VwGH vom 24.04.2013, 2013/01/0048
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des B in H (Israel), vertreten durch Lansky, Ganzger Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, vom , Zl. MA 35/III-S 17/09, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Angefochtener Bescheid:
Mit dem zur hg. Zl. 2011/01/0011 beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom wurde gemäß § 39 und § 42 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der geltenden Fassung (StbG), auf der Rechtsgrundlage des § 3 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1949, BGBl. Nr. 276 (StbG 1949) festgestellt, dass der Beschwerdeführer, geboren am in Israel, die österreichische Staatsbürgerschaft weder kraft Abstammung noch auf andere Weise erworben habe und nicht österreichischer Staatsbürger sei. Des Weiteren wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, eine näher bezeichnete Verwaltungsabgabe zu entrichten.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei als eheliches Kind geboren. Sein Vater sei zum Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers chilenischer Staatsangehöriger gewesen.
Die Mutter des Beschwerdeführers sei bis zum "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische deutsche Reich am im Besitz der österreichischen Bundesbürgerschaft gewesen. Ihr sei am gemäß § 1 lit. a St-ÜG 1949 die österreichische Staatsbürgerschaft zugekommen. Durch den Erwerb der palästinensischen Mandatsangehörigkeit (im Jahre 1946) sowie den Erwerb der israelischen Staatsangehörigkeit (im Jahre 1948) habe die Mutter des Beschwerdeführers nicht den Verlusttatbestand des § 9 Abs. 1 StbG 1949 verwirklicht und ihre österreichische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Auf den Umstand, dass die Mutter des Beschwerdeführers im Jahre 1995 die amerikanische Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben habe, brauche nicht eingegangen werden, weil dieser Erwerb erst nach der Geburt des Beschwerdeführers erfolgt sei. Somit sei festzustellen, dass die Mutter des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers österreichische Staatsbürgerin gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe jedoch die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 3 Abs. 1 StbG 1949 nicht kraft Abstammung erworben, weil sein ehelicher Vater weder österreichischer Staatsbürger nach staatenlos gewesen sei.
Erst durch die Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 sei die eheliche Mutter grundsätzlich und gleich dem ehelichen Vater in die Lage versetzt worden, dem Kind die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung zu vermitteln. Diese Bestimmung habe keine Rückwirkung auf vorher erfolgte Geburten. So habe es für die vor dem Inkrafttreten der StbG-Novelle 1983 geborenen Kinder nur eine befristete Möglichkeit des Staatsbürgerschaftserwerbs unter Ableitung der Staatsbürgerschaft von der Mutter gegeben. Damit sei klargestellt, dass eine rückwirkende Anwendung des § 7 Abs. 1 StbG idF der StbG-Novelle 1983 unzulässig sei.
Da der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft auch nicht auf andere Weise als durch Abstammung erworben habe, sei er nicht österreichischer Staatsbürger und sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
2. Beschwerdevorbringen:
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1680/10-3, ablehnte und diese mit weiterem Beschluss vom , B 1680/10-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, die belangte Behörde hätte den angefochtenen Bescheid auf den (im Zeitpunkt der Antragstellung in Kraft stehenden) § 7 StbG, welcher für sich betrachtet gleichheitskonform sei, nicht jedoch auf den (im Zeitpunkt der Antragstellung bereits außer Kraft getretenen) § 3 Abs. 1 StbG 1949 stützen dürfen, welcher nach heutigen Maßstäben gleichheitswidrig sei.
Wie jedoch aus den Übergangsbestimmungen, insbesondere dem Staatsbürgerschafts-Übergangsrecht 1985 hervorgehe, sei die alte gleichheitswidrige Rechtslage des § 3 Abs. 1 StbG 1949 weiterhin für alte (vor dem ) verwirklichte Sachverhalte anwendbar.
Mit anderen Worten begünstige § 7 Abs. 1 StbG nur die seit dem geborenen Kinder einer österreichischen Mutter. Jedoch sei das Datum der Geburt kein ausreichender Grund für eine sachliche Differenzierung.
Schließlich habe der Beschwerdeführer vom Übergangsrecht keinen Gebrauch machen können, da dieses nur einem beschränkten Kreis von Personen zu Gute gekommen sei. Eine Erklärung sei nämlich für vor dem Geborene nur möglich, wenn sie (unter anderem) das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Beschwerdeführer sei zu diesem entscheidenden Zeitpunkt bereits 21 Jahre alt gewesen.
Die angesprochene unsachliche Differenzierung zwischen vor und nach dem Geborenen einerseits als auch die Ungleichbehandlung der Frauen bzw. Mütter in Bezug auf Vermittlung der Staatsbürgerschaft könne jedoch durch eine "verfassungs(gleichheits)konforme" Auslegung des § 7 Abs. 1 StbG vermieden werden. Eine solche verfassungskonforme Auslegung gebiete, dass auch vor dem geborene Kinder von einer österreichischen Staatsbürgerin die österreichische Staatsbürgerschaft kraft Abstammung erwerben könnten.
Schließlich stellt die Beschwerde die Anregung an den Verwaltungsgerichtshof, einen Antrag auf Aufhebung derjenigen staatsbürgerschaftsrechtlichen Übergangsbestimmungen beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, die eine erfolgreiche verfassungskonforme Auslegung gemäß § 7 StbG verhinderten. Insbesondere werde angeregt, § 3 Abs. 1 StbG 1949 und auch § 7 Abs. 1 StbG 1965 aufzuheben, um dadurch den Jahrgängen vor dem den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht nur durch den Vater, sondern auch durch die Mutter zu ermöglichen.
3. Rechtslage:
3.1. Voranzustellen ist, dass die im Beschwerdefall strittige Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben hat, nach den staatsbürgerschaftsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist, die zum betreffenden Zeitpunkt - das ist vorliegend das Geburtsdatum des Beschwerdeführers am - in Geltung standen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/01/0482, sowie vom , Zl. 2007/01/0889, jeweils mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich angesichts des Beschwerdevorbringens nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal fallbezogen eine Feststellung nach § 42 Abs. 1 StbG beantragt wurde, ob der Beschwerdeführer durch Abstammung, somit im Zeitpunkt seiner Geburt, die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe.
3.2. Am war das (mit BGBl. Nr. 276/1949 wiederverlautbarte) Staatsbürgerschaftsgesetz 1949 (StbG 1949) in Kraft, dessen § 3 wie folgt lautete:
"§ 3. (1) Nicht eigenberechtigte eheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach dem Vater. Ist der Vater staatenlos, so erwirbt das Kind die Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter die Staatsbürgerschaft besitzt. Nicht eigenberechtigte uneheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach der Mutter. Werden uneheliche Kinder legitimiert, so erwerben sie die Staatsbürgerschaft nach dem Vater.
(2) Für Kinder weiblichen Geschlechtes gelten die Bestimmungen des Abs. 1) nur dann, wenn sie ledig sind."
4. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 1 StbG 1949:
Mit Beschluss vom , Zl. A 2012/0018, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Abs. 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, festzustellen, dass das Wort "uneheliche" im dritten Satz des § 3 Abs. 1 StbG 1949 verfassungswidrig war.
Mit Erkenntnis vom , G 63/12, wies der Verfassungsgerichtshof (VfGH) diesen Antrag ab und begründete dies in der Sache (in den Randnrn. 28 bis 41) wie folgt:
"2.2. Die Frage der Erlangung der Staatsbürgerschaft, soweit sich diese auf die Abstammung von den Eltern gründet, fällt in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK (EGMR, Fall Genovese, Z 33 f.; , B 100/12; , G 66/12, G 67/12). Staatliche Regelungen, die die Erlangung (Erwerb oder Verleihung) der Staatsbürgerschaft in solchen Fällen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, müssen daher den Anforderungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK entsprechen und müssen gemäß Art. 14 EMRK so ausgestaltet sein, dass sie zu keiner Benachteiligung führen, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist (siehe wiederum EGMR, Fall Genovese, Z 31 ff.).
Auch der in Art. 7 Abs. 1 B-VG österreichischen Staatsbürgern gewährleistete Gleichheitsgrundsatz ist auf Fallkonstellationen, in denen es um die rechtliche Klärung des Status der österreichischen Staatsbürgerschaft für bestimmte Personen geht, anwendbar (zuletzt , G 67/12, mit Hinweis auf die Vorjudikatur).
2.3. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte müssen schwerwiegende Gründe vorgetragen werden, ehe eine unterschiedliche Behandlung aus einem der in Art. 14 EMRK genannten Merkmale als mit der Konvention vereinbar angesehen werden kann (siehe zur unterschiedlichen Behandlung wegen nichtehelicher Geburt EGMR, Fall Genovese, Z 44 unter Verweis auf EGMR , Fall Inze, Appl. 8695/79, ÖJZ 1988, 177 f. (Z 41)). Dem folgend geht auch der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass sehr gewichtige Gründe vorliegen müssen, damit eine unterschiedliche Behandlung etwa allein aus dem Umstand der ehelichen oder der unehelichen Geburt als mit Art. 7 B-VG vereinbar angesehen werden kann (siehe unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Inze VfSlg. 12.735/1991; aus der Literatur Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 472 f.). In jedem Fall müssen wegen der Schranken des Art. 14 iVm Art. 8 EMRK einschlägig differenzierende staatliche Regelungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (; , G 66/12, G 67/12; EGMR , Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, newsletter 2008, 232 (Z 96)).
2.4. Nach dem hier maßgeblichen § 3 Abs. 1 StbG 1949 erwerben eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft (nur) nach dem Vater. Uneheliche Kinder erwerben nach dieser Rechtslage - wie grundsätzlich heute auch (siehe § 7 StbG 1985 und , G 67/12, wo ausgeführt wird, dass in dem, im Familienrecht begründeten grundsätzlichen Unterschied zwischen ehelichen Vätern, für die die Vermutung der Vaterschaft nach § 138 ABGB (nach dem Inkrafttreten des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetzes 2013: § 144 ABGB) gilt, und unehelichen Vätern, deren Vaterschaft der Feststellung oder Anerkennung bedarf, im Sinne der Rechtsprechung ein sehr gewichtiger Grund liegt, der es grundsätzlich rechtfertigen kann, die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft des unehelichen Kindes eines österreichischen Vaters und einer Mutter mit fremder Staatsangehörigkeit nicht durch Abstammung eintreten zu lassen, sondern von einem Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft abhängig zu machen) - die Staatsbürgerschaft durch Abstammung nach der Mutter.
Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StbG 1949, der zufolge eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft (nur) nach dem Vater erwerben, ist nur vor dem Hintergrund des damals geltenden Rechts verständlich, das Statusfragen des ehelichen Kindes grundsätzlich vom Vater ableitete (§ 146 ABGB idF vor dem BG über die Neuordnung des Kindschaftsrechts, BGBI. 403/1977; vgl. Kapfer, Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch24, 1951, 51; Koziol/Weiser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II, 1971, 114). Diese Rechtslage wurde auch durch die Nachfolgeregelung des § 7 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965, BGBI. 250, aufrechterhalten. Ausnahmen sahen diese Bestimmungen nur vor, wenn der Vater (§ 3 Abs. 1 zweiter Satz StbG 1949) staatenlos war oder das Kind sonst staatenlos wäre (§ 7 Abs. 2 StbG 1965); nur in diesen Fällen war ehelichen Kindern der Erwerb nach der Mutter möglich.
Erst mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 wurde § 7 StbG 1965 insofern geändert, als nunmehr eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft mit Geburt erwarben, wenn in diesem Zeitpunkt ein Elternteil Staatsbürger war. Dadurch sollten beide Elternteile bei der Weitergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft an ihre ehelichen Kinder gleichgestellt werden, um dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter zum Durchbruch zu verhelfen. Die Rechtsstellung der ehelichen Mutter sei dadurch - wie im Familienrecht durch BGBl. 403/1977 - auch im Staatsbürgerschaftsrecht an die des ehelichen Vaters angeglichen worden (siehe RV 1272 BlgNR 15. GP, 8 ff.).
Der Gesetzgeber erkannte im Zuge dieser Reform des Staatsbürgerschaftsrechts auch, dass durch die Neuregelung ein Problem im Hinblick auf die Gleichbehandlung von vor und nach dem Inkrafttreten der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 geborenen ehelichen Kindern entstand. Er führte daher in Art. II der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 entsprechende Übergangsvorschriften ein, mit denen ehelichen Kindern, falls sie noch ledig waren und das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, eine befristete Möglichkeit geboten wurde, bei Vorliegen der in § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG 1965 genannten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft nach der Mutter durch Abgabe einer Erklärung zu erwerben. Die Forderung nach Erfüllen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG 1965 - im Wesentlichen das Nichtvorliegen bestimmter strafgerichtlicher Verurteilungen, einer Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit in der Person des Staatsbürgerschaftswerbers und das Vorliegen eines gesicherten Lebensunterhalts bzw. keiner selbstverschuldeten finanziellen Notlage - schien dem Gesetzgeber angebracht, weil von Staatsbürgerschaftsanwärtern ein gewisses Wohlverhalten erwartet werden dürfe. Das Absehen vom Nachweis der Entlassung aus dem bisherigen Staatsverband (dem das eheliche Kind ja nach seinem Vater angehören konnte) finde seine Rechtfertigung in der beabsichtigten Gleichstellung mit den ehelichen Kindern, für die bereits die Rechtslage nach der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 gelte (siehe RV 1272 BlgNR 15. GP, 20).
Der Gesetzgeber befristete die Geltendmachung dieses Erwerbsanspruchs der Staatsbürgerschaft zunächst auf drei Jahre. Mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1986 wurde diese Frist bis verlängert, um Härtefälle möglichst zu vermeiden, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Regelung einer Reihe von im Ausland lebenden Österreichern, deren Kinder für diesen Erwerb in Frage kämen, unbekannt geblieben sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei das Ende der Frist mit einem bestimmten Datum bezeichnet worden (RV 970 BlgNR 16. GP, 4).
2.5. Der Verwaltungsgerichtshof hegt nun das Bedenken, dass in den Fällen, in denen heute noch zur Beurteilung des Erwerbs der Staatsbürgerschaft die Rechtslage nach § 3 StbG 1949 heranzuziehen ist, die - nach Ablauf der dargestellten Regelungen im Staatsbürgerschaftsübergangsrecht - in diesen Fällen nach wie vor gegebene Ungleichbehandlung von Vater und Mutter beim Erwerb der Staatsbürgerschaft ehelicher Kinder durch Abstammung ebenso gleichheitswidrig ist (und die angefochtene Bestimmung in § 3 StbG 1949 deshalb verfassungswidrig war), wie dies für die Ungleichbehandlung ehelicher Kinder, die die Staatsbürgerschaft nach dieser Rechtslage nicht durch Abstammung nach der Mutter erwerben können, gegenüber unehelichen Kindern, für die dies sehr wohl gilt, der Fall ist. Diese unterschiedliche Behandlung werde, so der Verwaltungsgerichtshof, auch durch die Regelungen des Staatsbürgerschafts-Übergangsrechts 1985 nicht in einer solchen Weise abgemildert, dass sie sich als nicht mehr unsachlich erweist.
2.6. Der Verfassungsgerichtshof vermag diesen Bedenken nicht zu folgen:
Die Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 hat - im Gefolge familienrechtlicher Reformen - auch im Staatsbürgerschaftsrecht die als diskriminierend erkannte Ungleichbehandlung von Mann und Frau in Bezug auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft ehelicher Kinder durch Abstammung von ihren Eltern beseitigt. Das dabei auftretende Gleichbehandlungsproblem von vor und nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geborenen Kindern hat der Gesetzgeber erkannt und ihm durch die dargestellte Übergangsregelung (siehe oben Pkt. 2.4.) Rechnung getragen. Dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Gleichstellung von unter die alte Rechtslage fallenden Tatbeständen mit der neuen Rechtslage aus Gründen der Rechtssicherheit zeitlich begrenzt, ist ebenso im Hinblick auf Art. 8 iVm 14 EMRK gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat auf diese Weise den Betroffenen eine angemessene Möglichkeit eröffnet, die in der Regelung des § 3 StbG 1949 aus heutiger Sicht gelegene Diskriminierung abzuwenden. Bei der Geltendmachung des Erwerbs der Staatsbürgerschaft durch Abstammung nach der Mutter bestehen auch grundsätzlich keine Hindernisse, dies in einer bestimmten Frist geltend zu machen (einzelne nicht vorhersehbare Härtefälle sind in Abwägung mit dem Ziel der Rechtssicherheit hinzunehmen, vgl. VfSlg. 14.268/1995, 17.816/2006).
Eine unzulässige Diskriminierung nach dem Geschlecht oder der Geburt liegt auch nicht darin, dass, worauf der Verwaltungsgerichtshof auch abstellt, die genannten Übergangsvorschriften den nachträglichen Erwerb der Staatsbürgerschaft neben der Abstammung von einer österreichischen Mutter noch von weiteren Voraussetzungen wie insbesondere davon abhängig machen, dass der Staatsbürgerschaftswerber ledig sein muss und am das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben darf (Art. II Abs. 1 Z 1 Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983), und dass nach den Übergangsvorschriften die Erklärung nur zu einem ex nunc eintretenden Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft führt.
Es liegt im Wesen von Übergangsvorschriften, dass sie bestimmte Fälle aus der alten Rechtslage in die neue überführen, um Auswirkungen der neuen Rechtslage abzumildern oder, wie hier, Vorteile der neuen Rechtslage auch in bestimmter Weise auf Fallkonstellationen der alten Rechtslage zu übertragen. Die mit der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 herbeigeführte Gleichbehandlung der Geschlechter ist auch Folge gesellschaftlicher und rechtlicher Veränderungen, die im Hinblick auf Art. 14 EMRK wie Art. 7 Abs. 1 B-VG relevant sind. Trägt daher der Gesetzgeber solchen Veränderungen Rechnung, ist er unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes und des in Art. 14 EMRK enthaltenen Diskriminierungsverbotes nicht gehalten, über die Übergangskonstellationen hinaus diesen Veränderungen auch bei der Anknüpfung an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte zum Durchbruch zu verhelfen. In den Übergangsvorschriften hat der Gesetzgeber den Kreis der erfassten Personen mit denjenigen, die die Eigenberechtigung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 noch nicht erlangt haben, ebenso sachlich abgegrenzt, wie es keinen Bedenken begegnet, dass der Gesetzgeber für die Zwecke einer solchen Übergangsbestimmung an die in § 10 Abs. 1 Z 2 bis Z 8 StbG 1965 geregelten Voraussetzungen anknüpft und den Erwerb der Staatsbürgerschaft mit Abgabe der im Übergangsrecht vorgesehenen Erklärung eintreten lässt.
Angesichts der in Art. II Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1983 vorgesehenen und durch Art. II Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1986 bis zum verlängerten Übergangsbestimmungen, denen zufolge bis zu dem genannten Datum auch vor dem geborene eheliche Kinder unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft durch Abstammung auch nach der Mutter erwerben konnten, sieht sich der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken nicht veranlasst auszusprechen, dass die angefochtene Bestimmung in § 3 Abs. 1 StbG 1949 verfassungswidrig war."
5. § 3 Abs. 1 StbG 1949 war somit nach den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes nicht verfassungswidrig, weshalb diese Bestimmung - wie schon oben unter 3.1. ausgeführt - bei Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden war. Die von der Beschwerde geforderte verfassungskonforme Auslegung kommt vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes nicht in Betracht. Die Beschwerde vermag auch sonst nicht aufzuzeigen, dass die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in gesetzeswidriger Weise vorgegangen wäre.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am