VwGH vom 25.04.2005, 2005/17/0048
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde 1. der VH und
2. des SH, beide in Linz und beide vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-013474/1-2005- Ba/Ein, betreffend Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten für den Erwerb von Grundflächen für den öffentlichen Verkehr (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, 4041 Linz, Hauptstraße 1-5, Neues Rathaus), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes in Linz, welches an drei Seiten, nämlich im Westen, Norden und Osten, an öffentliche Verkehrsflächen grenzt. Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde das Grundstück zum Bauplatz erklärt.
Diese Bauplatzbewilligung hat der Magistrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zum Anlass genommen, den Beschwerdeführern mit Bescheid vom einen Beitrag zu den Kosten des Erwerbs von Straßengrundflächen (Grunderwerbskostenbeitrag) im Sinne des § 18 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 (in der Folge: Oö BauO 1994), in der Höhe von EUR 6.818,20 vorzuschreiben. Begründend führte die Behörde aus, dass bereits im Jahre 1984 für den Bau der öffentlichen Verkehrswege Grundflächen erworben worden seien und die Beschwerdeführer - sofern dieser Grunderwerb aus dem Jahre 1984 nicht erfolgt wäre - im Zuge der Bauplatzbewilligung selbst einen Teil der ihnen gehörenden Grundflächen unentgeltlich an das öffentliche Gut der Stadt Linz abtreten hätten müssen.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Auch bei Vorschreibung von Kosten zum Erwerb von Straßengrundflächen im Sinne des § 18 Oö BauO 1994 seien die vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Wertungen des § 19 Oö BauO 1994 (betreffend den Beitrag zu den Kosten der Herstellung von öffentlichen Verkehrsflächen) zu berücksichtigen.
Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und die Vorschreibung um EUR 640,92 auf EUR 7.459,10 erhöht. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, dass im Gegensatz zu einer Beitragsvorschreibung nach § 19 Oö BauO 1994 die Aufschließung eines Bauplatzes durch eine öffentliche Verkehrsfläche keine Tatbestandsvoraussetzung für die Vorschreibung eines Grunderwerbskostenbeitrages nach § 18 Oö BauO 1994 darstelle. Die Vorschreibung eines Grunderwerbskostenbeitrages stelle nämlich allein auf die fiktive Abtretungspflicht nach § 16 Oö BauO 1994 ab. Im Abs. 1 dieser Bestimmung sei eindeutig normiert, dass sämtliche zu den öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde fallenden und an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen nach den näheren Regelungen dieser Bestimmung abzutreten seien. Ob jemals eine Aufschließung des Grundstückes durch diese öffentliche Verkehrsfläche erfolgen werde, sei irrelevant. Überdies sei anzumerken, dass ein Grundstück jedenfalls dann durch eine öffentliche Verkehrsfläche als aufgeschlossen gelte, wenn es - wie hier - an öffentliche Verkehrsflächen unmittelbar angrenze.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften (§§ 16 bis 18 Oö BauO 1994) führte die belangte Behörde aus, erste Voraussetzung für die Vorschreibung eines Anliegerbeitrages gemäß § 18 Oö BauO 1994 sei, dass die Gemeinde für eine öffentliche Verkehrsfläche Grundflächen erworben bzw. zu den Kosten des Erwerbs solcher Grundflächen beigetragen habe. Die Stadt Linz habe im Jahre 1994 im Wege von Kaufverträgen Grundflächen im Gesamtausmaß von insgesamt 591 m2 zur Anlage der an den Bauplatz angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen erworben. Für Grünland seien S 180,-- (EUR 13,08) pro Quadratmeter bezahlt worden, für Bauland S 800,-- (EUR 58,14) pro Quadratmeter. Diese Preise lägen - wie das eingeholte Gutachten zur Angemessenheit ergeben habe - unter den damaligen Marktpreisen. Erfüllt sei auch die weitere Voraussetzung für die Vorschreibung eines Beitrages nach § 18 Oö BauO 1994, nämlich, dass die für die Anlage der öffentlichen Verkehrsflächen erworbenen Grundflächen bereits im Zeitpunkt des Grunderwerbs durch die Stadtgemeinde in einem Bebauungsplan ausgewiesen gewesen seien.
Zu bejahen sei auch die Verpflichtung der Beschwerdeführer zur entschädigungslosen Abtretung der erworbenen Grundflächen aus Anlass der Bauplatzbewilligung vom auf Grundlage des Bebauungsplanes NW 116/3. Von den insgesamt von der Stadtgemeinde erworbenen Grundflächen sei aus näher genannten Grundstücken eine Fläche im Ausmaß von 104 m2, eine Fläche von 9 m2 und eine Fläche von 68 m2 innerhalb des von den Behörden herangezogenen fiktiven Abtretungsbereiches gelegen. Auf Grund der vereinbarten Kaufpreise von EUR 58,14 pro Quadratmeter für eine Bemessungsfläche von 113 m2 und EUR 13,08 pro Quadratmeter für eine Bemessungsfläche von 68 m2 errechneten sich Grunderwerbskosten in der Höhe von insgesamt EUR 7.459,10. In Summe ergebe sich daher eine Abtretungsfläche von 181 m2. Diese Fläche liege unter einem Viertel der Bauplatzfläche von 820 m2.
Soweit die Beschwerdeführer eine Aufschließung ihres Grundstückes von Norden bzw. Osten bestritten und damit auch die Zulässigkeit einer Beitragsvorschreibung bekämpften, vermöchten sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Berufungsbehörde sei mit ihrer Argumentation im Recht, dass die Vorschreibung eines Grunderwerbskostenbeitrages allein auf die fiktive Abtretungspflicht nach § 16 Oö BauO 1994 abstelle. Aus Abs. 1 dieser Bestimmung ergebe sich, dass sämtliche zu den öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde fallenden und an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen nach den näheren Regelungen dieser Bestimmung abzutreten seien. Ob jemals eine Aufschließung des Grundstückes durch diese Verkehrsflächen erfolgen werde, sei dabei ohne Bedeutung. Daraus folge aber auch, dass sich ein Grunderwerbskostenbeitrag auf sämtliche Grundflächen zu beziehen habe, welche im Zuge der Bauplatzbewilligung ohne Entschädigung für öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde abzutreten gewesen wären. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behaupteten, ein Aufschließungsvorteil für den Bauplatz ergäbe sich nur aus der im Westen vorbeiführenden Wegparzelle "Dannerweg", da an dieser Seite des Grundstückes die Garageneinfahrt, der Hauseingang und der Fahrradabstellplatz situiert seien, so möge dies gegenwärtig zutreffen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft auf dem besagten Bauplatz weitere bauliche Anlagen (z.B. eine Garage) errichtet würden, die etwa von Norden bzw. Osten aufgeschlossen würden. Darüber hinaus komme es auf die tatsächliche Aufschließung eines Grundstückes nach der maßgeblichen Vorschrift des § 18 Oö BauO 1994 nicht an. Dass den Beschwerdeführern bereits rechtskräftig eine vergleichbare Anliegerleistung vorgeschrieben worden wäre, werde nicht vorgebracht.
Die Vorstellung sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführer in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten auf Nichtvorschreibung von Beiträgen zu den Kosten der Erwerbung von Grundstücken gemäß § 18 Abs. 1 Oö BauO 1994 verletzt erachten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Oö BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lauten (auszugsweise):
"§ 16
Grundabtretung
(1) Anläßlich der Bewilligung von Bauplätzen und der Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken sind die nach Maßgabe
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1. | der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplans oder | |||||||||
2. | der in einem Plan bestimmten Straßengrundgrenzen einer straßenrechtlichen Verordnung gemäß § 11 Abs. 1 dritter Satz des O.ö. Straßengesetzes 1991 | |||||||||
zu den öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde fallenden, an den Bauplatz oder an den von der Änderung betroffenen Teil des Bauplatzes oder des bebauten Grundstücks angrenzenden Grundflächen, und zwar bei beiderseitiger Bebaubarkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebaubarkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen im rechten Winkel auf die Straßenfluchtlinie oder die geplante Straßengrundgrenze, abzutreten. ... |
(2) Die abzutretenden Grundflächen sind gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung in das Eigentum der Gemeinde zu übertragen. Sie sind über Auftrag der Gemeinde frei von baulichen Anlagen in den Besitz der Gemeinde zu übergeben. Mit der bücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes an die Gemeinde erlöschen die auf den abgetretenen Grundflächen allenfalls verbücherten dinglichen Rechte. ...
(3) Die Verpflichtung zur Grundabtretung trifft den Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß § 5 oder § 9 erteilt wird. Ist er nicht Eigentümer der abzutretenden Grundflächen, hat er diese, allenfalls im Weg der Enteignung, zu erwerben.
§ 17
Entschädigung
(1) Für die gemäß § 16 Abs. 1 abzutretenden Grundflächen hat die Gemeinde eine Entschädigung zu leisten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Wenn eine nicht bebaute Grundfläche als Bauplatz bewilligt oder einem Bauplatz oder einem bebauten Grundstück zugeschrieben wird, hat die Grundabtretung gemäß § 16 Abs. 1 bis zu acht Meter, von der Straßenfluchtlinie oder der geplanten Straßengrundgrenze aus gemessen und senkrecht auf diese, ohne Entschädigung zu erfolgen; beträgt jedoch die abzutretende Fläche mehr als ein Viertel des Bauplatzes oder des bebauten Grundstücks, ist für das darüber hinausgehende Ausmaß von der Gemeinde Entschädigung zu leisten. ...
§ 18
Beitrag zu den Kosten des Erwerbs von Grundflächen
(1) Die Gemeinde hat anläßlich der Bewilligung eines Bauplatzes und der Bewilligung der Änderung eines Bauplatzes oder eines bebauten Grundstückes einen im Hinblick auf die Fläche des jeweiligen Grundstückes anteilsmäßigen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten des Grunderwerbes vorzuschreiben, wenn sie
1. für eine im Bebauungsplan oder in einer straßenrechtlichen Verordnung gemäß § 11 Abs. 1 dritter Satz des O.ö. Straßengesetzes 1991 ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde Grundflächen erworben oder
2. zu den Kosten der Erwerbung solcher Grundflächen beigetragen hat, und
3. die erworbenen Grundflächen bei Zutreffen der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 ohne Entschädigung abzutreten gewesen wären.
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrages trifft den Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß § 5 oder § 9 erteilt wird.
(3) Der Beitrag ist für dieselben Grundflächen nur einmal zu entrichten. Der Beitrag wird im Fall einer Bewilligung gemäß § 5 drei Monate nach Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch, im Fall einer Bewilligung gemäß § 9 drei Monate nach Durchführung der Änderung im Grundbuch fällig. Die dreimonatige Fälligkeitsfrist beginnt in beiden Fällen mit der Zustellung des entsprechenden Grundbuchsbeschlusses.
..."
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Vorschreibung des Grunderwerbskostenbeitrages ausschließlich mit dem Argument, dass ihr Grundstück nur durch die westlich des Grundstückes vorbeiführende öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werde.
Sowohl die Abgabenbehörden als auch die belangte Behörde haben dem jedoch bereits zutreffend entgegengehalten, dass § 18 Oö BauO 1994 bei systematischer Auslegung im Zusammenhang mit § 16 und 17 Oö BauO 1994 dahingehend zu verstehen ist, dass § 18 Oö BauO 1994 die Kosten für den Erwerb von Grundstücken für öffentliche Verkehrsflächen für sämtliche an den Bauplatz angrenzenden Verkehrsflächen erfasst. Dies ergibt sich, wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, daraus, dass § 18 Oö BauO 1994 eine der Abtretungsverpflichtung nach § 16 Oö BauO 1994 äquivalente Anliegerleistung regeln möchte. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0274, zu einer Argumentation, die der in der vorliegenden Beschwerde vergleichbar ist, festgestellt hat, würde eine derartige Gesetzesauslegung zu dem Ergebnis führen, dass Grundeigentümern als Anrainern bei der Abtretung von Grundflächen für die Errichtung öffentlicher Verkehrsflächen einerseits und bei der dieser Abtretung entsprechenden äquivalenten Geldleistung andererseits, ohne sachliche Rechtfertigung verschiedene Lasten auferlegt würden. Je nach dem Zeitpunkt des Erwerbes der benötigten Flächen durch die Gemeinde wäre im letzteren Fall auf die konkrete Aufschließung des Grundstücks durch eine bestimmte Verkehrsfläche (bzw. eine konkrete Nutzung einer bestimmten Verkehrsfläche für die Aufschließung des Grundstücks durch den Eigentümer) Bedacht zu nehmen, im ersteren Fall nicht.
Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, ein Abgehen von dieser Rechtsprechung nahe zu legen.
Gegen die von den Abgabenbehörden vorgenommene und durch die belangte Behörde bestätigte Berechnung der Höhe des Beitrages wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am