doppelbesteuerungen nur im Wege von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 48 BAO gelöst werden (vgl. Jirousek , ÖStZ 2000/1159, 661). Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, ungeachtet eines entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommens hätte "nach den entsprechenden OECD-Richtlinien" in Österreich keine Besteuerung des Beschwerdeführers als "Vertreter der Kroatischen Staatsbahnen in Österreich" vorgenommen werden dürfen, wird noch keine Rechtsgrundlage genannt, die zum Entzug des inländischen Besteuerungsrechts führen könnte. Da der Beschwerdeführer auch nach dem Beschwerdevorbringen während des Streitzeitraumes über einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988 verfügte, somit der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Österreich unterlag, wird durch die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit er die Vorschreibung der Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis einschließlich 2000 betrifft, aufgezeigt.

Für "den Zeitraum ab Geltung des Doppelbesteuerungsabkommens" kommt der Beschwerde hingegen Berechtigung zu.

Die belangte Behörde ging zur Annahme der Ansässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 4 Abs. 2 lit. a (iVm Art. 15 Abs. 1) DBA-Kroatien davon aus, dass dieser in den Streitjahren den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich gehabt habe. Das Vorbringen in der Beschwerde, wonach dieser Schluss nicht mit den "div. Schriftsätzen des Beschwerdeführers" begründet werden könne, in sämtlichen Schriftsätzen des Beschwerdeführers vielmehr "genau das Gegenteil vorgebracht und unter Beweis gestellt" worden sei, ist nicht unberechtigt.

In der Stellungnahme vom wies der Beschwerdeführer ausdrücklich auf seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Zagreb hin, wo er auch zusammen mit seiner Ehefrau und Tochter gewohnt habe (in den weiteren Ausführungen in dieser Stellungnahme ist im Übrigen auch davon die Rede, dass die Tätigkeit von Zagreb aus durchgeführt worden sei und die Wohnung in Wien lediglich dazu gedacht gewesen sei, "die auftretenden Fragen einer Vertretung der kroatischen Eisenbahnen für Österreich und die Nachbarstaaten, wie bereits in Anfragebeantwortungen angeführt, durchzuführen"). Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (auch im Sinne einer Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen an Hand eines Gesamtbildes der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/15/0193) nicht auseinander gesetzt, sodass sich die Annahme des Mittelpunktes der Lebensinteressen allein mit der Meldung des Hauptwohnsitzes in Wien als nicht hinreichend begründet erweist.

Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die "HZ-Kroatischen Staatsbahnen" in Wien "unstrittig" eine feste Einrichtung (Betriebsstätte) unterhalten hätten, die auch sämtliche Kosten getragen habe, welche mit der Betriebsstätte in Wien in Zusammenhang gestanden seien (weshalb auch die "183-Tage Regel" (offenbar gemeint: nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Kroatien) nicht anwendbar gewesen sei), finden ebenfalls in der Aktenlage keine Deckung. So ist etwa in der bereits erwähnten Stellungnahme nur davon die Rede, dass die "Repräsentanz der Eisenbahnen" nicht die Funktion gehabt habe, eine Geschäftstätigkeit auszuüben (sie sei vielmehr direkt von Zagreb aus finanziert worden, von wo der Beschwerdeführer auch sein Gehalt nach Österreich überwiesen bekommen habe). Soweit in der Gegenschrift geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer habe auch keinen Nachweis dafür erbracht, dass er sich in den einzelnen Streitjahren tatsächlich weniger als 183 Tage in Österreich aufgehalten habe, ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann.

Insgesamt war daher die Beschwerde, soweit sie die Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000 betrifft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Hinsichtlich der Jahre 2001 und 2002 war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am