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VwGH vom 02.03.2010, 2008/11/0126

VwGH vom 02.03.2010, 2008/11/0126

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/11/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerden des I P in W, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Mag.Dr. Roland Kier, Dr. Thomas Neugschwendtner, Univ.- Prof. Dr. Richard Soyer und Dr. Alexia Stuefer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien 1. vom , Zl. UVS- 04/G/51/2388/2007-4, und 2. vom , Zl. UVS 04/G/51/11000/2007-2, jeweils betreffend Übertretung des Öffnungszeitengesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erkannte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und daher für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften Verantwortlicher der I(...)gmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft ihre Betriebsstätte zur Ausübung des Handelsgewerbes an einer näher bezeichneten Adresse im 16. Wiener Gemeindebezirk am Sonntag, dem zumindest von 11:20 bis 11:40 Uhr offengehalten habe, indem die Betriebsstätte für jedermann zugänglich gewesen sei und mehrere Personen gegen Entgelt Lebensmittel (angeboten: Fladenbrot, Baklava, diverse Kekse) erworben hätten. Der Beschwerdeführer habe dadurch §§ 3 iVm. 11 des Öffnungszeitengesetzes verletzt, weshalb über den Beschwerdeführer gemäß § 11 des Öffnungszeitengesetzes iVm. § 376 und § 368 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von EUR 280,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt werde. Der Beschwerdeführer wurde unter einem verpflichtet, gemäß § 64 VStG EUR 28,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der UVS stellte - nach Wiedergabe ua. der Angaben des Kontrollorgans über seine Wahrnehmungen am - als erwiesen fest, der Beschwerdeführer sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der I(...)gmbH, welche im 16. Wiener Gemeindebezirk an näher bezeichneter Adresse in einem etwa 42 m2 großen Geschäftslokal das Gewerbe des Lebensmittelkleinhandels sowie das Bäckergewerbe betreibe. Dem zur Verfügung stehenden Verkaufslokal sei auch ein Bäckereiproduktionsbetrieb angeschlossen. Seit 2005 sei die Gesellschaft am selben Standort auch zur Ausübung des Gastgewerbes berechtigt. Dafür seien auch entsprechende Adaptierungen im Lokal vorgenommen und drei Stehpulte installiert worden. Das Geschäftslokal sei am , einem Sonntag, geöffnet gewesen, es seien das für den Kleinhandel mit Lebensmitteln übliche Lebensmittelsortiment sowie Backwaren verkauft worden.

Trotz der bestehenden Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes sei dieses "nicht oder allenfalls nur in marginalem Umfang" betrieben worden. Ein über den auch im Kleinhandel mit Lebensmitteln üblichen Verkauf von zum sofortigen Verzehr bestimmten Lebensmitteln hinausgehendes, für die Ausübung des Gastgewerbes typisches Sortiment von Speisen und Getränken sei "nicht oder allenfalls nur in der Relation zum Gesamtumsatz unbedeutendem Ausmaß" angeboten worden. Es habe im Jahr 2006 keinen eigenen Rechnungskreis für im Gastronomiebereich erzielte Umsätze gegeben und habe auch keine Preisunterschiede für Waren gegeben, je nachdem ob diese für den späteren Verzehr eingekauft oder gleich im Lokal konsumiert worden seien. Den Kunden sei ermöglicht worden, die erworbenen Waren auf den Pulten gleich im Lokal zu konsumieren. Ein Angebot an gastronomietypischen Produkten habe in der Verkaufsstätte zum relevanten Zeitpunkt nicht bestanden. Der Anzeigenleger habe schlüssig dargelegt, dass das Verkaufslokal bei seinen Kontrollen nicht den Eindruck einer Imbissstube gemacht habe und er niemals Personen wahrgenommen habe, die an den Pulten Speisen oder Getränke konsumierten. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass zum einen eine Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes bereits bestanden habe und auch Investitionen getätigt worden seien, um die Ausübung des Gastgewerbes zu ermöglichen, hätte nicht belegen können, dass im hier zu beurteilenden Zeitraum "das Gastgewerbe bereits im relevanten Umfang tatsächlich betrieben" worden wäre.

In rechtlicher Hinsicht führte der UVS aus, gemäß § 3 des Öffnungszeitengesetzes seien Verkaufsstellen an Sonntagen geschlossen zu halten. Ausgenommen sei gemäß § 2 Z. 2 des Öffnungszeitengesetzes der Warenverkauf im Rahmen eines Gastgewerbes in dem in § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 bezeichneten Umfang. Letztere Bestimmung sehe vor, dass Gastgewerbetreibende während der Betriebszeiten des Gastgewerbes die von ihnen verabreichten Speisen und ausgeschenkten Getränke, halbfertige Speisen, die von ihnen verwendeten Lebensmittel sowie Reiseproviant und Waren des üblichen Reisebedarfes und Geschenkartikel verkaufen dürfen. Das Recht der Gastgewerbetreibenden nach § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 stelle ein Nebenrecht dar und setze voraus, dass in einer Betriebsstätte der Hauptaspekt der unternehmerischen Tätigkeit die Ausübung des Gastgewerbes in einer der dafür vorgesehenen Betriebsformen sei. Um von der Ausübung dieses Nebenrechtes sprechen zu können, müsse bei einer Gesamtbetrachtung des Erscheinungsbildes einer Betriebsstätte sowie der unternehmerischen Tätigkeit die Ausübung des Gastgewerbes im Vordergrund stehen. Keinesfalls könne davon ausgegangen werden, dass in einem Betrieb, in dem sowohl dem äußeren Erscheinungsbild zufolge als auch im Kern des unternehmerischen Konzeptes der Kleinhandel mit Lebensmitteln ausgeübt wird, schon deshalb der Verkauf von Lebensmitteln unter § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 subsumiert werden könne, weil im Unternehmen "in geringfügigem Umfang" auch der eine Gastgewerbeberechtigung erfordernde Ausschank von Heißgetränken und die Verabreichung von kleinen Speisen erfolgt. Auch ein tatsächlicher Anteil des Gastronomiebereiches am Unternehmenserlös von 15 Prozent könne eine Subsumtion des weit überwiegenden Umsatzteiles unter das Nebenrecht des § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 nicht rechtfertigen. Die Ausnahmevoraussetzungen des § 2 Z. 2 des Öffnungszeitengesetzes lägen demnach nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende zur hg. Zl 2008/11/0126 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

2. Mit einem weiteren im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erkannte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und daher für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften Verantwortlicher der I(...)gmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Inhaberin der für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtung an einer näher bezeichneten Adresse im 16. Wiener Gemeindebezirk die Verkaufsstelle am Sonntag, dem , um 09:40 Uhr nicht geschlossen gehalten habe, indem an mehrere Personen gegen Entgelt Lebensmittel (wie zB. Fladenbrot, Baklava, diverse Kekse) verkauft worden seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch §§ 3 iVm. 11 des Öffnungszeitengesetzes verletzt, weshalb über den Beschwerdeführer gemäß § 11 des Öffnungszeitengesetzes iVm. § 376 und § 368 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von EUR 126,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden) verhängt werde. Der Beschwerdeführer wurde unter einem verpflichtet, gemäß § 64 VStG EUR 25,20 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.

Die Begründung des Bescheides entspricht im Wesentlichen derjenigen des erstangefochtenen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2008/11/0155 protokollierte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG vorgesehenen Senat erwogen:

1.1.1. Die in den Beschwerdefällen maßgebenden Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes, BGBl. I Nr. 48/2003, lauten (auszugsweise):

"Öffnungszeitengesetz 2003

Geltungsbereich

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten, sofern sich nicht nach § 2 anderes ergibt, für alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) unterliegen.

(2) Als Betriebseinrichtung im Sinne des Abs. 1 gelten auch alle Einrichtungen und Veranstaltungen der im Abs. 1 genannten Unternehmungen, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden.

(3) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten auch für die Kleinverkaufsstellen der land- und forstwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, deren Tätigkeit lediglich gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GewO 1994 von deren Bestimmungen ausgenommen ist.

§ 2. Von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind ausgenommen


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1.
die Warenabgabe aus Automaten;
2.
der Warenverkauf im Rahmen eines Gastgewerbes in dem im § 111 Abs. 4 Z 4 GewO 1994 bezeichneten Umfang;
3.
Tankstellen für den Verkauf von Betriebsstoffen für Kraftfahrzeuge sowie für den Kleinverkauf von im § 157 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 angeführten Waren;
4.
Verkaufsstellen im Kasernenbereich, die Waren nur an Angehörige des Bundesheeres oder der Bundespolizei und an die in der Kaserne tätigen Bediensteten abgeben ("Marketendereien"), und
5.
der Marktverkehr.

§ 3. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes regeln das Offenhalten der Verkaufsstellen (§ 1). An Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen (§ 7 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes) und an Montagen bis 5 Uhr sind die Verkaufsstellen, soweit sich nicht nach den folgenden Bestimmungen anderes ergibt, geschlossen zu halten.

...

Strafbestimmung

§ 11. Wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes seine Verkaufsstelle nicht geschlossen hält, Waren verkauft, Bestellungen entgegennimmt oder die für seine Verkaufsstelle geltenden Ladenöffnungszeiten nicht kundmacht, ist nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 zu bestrafen. Übertretungen von Verordnungen nach § 5 Abs. 3 sind nach den Bestimmungen des § 27 des Arbeitsruhegesetzes zu bestrafen.

..."

1.1.2. In den Materialien (RV 80 Blg NR 22. GP, 3) wird

Folgendes ausgeführt:

"Der vorliegende Gesetzentwurf enthält folgende wesentliche

Regelungen:

1.1. Bessere Umschreibung des Geltungsbereiches des Gesetzes (§§ 1 bis 3)

Erstmals werden Bestimmungen über Öffnungszeiten im Einzelhandel in einem Gesetz konzentriert. Ausdrücklich wird normiert, dass die Verkaufsstellen an Samstagen nach 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen sowie an Montagen bis 5 Uhr geschlossen zu halten sind, soweit nicht eine Verordnung des Landeshauptmannes anderes vorsieht. Die Verordnungsermächtigung für diesen Zeitraum ist inhaltlich den derzeitigen Verordnungsermächtigungen nach dem Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz-BZG und dem Arbeitsruhegesetz-ARG nachgebildet (§ 5).

Die generellen Ausnahmeregelungen (zB für Gastgewerbe und Tankstellen) werden in einem eigenen Paragraphen (§ 2) besser zum Ausdruck gebracht.

..."

1.2. Die einschlägigen Bestimmungen der GewO 1994 (in der hier maßgebenden Fassung des Anlagenrechtsbereinigungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 15/2006)

lauteten (auszugsweise):

"Sonstige Rechte von Gewerbetreibenden

§ 32. (1) Gewerbetreibenden stehen auch folgende Rechte zu:

...

(2) Bei der Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 müssen der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben. Soweit dies aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, haben sich die Gewerbetreibenden entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen.

...

Gastgewerbe

§ 111. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für


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1.
die Beherbergung von Gästen;
2.
die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.

(2) Keiner Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe bedarf es für

1. den Ausschank und den Verkauf von in handelsüblich verschlossenen Gefäßen abgefüllten Getränken durch zur Ausübung des mit Omnibussen betriebenen Mietwagen-Gewerbes berechtigte Gewerbetreibende an ihre Fahrgäste;

2. die Beherbergung von Gästen, die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, den Ausschank von Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen im Rahmen eines einfach ausgestatteten Betriebes, der in einer für den öffentlichen Verkehr nicht oder nur schlecht erschlossenen Gegend gelegen und auf die Bedürfnisse der Bergsteiger und Bergwanderer abgestellt ist (Schutzhütte);

3. die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden;

4. die Beherbergung von Gästen, wenn nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereitgestellt werden, und die Verabreichung des Frühstücks und von kleinen Imbissen und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen sowie von gebrannten geistigen Getränken als Beigabe zu diesen Getränken an die Gäste;

5. die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken nach Maßgabe des § 143 Z 7 der Gewerbeordnung 1994 in der Fassung vor dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002, wenn die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Zusammenhang mit der Ausübung des Buschenschankes (§ 2 Abs. 9) erfolgt;

6. den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, wenn der Ausschank oder der Verkauf durch Automaten erfolgt.

(3) Unter Verabreichung und unter Ausschank ist jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

(4) Unbeschadet der den Gastgewerbetreibenden gemäß § 32 zustehenden Rechte stehen ihnen noch folgende Rechte zu:


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1.
das Einstellen von Fahrzeugen ihrer Gäste,
2.
das Halten von Spielen,
3.
soweit Gäste beherbergt werden, die Veranstaltung von Ausflugsfahrten für ihre Gäste, sofern es sich dabei nicht um Pauschalreisen im Sinne des § 2 Abs. 1 der Reisebürosicherungsverordnung, BGBl. II Nr. 316/1999, handelt.
4.
während der Betriebszeiten des Gastgewerbebetriebes der Verkauf folgender Waren:
a)
die von ihnen verabreichten Speisen und ausgeschenkten Getränke, halbfertige Speisen, die von ihnen verwendeten Lebensmittel sowie Reiseproviant;
b)
Waren des üblichen Reisebedarfes (zB Treib- und Schmierstoffe, Toiletteartikel, Badeartikel, Fotoverbrauchsmaterial, Ansichtskarten, Lektüre, übliche Reiseandenken);
c)
Geschenkartikel.

(5) Bei der Gewerbeanmeldung (§ 339) ist die Betriebsart zu bezeichnen, in der das Gastgewerbe ausgeübt werden soll. Änderungen der Betriebsart sind der Behörde anzuzeigen.

...

Rechte einzelner reglementierter Gewerbe

§ 150. (1) Bäcker (§ 94 Z 3) sind auch berechtigt, Konditorbackwaren sowie Mehlspeisen (zB Torten) herzustellen. Sie sind weiters berechtigt, in den dem Verkauf gewidmeten Räumen ihre Erzeugnisse - auch garniert als Imbisse - einschließlich der im ersten Satz genannten Produkte zu verabreichen und nichtalkoholische Getränke und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen auszuschenken. Bei Ausübung der Verabreichungs- und Ausschankrechte muss der Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb gewahrt bleiben.

...

(4) Den Fleischern (§ 94 Z 19) stehen auch folgende Rechte zu:

1. das Zubereiten von Fleisch, Fleischwaren und Geflügel in einfacher Art, von Brotaufstrichen, belegten Brötchen und von Salaten,

2. die Verabreichung der in Z 1 genannten Speisen mit den üblichen kalten Beigaben in einfacher Art in den dem Verkauf gewidmeten Räumen,

3. der Verkauf von warmen oder angerichteten kalten Speisen im Umfang der Z 1 und 2,

4. der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen in den dem Verkauf gewidmeten Räumen.

..."

1.3. Im zur hg. Zl. 2008/11/0155 protokollierten Beschwerdefall ist zwar die GewO 1994 bereits idF. der Novelle BGBl. I Nr. 161/2006 von Bedeutung, die hier maßgebenden Bestimmungen erfuhren jedoch gegenüber der unter Pkt. 1.2. wiedergegebenen Fassung keine Änderung.

2. Die Beschwerden sind im Ergebnis begründet.

2.1. In den Beschwerdefällen ist unstrittig, dass die I(...)gmbH über die erforderlichen Berechtigungen für das Bäckergewerbe, für den Lebensmittelkleinhandel und das Gastgewerbe (in der Betriebsform einer Imbissstube) verfügt. Ebenso unstrittig ist, dass das Verkaufslokal im 16. Wiener Gemeindebezirk am und am , jeweils einem Sonntag, geöffnet war und Lebensmittelverkauf an Kunden stattfand (die angefochtenen Bescheide erwähnten "das für den Kleinhandel mit Lebensmitteln übliche Lebensmittelsortiment sowie Backwaren" bzw "Backwaren sowie das für den Kleinhandel mit Lebensmitteln übliche Lebensmittelsortiment").

Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide nicht unmissverständlich auf die Sachverhaltsannahme gestützt, dass die I(...)gmbH das Gastgewerbe im hier relevanten Zeitpunkt überhaupt nicht ausgeübt hätte. Die belangte Behörde ist vielmehr offensichtlich davon ausgegangen, dass es derartiger verneinender Feststellungen nicht bedürfe, weil selbst dann, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Umsatz der I(...)gmbH resultiere zu 15 Prozent aus dem Gastronomiebereich, zuträfe, die Ausnahmebestimmung des § 2 Z. 2 des Öffnungszeitengesetzes nicht zur Anwendung käme und das in Rede stehende Verkaufslokal am sowie am nicht hätte offengehalten werden dürfen.

Für eine Feststellung, derzufolge das Gastgewerbe überhaupt nicht ausgeübt wurde, hätte sich die belangte Behörde im Übrigen ohne Verfahrensmangel auch nicht auf die von ihr wiedergegebenen Angaben des Kontrollorgans in der mündlichen Verhandlung stützen können. Dieser Zeuge konnte sich nicht daran erinnern, ob im Lokal Hocker vorhanden waren, ob auf den Pulten Zuckerstreuer, Serviettenbehälter etc. standen. Er konnte auch nicht angeben, ob im Bereich der Pulte Gegenstände abgestellt waren, die in einem Zusammenhang mit der Ausgabe von Speisen und Getränken stehen konnten und ob dort andere Waren gelagert waren. Nach Vorhalt des vom Beschwerdeführer vorgelegten Planes des Geschäftslokales brachte der Zeuge vor, der Verkaufsraum mit einer Ausstattung laut Plan vermittle eher den Eindruck einer Imbissstube, als es seiner damaligen Wahrnehmung entsprochen habe. Schließlich konnte der Zeuge auch nicht angeben, ob Speisekarten wie vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegt, im Lokal vorhanden waren.

2.2. § 2 Z. 2 des Öffnungszeitengesetzes kann sinnvoll nur so verstanden werden, dass derjenige Warenverkauf vom Geltungsbereich des Gesetzes schlechthin ausgenommen ist, der "im Rahmen eines Gastgewerbes in dem in § 111 Abs. 4 Z 4 GewO 1994 bezeichneten Umfang" erfolgt.

§ 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 berechtigt Gastgewerbetreibende - über die ihnen nach § 32 leg.cit. ohnehin zustehenden Nebenrechte hinaus - zusätzlich, während der Betriebszeiten des Gastgewerbebetriebes näher umschriebene Waren, nämlich "die von ihnen verabreichten Speisen und ausgeschenkten Getränke, halbfertige Speisen und ausgeschenkten Getränke, halbfertige Speisen, die von ihnen verwendeten Lebensmittel sowie Reiseproviant (lit. a), Waren des üblichen Reisebedarfes (lit. b) sowie Geschenkartikel (lit. c)" zu verkaufen. Diese in § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 geregelte spezielle Nebenberechtigung (Verkaufsberechtigung) für das Gastgewerbe ist nicht unbeschränkt, sie steht nämlich nur den Gastgewerbe Treibenden, nur während der Betriebszeiten des Gastgewerbebetriebes und letztlich nur hinsichtlich der taxativ aufgezählten Warengruppen zu.

2.2.1. Die Auffassung der belangten Behörde geht erkennbar dahin, dass in Fällen, in denen der Anteil des Gastgewerbebetriebes an der Gesamttätigkeit des Gewerbetreibenden ein gewisses Ausmaß nicht erreicht (in den angefochtenen Bescheiden ist vom "relevanten Ausmaß" die Rede), in denen also die Verkaufstätigkeit bei weitem im Vordergrund steht, von der Ausübung eines Nebenrechtes, wie es § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 einräumt, von der Ausübung eines Gastgewerbebetriebes nicht gesprochen werden könne.

2.2.2. Diese Auffassung erscheint auf den ersten Blick insofern nicht unvertretbar, weil die GewO 1994 vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 in einzelnen Bestimmungen bei der Umschreibung von Nebenrechten bestimmter Gewerbe ausdrücklich normierte, dass bei der Ausübung dieser Rechte der Charakter des Betriebes gewahrt bleiben müsse.

So sah etwa § 117 Abs. 2 GewO 1994 vor, dass Bäcker auch berechtigt wären, in den dem Verkauf gewidmeten Räumen ihre Erzeugnisse - auch garniert als Imbisse - zu verabreichen und nichtalkoholische Getränke und Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen auszuschenken, dass aber bei Ausübung dieser Rechte "der Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb gewahrt bleiben" müsste (eine ähnliche Regelung enthielt § 118 Abs. 2 GewO 1994 für Konditoren).

Gemäß § 119 Abs. 1 GewO 1994 standen den Fleischern näher umschriebene Rechte zu, darunter diejenigen zur Verabreichung bestimmter Speisen in den dem Verkauf gewidmeten Räumen (Z. 2), zum Verkauf näher bezeichneter Speisen (Z. 3) sowie zum Ausschank bestimmter Getränke in den dem Verkauf gewidmeten Räumen (Z. 4). Allerdings musste gemäß Abs. 2 bei Ausübung dieser Rechte "der Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb gewahrt bleiben".

Nicht zuletzt sah § 144 Abs. 1 GewO 1994 vor, dass Gastgewerbetreibende, die Gäste beherbergten oder Speisen verabreichten und warme und angerichtete kalte Speisen verkauften, berechtigt waren, Waren des üblichen Reisebedarfes, wie Treib- und Schmierstoffe, Toiletteartikel, Badeartikel, Fotoverbrauchsmaterial, Ansichtskarten, übliche Reiseandenken, Geschenkartikel und die in § 158 Z. 3 und 4 bezeichneten Druckwerke zu verkaufen. Gemäß § 144 Abs. 2 waren Gastgewerbetreibende, die Speisen verabreichten und warme und kalte angerichtete Speisen verkauften, auch zum Verkauf von nicht angerichteten kalten Speisen, von halbfertigen Speisen, von Lebensmitteln, die in ihrem Gastgewerbebetrieb verwendet wurden, und von Reiseproviant berechtigt. Bei der Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 und Abs. 2 musste freilich gemäß § 144 Abs. 3 GewO 1994 "der Charakter des Betriebes als Gastgewerbebetrieb gewahrt bleiben" und es durften keine zusätzlichen Hilfskräfte und keine zusätzlichen Räumlichkeiten verwendet werden. Gemäß § 144 Abs. 4 waren Gastgewerbetreibende auch zum Halten von Spielen berechtigt, "wenn der Charakter des Betriebes als Gastgewerbebetrieb gewahrt" blieb.

Die soeben dargestellten Wahrungsklauseln gehen bereits auf die Stammfassung der GewO 1973 zurück. In der RV (395 Blg NR 13. GP, 177) wird zu den Nebenrechten für Fleischer, Bäcker und Zuckerbäcker ausgeführt, die Vorlage vermeide die Ausdrücke "in untergeordnetem" oder "in nebensächlichem Umfang", die zu Auslegungsschwierigkeiten führen könnten. Um zum Ausdruck zu bringen, dass die Nebenrechte nicht die Haupttätigkeit des Fleischers bilden dürfen, werde auf den Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb abgestellt. Zu den Verkaufsrechten der Gastgewerbetreibenden wird (aaO, 215) ausgeführt, diese dürften nur unter Wahrung des Betriebscharakters ausgeübt werden.

2.2.3. Seit der Novelle zur GewO 1994 BGBl. I Nr. 111/2002, mit der die Bestimmungen ua. über das Gastgewerbe neu gefasst wurden (nunmehr §§ 111 ff), fehlen allerdings den früheren Abs. 3 und 4 des § 144 vergleichbare Bestimmungen, wonach die Verkaufsrechte (nunmehr geregelt in § 111 Abs. 4 Z. 4) und das Halten von Spielen (nunmehr § 111 Abs. 4 Z. 2) nur unter Wahrung des Betriebscharakters ausgeübt werden dürfen. Der Entfall derartiger Bestimmungen ist deswegen bedeutsam, weil gemäß § 150 Abs. 1 idF. der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 beim Bäckereigewerbe nach wie vor gefordert ist, dass bei Ausübung der Verabreichungs- und Ausschankrechte der Charakter des Betriebes als Erzeugungsbetrieb gewahrt bleiben muss. Eine derartige Regelung ist nunmehr hingegen auch bei den Fleischern (§ 150 Abs. 4) nicht mehr enthalten (vgl. dazu Kinscher/Paliege-Barfuß , GewO (8. Erg.Lfg. 2009) § 150 Anm. 22, wonach die Novelle 2002 nicht das bisherige Erfordernis der Wahrung des Betriebes als Erzeugungsbetrieb übernommen habe). Die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 geben zu diesen Veränderungen keinerlei Aufschluss.

Der Umstand, dass die Wahrung des Betriebscharakters bei der Ausübung der Verabreichungs- und Ausschankrechte in § 150 Abs. 1 GewO 1994 für das Bäckergewerbe weiterhin gefordert wird, schließt es aus, den Wegfall von dem früheren § 144 Abs. 3 und 4 vergleichbaren Bestimmungen hinsichtlich der Verkaufsrechte der Gastgewerbetreibenden sowie beim Halten von Spielen als gesetzgeberisches Versehen zu qualifizieren (zum Halten von Spielen vgl. Kinscher/Paliege-Barfuß , aaO § 111 Anm 62, wo ausgeführt wird, dass die Novelle 2002 das Recht des Gewerbetreibenden zum Halten von Spielen nicht mehr auf die Wahrung des Charakters des Betriebes als Gastgewerbebetrieb eingeschränkt habe, sodass nur noch zu prüfen sei, ob die Gebrauchsnahme dieses Rechtes mit der Betriebsart des Gastgewerbebetriebes in Einklang gebracht werden kann).

Der Wegfall derartiger Wahrungsklauseln kann auch nicht durch extensive Auslegung des § 32 Abs. 2 GewO 1994 idF. der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 kompensiert werden. Diese Bestimmung sieht nunmehr vor, dass bei der Ausübung der in § 32 Abs. 1 allen Gewerbetreibenden zustehenden Nebenrechte der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben muss (die Materialien sind unergiebig). Wenn § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 davon spricht, dass die Verkaufsrechte "Unbeschadet der den Gastgewerbetreibenden gemäß § 32 zustehenden Rechte" zustehen, so kann § 32 Abs. 2 leg.cit. nicht als Einschränkung dieser speziell für Gastgewerbetreibende vorgesehenen Verkaufsrechte herangezogen werden (in diesem Sinne zum Verhältnis von § 32 Abs. 2 und den in § 150 angeführten Rechten auch Kinscher/Paliege-Barfuß , aaO § 32 Anm 4; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0250).

Im Lichte der bisherigen Darlegungen ist daher davon auszugehen, dass die in § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 umschriebenen Verkaufsrechte schon dann zustehen, wenn das Gastgewerbe tatsächlich betrieben wird. Eine Beschränkung in dem der belangten Behörde vorschwebenden Ausmaß kann § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 vor dem Hintergrund des Wegfalls des früheren § 144 Abs. 3 und 4 nicht entnommen werden.

2.3. Dass die I(...)gmbH am oder am Waren verkauft hätte, die von der in § 111 Abs. 4 Z. 4 GewO 1994 enthaltenen Aufzählung nicht erfasst sind, hat die belangte Behörde nicht dezidiert festgestellt. Auf der Basis der von der belangten Behörde selbst getroffenen Sachverhaltsannahmen erweist sich die rechtliche Beurteilung, die Verkaufstätigkeit der I(...)gmbH am und am sei von der Ausnahmebestimmung des § 2 Z. 2 des Öffnungszeitengesetzes nicht erfasst, als unzutreffend.

2.4. Die angefochtenen Bescheide waren aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

2.5. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am