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VwGH 21.05.2014, 2010/13/0087

VwGH 21.05.2014, 2010/13/0087

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
§ 21 Z 1 UmgrStG ordnet einen zwingenden objektbezogenen Verlustvortragsübergang auf die übernehmende Körperschaft mit Wirkung ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum an (vgl. beispielsweise Wiesner/Helbich, Umgründungen5, 171). § 21 UmgrStG verdrängt damit die Folgen des allgemeinen Steuerrechts, nach dem der Verlustabzug grundsätzlich nur dem Steuerpflichtigen zusteht, der den Verlust erwirtschaftet hat (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, Tz 1197).
Normen
RS 2
Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 21 Z 1 UmgrStG und § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 ergibt sich, dass durch den per vorgenommenen Einbringungsvorgang die bei der einbringenden Gesellschaft unstrittig vor der Begründung der Organschaft in den Jahren 1997 und 1998 angefallenen Verluste ihres Teilbetriebes zu vororganschaftlichen Verlusten der neu gegründeten 100%igen Tochtergesellschaft und somit auch zu "fremden" Verlusten der einbringenden Gesellschaft im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 wurden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie den Senatspräsidenten Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand AG, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1473-W/07, betreffend Körperschaftsteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Strittig ist im Beschwerdefall der Abzug so genannter vororganschaftlicher Verluste als Sonderausgaben nach § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, bei der Beschwerdeführerin habe im Jahr 2005 eine Betriebsprüfung über den Zeitraum 2001 bis 2003 stattgefunden, bei der zur Körperschaftsteuer Folgendes festgestellt worden sei:

Bis 1998 habe innerhalb der beschwerdeführenden GmbH ein Teilbetrieb "Einzelhandel und Reparaturwerkstätte" bestanden. Die in den Jahren 1997 und 1998 bei der Beschwerdeführerin entstandenen Gesamtverluste hätten teilweise aus diesem Teilbetrieb gestammt. Die gesamten Verluste seien zur Gänze der Beschwerdeführerin als Verlustvortrag zugeordnet und in den Jahren 2000 bis 2002 als Verlustabzug geltend gemacht worden. Der Teilbetrieb sei per von der Beschwerdeführerin gemäß Art. III Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) in eine neu gegründete GmbH (100 %ige Tochtergesellschaft) eingebracht worden. Weiters sei ebenfalls per durch Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages eine Vollorganschaft zwischen der Beschwerdeführerin und der Tochtergesellschaft begründet worden, die bis Ende 2003 bestanden habe. Da die Verluste aus den Jahren 1997 und 1998 vor Beginn der Organschaft entstanden seien, habe es sich um vor- bzw. außerorganschaftliche Verluste gehandelt. Diese hätten daher während des Bestehens der Organschaft gemäß § 9 Abs. 1 KStG 1988 nicht abgezogen werden dürfen.

Gegen den auf Grund des Prüfungsberichtes ergangenen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2002 habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben und den Abzug des von der Betriebsprüfung nicht anerkannten Verlustvortrages als Sonderausgabe beantragt. Die Beschwerdeführerin teile zwar die Ansicht des Finanzamtes, dass es sich bei den Verlusten um zeitlich vor der Begründung der Organschaft liegende Verluste gehandelt habe. Nach der Gesetzeslage seien Sonderausgaben der Organschaft beim Organträger abzuziehen. Lediglich vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft unterlägen nach dem Wortlaut einer Einschränkung. Unstrittig sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin, dass es im ersten Jahr der Organschaft (1999) ausschließlich vororganschaftliche Verluste des Organträgers gegeben habe, die im Jahr 1999 keiner Kürzung unterlegen seien. Auch wenn diese Verluste im Rahmen der Einbringung auf die Organgesellschaft "untergingen", könnten diese ihrer Meinung nach den "einmal erlangten Status als im Organkreis verrechenbare Verluste" nicht verlieren, weil unter den vortragsfähigen vororganschaftlichen Verlusten der Organgesellschaft lediglich originäre eigene Verluste der Organschaft verstanden werden könnten und (allenfalls) Verluste Dritter (Gesellschaften außerhalb des Organkreises). Weiters könne die Auslegung eines Gesetzes nicht beim Wortlaut stehen bleiben. Der Sinn der Bestimmung spreche zweifellos für die vollständige Verrechenbarkeit. Durch die Bestimmung habe nämlich lediglich vermieden werden sollen, dass durch die "schlichte Begründung einer Organschaft" der Organträger in den Besitz von "fremden" Verlusten kommen könne, indem vororganschaftliche Verluste in den Organkreis gelangten. Da im Beschwerdefall die Verluste aber von einem Teilbetrieb des Organträgers stammten, liege ein schädlicher Einkauf in "fremde" Verluste durch Organschaftsbildung "ganz sicher nicht vor". Gehe man - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - von einer weiten Wortinterpretation aus, müsse eine teleologische Reduktion des Gesetzestextes erfolgen.

Strittig sei im Beschwerdefall - so die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides -, ob die Verluste, die einst vor dem Beginn der Organschaft dem späteren Organträger zuzurechnen gewesen und im Zuge einer Einbringung vor Beginn der Organschaft in die spätere Organgesellschaft eingebracht worden seien, als Verluste des Organträgers zu qualifizieren seien. Um die Berechtigung der Verwertbarkeit des Verlustvortrages zu prüfen, sei davon auszugehen, dass der in Frage stehende Verlustvortrag in den Jahren 1997 und 1998 entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Verlustvortrag aus einem "Teilbereich" der Beschwerdeführerin resultiert, wobei dieser Teilbetrieb im Jahr 1999 als Einlage in die Tochtergesellschaft eingebracht worden sei. Es habe sich dabei um eine Einbringung nach dem UmgrStG gehandelt, sodass vortragsfähige Verluste mit dem übertragenen Vermögen auf den Übernehmer übergegangen seien. Dies gelte auch dann, wenn der Rechtsträger des übertragenen Unternehmens weiter bestehen bleibe und an sich den Verlustvortrag selbst verwerten könnte. Insofern komme es zu einem zwingenden objektbezogenen Verlustvortragsübergang, der Grundsatz der höchstpersönlichen Wirkung des Verlustvortrages werde aufgegeben. Mit der Einbringung habe sich die Zugehörigkeit des Verlustvortrages geändert, der nunmehr nicht mehr der Beschwerdeführerin zuzurechnen gewesen sei. Konsequenz der in weiterer Folge zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochtergesellschaft begründeten Organschaft sei es gewesen, dass die Gewinne und Verluste zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft hätten ausgeglichen werden können. An der Steuersubjektivität des Organs habe sich nichts geändert, die Organschaft führe nur zu einer Änderung der persönlichen Zurechnung. Eine gegenteilige Vorgangsweise würde de facto einer rückwirkenden Organschaft gleichkommen, was der konstitutiven Natur der Organschaft widerspreche. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach es sich bei den Verlusten der Organgesellschaft nicht um "fremde" Verluste gehandelt habe, weil diese Verluste aus der Zugehörigkeit des Teilbetriebes zum Organträger resultiert hätten, könne die belangte Behörde nicht folgen. Durch die Einbringung seien die Rechtsfolgen des UmgrStG ausgelöst worden. Der Verlustvortrag, der an dem Teilbetrieb gehaftet habe, "wurde entfernt" und sei ab diesem Zeitpunkt steuerlich, rechtlich und auch wirtschaftlich der Organgesellschaft zuzurechnen gewesen. Für eine von der Beschwerdeführerin angesprochene teleologische Reduktion des Gesetzestextes bestehe kein Anhaltspunkt, zumal sich die rechtlichen Konsequenzen an eine von der Beschwerdeführerin selbst gewählte Vorgangsweise knüpften. Die Konsequenz der Nichtabzugsfähigkeit des Verlustes, der ursprünglich bei der Beschwerdeführerin entstanden sei, habe sich "durch ein bewusstes Gestalten und nicht auf Grund einer unausweichlichen Folge der Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 1 KStG 1988" ergeben.

In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht "auf Geltendmachung von Sonderausgaben der Organgesellschaft als Organträger verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird zum Sachverhalt ausgeführt, anlässlich der Einbringung zum Einbringungsstichtag seien dem übertragenen Vermögen zuzurechnende Verlustvorträge in Höhe von rd. 300.000 EUR aus dem Jahr 1997 und in Höhe von rd. 800.000 EUR aus dem Jahr 1998 - insgesamt somit rd. 1,1 Mio. EUR - gemäß § 21 UmgrStG ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum, somit mit Wirkung "für die Veranlagungszeiträume 2000 ff", der Tochtergesellschaft zuzurechnen gewesen. Diesen Verlustvorträgen seien weder im Veranlagungsjahr 1999 bei der übertragenden Beschwerdeführerin noch in den folgenden Veranlagungszeiträumen bei der übernehmenden Tochtergesellschaft Gewinne gegenüber gestanden, mit denen die Verlustvorträge hätten verrechnet werden können. Hingegen habe die Beschwerdeführerin im Veranlagungsjahr 2002 ausreichend Gewinne erzielt, um eine Verlustverrechnung in Höhe von rd. 1,1 Mio. EUR vorzunehmen. Sowohl das Finanzamt als auch die belangte Behörde hätten jedoch die Verlustvortragsverrechnung für das Veranlagungsjahr 2002 mit dem Argument versagt, dass es sich in dieser Höhe um vororganschaftliche Verluste gehandelt habe, die zwar als Sonderausgaben beim Organträger (Beschwerdeführerin) abzuziehen seien, aber nur bis zur Höhe des steuerpflichtigen Gewinnes der Organgesellschaft (Tochtergesellschaft).

Nach § 21 Z 1 UmgrStG gelten Verluste des Einbringenden, die bis zum Einbringungsstichtag entstanden und bis zum Veranlagungszeitraum, in den der Einbringungsstichtag fällt, nicht verrechnet sind, im Rahmen einer Buchwerteinbringung (§ 16 Abs. 1 leg. cit.) ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft, als sie dem übertragenen Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 KStG 1988 zugerechnet werden können.

§ 21 Z 1 UmgrStG ordnet einen zwingenden objektbezogenen Verlustvortragsübergang auf die übernehmende Körperschaft mit Wirkung ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum an (vgl. beispielsweise Wiesner/Helbich, Umgründungen5, 171). § 21 UmgrStG verdrängt damit die Folgen des allgemeinen Steuerrechts, nach dem der Verlustabzug grundsätzlich nur dem Steuerpflichtigen zusteht, der den Verlust erwirtschaftet hat (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, Tz 1197).

§ 9 KStG 1988 regelte bis zu dessen Neufassung durch das Steuerreformgesetz 2005 die Besteuerung der so genannten "Organschaft". Bestand zwischen einer Organgesellschaft und dem Organträger ein Ergebnisabführungsvertrag, dann war nach § 9 Abs. 1 leg. cit. der steuerlich ermittelte Gewinn (Verlust) der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen. Sonderausgaben der Organgesellschaft waren gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 beim Organträger abzuziehen, "wobei vortragsfähige vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft nur bis zur Höhe ihres steuerlichen Gewinnes verrechnet werden können".

Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 21 Z 1 UmgrStG und § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 ergibt sich, dass durch den per vorgenommenen Einbringungsvorgang die bei der Beschwerdeführerin unstrittig vor der Begründung der Organschaft in den Jahren 1997 und 1998 angefallenen Verluste des Teilbetriebes zu vororganschaftlichen Verlusten der Tochtergesellschaft und somit auch zu "fremden" Verlusten der Beschwerdeführerin im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 wurden. An diesem Status vororganschaftlicher Verluste der Tochtergesellschaft für das Streitjahr änderte sich entgegen der in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Ansicht dadurch nichts, dass die einbringungsbedingt übergegangenen Verluste der Beschwerdeführerin aus dem Teilbetrieb nach § 21 Z 1 UmgrStG erst ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum (somit ab dem Jahr 2000) als Verluste der Tochtergesellschaft galten und im Veranlagungszeitraum, in den der Einbringungsstichtag fiel (somit im Jahr 1999), noch bei der Beschwerdeführerin zu verrechnen gewesen wären (solcherart einen "Status als im Organkreis verrechenbare Verlustvorträge" erlangt hätten). Dass mit der laut Beschwerde "aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen" vorgenommenen Umgründung mit dem (Umgründungsvorgänge an sich begünstigenden, vgl. nochmals Doralt/Ruppe, aaO, Tz 1116) objektbezogenen Übergang des Verlustabzuges auch die Rechtsfolge der unter einem gewählten Organschaft nach § 9 Abs. 1 zweiter Satz KStG 1988 einher ging, macht die "Versagung des Verlustausgleichs für 2002" für sich weiters noch nicht "sachlich ungerechtfertigt und willkürlich", worauf die belangte Behörde im Ergebnis auch zu Recht hinweist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:2010130087.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAE-77756