VwGH vom 04.08.2005, 2005/17/0056
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des WG in N, vertreten durch Mag. DDr. Ingeborg Guhswald, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Neue-Welt-Gasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/53/9485/2004/2, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug am um 19.22 Uhr in Wien 9, Universitätsstraße 1 (Nebenfahrbahn), in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, weil sich im Fahrzeug Parkscheine, gültig jeweils für eine Stunde, mit den Entwertungen , 16.30 Uhr bzw.
17.30 Uhr, befunden hätten und die Parkzeit somit überschritten worden sei. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz, LGBl. für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung, verletzt, weswegen über ihn gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz eine Geldstrafe von EUR 35,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) sowie EUR 3,50 an Kostenersatz verhängt wurden.
Begründend wurde ausgeführt, die Bezirksgrenzen ergäben sich nach dem Bezirkseinteilungsgesetz 1954. Nach diesem sei die Universitätsstraße 1 an der Grenze vom 1. zum
9. Wiener Gemeindebezirk gelegen. Die Häuserzeile entlang der Universitätsstraße 1 stadtauswärts sei dem
1. Wiener Gemeindebezirk zugeordnet, während dessen Gehsteig sowie Fahrbahn bereits dem 9. Wiener Gemeindebezirk zugehörig seien. Der Abstellort habe sich daher außerhalb des für den
1. Wiener Gemeindebezirk kundgemachten Kurzparkzonenbereiches befunden. Dies sei an allen Ausfahrtsstellen mit Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) gekennzeichnet. Eine Orientierung an der Bezirksangabe der in Wien 9., Universitätsstraße 1, angebrachten Straßenschilder sei daher zur Eruierung der am Abstellort geltenden Kurzparkzonendauer nicht geeignet gewesen. Die Gültigkeit der in Wien 9., Universitätsstraße Nr. 1 (Nebenfahrbahn) kundgemachten Kurzparkzone sei vielmehr den dort aufgestellten Verkehrszeichen zu entnehmen gewesen. Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt in einer ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone mit Gültigkeit "Mo - Fr. (werktags) von 9:00 - 20:00 Uhr" befunden. Die verhängte Geldstrafe sei durch ihre Höhe geeignet, den Beschwerdeführer wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte im Wesentlichen aus, es sei ihm nicht zumutbar gewesen zu wissen, dass der Gehsteig sowie die Fahrbahn der Universitätsstraße bereits dem 9. Wiener Gemeindebezirk zuzuordnen seien. Er habe sich vielmehr an dem seinem Fahrzeug nächstgelegenen, am Gebäude (Universitätsstraße 1) montierten Straßenschild orientiert, das den 1. Wiener Gemeindebezirk ausgewiesen habe. Der Beschwerdeführer vergewissere sich stets genauestens, wo er seinen PKW abstelle, es könne ihm aber als (ortsunkundigem) Niederösterreicher nicht zugemutet werden zu wissen, dass es sich, obwohl das "amtliche" Straßenschild den
1. Bezirk ausweise, tatsächlich um den 9. Wiener Gemeindebezirk handle. Es sei für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen, dass er sein Fahrzeug im 9. Wiener Gemeindebezirk abgestellt habe. Auch wenn die Kurzparkzonen ordnungsgemäß kundgemacht worden seien, seien jeweils die für die Bezirke gültigen Zeiten heranzuziehen und dies sei für den 1. Bezirk flächendeckend die Zeit bis 19.00 Uhr.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die belangte Behörde führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der anzuwendenden Normen begründend aus, der Fahrzeuglenker habe auf Grund der zur Erlangung der Lenkberechtigung erforderlichen Ausbildung wissen müssen, dass lediglich den in der Straßenverkehrsordnung angeführten Verkehrszeichen, nicht jedoch Straßenschildern dahingehend Bedeutung zukomme, welche Ge- oder Verbote der Fahrzeuglenker an der konkreten Örtlichkeit einhalten müsse. Da der Beschwerdeführer eingeräumt habe, in eine ordnungsgemäß gekennzeichnete Kurzparkzone eingefahren zu sein, müsse er sich auch über den zeitlichen Geltungsbereich dieser Kurzparkzone im Klaren sein. Dass sich der Beschwerdeführer hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereiches der Kurzparkzone an dem auf der Seite des Abstellortes des Fahrzeuges gelegenen Gebäude (Universität Wien) angebrachten Straßenschild orientiert habe, stelle lediglich einen das Verschulden nicht ausschließenden Rechtsirrtum dar, keinesfalls jedoch einen Schuldausschließungsgrund, weshalb auch die subjektive Tatseite als erwiesen anzusehen sei. Auch gegen die Strafbemessung der Erstbehörde bestehe kein Einwand. Die Strafe bewege sich im Verhältnis zum gesetzlichen Rahmen ohnehin im untersten Bereich. Eine Strafherabsetzung sei im Hinblick auf die damit verbundene negative Präzedenzwirkung für andere Normadressaten nicht angezeigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht verletzt, nicht wegen Übertretung des Wiener Parkometergesetzes bestraft zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bestreitet der Beschwerdeführer nicht, sein mehrspuriges Kraftfahrzeug zur Tatzeit am bezeichneten Ort in einer ordnungsgemäß kundgemachten gebührenpflichtigen Kurzparkzone im 9. Wiener Gemeindebezirk abgestellt zu haben. Er behauptet allerdings, einem das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum unterlegen zu sein. Er habe als Fahrzeuglenker die ihm zumutbare Sorgfalt aufgewendet und kein rechtswidriges Verhalten an den Tag gelegt. Die detaillierte Kenntnis des Bezirkseinteilungsgesetzes könne dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden. Es müsse auch nicht angenommen werden, dass die tatsächliche Bezirkseinteilung von "amtlichen Straßenschildern" abweiche.
Art. I der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom , betreffend Kurzparkzonen im
9. Wiener Gemeindebezirk (Innere Stadt), MA 46-V9-4628/00, lautet:
"Gemäß § 25 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 lit. b iVm § 94d Z 1b und 4 der StVO 1960 wird verordnet:
(1) Für nachstehende Gemeindestraßen im 1. und
9. Wiener Gemeindebezirk wird in dem angegebenen Bereich Mo. - Fr. (w) von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr die zulässige Parkdauer auf zwei Stunden festgesetzt. (Kurzparkzone)
- Universitätsstr. 1 und gegenüber
(2) Die bestehende Kurzparkzone in Wien 1, Universitätsstr. 1 wird aufgehoben und entfernt."
Art. II der genannten Verordnung lautet:
"(1) Diese Verordnung wird durch Anbringung bzw. Entfernung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen am kundgemacht und tritt mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. "
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, müssen Fahrzeuglenker auf Grund der zur Erlangung der Lenkerberechtigung erforderlichen Ausbildung wissen, dass lediglich den in der Straßenverkehrsordnung angeführten Verkehrszeichen, nicht jedoch Straßenschildern dahingehend Bedeutung zukommt, welche Ge- oder Verbote der Fahrzeuglenker an der konkreten Örtlichkeit einhalten muss. Unbestritten ist, dass die gegenständliche Kurzparkzone mit Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z 13d StVO "Kurzparkzone gebührenpflichtig Mo. - Fr. (w) 9 - 20 Uhr" und Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z 13e StVO "Ende der Kurzparkzone gebührenpflichtig Mo. - Fr. (w) 9 - 20 Uhr" gekennzeichnet war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es dann, wenn von der Kurzparkzone ein größeres Gebiet erfasst werden soll, dass an allen Ein- und Ausfahrtsstellen Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z 13d und 13e StVO angebracht sind. Ist diese Kennzeichnung erfolgt, so sind von der Kurzparkzone alle Straßen in dem von diesen Vorschriftszeichen umgrenzten Gebiet erfasst. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 8894, ist eine über die Kennzeichnung der Kurzparkzone durch die genannten Vorschriftszeichen hinausgehende Kenntlichmachung der Kurzparkzone zur Gesetzmäßigkeit der Kundmachung nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0333, mwN).
Zur Kundmachung der Verordnungen über die Einrichtung flächendeckender Kurzparkzonen sei darauf hingewiesen, dass diese Verordnungen gerade dann rechtmäßig kundgemacht sind, wenn sie nicht entlang den die Bezirke begrenzenden Straßenzügen, sondern durch Vorschriftszeichen an den Ein- und Ausfahrten in die und aus den jeweiligen Bezirken gekennzeichnet werden. Wenn nun Kurzparkzonen in den "Grenzstraßen", soweit dies notwendig ist, aus den flächendeckenden Kurzparkzonen ausgenommen und eigens verordnet sowie entlang diesen Straßen durch Vorschriftszeichen kundgemacht werden, so sind gegen diese Vorgangsweise keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0172, mwN).
Die Unkenntnis einer Norm kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn einer Person die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach den Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. War die gebührenpflichtige Kurzparkzone gesetzmäßig durch Straßenverkehrszeichen kundgemacht, so durfte dem, wenn auch nicht ortskundigen, Beschwerdeführer als aufmerksamen Verkehrsteilnehmer beim Vorbeifahren an einem solchen Verkehrszeichen die Gebührenpflicht bei Aufwendung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt nicht entgehen. Die Kenntnis der nach den Parkgebührenvorschriften gegebenen Gebührenpflicht war ihm daher bei Inanspruchnahme des in Rede stehenden Parkplatzes zuzumuten. War dem Beschwerdeführer das rechtmäßig aufgestellte Straßenverkehrszeichen mit der Kundmachung der Gebührenpflicht jedoch entgangen, dann müssten Gründe vorliegen, die eine solche mangelnde Aufmerksamkeit entschuldigten. Dass der Beschwerdeführer bei seiner Interpretation des zeitlichen Geltungsbereiches der Kurzparkzone der Tafel mit der Bezirks- und Straßenbezeichnung an dem seinem Abstellort nächstgelegenen Gebäude mehr Bedeutung zugemessen hat als den bei der Einfahrt zur Universitätsstraße aufgestellten Verkehrszeichen im Sinne des § 52 lit. a Z 13d StVO, stellt, wie die belangte Behörde mit Recht festgestellt hat, keinen besonderen oder außergewöhnlichen Umstand dar, nach welchem die Unkenntnis der Gebührenpflicht als entschuldigt angesehen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0178, mwN).
Die Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am