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VwGH vom 22.06.2010, 2008/11/0009

VwGH vom 22.06.2010, 2008/11/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des St. Lazarus Hilfswerkes in Wien, vertreten durch Mag. Thomas Spiegel, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Theobaldgasse 16/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 190.737/6-III/7/07, betreffend Verpflegskosten iA. ZDG (mitbeteiligte Partei: A N in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Zuweisungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde der Mitbeteiligte zu einer Einrichtung der beschwerdeführenden Partei in Wien zur Dienstleistung ("Hilfsdienste bei der Betreuung u beim Transport behinderter u kranker Menschen Flüchtlingsbetreuung u Katastrophenhilfe Kraftfahr- Begleit- u Reinigungsdienste") vom bis zum zugewiesen. In diesem Zeitraum leistete der Mitbeteiligte seinen ordentlichen Zivildienst.

Mit Schreiben vom stellte der Mitbeteiligte den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber der beschwerdeführenden Partei in Ansehung seiner angemessenen Verpflegung während der Dauer seines Zivildienstes.

Mit im Instanzenzug über Berufung des Mitbeteiligten und der beschwerdeführenden Partei ergangenem Bescheid vom stellte die Bundesministerin für Inneres fest, dass die Höhe der vermögensrechtlichen Ansprüche des Mitbeteiligten gegen die beschwerdeführende Partei EUR 2.632,73 betrage.

Begründend wurde ausgeführt, aufgrund gleichbleibenden Dienstortes sei ein Abzug gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 der Verpflegungsverordnung in Höhe von 15 v.H. gerechtfertigt.

Zu § 4 Abs. 1 Z. 2 der Verpflegungsverordnung wurde ausgeführt, gemäß dem Zuweisungsbescheid habe der Mitbeteiligte unter anderem Hilfsdienste bei der Betreuung und beim Transport behinderter und kranker Menschen zu verrichten gehabt. Der Mitbeteiligte habe angegeben, zu Tragdiensten von nicht gehfähigen Patienten im Tragsessel oder in einem Rollstuhl sowie zum Transport von Sauerstoffflaschen mit einem Gewicht von ca. 20 kg eingesetzt worden zu sein. Ebenso wäre das Lenken eines Kraftfahrzeuges im dichten Straßenverkehr äußerst belastend gewesen. Die mitbeteiligte Partei habe angegeben, dass keine körperlich belastenden Tätigkeiten angefallen seien. Weiters wären ausnahmslos gehfähige behinderte Menschen, vielleicht ab und zu ein Rollstuhlfahrer, zu transportieren gewesen, die Notfallflaschen hätten lediglich 8 Kilogramm gewogen. Das Stiegensteigen könne für einen jungen Menschen nicht als Erschwernis bezeichnet werden. Aufgrund der von den Parteien gemachten Angaben sei ein Abzug gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 der Verpflegungsverordnung in der Höhe von 3 v.H. gerechtfertigt.

Ein Abzug gemäß § 4 Abs. 2 Z. 3 der Verpflegungsverordnung sei hingegen nicht gerechtfertigt, weil die Kochgelegenheit nicht mit einem Gefrierschrank ausgestattet gewesen sei.

Es ergebe sich somit ein Abzug von insgesamt 18 v.H., weshalb der Rechtsträger dem Mitbeteiligten Verpflegungskosten in der Höhe von EUR 11,15 pro Tag, in Summe demnach EUR 4.069,75 abzugelten habe. Aufgrund des bereits erhaltenen Betrages von EUR 1.437,02 bestehe ein restlicher Anspruch in der Höhe von EUR 2.632,73.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom , B 1908/07-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie von der beschwerdeführenden Partei ergänzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch der Mitbeteiligte beantragt in seiner Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die Bestimmungen des Zivildienstgesetzes - ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2005 bzw. Nr. 40/2006, lauten (auszugsweise):

"§ 28. (1) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dafür Sorge zu tragen, dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden, sie die für die Leistung des Zivildienstes erforderliche Ausbildung, Bekleidung samt deren Reinigung erhalten, die Beiträge für Kranken- und Unfallversicherung im Umfang der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, vorgesehenen Leistungen entrichtet werden und ihnen die Pauschalvergütung gemäß § 25a geleistet wird.

(2) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dem Bund eine monatliche Vergütung von 150 Euro je Zivildienstleistendem zu leisten.

(3) Rechtsträger von Einrichtungen, die Dienstleistungen im Rettungswesen, in der Katastrophenhilfe, in der Sozial- und Behindertenhilfe, in der Altenbetreuung, in der Krankenbetreuung, in der Betreuung von Drogenabhängigen, Vertriebenen, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft erbringen, sind von der Vergütungsleistung nach Abs. 2 ausgenommen, es sei denn, es handelt sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht. Als solche Beherrschung gilt nicht, wenn der Rechtsträger die Dienstleistung - ohne sonst an die Gebietskörperschaft gebunden zu sein - für diese auf Grund eines Vertrages erbringt...

..."

1.2. Art. 2 des am kundgemachten Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird, BGBl. I Nr. 40/2006 (Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006), lautet:

"Artikel 2

Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006

§ 1. (1) Vermögensrechtliche Ansprüche, die auf Grund des § 28 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, vor In-Kraft-Treten der Verpflegungsverordung, BGBl. II Nr. 43/2006, entstanden sind, sind bis zum Ablauf von sechs Monaten nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes vom Anspruchsberechtigten in nachvollziehbarer Weise beim jeweiligen Rechtsträger bei sonstiger Verjährung geltend zu machen.

(2) Der Rechtsträger hat Ansprüche nach Abs. 1 unter Heranziehung der in der Verpflegungsverordnung festgelegten Grundsätze bis zu einem Höchstbetrag von EUR 13,60 pro Tag binnen drei Monaten ab Geltendmachung abzugelten.

(3) Besteht zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Rechtsträger keine Übereinstimmung über die Höhe der nach Abs. 2 abzugeltenden Ansprüche, hat der Rechtsträger auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zu Stande und nimmt der Rechtsträger eine Abgeltung nicht vor, stellt die Zivildienstserviceagentur auf Antrag des Anspruchsberechtigten die Höhe fest. Ein solcher Antrag ist bis zu vier Wochen nach Ablauf der Frist nach Abs. 2 zu stellen. Dem Rechtsträger kommt in diesem Verfahren Parteistellung im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004, zu. Im Falle einer rechtskräftigen Feststellung hat der Rechtsträger die festgestellten Ansprüche binnen sechs Wochen abzugelten.

§ 2. Die Zivildienstserviceagentur ersetzt Rechtsträgern, die Ansprüche gemäß § 1 abgegolten haben, den nach den Grundsätzen der Verpflegungsverordnung berechneten und geleisteten Betrag bis zu einer Höhe von höchstens EUR 4,20 pro Tag und Anspruchsberechtigten, wenn die diesen innerhalb von weiteren drei Monaten nach der Auszahlung bei sonstiger Verjährung geltend gemacht haben. Dies gilt nicht für Rechtsträger, bei denen es sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht, handelt. § 28 Abs. 3 letzter Satz ZDG gilt. Der Rechtsträger hat der Zivildienstserviceagentur alle im Zusammenhang mit der Abgeltung stehenden Unterlagen vorzulegen.

§ 3. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren auf Feststellung der Angemessenheit der Verpflegung oder auf Gewährung von Geldaushilfe gelten als fristgerecht geltend gemachte Ansprüche im Sinne des § 1. Die diesen Verfahren zu Grunde liegenden Unterlagen sind von den verfahrensführenden Stellen den jeweiligen Rechtsträgern zu übermitteln. Mit dieser Übermittlung gelten die Verfahren als eingestellt."

Die am ausgegebene Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden (Verpflegungsverordnung), BGBl. II Nr. 43/2006, lautet (auszugsweise):

"Auf Grund des § 28 des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, wird verordnet:

§ 1. Eine angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG besteht täglich aus Frühstück, einer warmen Hauptmahlzeit und einer weiteren Mahlzeit.

§ 2. Der Rechtsträger einer Einrichtung kommt seiner Verpflichtung zur angemessenen Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG nach, indem er täglich Frühstück, eine warme Hauptmahlzeit und eine weitere Mahlzeit (Naturalverpflegung) zur Verfügung stellt. Auf ärztliche Anordnungen oder religiöse Gebote ist Bedacht zu nehmen.

§ 3. Nimmt der Zivildienstleistende an einer ihm angebotenen Naturalverpflegung mit Zustimmung des Vorgesetzten (§ 38 Abs. 5 ZDG) nicht teil, so gebührt ihm als Ersatz derjenige Betrag, der den durchschnittlichen Kosten entspricht, die dem Rechtsträger der Einrichtung für diese Verpflegung erwachsen. Dieser Betrag darf im Falle der Nichtteilnahme an allen Mahlzeiten die Höhe von EUR 3,40 nicht unterschreiten.

§ 4. (1) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, hat dieser dem Zivildienstleistenden einen Betrag von EUR 13,60 abzugelten.

(2) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, kann er von dem in Abs. 1 genannten Betrag

1. 15 v.H. in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende seinen Dienst an einem gleichbleibenden Dienstort verrichtet;

2. bis zu 10 v.H. in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende im Rahmen seiner festgelegten Dienstleistungen überwiegend zu Tätigkeiten herangezogen wird, die mit geringer körperlicher Belastung verbunden sind, wie etwa der Dienst in der Betreuung von Asylwerbern und Flüchtlingen oder in der Vorsorge für die öffentliche Sicherheit und die Sicherheit im Straßenverkehr;

3. 10 v.H. in Abzug bringen, wenn dem Zivildienstleistenden an der Dienstverrichtungsstelle eine Kochgelegenheit zur Verfügung steht, die ihm auch die Zubereitung frischer Speisen ermöglicht, oder dem gemäß § 27 Abs. 1 ZDG vom Rechtsträger unterzubringenden Zivildienstleistenden eine Kochgelegenheit in seiner Unterkunft zur Verfügung steht. Die Kochgelegenheit hat zumindest aus Herd, Backrohr (Mikrowellenherd) sowie Kühl- und Gefrierschrank zu bestehen.

§ 5. (1) Soweit dem Rechtsträger

1. die Bereitstellung einzelner Mahlzeiten nicht möglich ist oder

2. die angemessene Verpflegung des Zivildienstleistenden wegen Krankheit, Unfall oder Dienstfreistellung nicht möglich ist und die Verpflegung nicht durch einen Kranken- oder Unfallversicherungsträger erfolgt,

hat er dem Zivildienstleistenden die Verpflegskosten abzugelten.

(2) Die Abgeltung für das Frühstück hat höchstens 20 v.H., die warme Hauptmahlzeit höchstens 50 v.H. und die weitere Mahlzeit höchstens 30 v.H. des Betrages, der sich aus § 4 ergibt, zu betragen.

..."

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1.1. Hinsichtlich der von der Behörde bei der Beurteilung, ob ein Abschlag nach § 4 Abs. 2 Z. 2 der Verpflegungsverordnung gerechtfertigt ist, einzuhaltenden Vorgangsweise genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/11/0139 (mwN), zu verweisen.

2.1.2. Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht die Richtigkeit der Wiedergabe ihres Vorbringens und desjenigen des Mitbeteiligten im angefochtenen Bescheid, hält aber einen Abzug von 3 v.H. gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 der Verpflegungsverordnung für zu gering.

Schon auf der Grundlage dieser Vorbringen liegt der von der Beschwerde behauptete Ermessensfehler zu Lasten der beschwerdeführenden Partei nicht vor, weil nicht zu erkennen ist, dass der Mitbeteiligte im Rahmen seiner festgelegten Dienstleistungen überwiegend zu Tätigkeiten herangezogen worden sein sollte, die in einem Ausmaß mit geringer körperlicher Belastung verbunden waren, dass ein 3 v.H. übersteigender Abzug gerechtfertigt wäre.

2.2. Soweit die Beschwerde auch rügt, dass zu Unrecht ein Abschlag nach § 4 Abs. 2 Z. 3 der Verpflegungsverordnung unterblieben sei, genügt der Hinweis darauf, dass das Vorhandensein eines Gefrierschrankes bei der Kochgelegenheit auch in der Beschwerde nicht konkret behauptet wird. Vor dem Hintergrund des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2007/11/0093, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist die Auffassung der belangten Behörde, wonach ein Abschlag nach § 4 Abs. 2 Z. 3 der Verpflegungsverordnung nicht gerechtfertigt sei, nicht zu beanstanden.

2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-77687