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VwGH vom 22.06.2010, 2008/11/0131

VwGH vom 22.06.2010, 2008/11/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Vereins K in K, vertreten durch Mag. Patricia Tassotti, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 29/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. --6- JKGR-20/30-2008, betreffend Bewilligung in Angelegenheiten Kindertagesstätte gemäß Kärntner JWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom sprach die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Partei Folgendes aus:

"Die zuletzt mit hieramtlichem Bescheid vom , Zahl ..., (der beschwerdeführenden Partei) gemäß §§ 21 Abs. 3 i.V. mit § 37 Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetz erteilte Bewilligung zur Pflege und Erziehung für einen Teil des Tages (Betrieb einer Kindertagesstätte) von zehn gleichzeitig anwesenden Kindern im Alter von ein bis vier Jahren sowie von zwölf gleichzeitig anwesenden Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren in zwei Gruppen, wobei die Höchstbelagszahl der in der Kindertagesstätte gleichzeitig anwesenden Kinder jedenfalls mit 22 begrenzt ist, gilt nunmehr unter Zugrundelegung des Antrages vom sowie der hierzu eingereichten Projektbeschreibung und des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für je maximal zehn gleichzeitig anwesende Kinder im Alter von ein bis vier Jahren, in vereinzelten Ausnahmefällen im Alter von ein bis sechs Jahren."

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei die mit Bescheid der belangten Behörde vom erteilte Bewilligung, "bei sonstiger Beibehaltung des Bescheidinhaltes", hinsichtlich der "Höchstbelagszahl für die beiden nunmehr am Standort D-Straße 27 in K betreuten Gruppen auf je 15 Kinder abzuändern (Höchstbelagszahl daher insgesamt 30 Kinder)". Die beschwerdeführende Partei verwies in ihrem Antrag unter anderem auf den genannten Bescheid vom , mit welchem ihr die Bewilligung zum Betrieb einer Kindertagesstätte für zwei Gruppen zu je maximal zehn gleichzeitig anwesenden Kindern (Höchstbelagszahl 20 Kinder) erteilt worden sei. Der Verein verlege seinen Standort an die Adresse D-Straße 27 in K und beabsichtige, den Betrieb der Kindertagesstätte in dem dort befindlichen Haus per aufzunehmen. Der Standort im Haus M-Gasse in K werde gleichzeitig aufgegeben. Da nunmehr auf Grund der Verlegung des Standortes in das Haus D-Straße die räumlichen Voraussetzungen für die Betreuung einer höheren Anzahl von Kindern gegeben sei und dafür auch die personellen Voraussetzungen geschaffen werden könnten, sei beabsichtigt, die Höchstbelagszahl für die in der Kindertagesstätte gleichzeitig anwesenden Kinder zu erhöhen.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde Folgendes aus:

"Die Kärntner Landesregierung erteilt dem Verein K ... mit

dem Sitz in K, D -Str. 27, vertreten durch die pädagogische Leiterin ..., gemäß den §§ 21 Abs. 3 und 37 des Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetzes, LGBl. Nr. 113/91 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 67/2005 unter Zugrundelegung des eingereichten Antrages vom sowie des durchgeführten Ortsaugenscheines vom im Standort K, D-Str. 27, die Bewilligung zur Pflege und Erziehung für zwei Kindergruppen für einen Teil des Tages (Betrieb einer Kindertagesstätte).

Die Kindertagesstätte wird am neuen Standort weiterhin als Ganztagsbetrieb in Form von zwei Gruppen für nunmehr insgesamt 30 Kinder im Alter von 1 - 3 Jahren geführt, eine Aufnahme von älteren, nicht schulpflichtigen Kindern ist in begründeten Ausnahmefällen zulässig.

Diese Kindertagesstätte wird als Ganztagsstätte geführt und

zwar in der Zeit von 6.45 Uhr bis 18.00 Uhr.

Nachstehende Auflagen werden vorgeschrieben:

1. ...

Die Erfüllung dieser Auflagen ist der Abteilung 6 - Bildung, Arbeitsmarkt und Familienförderung des Amtes der Kärntner Landesregierung schriftlich zu melden.

Der Verein K .. hat die folgenden Kosten, die bei der Genehmigung entstanden sind, zu bezahlen: ...

Die Rechtsgrundlagen für die Kostenentscheidung sind:

§ 77 AVG 1991 und § 1 Abs. 2 lit. a Ziffer 1 der Landeskommissionsgebührenverordnung 1994, LGBl. Nr. 7/1995 (Kommissionsgebühr) in der Fassung LGBl. Nr. 110/2005 sowie

§ 78 AVG 1991 im Zusammenhang mit Tarif A Ziffer 1 der Landesverwaltungsabgabeverordnung 2006, LGBl. Nr. 3/2006 (Landesverwaltungsabgabe)."

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid, nach einem Hinweis auf die am durchgeführte mündliche Verhandlung mit Ortsaugenschein, damit, dass die beschwerdeführende Partei über das zur Wahrung des Kinderwohles erforderliche, fachlich geeignete Betreuungspersonal verfüge. Daneben stünden am neuen Standort auch die - im angefochtenen Bescheid beschriebenen - Räumlichkeiten in entsprechender Größe und Anzahl zur Führung einer zweigruppigen Kindertagesstätte zur Verfügung und es bedeute die Verlegung der Kindertagesstätte auch eine eindeutige räumliche Qualitätsverbesserung. Die belangte Behörde führte ferner - ohne Begründung - an, dass sich die Öffnungszeiten der Kindertagesstätte von Montag bis Freitag von 6.45 Uhr bis 18.00 Uhr erstreckten. Auch zu der aus dem Spruch ersichtlichen Einschränkung hinsichtlich der Zulässigkeit einer Aufnahme von Kindern lediglich bis drei Jahren bzw. in Ausnahmefällen von "nicht schulpflichtigen" Kindern findet sich keine Begründung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erklärt, durch die im angefochtenen Bescheid vorgesehenen Alters- und Betriebszeitenbeschränkungen in ihrem Recht "auf den Bestand bzw. die Durchsetzung einer rechtskräftigen Bewilligung (Kinder im Alter von ein bis vier Jahren, in vereinzelt begründeten Ausnahmefällen im Alter von ein bis sechs Jahren für einen unbestimmten Teil des Tages zu betreuen, gemäß dem rechtskräftigen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , ...") verletzt zu sein.

Die belangte Behörde legt die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bestimmungen des Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetzes (K-JWG) lauten auszugsweise wie folgt:

"1. Abschnitt

Soziale Dienste

...

§ 8

Arten

1) Als soziale Dienste kommen besonders in Betracht: ...

c) Einrichtungen zur Pflege, Erziehung und Unterbringung, wie insbesondere

...

2. Pflegeplätze, Tagesmütter und -väter, Kindertagesstätten,

...

§ 21

Sonderregelungen für die Pflege und Erziehung während eines Teiles des Tages

(1) Träger der freien Jugendwohlfahrt dürfen Pflegeplätze für einen Teil des Tages mit Bewilligung der Behörde vermitteln. Die Behörde hat die Bewilligung zu erteilen, wenn der Träger der freien Jugendwohlfahrt die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgabe gewährleistet, Hilfen nach § 19 anbietet und zu erwarten ist, daß jede Vermittlung nur zum Wohl des Kindes erfolgt. § 14 Abs 4 gilt sinngemäß.

(2) Personen, die Kinder unter 16 Jahren über einen Teil des Tages in Pflege und Erziehung nehmen wollen, bedürfen hiezu der Bewilligung der Behörde. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die ordnungsgemäße Betreuung sichergestellt ist und keine Versagungsgründe nach § 15 Abs 4 lit b vorliegen. Die Bewilligung darf unter Berücksichtigung der persönlichen und sachlichen Betreuungsmöglichkeiten für eine bestimmte Zahl von Kindern erteilt werden.

(3) Eine Bewilligung zur Pflege und Erziehung für einen Teil des Tages darf auch juristischen Personen erteilt werden, wenn eine fachlich geeignete und verläßliche Leitung, eine fachlich geeignete Betreuung und geeignete Räumlichkeiten gewährleistet sind.

(4) Die Übernahme eines Pflegekindes zur Pflege und Erziehung für einen Teil des Tages ist von den Pflegepersonen spätestens acht Tage nach der Übernahme der Behörde zu melden.

(5) Für die Pflegeaufsicht gilt § 18 Abs 1 und 2 mit der Maßgabe sinngemäß, daß die Überprüfung in angemessenen Zeitabständen zu erfolgen hat.

(6) Eine Bewilligung nach Abs 2 oder 3 ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr vorliegen oder wenn die Pflegeaufsicht (Abs 5) wiederholt verweigert wird.

...

§ 37

Freie Jugendwohlfahrt

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Eignungswerbers mit Bescheid festzustellen, daß sich ein Träger der freien Jugendwohlfahrt für einzelne nicht hoheitliche Aufgaben zur Besorgung eignet, wenn er nach Ziel und Ausstattung dazu geeignet ist. Er muß insbesondere über das zur Erfüllung der Aufgaben erforderliche, entsprechend qualifizierte Personal verfügen.

(2) Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt, deren Eignung mit Bescheid festgestellt ist (Abs 1), unterliegen der Fachaufsicht der Behörde. Die Behörde hat die Einhaltung der Bestimmungen nach Abs 1 zu überprüfen. Den Organen der Behörden sind in erforderlichem Umfang der Zutritt zu den Einrichtungen zu gewähren, die erforderliche Einsicht in Unterlagen zu ermöglichen und die nötigen Auskünfte zu erteilen.

(3) Die Behörde hat die Feststellung der Eignung zu widerrufen, wenn die Eignungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, schwerwiegende Mängel trotz Aufforderung nicht behoben werden oder den überprüfenden Organen der Zutritt zu den Einrichtungen wiederholt verwehrt wurde."

Die beschwerdeführende Partei macht im Wesentlichen geltend, dass ihr mit rechtskräftiger Bewilligung vom eine Bewilligung erteilt worden sei, die keine Beschränkung in den Betriebszeiten vorsehe und die für zulässig erklärt habe, dass die beschwerdeführende Partei Kinder im Alter von ein bis vier Jahren, in vereinzelt begründeten Ausnahmefällen von ein bis sechs Jahren betreue. Auch wenn die belangte Behörde entsprechend dem Antrag der beschwerdeführenden Partei die Standortverlegung und die Erweiterung hinsichtlich der Anzahl der zu betreuenden Kinder bewilligt habe - die Bewilligung der Standortverlegung sowie die Bewilligung der Betreuung in zwei Gruppen für nunmehr insgesamt 30 Kinder würden ausdrücklich nicht angefochten -, habe die belangte Behörde ohne jegliche Begründung die bestehende Bewilligung für die Betreuung von Kindern im Alter von ein bis vier Jahren und in vereinzelten begründeten Ausnahmefällen im Alter von ein bis sechs Jahren dahin eingeschränkt, dass nur noch die regelmäßige Betreuung von Kindern im Alter von ein bis drei Jahren und in begründeten Ausnahmefällen eine Aufnahme von älteren "nicht schulpflichtigen" Kindern zulässig sein sollte und habe außerdem ohne Begründung die Betriebszeiten mit 6.45 Uhr bis 18.00 Uhr begrenzt. Eine solche Abänderung hätte nur aus den in § 68 AVG vorgesehenen Gründen erfolgen können, solche Gründe seien nicht gegeben und seien von der belangten Behörde auch nicht angeführt worden.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

Die beschwerdeführende Partei hatte in ihrem Antrag vom auf die geänderte Sachlage durch Aufgabe des früheren Standortes und Weiterführung der Kindertagesstätte an einem neuen Standort, der eine Erhöhung der Zahl der zu betreuenden Kinder zulasse, hingewiesen, andererseits jedoch ausdrücklich begehrt, dass der "Bescheidinhalt" der mit Bescheid vom erteilten Bewilligung "beibehalten" werden möge.

Ohne sich näher mit dem Inhalt dieses Antrages auseinander zu setzen hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der beschwerdeführenden Partei zwar die Bewilligung "zur Pflege und Erziehung für zwei Kindergruppen für einen Teil des Tages (Betrieb einer Kindertagesstätte)" am neuen Standort erteilt, sprach jedoch aus, dass die Kindertagesstätte dort "weiterhin" als Ganztagesbetrieb in Form von zwei Gruppen für nunmehr insgesamt 30 Kinder im Alter von "1 - 3 Jahren" geführt werde, eine Aufnahme von "älteren, nicht schulpflichtigen Kindern in begründeten Ausnahmefällen" sei zulässig. Ferner wurde ausgesprochen, dass die Kindertagesstätte "in der Zeit von 6.45 Uhr bis 18.00 Uhr" geführt werde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/12/0105, und vom , Zl. 2008/07/0163, je mit weiteren Nachweisen) sind Parteienerklärungen und damit auch Anbringen ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende eigene Deutung zu geben. Wenn jedoch der Inhalt eines von der Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 iVm. § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern.

Obwohl die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auf den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom Bezug nimmt, hat sie diesem einen Inhalt unterstellt, der aus dem Antragsvorbringen nach seinem objektiven Erklärungswert nicht abzuleiten ist. Denn die belangte Behörde hat dem Umstand nicht hinreichend Bedeutung beigemessen, dass sich der Antrag einerseits auf eine neue Sachlage bezog, andererseits aber die Beibehaltung der für die frühere, abweichende Sachlage gültig gewesenen Bestimmungen verlangt wurde und damit in diesem Antrag eine Unklarheit lag, die zunächst von der belangten Behörde aufgeklärt hätte werden müssen. Nichts deutet darauf hin, dass der Antrag, wie er von der beschwerdeführenden Partei gestellt wurde, dahin verstanden werden kann, die beschwerdeführende Partei wolle - auch wenn die Pflege und Erziehung einer höheren Anzahl an Kindern bewilligt wird - die in Rede stehende Altersbeschränkung und weitere Bestimmungen für den Betrieb der Kindertagesstätte, die mit dem früher Bewilligten, auf das sich der gegenständliche Antrag bezog, nicht im Einklang stehen, auf sich nehmen. Es ist daher vor Entscheidung über den gegenständlichen Antrag unumgänglich, klarstellen zu lassen, was sein Gegenstand ist. Erst danach wird die Behörde, nach Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 iVm. Abs. 3 K-JWG, eine Entscheidung über den Antrag treffen können.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Da die von der beschwerdeführenden Partei bekämpften von der Behörde ausgesprochenen Einschränkungen nach Sinn und Zweck der zugrundeliegenden Bestimmungen, insbesondere des § 21 Abs. 1 K-JWG, vom sonstigen Bescheidinhalt nicht trennbar sind, hat dies zur Folge, dass der angefochtene Bescheid zur Gänze aufgehoben werden musste (vgl. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 16.261/A, mit weiteren Hinweisen).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-77887