VwGH vom 22.05.2013, 2010/13/0099

VwGH vom 22.05.2013, 2010/13/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und Hofrat Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch die Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/2788-W/08, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Einkommensteuerbescheid 2005 vom berücksichtige das Finanzamt die sich aus dem Lohnzettel des Beschwerdeführers ergebenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Dieser Lohnzettel weist als bezugsauszahlende Stellen einerseits die "Pensionsversicherungsanstalt" (Bezugszeitraum "20.05. bis ") und andererseits den "Bundesdienst" (Bezugszeitraum "01.01. bis ") aus. Die "Bruttobezüge (210)" seitens der Pensionsversicherungsanstalt betragen 50.432,92 EUR, wobei sich abzüglich eines Betrages für "Sonstige Bezüge vor Abzug d. SV-Beiträge (220)" von 7.204,70 EUR ein Betrag von 43.228,22 EUR als "Steuerpflichtige Bezüge (245)" ergibt. Der Betrag von 43.228,22 EUR fand im Einkommensteuerbescheid neben Bezügen aus dem "Bundesdienst" in Höhe von 58.021,10 EUR Eingang in die Berechnung des zum laufenden Tarif zu besteuernden Einkommens von insgesamt 110.289,74 EUR. Der sonstige Bezug von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 7.204,70 EUR wurde mit dem festen Satz von 6 % besteuert.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, bei den Bezügen der Pensionsversicherungsanstalt handle es sich um die "Erstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen gemäß § 70 Abs. 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes für den Zeitraum 1995 bis 2004". Diese Bezüge stellten sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 dar, die als Pensionsabfindung unter die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. e EStG fielen, weil die Pensionszusage mindestens sieben Jahre zurückliege (Zeitraum des "Ansparens" 1995 bis 2004). Die Besteuerung habe somit mit der Hälfte des Steuersatzes zu erfolgen, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergebe.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, durch die Beitragsleistungen an einen Pensionsversicherungsträger erwerbe der Leistende eine Anwartschaft auf eine Renten- bzw. Zuschussleistung. Die verpflichtend zu leistenden Beiträge seien im Zeitpunkt der Leistung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erfolge eine Beitragsrückerstattung, ohne dass ein Anspruch auf eine ASVG-Pension "und somit auch ohne dass ein Anspruch auf eine Zuschussleistung des Institutes" entstanden sei, sei die Rückzahlung der geleisteten Pflichtbeiträge im Jahr des Rückflusses bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen und zum laufenden Tarif zu versteuern.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Seiner Ansicht nach handle es sich bei den Pensionsversicherungserstattungsbeträgen gemäß § 70 Abs. 5 ASVG um Pensionsabfindungen im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988, die mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern seien. Es werde daher der Antrag gestellt, die "Pensionsabfindungen in Höhe von EUR 43.228,22" aus den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des BudgetbegleitG 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, seien Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteige (2005: 9.300 EUR), mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergebe. Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag nach § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteige, seien gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen (§ 124b Z 53 EStG 1988). Seit dem Budgetbegleitgesetz 2001 seien Pensionsabfindungen mit Wirkung ab 2002 und mit einer Übergangsregelung für das Jahr 2001 nur mehr eingeschränkt begünstigt. Der Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes stelle eine Freigrenze dar. Im "gegenständlichen Fall" übersteige der Barwert die im Pensionskassengesetz festgelegte Freigrenze. Das Finanzamt habe daher "die gegenständlich strittige Zahlung zu Recht zum Tarif versteuert".

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, er habe im Jahr 2005 eine Erstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen gemäß § 70 Abs. 5 ASVG und gemäß § 22 Abs. 11 Gehaltsgesetz 1956 "für den Zeitraum 1995 bis 2004" erhalten. Diese Beträge seien seiner Ansicht nach der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 (als "Pensionsabfindungen von Pensionskassen") zu subsumieren, auch sei der Beschwerdeführer durch die Einführung der Betragsgrenze für Pensionsabfindungen in § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 in seinem Vertrauen auf die bestehende Rechtslage verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer vom Beschwerdeführer mit einer Replik beantworteten Gegenschrift über die Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 idF des BudgetbegleitG 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, sind Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes nicht übersteigt, mit der Hälfte des Steuersatzes zu versteuern, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt.

Mit Inkrafttreten des BudgetbegleitG 2001 wurde für Pensionsabfindungen im Allgemeinen eine Übergangsregelung für das Jahr 2001 mit § 124b Z 53 EStG 1988 getroffen, und mit Wirkung ab 2002 als Dauerrecht § 67 Abs. 10 EStG 1988 eingerichtet. Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 54/2002 wurde für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen ab 2001 die Bestimmung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 eingefügt, wonach diese Zahlungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen sind (vgl. zum Ganzen z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0010).

Rückgezahlte Pflichtbeiträge stellen, wenn sie nicht ausschließlich auf Grund von selbständig ausgeübten Tätigkeiten entrichtet werden, gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Bei der Auszahlung von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988 hat die auszahlende Stelle gemäß § 69 Abs. 5 leg. cit. bis 31. Jänner des Folgejahres einen Lohnzettel (§ 84 leg. cit.) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel sind ein Siebentel der ausgezahlten Bezüge als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 auszuweisen. Ein vorläufiger Lohnsteuerabzug hat zu unterbleiben (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom , 2008/13/0021, sowie vom , 2008/13/0248).

Zunächst ist zum Beschwerdevorbringen festzuhalten, dass in diesem erstmals vom Beschwerdeführer auch eine im Jahr 2005 erhaltene Erstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen gemäß § 22 Abs. 11 Gehaltsgesetz 1956 thematisiert wird (wozu auch ein entsprechender Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom vorgelegt wird, der einen Rückerstattungsbetrag von insgesamt 20.110,70 EUR für den Zeitraum bis ausweist). Dieses Vorbringen unterliegt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG, weil den Streitpunkt im verwaltungsbehördlichen Verfahren nur die vom Beschwerdeführer in seinen Eingaben allein angesprochene Erstattung von Pensionsversicherungsbeiträgen nach § 70 Abs. 5 ASVG bildete.

§ 70 ASVG sieht die "Erstattung von Beiträgen in der Pensionsversicherung" vor. Nach der Anordnung des § 70 Abs. 5 ASVG können Versicherte, die im Rahmen eines pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnisses gegen Entfall der Bezüge beurlaubt sind (Karenzurlaub) und während des Karenzurlaubes eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz begründende Erwerbstätigkeit ausüben, beantragen, dass ihnen die auf Grund dieser Erwerbstätigkeit für nach dem liegende Zeiten des Karenzurlaubes, soweit diese für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit angerechnet werden, entrichteten Beträge erstattet werden: hiebei ist als Beitragssatz jeweils die Hälfte der Summe der Beitragssätze gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 51a zur Zeit der Entrichtung heranzuziehen. Der Antrag auf Erstattung ist beim zuständigen Pensionsversicherungsträger zu stellen und bedarf zu seiner Wirksamkeit der Bestätigung über die Anrechnung des Karenzurlaubes für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit. Die Beiträge sind aufgewertet mit dem der zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktor (§ 108 Abs. 4) zu erstatten. Mit der Erstattung der Beiträge erlöschen alle Ansprüche und Berechtigungen aus der Pensionsversicherung, die aus den Versicherungsmonaten erhoben werden können, für die die Beiträge erstattet werden (vgl. zum Ganzen beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 99/08/0086, VwSlg. 15.700/A).

Eine Pensionsabfindung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Abgeltung eines auf Renten lautenden, bereits entstandenen Anspruches voraus (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 2006/14/0021, und vom , 2009/15/0188, sowie Doralt , EStG14, § 67 Tz 95, mwN). Der Anspruch auf Pension, der schon nach allgemeinem Sprachgebrauch die Rentenform als wesentliches Tatbestandsmerkmal in sich trägt, kann erst mit dem Zeitpunkt entstehen, in dem der mit dem Versicherungsunternehmen vereinbarte Versicherungsfall eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0228). Eine Anwartschaft auf eine künftige Pension ist dem Pensionsanspruch nicht gleichzusetzen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0090).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann schon nicht gesagt werden, dass die in Rede stehende Erstattung von Pensionsbeiträgen nach § 70 Abs. 5 ASVG eine Pensionsabfindung im Sinne der aufgezeigten Judikatur bildete, zumal damit kein (bereits entstandener) Rentenanspruch abgefunden wurde. Der Eintritt des Versicherungsfalles wird beispielsweise auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Eine in der Beschwerde angestrebte Subsumierung unter die Tatbestände des § 67 Abs. 8 lit. e EStG 1988 oder § 124b Z 53 EStG 1988 war damit schon deshalb nicht möglich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am