VwGH vom 23.04.2014, 2010/13/0066

VwGH vom 23.04.2014, 2010/13/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger, Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der G GmbH in B, vertreten durch die Haunschmidt Partner Steuerberatungs GmbH in 1090 Wien, Julius Tandler Platz 6/9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0124- W/10, betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Hotelbetriebsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Im Rahmen einer Nachschau im Jahr 2009 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass der Beschwerdeführerin statt der für das Jahr 2003 geltend gemachten Investitionszuwachsprämie in Höhe von EUR 10.978,-- lediglich eine solche in Höhe von EUR 153,-- zustehe. Die Beschwerdeführerin habe Mieterinvestitionen getätigt, die als bloße Erhaltungsaufwendungen (Instandhaltungen und Instandsetzungen) zu qualifizieren seien, für die keine Investitionszuwachsprämie zustehe.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und setzte mit Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie mit EUR 153,-- fest.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie betreibe ein Hotel in einem gemieteten Objekt und habe im Jahr 2003 mehrere Zimmer generalsaniert. Die Investitionen hätten umfangreiche Instandsetzungen im Bereich der Elektroinstallationen sowie eine Erneuerung der Zimmerausstattung, die Sanierung der Wand- und Bodenflächen, Malerarbeiten sowie Verfliesungsarbeiten betroffen. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , 2006/15/0152, die Zulässigkeit der Investitionszuwachsprämie für Mieterinvestitionen bejaht. Eine Investitionszuwachsprämie stehe nur dann nicht zu, wenn eine Mieterinvestition die Gebäudeeigenschaft erreiche, was bei den von ihr getätigten Investitionen aber nicht der Fall sei. Das Finanzamt habe die Investitionen mit der Begründung aus der Berechnung der Investitionszuwachsprämie ausgeschieden, dass es sich dabei um Instandsetzungsaufwand handle, der nach den Einkommensteuerrichtlinien (EStR) unter den Oberbegriff des Erhaltungsaufwands falle. Es sei aber weder dem Gesetz noch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu entnehmen, dass Investitionen in Mietobjekte, die nach den EStR unter den Begriff der Instandsetzung fielen, von der Investitionszuwachsprämie ausgeschlossen seien. Vielmehr entstehe durch Mietereinbauten ein eigenes Wirtschaftsgut, welches der Investitionszuwachsprämie zugänglich sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Arbeiten seien als Erhaltungsmaßnahmen zu qualifizieren, die zu keinem selbständig anzusetzenden Wirtschaftsgut führten bzw. handle es sich um "Aufwendungen in ein Gebäude" und stehe eine Investitionszuwachsprämie dafür nicht zu. Laut den vorliegenden Rechnungen handle es sich u.a. um die Renovierung vorhandener Möbel, vorhandener Wasser- und Heizungsinstallationen, Bäder und WC's, um die Reparatur von Emailschäden, um die Sanierung bestehender Parkett- und Teppichböden sowie um die Renovierung bestehender Massivparkettböden bzw. die Verlegung über bestehenden Fliesenböden. Auch seien die Heizungs- sowie die Lüftungsanlage nicht erstmalig errichtet, sondern seien lediglich Arbeiten an bereits bestehenden Anlagen durchgeführt worden. Der Einbau neuer Badewannen, Waschtische und WCs nach Entfernen der alten Anlagen im Zuge der Renovierung sei als "Aufwand in ein Gebäude" zu beurteilen, da diese Sanitäreinrichtungen nach der Verkehrsauffassung fest mit dem Gebäude verbunden und daher Teil des Gebäudes seien. Gleiches gelte für die nach der Renovierung angebrachten Fliesen. Soweit die Rechnung über die "Verlegung von Massivparkett im Fitnessraum" den Austausch des Bodenbelags in einem bereits bestehenden Fitnessraum betreffe, liege eine Aufwendung in ein bereits bestehendes Wirtschaftsgut und nicht die Anschaffung oder Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts vor. Sei der Fitnessraum hingegen erstmals hergestellt worden, liege nach der Verkehrsauffassung ein Teil eines Gebäudes vor und stehe dafür ebenfalls keine Investitionszuwachsprämie zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0203). Zwar habe die Beschwerdeführerin sämtliche Arbeiten aktiviert und in das Anlagevermögen als Betriebs- und Geschäftsausstattung aufgenommen, jedoch bestehe keine Bindungswirkung des rechtskräftigen Körperschaftsteuerbescheides für den Bescheid betreffend die Investitionszuwachsprämie.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 6 KStG 1988 galt für das Streitjahr die Bestimmung des § 108e EStG 1988 sinngemäß für Körperschaften im Sinne des § 1 KStG 1988, soweit sie nicht von der Körperschaftsteuer befreit waren.

§ 108e EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 lautete auszugsweise:

"(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.

Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
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Gebäude.
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Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.
-
..."
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Vorliegen prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter vor allem mit dem Argument verneint, es handle sich um "bloße Erhaltungsmaßnahmen" im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , 2006/15/0152, VwSlg. 8174/F, und dies in Bezug auf die Arbeiten an der Heizungs- und der Lüftungsanlage sowie - für den Fall, dass der Fitnessraum nicht neu errichtet wurde - die Parkettverlegung im Fitnessraum näher begründet.
Die Beschwerde macht nicht geltend, statt Erhaltungsaufwand wäre in diesen Fällen Herstellungsaufwand vorgelegen. Sie vertritt den Standpunkt, mit "bloßen Erhaltungsmaßnahmen" seien in dem zitierten Erkenntnis nur solche gemeint gewesen, bei denen es sich "um einen minderen Grad der Instandhaltung bzw. Reparatur" handle, und durch Erhaltungsaufwand in der Form von Instandsetzungen könne ein prämienbegünstigtes Wirtschaftsgut entstehen. Dem ist nicht beizupflichten, wie außer aus dem zitierten Erkenntnis selbst etwa auch schon aus dem hg. Erkenntnis vom , 1338/75, ÖStZB 1976, 119, hervorgeht (vgl. in diesem Zusammenhang auch
Doralt/Mayr , EStG 13,§ 6 Tz 121, und Doralt , EStG 9,§ 12 Tz 42, jeweils m.w.N.).
In Bezug auf den Einbau von Wannen, Waschtischen und WCs samt Aufbringen eines rutschfesten Belages auf den Wannen und Verfliesung sowie - für den Fall der Neuherstellung des Fitnessraumes - die Parkettverlegung im Fitnessraum hat die belangte Behörde jedoch nicht dargelegt, es liege Erhaltungsaufwand vor. Sie hat ihre Entscheidung hinsichtlich dieser Aufwendungen darauf gestützt, dass es sich um "Gebäudeinvestitionen" handle, und in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0203, VwSlg. 8415/F, verwiesen.
Damit hat die belangte Behörde insoweit jedoch die Rechtslage verkannt, weil sich das von ihr ins Treffen geführte Erkenntnis nicht auf Investitionen eines Mieters bezog und der Verwaltungsgerichtshof in dem zuvor erwähnten Erkenntnis vom , 2006/15/0152, VwSlg. 8174/F, in Bezug auf Mieterinvestitionen ausgesprochen hat, in einem solchen Fall sei zu prüfen, ob die Investition selbst - wie etwa im Falle einer Aufstockung oder eines Zubaues - als Gebäude anzusehen sei, wovon die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht ausgehen konnte.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am