VwGH vom 18.06.2014, 2013/01/0052

VwGH vom 18.06.2014, 2013/01/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Pitsch, über die Beschwerde der S I in W, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, vom , Zl. MA 35/IV-I 43/2011, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, beantragte am bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom , rechtskräftig seit , wurde der Beschwerdeführerin die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass sie binnen zwei Jahren den Nachweis über das Ausscheiden aus dem serbischen Staatsverband (Entlassungsurkunde, Bestätigung über den Verlust der Staatsangehörigkeit) erbringe.

Am teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass "die Entlassung bereits bei der serbischen Botschaft in Wien aufliegt".

Die belangte Behörde setzte danach das Ermittlungsverfahren fort.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wurde die Beschwerdeführerin wegen § 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall und Abs. 3 SMG (unerlaubter Umgang mit Suchtgiften) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt, wobei das Gericht ausgesprochen hat, dass die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Die Beschwerdeführerin hat (durch ihren Rechtsvertreter) am (per Telefax) das "Schreiben der Botschaft der Republik Serbien in Österreich vom , mit dem sie aufgefordert wurde, den Personalausweis und den Pass der Republik Serbien abzugeben", der belangten Behörde übermittelt und dazu vorgebracht, sie sei aus dem Staatsbürgerverband der Republik Serbien ausgetreten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde wie folgt entschieden:

"I. Der rechtskräftige Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom , MA 35/IV-I 47/2009, am ausgefolgt, mit welchem die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 20 Abs. 1 StbG 1985, BGBl. Nr. 311/1985 in der damals geltenden Fassung, an Frau S I zugesichert wurde, wird von Amts wegen gemäß § 20 Abs. 2 StbG widerrufen.

II. Das Ansuchen der Frau S I vom um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG abgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 20 Abs. 2 StbG in der - am in Kraft getretenen - Fassung BGBl. I Nr. 16/2013 sei der Zusicherungsbescheid zu widerrufen, wenn der Fremde mit Ausnahme von § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfülle. Da die Beschwerdeführerin nach Ausfolgung des Zusicherungsbescheides durch ein inländisches Gericht wegen einer Vorsatztat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, sei die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 2 StbG nachträglich weggefallen; der Zusicherungsbescheid sei daher auf Grund des geltenden § 20 Abs. 2 StbG zu widerrufen und der Verleihungsantrag wegen Vorliegens eines Einbürgerungshindernisses abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 idF BGBl. I Nr. 16/2013 (StbG), lauten:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

...

2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;

...

7. sein Lebensunterhalt nicht hinreichend gesichert ist und

...

§ 20. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist einem Fremden zunächst für den Fall zuzusichern, dass er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist, wenn

...

(2) Die Zusicherung ist zu widerrufen, wenn der Fremde mit Ausnahme von § 10 Abs. 1 Z 7 auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

(3) Die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, ist zu verleihen, sobald der Fremde

1. aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ausgeschieden ist oder

2. nachweist, dass ihm die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen nicht möglich oder zumutbar waren.

...

In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen

§ 64a. (1) ... (17) ... § 20 Abs. 2 tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft. ..."

Die Beschwerdeführerin, die sich in ihrem Recht auf Verleihung ("Gewährung") der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt erachtet, bestreitet ihre strafgerichtliche Verurteilung nicht, macht aber geltend, sie habe (mit ihrer Eingabe vom ) der belangten Behörde am mitgeteilt, dass ihre Entlassung aus dem Staatsverband der Republik Serbien per erfolgt sei. Dese Eingabe habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt. Da ihre strafgerichtliche Verurteilung erst am rechtskräftig geworden sei, sie aber mit aus dem serbischen Staatsverband ausgetreten sei, sei der "möglicherweise vorliegende Entsagungsgrund" erst nach ihrem Austritt aus dem serbischen Staatsverband entstanden. Der angefochtene Bescheid sei (inhaltlich) rechtswidrig, weil einer staatenlos gewordenen Person die bereits zugesicherte österreichische Staatsbürgerschaft nicht mehr verwehrt werden dürfe.

Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt.

Einen Nachweis über ihr Ausscheiden aus dem Verband ihres bisherigen Heimatstaates hat die Beschwerdeführerin nach den nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde innerhalb der ab laufenden zweijährigen Frist nicht erbracht. Die Mitteilung, ihre "Entlassung liege in der Botschaft auf", die (von der Beschwerdeführerin) am übermittelt worden war, stellte den nach dem Zusicherungsbescheid von der Beschwerdeführerin zu erbringenden Nachweis nicht dar.

Darauf, ob die am (mit Eingabe vom ) erfolgte Mitteilung ein solcher Nachweis wäre, muss nicht eingegangen werden, weil derart der Nachweis innerhalb der zweijährigen Frist jedenfalls nicht mehr erbracht werden könnte. Ihre angeblich per erfolgte Entlassung aus dem Staatsverband der Republik Serbien behauptet die Beschwerdeführerin zwar, sie hat diese Entlassung aber bis nicht nachgewiesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt der Zusicherungsbescheid ohne weiteres mit Ablauf von zwei Jahren außer Geltung, wenn der Einbürgerungswerber nicht innerhalb dieser Frist das Ausscheiden aus dem Staatsverband des bisherigen Heimatstaates nachweist. Der Lauf dieser Frist beginnt mit Rechtskraft des Zusicherungsbescheides. Es handelt sich um eine materiell-rechtliche, nicht erstreckbare Frist. Entscheidend ist, dass der Nachweis binnen zwei Jahren erbracht wird, in diesem Fall gilt der Zusicherungsbescheid auch noch nach Ablauf der Frist.

Die Zusicherung ist also in ihrer Gültigkeit von vornherein dadurch bedingt, dass der Einbürgerungswerber innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist entweder das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates (oder dessen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit) nachweist. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, hat die Behörde - ohne auf den vorangegangenen Zusicherungsbescheid eingehen zu müssen und unter Zugrundelegung des allenfalls in der Zwischenzeit geänderten Sachverhaltes - über den Verleihungsantrag zu entscheiden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2013/01/0032; und vom , Zl. 2007/01/0942, mwN; siehe zum Ganzen auch Thienel , Österreichische Staatsbürgerschaft II, 1990, S. 270 f).

Im vorliegenden Fall ist der Zusicherungsbescheid daher nach dem Ablauf der Frist von zwei Jahren ex lege außer Kraft getreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/01/0032, mwN).

Da der Zusicherungsbescheid demnach seit nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte, geht der mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte Widerruf der Zusicherung ins Leere.

Die Abweisung des Verleihungsansuchens erfolgte auf Grund des (zwischenzeitig eingetretenen) Verleihungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG zu Recht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2013/01/0032; und vom , Zl. 2005/01/0084).

Aus dem Hinweis, der Wegfall dieser Verleihungsvoraussetzung sei erst nach dem (behaupteten aber nicht nachgewiesenen) Ausscheiden aus dem serbischen Staatsverband erfolgt, ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil der Gesetzgeber in diesen Fällen die Staatenlosigkeit von Personen in Kauf genommen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/01/0815; und vom , Zl. 2005/01/0084).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am