VwGH vom 20.03.2007, 2005/17/0050

VwGH vom 20.03.2007, 2005/17/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des CK in Patsch, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 4/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-17.136/9-2004, betreffend die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Patsch, Dorfstraße 22, 6082 Patsch), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom die Bewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf einem näher bezeichneten Grundstück.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer (ausgehend von einem Bauplatzanteil von 3.880,93 m2 und einen Baumassenanteil von 4.611,24 m3) einen Erschließungsbeitrag in Höhe von EUR 40.115,77 vor.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde entschied mit Bescheid vom über die dagegen erhobenen Berufung, in welcher sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe des Bauplatzanteiles bzw. des Baumassenanteiles gewandt hatte.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Vorstellung.

Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde den Bescheid vom wegen Verletzung des Parteiengehörs auf.

Im fortgesetzten Verfahren wurde die Berufung - nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung - vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob neuerlich Vorstellung.

Die belangte Behörde hob mit Bescheid vom den Berufungsbescheid vom auf. Begründend wurde ausgeführt, gesetzliche Grundlage für das Verfahren sei das Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz, LGBl. Nr. 22/1998. Die Novelle LGBl. Nr. 82/2001, welche mit in Kraft getreten sei, komme nicht zum Tragen, weil die Baubewilligung vom am in Rechtskraft erwachsen sei. Die Begründung des Bescheides vom entspreche nicht dem vom Verwaltungsgerichtshof festgelegten Standard, insbesondere deshalb, weil der Gemeindevorstand sich auf "eine gültige Gebührenordnung der Gemeinde Patsch" beziehe und nicht auf das Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz.

Mit Bescheid vom gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung teilweise Folge und legte der Berechnung des Erschließungsbeitrages einen anrechenbaren Bauplatzanteil von 2.951,31 m2 und einen Baumassenanteil von 4.598,46 m3 zu Grunde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge gegeben und die Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, nach § 12 Abs. 1 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz entstehe der Abgabenanspruch bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit Rechtskraft der Baubewilligung. Wie bereits in der Vorstellungsentscheidung vom ausgeführt, sei die Baubewilligung vom am in Rechtskraft erwachsen. Es sei daher auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt abzustellen.

Die Abgabenbehörde habe es unterlassen, ausreichend zu begründen, warum sie den Holzlagerraum zum Wohnhaus gerechnet habe. Überdies sei der Abgabenbehörde in der Vorstellungsentscheidung vom auferlegt worden, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, wie sie die Bemessungsgrundlage ermittelt habe, wofür ein Sachverständigenbeweis erforderlich gewesen wäre. Die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Unterlagen stellten für die Vorstellungsbehörde jedoch keinen schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigenbeweis dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 1593/04, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 Tiroler Verkehrsaufschließungabgabengesetz (in der Folge: Tir VerkAufschlAbgG), LGBl. Nr. 22/1998, in der Stammfassung lautet:

"§ 9

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

(1) Der Erschließungsbeitrag ist die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3).

(2) Der Bauplatzanteil ist das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des Erschließungsbeitragssatzes. Bei Bauplätzen, die als Freiland oder als Sonderflächen nach § 44, § 45 oder § 46 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 gewidmet sind, und bei Bauplätzen für Gebäude, die nach § 1 Abs. 3 lit. a oder b der Tiroler Bauordnung 1998 von deren Geltungsbereich ausgenommen sind, tritt die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung 1998 zu ermitteln ist, an die Stelle der Fläche des Bauplatzes.

(3) Der Baumassenanteil ist

a) im Falle des Neubaus eines Gebäudes das Produkt aus

der Baumasse des Gebäudes,

b) im Falle der Änderung eines Gebäudes, durch die

seine Baumasse vergrößert wird, das Produkt aus der zusätzlich

geschaffenen Baumasse,

jeweils in Kubikmetern und 70 v. H. des

Erschließungsbeitragssatzes. Die Baumasse landwirtschaftlicher

Wirtschaftsgebäude und entsprechend genutzter Gebäudeteile ist nur

zur Hälfte anzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder

Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so

gilt dies als Vergrößerung der Baumasse im Ausmaß der Hälfte der

tatsächlichen Baumasse. ...

(4) ..."

Durch die Novelle LGBl. Nr. 82/2001 wurden in § 9 Abs. 2 leg. cit. folgende Sätze angefügt:

"Die durch Gebäude oder Gebäudeteile für Laufställe überbaute Fläche ist in die Fläche des Bauplatzes nur zur Hälfte einzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung des Bauplatzes im Ausmaß der Hälfte der tatsächlich überbauten Fläche."

Durch die Novelle LGBl. Nr. 82/2001 wurden in § 9 Abs. 3 leg. cit. der zweite und dritte Satz durch folgende Sätze ersetzt:

"Die Baumasse landwirtschaftlicher Wirtschaftsgebäude und entsprechend genutzter Gebäudeteile ist nur zur Hälfte, im Falle von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Laufställe nur zu einem Viertel, anzurechnen. Verlieren jedoch solche Gebäude oder Gebäudeteile diesen Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Vergrößerung der Baumasse im Ausmaß der Hälfte, im Falle von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Laufställe im Ausmaß von drei Vierteln, der tatsächlichen Baumasse."

§ 12 Abs. 1 Tir VerkAufschlAbgG, LGBl. Nr. 22/1998, lautet:

"§ 12

Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn."

Die Beschwerde beschränkt sich auf die Rüge, die belangte Behörde hätte die falsche Rechtslage, nämlich § 9 Tir VerkAufschlAbgG in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 22/1998, statt in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/2001 angewendet. Der Beschwerdeführer begründet seinen Rechtsstandpunkt damit, dass die erstmalige bescheidmäßige Vorschreibung des Erschließungsbeitrages mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom , somit nach den Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 82/2001, erfolgt sei. Mangels entsprechender Übergangsvorschriften sei § 9 Tir VerkAufschlAbgG in der Novellenfassung anzuwenden gewesen. Danach wären Laufställe bei der Ermittlung des Bauplatzanteiles nur mehr zur Hälfte und bei jener des Baumassenanteiles nur mehr zu einem Viertel zu berücksichtigen gewesen.

Für den zeitlichen Anwendungsbereich von Abgabengesetzen ist der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabengesetze zu beachten. In einem Besteuerungsfall sind - in Ermangelung anderer Anordnungen - jene materiell rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Kraft standen. Durch die Anknüpfung an die Rechtslage, welche im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes herrschte, wird erreicht, dass alle steuerrechtlich bedeutsamen Ereignisse, Gegebenheiten und Verhältnisse, wie sie zu einem bestimmten Stichtag oder einem bestimmten Zeitraum bestanden haben, nach gleichen rechtlichen Maßstäben erfasst und besteuert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0019).

Nach § 12 Abs. 1 Tir VerkAufschlAbgG entsteht der Abgabenanspruch bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung. Die der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegende Baubewilligung vom ist nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides am , somit vor der Kundmachung der Novelle LGBl. Nr. 82/2001 am , in Rechtskraft erwachsen. Der genannten Novelle sind auch keine Übergangsbestimmungen zu entnehmen, welche für Fälle wie dem vorliegenden eine vom Grundsatz der Zeitbezogenheit des Abgabentatbestandes abweichende Regelung trifft. Es war somit bei der Abgabenvorschreibung im Beschwerdefall das Tir VerkAufschlAbgG in seiner Stammfassung anzuwenden, auch wenn die Abgabenvorschreibung nach dem Inkrafttreten der Novelle erfolgte. Der Zeitpunkt der Festsetzung des Erschließungsbeitrages ist ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am