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VwGH vom 01.07.2005, 2005/17/0051

VwGH vom 01.07.2005, 2005/17/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des HG in X, vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. Rene Fischer, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/02-39. 451/4-2004, betreffend Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Errichtung eines Gehsteiges nach dem Salzburger Anliegerleistungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Bruck an der Glocknerstraße, 5761 Bruck an der Glocknerstraße, Raiffeisenstraße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 257, Grundbuch X, BG Zell am See, samt darauf errichteter Baulichkeit O-Straße 8. Das diesem Grundstück genau gegenüber liegende Grundstück Nr. 86, vorgetragen in Liegenschaft EZ. 4, Grundbuch X, ist als Grünland gewidmet.

Mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom (kundgemacht durch Aushang an der Amtstafel vom bis zum ) wurde gemäß "§ 4 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz 1976, LGBl. 77/1976, idgF" bestimmt, dass für genau bezeichnete Teile der O-Straße das Erfordernis der Ausstattung mit einem Gehsteig bestehe. Die Kosten je Laufmeter der Errichtung einer Straßenbeleuchtung und eines Gehsteiges wurden mit Beschluss vom mit EUR 67,72 (ohne Umsatzsteuer) bzw. EUR 126,64 (ohne Umsatzsteuer) festgelegt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer für die Herstellung eines Gehsteiges auf der Verkehrsfläche O-Straße ein Kostenbeitrag nach dem Anliegerleistungsgesetz in der Höhe von EUR 793,40 vorgeschrieben. Der Vorschreibung wurde eine Fläche des Grundstücks von 628 m2 zu Grunde gelegt, sodass sich eine Berechnungslänge von 25,06 m ergab. Der Beitrag je Laufmeter wurde mit EUR 31,66, also einem Viertel des mit Verordnung für den Laufmeter festgesetzten Betrages von EUR 126,64 angesetzt. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Gemeinde vom als unbegründet abgewiesen.

Auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers und anderer Grundeigentümer von Grundstücken in der O-Straße gegen im Wesentlichen gleich lautende Bescheide auf Grund ihrer Berufung gegen die jeweilige Vorschreibung eines Anliegerleistungsbeitrages für die Herstellung des Gehsteiges auf der Verkehrsfläche O-Straße erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Vorstellungen als unbegründet abwies. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der wesentlichen Bestimmungen des Anliegerleistungsgesetzes aus, der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, dass eine Vorschreibung nach dem Anliegerleistungsgesetz für die Errichtung eines Gehsteiges nach § 4 Abs. 3 Anliegerleistungsgesetz nur dann vorgesehen sei, wenn beiderseits der Verkehrsfläche zum Bauplatz erklärte Grundstücke lägen, sei nicht zu folgen. Die Kostentragung für Gehsteige sei in § 6 Anliegerleistungsgesetz so geregelt, dass die Eigentümer der anliegenden Grundstücke nur dann zu einer Anliegerleistung herangezogen werden könnten, wenn ihr Grundstück bereits zum Bauplatz erklärt worden sei. Der gesetzlichen Formulierung "beiderseits an der Verkehrsfläche liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke" in § 4 Abs. 3 Anliegerleistungsgesetz sei kein anderer Sinn zu unterstellen als klarzustellen, dass auch die Eigentümer von zum Bauplatz erklärten Grundstücken, denen gegenüber nur auf einer Seite ein Gehsteig errichtet werde, den gesetzlichen Kostenbeitrag zu leisten hätten.

Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers entspreche weder dem Sinn des Gesetzes noch dessen Wortlaut. Diese Rechtsansicht könnte dazu führen, dass Eigentümer von Grundstücken, denen zufällig ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück gegenüber liege, zahlen müssten, andere hingegen nicht. Es entstünde auch die Frage, wann von einem Gegenüberliegen gesprochen werden könne.

Zum Einwand, dass die Verordnung der Gemeinde vom keine Errichtung des Gehsteiges (nur) auf einer Straßenseite vorsehe, führte die Vorstellungsbehörde aus, dass der Beschwerdeführer durch die dementsprechende Annahme und Verrechnung lediglich eines Viertels der durch Verordnung vorgesehenen Kosten je Laufmeter nicht beschwert sei. Die Vorstellung sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 1511/04, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Der Beschwerdeführer wiederholt das Vorbringen, Voraussetzung für die Vorschreibung nach § 4 Abs. 3 Anliegerleistungsgesetz sei es, dass auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück liege. Zudem wird das Fehlen von Grundlagen für die Festsetzung des Satzes für die Kosten je Laufmeter der Gehsteigherstellung gerügt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom über bestimmte Versorgungsaufgaben der Gemeinde und Anliegerleistungen (Anliegerleistungsgesetz), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 77/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 35/1980, 61/1982, 76/1988 und 48/2001, lauten:

"Anliegerleistungen

§ 1

(1) Bei der Errichtung von Straßenbeleuchtungen, Gehsteigen und Hauptkanälen durch die Gemeinde haben Anrainer Beiträge nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu leisten.

(2) Die Beiträge sind Gemeindeabgaben. Sie sind von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu erheben. Mehrere Eigentümer eines Grundstückes sind für Beiträge nach diesem Gesetz Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

...

Gehsteige

§ 4

(1) Wo es im Hinblick auf die Bebauung und Besiedlung zur ordnungsgemäßen, insbesondere verkehrssicheren Aufschließung erforderlich ist, soll durch die Gemeinde für jedes Gebäude und jedes Grundstück, das an einer öffentlichen Verkehrsfläche liegt, für die sie Straßenrechtsbehörde ist, als Bestandteil dieser Verkehrsfläche mit Zustimmung des Straßenerhalters ein erhöhter Gehsteig angelegt werden.

(2) Jene Verkehrsflächen, welche hienach mit einem Gehsteig ausgestattet werden, sowie der Zeitpunkt, ab welchem dieses Erfordernis besteht, sind durch Verordnung der Gemeindevertretung (des Gemeinderates) zu bestimmen. Der Zeitpunkt, ab dem für eine Straße das Erfordernis der Errichtung eines Gehsteiges bestimmt wird, darf nicht länger als ein Jahr vor dem Inkrafttreten der Verordnung zurückliegen.

(3) Wenn es sich um Verkehrsflächen handelt, bei denen wegen ihrer geringen Verkehrsbedeutung den im Abs. 1 genannten Gründen für die Gehsteigherstellung dadurch zufrieden stellend Rechnung getragen werden kann, dass nur auf einer Seite der Verkehrsfläche ein Gehsteig errichtet wird, ist die nur einseitige Gehsteigerrichtung in der Verordnung auszusprechen. Das Gleiche trifft für solche Verkehrsflächen zu, die wegen ihrer technischen Gestaltung die Errichtung eines Gehsteiges nur an einer Seite zulassen. Wird entgegen der Voraussicht später auch die Errichtung eines Gehsteiges auf der anderen Straßenseite erforderlich bzw. möglich, so hat die diesbezügliche Verordnung auf die früher erlassene Verordnung Bezug zu nehmen.

...

Kostentragung für Gehsteige

§ 6

(1) Die Eigentümer der an den Gehsteigen liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke haben bei der Errichtung der Gehsteige einen Beitrag in der Höhe der Hälfte der Herstellungskosten (Abs. 2), bei Gehsteigen gemäß § 4 Abs. 3 aber die Eigentümer der beiderseits an der Verkehrsfläche liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke einen Beitrag in der Höhe je eines Viertels der Herstellungskosten zu leisten. Werden an einem Gehsteig liegende Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt zum Bauplatz erklärt, so gebührt der Gemeinde ein Beitrag in der Höhe der Hälfte (des Viertels) der für die Herstellung der Gehsteige zu diesem Zeitpunkt festgestellten Kosten.

(2) Die Herstellungskosten sind in der Weise zu ermitteln, dass die Gemeindevertretung (der Gemeinderat) den Preis für die Herstellung eines durchschnittlichen Gehsteiges im Gemeindegebiet je Laufmeter feststellt. Auf dieser Grundlage ist der Beitrag im Sinn des Abs. 1 für jedes an der Verkehrsfläche liegende Grundstück nach der Seitenlänge eines mit dem Grundstück flächengleichen Quadrates zu berechnen."

Der Beschwerdeführer erachtet sich deshalb in seinen Rechten verletzt, weil bei Errichtung eines Gehsteiges nur auf einer Straßenseite die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Gehsteigherstellung für ein Grundstück nur dann in Betracht käme, wenn "auch auf der gegenüberliegenden Straße ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück gelegen" sei.

Diese Auffassung ist unzutreffend.

Gemäß § 6 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz sind bei Gehsteigen gemäß § 4 Abs. 3 die Eigentümer der "beiderseits an der Verkehrsfläche liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke" verpflichtet, einen Gehsteigbeitrag (in der Höhe eines Viertels der Herstellungskosten) zu leisten. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich auch die Eigentümer jener Grundstücke zur Leistung eines Beitrages verpflichtet sind, die auf der Seite gelegen sind, die der Seite, auf der der Gehsteig errichtet ist, gegenüberliegt. Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 4 Abs. 3 Anliegerleistungsgesetz die Bedeutung zukommt, diese - sonst allenfalls als strittig anzusehende - Frage klarzustellen. Weitere Voraussetzung der Abgabepflicht ist die Bauplatzeigenschaft des jeweiligen Grundstücks. Die Verwendung des Plurals "liegenden ... Grundstücke" erklärt sich im vorliegenden Zusammenhang daraus, dass der Gesetzgeber grundsätzlich für die Umschreibung der Abgabepflichtigen bzw. der betroffenen Grundstücke den Plural verwendet, ohne dass daraus etwa die Rechtsfolge abzuleiten wäre, dass im Falle von Alleineigentum keine Abgabepflicht bestünde, weil hiebei nicht "die Eigentümer", sondern nur "ein Eigentümer" vorhanden wären. Es trifft daher nicht zu, dass der Wortlaut die vom Beschwerdeführer zu Grunde gelegte Auslegung geböte.

Wie § 6 Abs. 1 zweiter Satz Anliegerleistungsgesetz zeigt, ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Abgabepflicht für jene Grundstücke, die nach der Errichtung des Gehsteiges zum Bauplatz erklärt werden, mit der Erklärung zum Bauplatz eintritt. Er hat für diesen Fall eine Klarstellung hinsichtlich der anwendbaren Rechtslage getroffen. Wenn dabei durch einen bloßen Klammerausdruck "(des Viertels)" klargestellt wird, dass diese Anordnung auch für den Fall der "einseitigen Gehsteigerrichtung" gilt, ist wiederum nichts für die Auslegung zu gewinnen, dass die Abgabepflicht in diesem Fall für die betroffenen Grundstücke nur gleichzeitig eintreten könne. Aus dem Zusammenhang ist vielmehr erschließbar, dass der Eintritt der Abgabepflicht für jedes Grundstück für sich zu beurteilen ist. Für jene Grundstücke, die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gehsteiges bereits zum Bauplatz erklärt sind, tritt die Abgabepflicht mit der Errichtung ein. Für die später zum Bauplatz erklärten Grundstücke enthält § 6 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. eine von § 6 Abs. 1 erster Satz abweichende Vorschrift über die Entstehung der Abgabepflicht, nämlich dass diese erst mit der Erklärung zum Bauplatz eintritt. Dies gilt sowohl für den Fall, dass auf beiden Seiten der Straße ein Gehsteig errichtet ist, als auch in dem Fall, dass nur auf einer Seite ein Gehsteig errichtet wird. Hätte der Gesetzgeber anderes anordnen wollen, hätte er klarstellen müssen, dass im Fall der "einseitigen Gehsteigerrichtung" die Abgabepflicht für die auf beiden Seiten der Straße liegenden Grundstücke erst mit der Erklärung aller in Betracht kommenden Grundstücke zu Bauplätzen eintrete.

Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung würde auch - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - dazu führen, dass Eigentümer, denen zufällig ein zum Bauplatz erklärtes Grundstück gegenüber läge, beitragspflichtig wären, andere hingegen nicht. Gegen eine solche Auslegung würden sich aber - wie schon angesprochen - nicht zuletzt Bedenken ob der Sachlichkeit (und damit der Verfassungskonformität) der Regelung ergeben.

Soweit in der Beschwerde das Fehlen von Grundlagen für die Festsetzung der Herstellungskosten je Laufmeter Gehsteig in der Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde geltend gemacht wird, werden keine nähere Angaben gemacht, inwiefern eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung vorliegen könnte. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auf Grund dieser unbestimmten Bedenken, die auch bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragen und von diesem nicht zum Anlass eines Verordnungsprüfungsverfahren genommen wurden, nicht zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der Verordnung veranlasst.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am