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VwGH vom 12.12.2005, 2005/17/0090

VwGH vom 12.12.2005, 2005/17/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des RH in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Würzl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Sonnenfelsgasse 3/2 b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 05/K/47/7941/2004/13, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom unter Hinweis auf § 1a Wiener Parkometergesetz, LGBl. 47/1974, in der geltenden Fassung, als Zulassungsbesitzer aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, wem er ein dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug überlassen gehabt habe, welches am um 18.26 Uhr an einem näher angeführten Ort in Wien in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer antwortete auf dieses Ersuchen:

"Da ich kein Überlassender (Überlasser) bin, bin ich auch nicht Rechtsadressat dieser Rechtsnorm. Somit bin ich kein Auskunftspflichtiger nach den Buchstaben des Gesetzes."

Mit Strafverfügung vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, § 1a des Wiener Parkometergesetzes übertreten zu haben; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 210,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer dem Verlangen des Magistrates Wien vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu geben, wem er das dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug überlassen gehabt habe, nicht entsprochen habe. Die am erteilte Auskunft sei unrichtig gewesen, weil keine konkrete Person als Lenker bekannt gegeben worden sei.

In seinem Einspruch vom führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, Voraussetzung für die Pflicht zur Auskunftserteilung sei, dass das Fahrzeug an einen Dritten überlassen worden sei. Aus "§ 4 der Parkometerordnung" ergebe sich nur dann eine "Straffähigkeit", wenn bei erfolgter Überlassung an einen Dritten vorsätzlich keine Auskunft erteilt werde. Die Behörde sei gesetzlich nicht berechtigt, die Weitergabe eines PKW an einen Dritten a priori zu vermuten.

Mit Straferkenntnis vom wurde über den Beschwerdeführer wegen der Verletzung des § 1a Wiener Parkometergesetz eine Geldstrafe von EUR 210,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) verhängt sowie auf Kostenersatz in Höhe von EUR 21,-- erkannt und begründend ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer befragt worden. Es genüge nicht, der Behörde "irgendeine Mitteilung" zu machen. Vielmehr sei die zur Auskunftserteilung verpflichtete Person durch die Erteilung einer unrichtigen bzw. unvollständigen Auskunft - sei es, dass eine andere Person genannt werde, als diejenige, der das Fahrzeug tatsächlich überlassen worden sei, sei es, dass angegeben werde, das Fahrzeug sei zu dieser Zeit nicht in Betrieb gewesen, sei es, dass angegeben werde zu glauben, es müsse keine Auskunft erteilt werden - der ihr durch das Gesetz auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen.

In seiner Berufung vom hielt der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen aufrecht und beantragte u.a. ein "mündliches Verfahren".

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer zur Berufungsverhandlung am um 09.00 Uhr geladen.

Der Beschwerdeführer setzte sich am um 08.35 Uhr mit einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der belangten Behörde telefonisch in Verbindung, um dieser mitzuteilen, er werde sich um zehn Minuten verspäten. Er sei schon 10 Minuten unterwegs und habe sich erst einen Kilometer von zuhause entfernt. Die Mitarbeiterin hielt diesen Anruf in einem Aktenvermerk fest.

Bei einem weiteren Anruf um 09.01 Uhr teilte der Beschwerdeführer mit, dass es noch 10 Minuten dauern werde, weil er im Stau stehe. Dies wurde ebenfalls in einem Aktenvermerk festgehalten.

Um 09.20 Uhr teilte der Beschwerdeführer laut Aktenvermerk telefonisch mit: "Bin schon da, in einer Minute bin ich oben."

Um 09.25 Uhr gab der Beschwerdeführer telefonisch bekannt, bereits vor dem im Ladungsbescheid genannten Zimmer, das jedoch zugesperrt sei, zu stehen. Es wurde ihm mitgeteilt, der angefochtene Bescheid sei um 09.20 Uhr verkündet worden.

Mit Bescheid vom (dem nunmehr angefochtenen Bescheid) wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von EUR 210,-- auf EUR 70,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden auf 20 Stunden herabgesetzt wurde. Überdies wurden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf EUR 7,-- herabgesetzt. Die belangte Behörde führte begründend nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, mit seinem Schreiben vom sei der Beschwerdeführer seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer gemäß § 1a Wiener Parkometergesetz nicht nachgekommen. Er habe darin weder Name und Anschrift jener Person bekannt gegeben, der er das Kraftfahrzeug zum angefragten Zeitpunkt überlassen gehabt habe, noch habe er damit zweifelsfrei und eindeutig zu erkennen gegeben, dass er das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug am Tatort allenfalls selbst abgestellt habe. Es treffe jedoch den Zulassungsbesitzer als Adressaten einer Lenkeranfrage nach § 1a Wiener Parkometergesetz auch dann die Verpflichtung, eine richtige, vollständige, unmissverständliche und klare Auskunft zu erteilen, wenn er selbst das Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt haben sollte. Da der Beschwerdeführer fehlendes Verschulden in keiner Weise glaubhaft gemacht habe, sei zumindest von fahrlässigem, somit jedenfalls schuldhaftem Verhalten auszugehen. Der Berufungswerber habe sowohl den objektiven als auch subjektiven Tatbestand des § 1a Wiener Parkometergesetz erfüllt.

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und machte darin starke Schneefälle und eine schlechte Verkehrslage geltend.

Gegen den Berufungsbescheid vom richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Wesentlichen in seinem Recht auf Nichtbestrafung gemäß § 1a Wiener Parkometergesetz mangels Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes sowie auf Entscheidung über seinen Wiedereinsetzungsantrag verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auskunftspflicht treffe den Zulassungsbesitzer nur dann, wenn er einem Dritten das Fahrzeug überlassen habe. Den Zulassungsbesitzer treffe keine Auskunftspflicht dahingehend, dass er sich selbst als Lenker zu benennen habe, wenn er das Fahrzeug niemandem überlassen habe. Für die belangte Behörde habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall sein Fahrzeug einem Dritten überlassen habe.

Das Wiener Parkometergesetz, LGBl. Nr. 47/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 28/2000, regelt die Entrichtung einer Abgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen.

Nach § 1a leg. cit. hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat (Abs. 1). Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Abs. 2).

Sinn und Zweck der Regelung des § 1a Wiener Parkometergesetz ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 1a Abs. 1 Wiener Parkometergesetz erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft die Person, der das Kraftfahrzeug überlassen worden ist, bzw. der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/17/0036, mwN).

Davon ausgehend entspricht die Auskunft, der Beschwerdeführer sei kein Auskunftspflichtiger, nicht den gesetzlichen Anforderungen in objektiver Sicht, zumal gegebenenfalls auch die Antwort, das Fahrzeug sei niemandem überlassen worden, zu erteilen wäre. Mit der Aussage, "kein Überlassender (Überlasser)" zu sein, hat der Beschwerdeführer jedenfalls nicht in einer jede Unklarheit ausschließenden Weise zum Ausdruck gebracht, niemanden das Fahrzeug überlassen zu haben. Vielmehr konnte die Behörde im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer geäußerten Rechtsansicht, zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet zu sein, bei der Wertung der erteilten Antwort auf das Auskunftsersuchen in ihrer Gesamtheit davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer die Auskunftserteilung verweigere.

Bei der Bestimmung des § 1a Wiener Parkometergesetz handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, weil zum Tatbestand dieser Übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt ist.

Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes tritt insofern eine Umkehrung der Last der Glaubhaftmachung ein, als die belangte Behörde nur die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Beschuldigten ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Dem gesamten Beschwerdevorbringen ist kein Hinweis auf ein mangelndes Verschulden im dargelegten Sinne zu entnehmen, sodass die belangte Behörde vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite ausgehen durfte.

Es kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt ist, dass der Beschwerdeführer zur Erteilung der verlangten Auskunft verpflichtet war und dass ihm bei der Verletzung dieser Verpflichtung angesichts der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung und des objektiv unmissverständlichen Auskunftsverlangens eine (den minderen Grad eines Versehens übersteigende) Fahrlässigkeit zur Last liegt.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies gemäß § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Gemäß dem auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden.

Mit seinem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage auf. Zwar liegt nach der hg. Rechtsprechung keine ordnungsgemäße Ladung im Sinne des § 51f VStG vor, wenn der Beschuldigte aus einem das Fernbleiben rechtfertigenden Grund gemäß § 19 Abs. 3 AVG an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/10/0143, mwN). Mit dem Hinweis auf die Verkehrslage (nach dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung:

Werktagsverkehr in der Morgenzeit zwischen 08.25 und 09.25 Uhr und schlechte Witterungsverhältnisse) hat der Beschwerdeführer jedoch keinen in der Rechtsprechung anerkannten Grund, der das Fernbleiben von der Verhandlung rechtfertigen würde, geltend gemacht.

Selbst wenn man die telefonische Mitteilung des Beschwerdeführers, er werde sich verspäten, als Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung bis zu seinem Eintreffen interpretieren wollte, war die belangte Behörde angesichts des geltend gemachten Hinderungsgrundes nicht gehalten, weiter zuzuwarten und diesem Vertagungsersuchen zu entsprechen. Sie durfte daher gemäß § 51f Abs. 2 VStG auch in Abwesenheit des Beschwerdeführers verhandeln.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm sei zugesagt worden, dass mit dem Beginn der Berufungsverhandlung bis zu seinem Eintreffen zugewartet werde, ist - abgesehen davon, dass dies aus dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht nachvollziehbar ist - entgegenzuhalten, dass ausschließlich der Verhandlungsleiter, nicht aber eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle dazu berechtigt gewesen wäre. Dass die Zusage seitens des Verhandlungsleiters gemacht worden wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Wenn der Beschwerdeführer weiters rügt, die belangte Behörde habe über seinen - nach Verkündung (und damit Erlassung) des angefochtenen Bescheides gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsverhandlung noch nicht entschieden, so ist darauf hinzuweisen, dass nach den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten dieser Antrag mittlerweile mit Bescheid vom (zugestellt lt. Rückschein am ) abgewiesen wurde. Zur Rüge, die belangte Behörde hätte seinem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuerkennen müssen, ist anzumerken, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde die Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 1a Wiener Parkometergesetz, nicht hingegen das Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am