VwGH vom 23.11.2011, 2010/13/0148
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch die Donau Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH in 1060 Wien, Lehargasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/1747-W/10, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.049,80 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der angefochtene Bescheid erging im fortgesetzten Verfahren nach dem hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0095 (im Folgenden: Vorerkenntnis).
Strittig war in dem dem Vorerkenntnis zu Grunde liegenden Beschwerdefall, in welcher Höhe geltend gemachte Kosten des in Deutschland ansässigen Beschwerdeführers unter dem Titel einer doppelten Haushaltsführung für eine Wohnung am Beschäftigungsort in Wien als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Es handelte sich um eine Wohnung mit rund 95 m2 Nutzfläche, die nach dem in den in den Verwaltungsakten einliegenden Mietvertrag aus "Vorraum, Wohnraum mit offener Küche - Südterrasse mit ca. 18 m2, Bad mit Wanne und Dusche, WC, 2 Schlafzimmer" bestand. Zum weiteren Sachverhalt wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Vorerkenntnis verwiesen.
Mit dem Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den (damals) angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die belangte Behörde habe nämlich das von ihr herangezogene hg. Erkenntnis vom , 95/14/0096, zu Unrecht dahingehend ausgelegt, dass am Beschäftigungsort lediglich Kosten für eine Kleinwohnung im Ausmaß von rund 40 m2 als zweckentsprechend für eine (Zweit )Wohnung am Beschäftigungsort angesehen und nur dafür entstehende Kosten als Werbungskosten unter dem Titel der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden könnten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides hielt die belangte Behörde fest, dass auf Grund der Entfernung zwischen dem Familienwohnsitz und dem Tätigkeitsort für den Beschwerdeführer eine tägliche Rückkehr unzumutbar gewesen sei und somit die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung grundsätzlich als Werbungskosten geltend gemacht werden könnten. Strittig sei allerdings die Höhe der anzuerkennenden Wohnungskosten. Es kämen nur die unvermeidbaren Mehraufwendungen in Betracht, die dem Steuerpflichtigen dadurch entstünden, dass er am Beschäftigungsort wohnen müsse. Es seien somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Wohnung für sich allein aufwenden müsse. Da im Beschwerdefall die geltend gemachten Wohnungskosten (für eine Wohnung von rund 95 m2) relativ hoch erschienen, sei zu prüfen, welche (fiktiven) Kosten dem Beschwerdeführer bei Anmietung einer zweckentsprechenden Wohnung entstanden wären. Dabei könne nach Ansicht der belangten Behörde vom ortsüblichen Durchschnittspreis einer durchschnittlich ausgestatteten Wohnung in einem Ausmaß von rund 60 m2 ausgegangen werden. Da es nur auf die Kosten ankomme, sei die tatsächliche Größe der Wohnung unbeachtlich. Die darüber hinausgehenden Aufwendungen seien nach § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 nicht abziehbar. Eine Auflistung des Inventars als Beilage zum Mietvertrag habe nicht mehr vorgelegt werden können. Der Beschwerdeführer sei inzwischen auch nicht mehr in Österreich wohnhaft.
Zur Berechnung der als Werbungskosten anzuerkennenden Wohnungskosten (Mietpreise) führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus:
"Auf der Internetseite www.immobilien.net wurden zum Stichtag 26 Mietobjekte in Raum Wien angeboten. Der Mietpreis für Wohnungen von rund 60m2 beläuft sich zwischen EUR 550,- und EUR 900,-. Lt. dem ebenfalls auf dieser Homepage veröffentlichten Mietpreisindex der die Veränderung der Mietpreise seit Jänner 2008 in Prozent angibt, ist die Tendenz für den
19. Bezirk seit Jänner 2008 steigend. Der Preis pro m2 in Wien beträgt bei Wohnungen danach dzt. durchschnittlich EUR 15,71. Da die Tendenz der Wohnpreise in Wien generell steigend ist, ist von einer etwa 5-10%igen Mietpreissteigerung pro Jahr auszugehen.
Auf der Internetseite www.wohnnet.at findet sich eine aktuelle Aufstellung von Mietpreisen in Wien, die an Hand von rund 14 angebotenen Objekten ermittelt wird. Der Preis pro m2 in Wien beträgt bei Wohnungen danach dzt. im Höchstausmaß EUR 18,5. Der Mietpreis für 2004 und 2005 wird unter Verweis auf die obigen Ausführungen um etwa 20% niedriger geschätzt. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher sowohl für das berufungsgegenständliche Jahr 2004 als auch für das Jahr 2005 von einem durchschnittlichen Mietpreis von EUR 800,- aus"
Lege man - so die abschließenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid - der Berechnung der beruflich veranlassten Wohnungsaufwendungen den "Mittelwert von EUR 800,-- pro Monat für eine Mietwohnung zu Grunde", ergebe dies jährliche Aufwendungen für die Jahre 2004 und 2005 in Höhe von 1.200 EUR und 9.600 EUR, die als Wohnungskosten anzuerkennen seien (neben Fahrtkosten für Familienheimfahrten in Höhe von 700 EUR für das Jahr 2004 sowie
2.100 EUR für das Jahr 2005).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Nach Einleitung des Vorverfahrens erließ die belangte Behörde - innerhalb der nach § 36 Abs. 1 VwGG gesetzten Frist - gemäß § 293 BAO einen Berichtigungsbescheid vom , in dem sie die berücksichtigten Fahrtkosten abänderte und im Jahr 2005 zu Gunsten des Beschwerdeführers im Sinne des Beschwerdevorbringens erhöhte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a leg. cit. für Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind. Die Grenze der abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen (vgl. zum Ganzen nochmals das Vorerkenntnis, mit Hinweisen etwa auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/13/0241, und vom , 2006/15/0162).
Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, dass für den Werbungskostencharakter keine "Zweckmäßigkeit" erforderlich sei, übersieht der Beschwerdeführer die Besonderheit der Anerkennung von Mehraufwendungen einer doppelte Haushaltsführung als Abzugsposten von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer, die darin besteht, dass unter der Bedingung beruflicher Veranlassung solche Auslagen zum Abzug zugelassen werden, für die ein Abzug wegen ihrer Eigenschaft als Aufwendungen der Lebensführung sonst von vornherein nicht in Betracht käme. Damit sind nach der bereits im Vorerkenntnis zitierten hg. Rechtsprechung im Falle einer Bejahung der beruflichen Veranlassung doppelter Haushaltsführung die aus einer solchen Haushaltsführung erwachsenden Auslagen wegen ihres Charakters als Aufwendungen der Lebensführung vom Abzug (nur) solange nicht ausgeschlossen, als mit ihnen die Kosten u.a. einer zweckentsprechenden Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschritten werden.
Soweit in der Beschwerde die Ansicht vertreten wird, aus dem im (auch im Vorerkenntnis angesprochenen) hg. Erkenntnis vom , 95/14/0096, enthaltenen Satzteil, wonach die (damals) belangte Behörde " … keine Feststellung darüber zu treffen (hatte), welche fiktiven Kosten der Beschwerdeführerin bei Anmietung einer zweckdienlichen Wohnung erwachsen wären. ", sei der Schluss zu ziehen, es sei damit explizit ausgeschlossen worden, "überhaupt fiktive Wohnungskosten zu ermitteln", kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Der zitierte Satzteil ist im Erkenntnis vom , 95/14/0096, nämlich im Zusammenhang damit zu lesen, dass sich die belangte Behörde im damaligen Beschwerdefall konkret auf tatsächlich angefallene Kosten einer Zweitwohnung (in den Vorjahren) stützen konnte, die ausgereicht hätten, um die Wohnbedürfnisse der (damaligen) Beschwerdeführerin abzudecken.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde anders als im Vorerkenntnis nicht mehr nur auf die Kosten einer Kleinwohnung im Ausmaß von (lediglich) 40 m2 abgestellt, vielmehr die tatsächliche Wohnungsgröße auch nicht mehr als allein maßgeblich angesehen. Wenn sie mangels anderer Anhaltspunkte zur Ermittlung der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort eine Wohnungsgröße von rund 60 m2 zu Grunde legte, kann ihr für sich allein noch nicht entgegen getreten werden.
Die Beschwerde wendet sich gegen den Ansatz der "nach Ansicht des UFS zulässigen Miete von EUR 800" lediglich damit, dass dieser Betrag aus der Darstellung im angefochtenen Bescheid nicht schlüssig ableitbar sei. Ausgehend von einer Berechnung der Kosten für eine zweckentsprechende Wohnung auf Basis einer Wohnungsgröße von 60 m2 ergibt sich aber aus dem im angefochtenen Bescheid angenommenen "Mittelwert" monatlicher Wohnungskosten von 800 EUR ein Betrag pro m2 von rund 13 EUR, der auch (unter Berücksichtigung der angesetzten Preissteigerungen) mit hinreichender Deutlichkeit aus den im angefochtenen Bescheid angegebenen Berechnungsgrundlagen abgeleitet werden kann.
Dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, im Zeitraum seines berufsbedingten Aufenthaltes in Wien um den von der belangten Behörde angesetzten monatlichen Betrag eine Wohnung anzumieten, bringt der Beschwerdeführer im Übrigen ebenso wenig vor, wie er auch nicht konkret darstellt, aus welchen Gründen des Einzelfalles er mit einer solchen Wohnung nicht den beruflich veranlassten Wohnungsbedarf hätte abdecken können.
Wird ein vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid nach Erhebung der Beschwerde von der belangten Behörde berichtigt, so hat der Verwaltungsgerichthof seiner Überprüfung den angefochtenen Bescheid in der Fassung zu Grunde zu legen, die er durch die Berichtigung erhalten hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0294).
Durch den auch in der Gegenschrift angesprochenen Berichtigungsbescheid vom ist der Beschwerdeführer hinsichtlich des Beschwerdepunktes der unzutreffenden Kürzung der Fahrtkosten für das Jahr 2005 klaglos gestellt worden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Nach § 56 VwGG war dem Beschwerdeführer Kostenersatz - in dem nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung gekürztem Ausmaß - zuzusprechen, weil die Erlassung des Berichtigungsbescheides
hinsichtlich eines Beschwerdepunktes zu einer Klaglosstellung des Beschwerdeführers geführt hat.
Wien, am