VwGH vom 26.04.2018, Ra 2018/11/0031

VwGH vom 26.04.2018, Ra 2018/11/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der G F in G, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zl. LVwG-411-58/2017-R5, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit (rechtskräftigem) Mandatsbescheid vom entzog die belangte Behörde der Revisionswerberin die Lenkberechtigung (für die Klasse B) für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab der Abnahme des Führerscheins am . Unter einem wurde die Revisionswerberin u. a. aufgefordert, vor dem Ende des Entziehungszeitraums eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

2 Nach der Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens entzog die belangte Behörde mit Bescheid vom der Revisionswerberin die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

3 Mit nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenem Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Entziehungsbescheid vom ab. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegte (außerordentliche) Revision.

5 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

7 1.1. Das Führerscheingesetz (FSG) lautet (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu

lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. ... .

(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die

Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1

Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde

entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen,

Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche

Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein

neuer Führerschein auszustellen.

... .

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

...

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C(C1), CE(C1E), D(D1) und DE(D1E) nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

(3a) Stellt sich im Laufe des gemäß Abs. 3 durchgeführten Entziehungsverfahrens heraus, dass der Betreffende von Alkohol abhängig ist, ist von einer Anordnung oder Absolvierung der noch nicht durchgeführten Untersuchungen oder Maßnahmen abzusehen. Vor der Wiederausfolgung des Führerscheines oder der Wiedererteilung der Lenkberechtigung nach einer solchen Entziehung hat der Betreffende jedoch alle bereits angeordneten Maßnahmen und Untersuchungen zu absolvieren. Maßnahmen oder Untersuchungen, die anzuordnen gewesen wären, von denen gemäß Satz 1 aber abgesehen wurde, sind von der Behörde anzuordnen und ebenfalls zu absolvieren.

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

..."

8 1.2. Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV)

lautet (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1. ärztliches Gutachten: ein von einem Amtsarzt oder von

einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin gemäß der Anlage erstelltes Gutachten, das in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen, gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt gemäß § 9 FSG oder erforderlichenfalls auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat.

2. fachärztliche Stellungnahme: diese hat ein

Krankheitsbild zu beschreiben und dessen Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen und ist von einem Facharzt des entsprechenden Sonderfaches abzugeben. In dieser ist gegebenenfalls auch die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen.

3. verkehrspsychologische Untersuchung eines Bewerbers um

eine Lenkberechtigung oder eines Führerscheinbesitzers: diese

besteht aus

a) der Prüfung seiner kraftfahrspezifischen

verkehrspsychologischen Leistungsfähigkeit und

b) der Untersuchung seiner Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

...

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum

Lenken von Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten

Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt,

wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das

Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden

Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2. die nötige Körpergröße besitzt,

3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige

kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

(2) Die ärztliche Untersuchung ist in der Regel mit den einem

Arzt für Allgemeinmedizin üblicherweise zur Verfügung stehenden

Untersuchungsbehelfen durchzuführen. Die Untersuchung umfaßt

jedenfalls

1. die Erhebung der Krankheitsgeschichte, bezogen auf die

gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen;

2. den Gesamteindruck - zusammengesetzt aus Motorik, Mimik,

Gestik, Koordination und Sprachvermögen;

3. die Größe und das Gewicht;

4. eine Sehschärfenkontrolle ohne Sehbehelf sowie eine

grobe Überprüfung des Gesichtsfeldes; falls die angegebenen Mindestsehschärfen unterschritten werden, zusätzlich eine Sehschärfekontrolle mit Sehbehelf. Bei Brillenträgern der Gruppe 2 ist die Brillenstärke zu bestimmen; wenn dem sachverständigen Arzt die erforderlichen Untersuchungsbehelfe nicht zur Verfügung stehen, ist eine Brillenglasbestimmung eines Augenoptikers oder ein augenfachärztlicher Befund beizubringen; die Brillenglasbestimmung oder der augenfachärztliche Befund dürfen zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht älter als sechs Monate sein;

5. einen Hörtest mit Konversationssprache (ein Meter für Lenker der Gruppe 1, sechs Meter für Lenker der Gruppe 2);

6. eine Herzkreislaufkontrolle durch Blutdruckmessung und

Pulszählung;

7. eine Kontrolle der Beweglichkeit der Extremitäten

(insbesondere durch Kniebeugen, seitliches Bewegen der Arme,

Griffunktion beider Hände);

8. eine Überprüfung auf Tremor.

(3) Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anläßlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.

...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Mißbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

...

Verkehrspsychologische Stellungnahme

§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen

Untersuchungsstelle gemäß § 3 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein

verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu

verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der

Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder

Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit

oder

2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

...

Verkehrspsychologische Untersuchung

§ 18. (1) Die Überprüfung der einzelnen Merkmale ist nach dem jeweiligen Stand der verkehrspsychologischen Wissenschaft mit entsprechenden Verfahren vorzunehmen. Die Relevanz dieser Verfahren für das Verkehrsverhalten muß durch Validierungsstudien wissenschaftlich nachgewiesen werden.

...

(3) Für die Erfassung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist insbesondere das soziale Verantwortungsbewußtsein, die Selbstkontrolle, die psychische Stabilität und die Risikobereitschaft des zu Untersuchenden zu untersuchen sowie zu prüfen, ob eine Tendenz zu aggressiver Interaktion im Straßenverkehr besteht und ob sein Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweicht. Zur Überprüfung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist neben einem verkehrsbezogenen Persönlichkeitstest auch ein ausführliches Explorationsgespräch durchzuführen. Dieses darf nur von einem gemäß § 20 für Verkehrspsychologie qualifizierten Psychologen geführt werden oder, unter seiner Verantwortung und in seinem Beisein, von einem in Ausbildung zum Verkehrspsychologen befindlichen Psychologen.

...

(5a) Ist eine verkehrspsychologische Stellungnahme nicht schlüssig oder ist sie aus anderen Gründen mangelhaft, so ist sie an die jeweilige Untersuchungsstelle mit dem Auftrag zur Verbesserung zurückzustellen. Diesem Auftrag ist nachzukommen, ohne dass weitere Beträge gemäß § 23 Abs. 3 in Rechnung gestellt werden.

(6) Die für die verkehrspsychologische Untersuchung angewandten Testverfahren müssen dem Stand der Wissenschaft entsprechend als geeignet anerkannt und vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr genehmigt werden.

..."

9 2. Die Revision ist zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis, wie zu zeigen ist, den sich aus der hg. Rechtsprechung ergebenden Anforderungen an die Begründung bei Verneinung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen infolge Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht genügt.

10 3. Die Revision ist auch begründet.

11 3.1. Das Verwaltungsgericht begründete das angefochtene Erkenntnis, ohne dabei die Wiedergabe des Verfahrensganges, die Sachverhaltsfeststellung sowie die Beweiswürdigung zu trennen, im Wesentlichen wie folgt:

12 Die Revisionswerberin habe am ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,88 mg/l) gelenkt. Trotz massiven vorhergehenden Alkoholkonsums habe sie sich in der Lage gefühlt, ein Kraftfahrzeug zu lenken, wobei sie ihren Sohn auf dem Rücksitz mitgeführt habe. Bei der Anhaltung durch die Organe der Polizei habe sie einen beeinträchtigten Eindruck gemacht (laut Polizeibericht: deutlicher Alkoholgeruch, deutlich schwankender Gang, Sprache verändert, Benehmen enthemmt, leichte Bindehautrötung).

13 Nach einer Untersuchung beim Amtsarzt der belangten Behörde am sei am eine verkehrspsychologische Untersuchung der Revisionswerberin erfolgt. In der Zusammenfassung der verkehrspsychologischen Stellungnahme (Mag. B.) sei ausgeführt worden, dass "im Hinblick auf die explorativ erfassten Hinweise auf das aktuell nicht angemessen hinterfragte und dementsprechend nicht veränderte Trinkverhalten" in Verbindung mit "Mehrfachhinweisen auf Bagatellisierung/Beschönigung" bzw. mangels Offenheit nicht interpretierbarer Persönlichkeitsbefunde die angegebenen Strategien zur Vermeidung weiterer Alkoholdelikte als unzureichend zu bewerten wären. Es wäre "derzeit" ein enormes Risiko der Beibehaltung bisheriger Verhaltensweisen und damit der "Wiederauffälligkeit" im Straßenverkehr gegeben. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Untersuchungszeitpunkt wäre nicht ausreichend. Die Revisionswerberin wäre aus verkehrspsychologischer Sicht zum Zeitpunkt der Untersuchung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B nicht geeignet.

14 Im amtsärztlichen Gutachten vom sei die Revisionswerberin als gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 nicht geeignet befunden worden. Dies sei damit begründet worden, dass die Revisionswerberin schon in der amtsärztlichen Untersuchung vom den "Vorfall" bagatellisiert hätte. In der verkehrspsychologischen Untersuchung hätte sich eine unterdurchschnittliche Offenheit gezeigt. Die Revisionswerberin hätte den Alkoholüberkonsum am als Ausnahme erklärt. Es zeigten sich eine Bagatellisierungstendenz und Verdrängungsmechanismen. Verhaltensänderungen wären weder geplant noch umgesetzt worden. Aus diesem Grund bestünde ein erhöhtes Risiko einer wiederholten Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs in alkoholisiertem Zustand.

15 In einer ergänzenden Stellungnahme vom habe der Amtsarzt der belangten Behörde ausgeführt, es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der Revisionswerberin eine Alkoholerkrankung vorläge, weshalb eine Zuweisung zu einem Facharzt für Psychiatrie nicht erforderlich erschienen wäre. Es bestünde der dringende Verdacht der fehlenden Einsichtigkeit und damit mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, insbesondere in den Bereichen Selbstwahrnehmung, Selbstkontrolle und Risikobereitschaft. Dieser Verdacht stützte sich besonders auch auf die Tatsache, dass die Revisionswerberin ihren Alkoholkonsum, sowohl zum Tatzeitpunkt als auch generell, "sichtlich" bagatellisierte. Die von der Revisionswerberin laut Polizeibericht angegebene Trinkmenge korrelierte nicht mit der gemessenen Alkoholisierung. Die Angaben der Revisionswerberin im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung hätten anders gelautet, ihre Angaben zum Alkoholkonsum wären "überhaupt fragwürdig".

16 Trotz des massiven Alkoholkonsums am Vorfallstag hätte sich die Revisionswerberin fähig gefühlt, ein Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen und mit ihrem Sohn auf dem Rücksitz die Heimfahrt anzutreten. Die Angabe, ein Bier alle sechs Monate zu trinken, stünde in krassem Widerspruch zur Trinkmenge und zum Grad der Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt, zur Fähigkeit der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs trotz der hohen Alkoholisierung, zur Tatsache, dass sie keine Bedenken gehabt hätte, ihren elfjährigen Sohn auf dem Rücksitz mitzuführen, sowie zur Tatsache, dass sie bei der Anhaltung "noch in einer relativ guten Verfassung" gewesen wäre.

17 Nur bei einer "schon vorhandenen Alkoholtoleranz (d.h. einer Alkoholgewöhnung durch einen länger bestehenden regelmäßigen und erhöhten Alkoholkonsum)" ließe sich die relativ geringe Beeinträchtigung am Tag der Anhaltung erklären. Bei der Revisionswerberin bestünde eine Alkoholtoleranz, daraus könnte ein mangelndes Problembewusstsein und eine mangelnde Einsicht hergeleitet werden.

18 Das Verwaltungsgericht gab weiters die schriftliche Fassung des in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen (Dris. G) wieder. In dessen Zusammenfassung wurde ausgeführt, die verkehrspsychologische Stellungnahme vom sei in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Revisionswerberin wäre es nicht möglich, "durch die vorgelegte verkehrspsychologische Untersuchung ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nachzuweisen, weshalb die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen als Ganzes zu verneinen" wäre.

19 In weiterer Folge führte das Verwaltungsgericht aus, entgegen dem Beschwerdevorbringen sei in der verkehrspsychologischen Stellungnahme von einer Alkoholerkrankung der Revisionswerberin nicht die Rede. Auch das amtsärztliche Gutachten habe ausdrücklich festgestellt, dass sich keine Anhaltspunkte für eine Alkoholerkrankung der Revisionswerberin ergeben hätten. Es habe folglich keiner Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie bedurft.

20 Das Verwaltungsgericht sehe keinen Grund, der Beurteilung des Amtsarztes der belangten Behörde und des ärztlichen Amtssachverständigen Dr. G nicht zu folgen, derzufolge die verkehrspsychologische Stellungnahme in sich schlüssig und nachvollziehbar wäre. So sei es insbesondere plausibel, dass die Verkehrspsychologin einen Hinweis auf eine "erhöhte Alkoholgewöhnung" darin sehe, dass sich die Revisionswerberin trotz des massiven Alkoholkonsums am Deliktstag in der Lage gesehen hätte, ein Kraftfahrzeug zu lenken und dabei ihren elfjährigen Sohn auf dem Rücksitz mitzuführen, und dazu auch "motorisch" fähig gewesen wäre. Wenn die Revisionswerberin dagegen ins Treffen führe, dass sie nach diesem überhöhtem Alkoholkonsum gravierende gesundheitliche Probleme gehabt hätte und ihr tagelang schlecht gewesen wäre, so sei ihr die überzeugende Stellungnahme der Verkehrspsychologin entgegenzuhalten, dass dann, wenn es sich um einen einmaligen "Ausrutscher" gehandelt hätte, nicht nur mit Übelkeit am nächsten Tag zu rechnen gewesen wäre, sondern "mit Einschlafen übergehend in Bewusstlosigkeit, jedenfalls mit keiner ausführbaren Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges". Gestützt werde diese Auffassung auch durch die Ausführungen des Amtsarzts der belangten Behörde, dass sich nur bei schon vorhandener "Alkoholtoleranz" die relativ geringe Beeinträchtigung der Revisionswerberin "am Tag der Anhaltung" erklären ließe. Der medizinische Amtssachverständige Dr. G hätte ebenfalls erklärt, dass die hohe Alkoholisierung zum Fahrzeitpunkt und die Tatsache, dass die Revisionswerberin trotzdem in der Lage gewesen wäre, ein Kraftfahrzeug zu lenken, ein Indiz für "eine gewisse Gewöhnung an hohe Alkoholspiegel" wäre.

21 Das Verwaltungsgericht könne auch keine Unschlüssigkeit darin erblicken, dass die Verkehrspsychologin Bagatellisierungstendenzen und Verdrängungsmechanismen diagnostiziert habe, "welche die erforderliche selbstreflexive stabile Verhaltensmodifikation bisher verhindert haben dürfte", weshalb sie bei der Revisionswerberin "im Ergebnis keine ausreichend tragfähigen Strategien hinsichtlich der Bewältigung von zukünftigen Trink-Fahrkonflikten im Sinne einer ausreichenden Selbstkontrolle und -verantwortung" erkannt habe.

22 In einem von der Revisionswerberin im Beschwerdeverfahren vorgelegten internistischen Gutachten Dris. L vom werde zwar ausgeführt, dass bei der Revisionswerberin internistisch absolut kein Hinweis auf eine aktuelle oder frühere Alkoholkrankheit und kein Hinweis für Alkoholüberkonsum vorhanden wäre. Sämtliche durchgeführten Untersuchungen zeigten nicht einen einzigen Hinweis auf ein bestehendes Alkoholproblem, sodass ein solches aus Sicht des Gutachters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnte. Der vom Verwaltungsgericht beigezogene medizinische Amtssachverständige (Dr. G) habe zu diesem Gutachten ausgeführt, es bestätigte die Aussage des Amtsarztes der belangten Behörde, dass bei der Revisionswerberin keine Alkoholkrankheit bzw. Alkoholabhängigkeit vorläge und dass in einem Zeitraum vor der internistischen Begutachtung "nicht regelmäßig größere Mengen Alkohol" konsumiert worden wären, weil in der Begutachtung keine Leberschädigung, Blutbildveränderung oder sonstige "Auffälligkeit im Blut (auf CDT-Wert)" feststellbar gewesen wäre, die auf eine Alkoholkrankheit hindeuteten. Die isolierte Bestimmung der Laborwerte und die klinische Untersuchung durch Dr. L könnten jedoch "einen sporadischen Alkoholmissbrauch auch von größeren Mengen nicht entdecken". Eine nervenfachärztliche Begutachtung beurteile, so Dr. G, den medizinischen Aspekt der Lenkeignung, eine verkehrspsychologische Untersuchung hingegen die psychologische Eignung, im vorliegenden Fall die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.

23 Das Verwaltungsgericht schließe sich den nachvollziehbaren Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen an. Das vorgelegte internistische Gutachten sei nicht geeignet, die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung und das amtsärztliche Gutachten zu widerlegen.

24 Die belangte Behörde sei zurecht davon ausgegangen, dass bei der Revisionswerberin wegen des Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht vorliege.

25 3.2. Die Revision bringt im Wesentlichen vor, dass die verkehrspsychologische Stellungnahme, das Gutachten des Amtsarztes der belangten Behörde und das Gutachten des vom Verwaltungsgericht herangezogenen Amtssachverständigen inkonsistent seien und auf nicht nachvollziehbaren Sachverhaltsannahmen beruhten und das Verwaltungsgericht einer klaren Feststellung, ob die Revisionswerberin an Alkohol gewöhnt sei, weil sie regelmäßig größere Alkoholmengen trinke, ausgewichen sei.

26 Im Ergebnis zeigt sie damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

27 3.3.1.1. Zu beachten ist zunächst Folgendes:

28 § 24 Abs. 3 erster Satz FSG sieht vor, dass bei einer Entziehung oder nachträglichen Einschränkung einer Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (wie eine Nachschulung) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung des Betreffenden anordnen kann, letzteres freilich nur dann, wenn Anhaltspunkte für eine nicht uneingeschränkte gesundheitliche Eignung bestehen. Für bestimmte Konstellationen gibt § 24 Abs. 3 zweiter Satz FSG zwingend vor, dass eine Nachschulung anzuordnen ist. Im Falle einer Entziehung wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 (maW bei Begehung eines schweren Alkoholdelikts) gibt § 24 Abs. 3 fünfter Satz FSG darüber hinaus vor, dass die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens sowie die Beibringung einer (als Grundlage für das Gutachten dienenden) verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen ist.

29 Wie sich aus § 26 Abs. 2 Z 1 FSG ergibt, ist bei erstmaliger Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen. Zu den in § 99 Abs. 1 StVO 1960 geregelten Delikten zählt u.a. das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

30 Eine Zusammenschau des § 24 Abs. 3 und des § 26 Abs. 2 FSG zeigt, dass der Gesetzgeber zwar davon ausgeht, dass jemand, der ein Alkoholdelikt nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begeht, selbst bei erstmaliger Begehung für die Dauer von mindestens sechs Monaten als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist, hingegen ungeachtet eines (erstmaligen) Lenkens mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l (oder mehr) nicht davon ausgeht, dass dem Betreffenden schon wegen der - voraussetzungsgemäß - hohen Alkoholisierung beim Lenken eines Kraftfahrzeugs die gesundheitliche Eignung fehlt. Das FSG und die FSG-GV lassen vielmehr erkennen, dass eine derartige Alkoholisierung zunächst nur Bedenken am Bestehen der gesundheitlichen Eignung begründet, weshalb diesen Bedenken zwingend durch Einholung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachten nachzugehen ist.

31 3.3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die in § 1 Z 3 lit. b, § 2 Abs. 2, § 17 Abs. 1 Z 2 und § 18 Abs. 3 und 4 FSG-GV genannte Bereitschaft zur Verkehrsanpassung als Teil der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu verstehen (vgl. z.B. mwN), die ihrerseits eine unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung (vgl. § 3 Abs. 1 Z 3 FSG) und für die Beibehaltung (vgl. § 24 Abs. 1 FSG) einer Lenkberechtigung ist.

32 Die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wird zwar in der FSG-GV nicht definiert, aus § 17 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV ergibt sich aber hinlänglich, dass von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden kann, bei dem es zu relativ schwerwiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu mehreren Vorentziehungen geführt hat (vgl. ; , 2002/11/0231; , 2005/11/0148; , 2006/11/0042; , 2012/11/0172).

33 Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters betont, dass die Behörde das Bestehen oder Nichtbestehen der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen hat (vgl. ). Diese Judikatur ist auf die Verwaltungsgerichte bei Entscheidungen über Beschwerden zu übertragen.

34 Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt hervorgehoben, dass eine völlige Alkoholabstinenz weder im FSG noch in der FSG-GV für die Bejahung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gefordert sei. Alkoholkonsum ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen schließe demnach die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung per se nicht aus. Es bedürfe vielmehr konkreter Umstände, die den Schluss zulassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen, m. a.W es sei konkret zu befürchten, dass er in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde (vgl. ; , 2002/11/0231; , 2004/11/0121; , 2005/11/0148; , 2006/11/0042; , 2008/11/0021; , 2012/11/0172). Als entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol hat es der Verwaltungsgerichtshof angesehen, dass der Betreffende - sei es aus Verantwortungsbewusstsein oder aufgrund der Furcht vor Bestrafung und Verlust der Lenkberechtigung - den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kraftfahrzeugs vermeidet oder zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist (vgl. ; , 2012/11/0172).

35 Was das Zusammenwirken von verkehrspsychologischer Stellungnahme und amtsärztlichem Gutachten anlangt, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich das amtsärztliche Gutachten, wenn es sich auf die Stellungnahmen von verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen stützt, mit diesen Stellungnahmen - nachvollziehbar - auseinanderzusetzen hat (vgl. mwN), wobei negative verkehrspsychologische Stellungnahmen nicht zwingend zu dem Gutachtensergebnis führen müssen, dem Betreffenden fehle die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl. ; , Ra 2015/11/0120). Die verkehrspsychologische Stellungnahme habe vielmehr nur eine Hilfsfunktion für die ärztliche Beurteilung im Rahmen des erforderlichen amtsärztlichen Gutachtens. Weder komme den verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen eine Monopolstellung in Ansehung der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung zu, noch seien Ausführungen einer verkehrspsychologischen Stellungnahme einer näheren Beurteilung durch Ärzte, insbesondere Fachärzte, entzogen (vgl. ; , Ra 2015/11/0120).

36 3.3.2. Für den Revisionsfall ergibt sich vor diesem Hintergrund Folgendes:

37 3.3.2.1. Das Verwaltungsgericht stützt seine Entscheidung auf die von ihm als schlüssig erachteten gutachterlichen Stellungnahmen (einschließlich deren Ergänzungen) der Verkehrspsychologin, des Amtsarztes der belangten Behörde sowie des vom Verwaltungsgericht beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen. Es übernimmt andererseits deren Einschätzung, dass bei der Revisionswerberin weder Hinweise auf eine aktuelle Alkoholabhängigkeit (vgl. § 14 Abs. 1 FSG-GV) noch auf eine in der Vergangenheit liegende Alkoholabhängigkeit bzw. einen gehäuften Missbrauch von Alkohol (vgl. § 14 Abs. 5 FSG-GV) vorlägen, weshalb die Einholung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme nicht erforderlich gewesen sei. Es übernimmt weiters deren Einschätzung, dass die Revisionswerberin - zumindest vor dem Vorfall am - Alkohol in höherem Ausmaß konsumiert habe, als sie selbst angegeben habe, dieser Alkoholkonsum in höherem Ausmaß eine Gewöhnung an Alkohol bewirkt habe und wegen der Bagatellisierung ihres Konsums und ihrer mangelnden Offenheit und Problemeinsicht insgesamt von einer fehlenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung auszugehen sei.

38 Die Revision hält dem zusammengefasst entgegen, die Annahme eines höheren als zugestandenen Alkoholkonsums sei nicht nachvollziehbar bzw. mit Verfahrensfehlern behaftet, weshalb auch die darauf basierende Einschätzung der Bagatellisierung und Uneinsichtigkeit nicht tragfähig sei.

39 3.3.2.2. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom ist von Hinweisen auf problematischen Umgang mit Alkohol mit erhöhter Alkoholtoleranz die Rede, die erhöhte Alkoholgewöhnung passe nicht zu den Trinkangaben der Revisionswerberin. Das Gutachten des Amtsarztes der belangten Behörde vom spricht von objektiven Anzeichen einer Trinkgewöhnung, führt diese aber nicht näher aus. Erst die ergänzende amtsärztliche Stellungnahme vom wird deutlicher. Darin wird ausgeführt, dass nur bei vorhandener Alkoholtoleranz (Alkoholgewöhnung durch länger bestehenden regelmäßigen und erhöhten Alkoholkonsum) die relativ geringe Beeinträchtigung der Revisionswerberin bei der polizeilichen Anhaltung erklärbar sei. Nähere Angaben zum angenommenen Alkoholkonsum der Revisionswerberin sind auch daraus nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die ergänzende Stellungnahme der Verkehrspsychologin vom . Aus dem Umstand, dass die Revisionswerberin am Tattag trotz der hohen Alkoholkonzentration noch "erfolgreich" habe fahren können und nicht etwa eingeschlafen sei, wird gefolgert, dass eine erhöhte Alkoholgewöhnung vorliege. Konkrete Angaben über den angenommenen Alkoholkonsum der Revisionswerberin fehlen auch im Gutachten des vom Verwaltungsgericht beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen (diese Gutachten behandelt primär die Schlüssigkeit der Ausführungen der Verkehrspsychologin und des Amtsarztes der belangten Behörde), es wird nur ausgeführt, die hohe Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt und die Tatsache, dass die Revisionswerberin trotzdem in der Lage gewesen sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken, sei ein "Indiz für eine gewisse Gewöhnung an erhöhte Alkoholspiegel".

40 In dem von der Revisionswerberin vorgelegten internistischen Gutachten Dris. L vom ist davon die Rede, die "mitgebrachten" Laborwerte von 2013, 2015 und 2016 zeigten "durchwegs keinen Hinweis für einen Alkoholüberkonsum bei niedrig normalen Leberwerten, normalen Triglyceriden und normalem MCV-Wert". Alle drei Werte hätten im Hinblick auf Alkoholüberkonsum eine klare Aussagekraft, sie seien durchwegs im niederen Normbereich gewesen. Es hätten sich auch in den aktuell durchgeführten Untersuchungen "völlig normale Leberwerte, ein völlig normaler MCV-Wert (ein hämatologischer Blutwert, der bei Alkoholüberkonsum in der Regel überhöht ist), eine niedrige Harnsäure, sowie ein Blutalkoholspiegel von 0,0 Promille" ergeben. Zusätzlich sei "der sogenannte Ferritinwert (Speichereisen v.a. in der Leber) im unteren Normgrenzbereich" gewesen, "bei Alkoholüberkonsum" sei "dieser fast immer überhöht". Noch viel aussagekräftiger sei, so Dr. L, "der sogenannte CDT-Wert, der eine Alkoholkrankheit in der Regel überführt, er zeigt den Alkoholkonsum der letzten 12 Wochen kumulativ an". Da vom Zeitpunkt des Gutachtenauftrags bis zum Gutachten nur eine Woche gelegen sei, wäre der Wert auch nicht manipulierbar gewesen. Er liege unter dem messbaren Bereich, "was einen Alkoholkonsum in den letzten Wochen praktisch definitiv ausschließt". Somit finde sich "im breiten Mosaik der alkoholhinweisenden Befunde nicht ein einziger Hinweis über einen längeren Zeitraum".

41 Diese Ausführungen wurden vom Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis nicht vollständig wiedergegeben, obwohl sie zu den Annahmen des Amtsarztes der belangten Behörde zu einem länger bestehenden und erhöhten Alkoholkonsum zumindest in einem Spannungsverhältnis stehen. Die vom Verwaltungsgericht übernommenen Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen, die isolierte Bestimmung der Laborwerte und die klinische Untersuchung durch Dr. L könnten einen sporadischen Alkoholmissbrauch auch von größerem Ausmaß nicht entdecken, stellt angesichts der detaillierten Ausführungen Dris. L jedenfalls keine ausreichend begründete Auseinandersetzung mit diesen dar. Es wäre Sache des Verwaltungsgerichtes gewesen, auf eine solche zu dringen.

42 Dieser fehlenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen Dris. L sowie der fehlenden Konkretisierung des amtsärztliche Gutachtens kommt insofern Relevanz zu, als die angenommene fehlende Bereitschaft der Revisionswerberin zur Verkehrsanpassung letztlich wesentlich mit ihrer Bagatellisierung und Uneinsichtigkeit hinsichtlich des - von der Verkehrspsychologin und dem Amtsarzt der belangten Behörde für offenbar gegeben erachteten - erhöhten Alkoholkonsums begründet wird.

43 3.3.2.3. Hinzu kommt, dass sowohl die verkehrspsychologische Stellungnahme als auch das Gutachten des Amtsarztes der belangten Behörde auch in anderer Hinsicht nicht tragfähig sind.

44 Wie oben (Punkt 3.3.1.) ausgeführt, darf die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur dann verneint werden, wenn - im Zeitpunkt der Entscheidung - konkret zu befürchten ist, dass der Betreffende in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr teilnehmen werde.

45 Zum einen fehlt in der verkehrspsychologischen Stellungnahme wie im Gutachten des Amtsarztes eine Bezugnahme auf einen erfahrungswissenschaftlichen Satz, demzufolge jemand, der einmal in stark alkoholisiertem Zustand (wie die Revisionswerberin) ein Kraftfahrzeug gelenkt hat und sich wie die Revisionswerberin verantwortet, dies auch künftig tun werde. Die Verkehrspsychologin spricht einerseits vage davon, dass sie Bagatellisierungstendenzen und Verdrängungsmechanismen diagnostiziert habe, welche die erforderliche stabile Verhaltensmodifikation bisher vermieden haben "dürfte" (sic!), geht aber andererseits ungeachtet dieser bloßen Vermutung von einem "enormen" Risiko der Beibehaltung bisheriger Verhaltensweisen und damit der Wiederauffälligkeit im Straßenverkehr aus. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass, wie oben (Punkt 3.3.1.) dargelegt, für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol ausschlaggebend ist, dass der Betreffende - sei es aus Verantwortungsbewusstsein oder aufgrund der Furcht vor Bestrafung und Verlust der Lenkberechtigung - den Konsum von Alkohol vor dem Lenken eines Kraftfahrzeugs vermeidet oder zumindest so weit einschränkt, dass er durch den Alkoholkonsum beim Lenken nicht beeinträchtigt ist (vgl. ; , 2012/11/0172). Die verkehrspsychologische Stellungnahme lässt nicht erkennen, dass ihr dieser Maßstab zugrundegelegt worden wäre. Diese Mängel wurden auch durch das Gutachten des Amtsarztes der belangten Behörde nicht saniert, der in seiner ergänzenden Stellungnahme nur von einem dringenden "Verdacht der fehlenden Einsichtigkeit und damit mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung" spricht.

46 Zum anderen ergibt sich einerseits aus den Akten des Verfahrens, dass die Revisionswerberin in der Zeit vom 22. Juni bis an einer Nachschulung teilgenommen hat, andererseits aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, dass sie laut einer Bestätigung vom fünf Einzelsitzungen bei einer Psychologin absolviert und bei der Suchtfachstelle der Caritas eine Beratung in Anspruch genommen hat.

47 3.3.2.4. Vor diesem Hintergrund fehlt eine nachvollziehbare, auf eine ergänzende amtsärztliche Stellungnahme gestützte Begründung, weshalb auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses, mithin 10 Monate nach dem Lenken in alkoholisiertem Zustand, konkret zu befürchten ist, die Revisionswerberin, von der nicht einmal festgestellt wird, dass sie seit diesem Vorfall Alkohol konsumiert hätte, werde in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenkerin eines Kraftfahrzeugs am Straßenverkehr teilnehmen.

48 3.4. Das angefochtene Erkenntnis war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

49 4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110031.L00

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