VwGH vom 14.03.2013, 2012/22/0268
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2012/22/0269
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden 1. des V und 2. des D, beide vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres, jeweils vom , Zl. 321.713/3- III/4/12 (ad 1., protokolliert zur hg. Zl. 2012/22/0268) und Zl. 321.713/2-III/4/12 (ad 2., protokolliert zur hg. Zl. 2012/22/0269), betreffend Aufenthaltstitel zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 28,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die am gestellten Anträge der Beschwerdeführer, serbischer Staatsangehöriger, auf erstmalige Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zum Zweck der Familiengemeinschaft (des Erstbeschwerdeführers nach dem erstangefochtenen Bescheid mit seinem Vater, dem Zweitbeschwerdeführer; und des Zweitbeschwerdeführers mit seiner serbischen Ehefrau), nunmehr als Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG zu werten, gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 iVm § 46 Abs. 1 NAG ab.
Begründend führte die belangte Behörde in beiden Bescheiden aus, der Mutter und Ehefrau der Beschwerdeführer als Zusammenführender sei am ein Niederlassungsnachweis erteilt worden, welcher gemäß § 11 Abs. 3 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab als "Daueraufenthalt - EG" weitergegolten habe (nach dem Zentralmelderegister habe die Zusammenführende zwischen Ende August 2006 und keinen Wohnsitz in Österreich gehabt). Dieser Aufenthaltstitel sei jedoch gemäß § 20 Abs. 4 NAG erloschen, weil sich die Zusammenführende - wie sie dies bei ihrer Vernehmung vor der Erstbehörde am angegeben habe - von Februar 2006 bis Jänner 2010 in Serbien aufgehalten habe. Die Beschwerdeführer könnten daher von ihr keinen Aufenthaltstitel mehr ableiten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung der angefochtenen Bescheide am die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 maßgeblich sind und sich die nachstehenden Zitierungen auf diese Rechtslage beziehen.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" an die Beschwerdeführer ist fallbezogen u.a., dass die Zusammenführende einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" inne hat (§ 46 Abs. 1 Z. 2 lit. a NAG). Der der Zusammenführenden am erteilte Niederlassungsnachweis galt gemäß § 11 Abs. 1 lit. C sublit. b NAG-DV ab als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" weiter.
Gemäß § 20 Abs. 4 NAG erlischt dieser Aufenthaltstitel allerdings, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Der Nachweis des Aufenthaltes im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden.
Die Beschwerdeführer bekämpfen die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Aufenthaltstitel der Zusammenführenden auf Grund eines mehr als zwölfmonatigen Aufenthaltes außerhalb des Gebietes der EWR erloschen sei. Diesbezüglich werfen sie ihr unrichtige Ermittlungen vor und machen geltend, die belangte Behörde habe von der "melderechtlichen Meldung" auf den Aufenthalt der Zusammenführenden geschlossen und nicht weiter geprüft, dass sie für einige Wochen in den Sommermonaten nach Österreich eingereist sei und sich im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Mit diesem Vorbringen übergehen die Beschwerdeführer das im angefochtenen Bescheid ausdrücklich festgehaltene weitere Beweisergebnis, nämlich die Aussage der Zusammenführenden vor der erstinstanzlichen Behörde am , sie sei zwischen Februar 2006 und Jänner 2010 in Serbien aufhältig und ein einziges Mal am in D bei der Tante des Zweitbeschwerdeführers gewesen. Den Beschwerdeführern gelingt es nicht, Beweisergebnisse aufzuzeigen, die der behördlichen Feststellung, die Zusammenführende habe sich mehr als zwölf Monate außerhalb des Gebietes des EWR, nämlich in Serbien, aufgehalten, entgegenstünden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfbefugnis nicht zu beanstanden.
Die in der Beschwerde enthaltene Behauptung, die Zusammenführende sei (offenbar gemeint: jedes Jahr) in den Sommermonaten für zumindest einige Wochen nach Österreich gereist und habe sich hier aufgehalten (zur Relevanz eines solchen "Sommeraufenthaltes" vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0335), wurde im Administrativverfahren nicht erstattet. Das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) steht daher einer Bedachtnahme auf diesen Umstand entgegen, weshalb der diesbezüglichen Verfahrensrüge der Boden entzogen ist.
Angesichts der von der belangten Behörde erzielten Ermittlungsergebnisse, nämlich der Aussage der Zusammenführenden, welche mit den Daten des zentralen Melderegisters weitgehend in Einklang gebracht werden konnte, ist auch nicht zu sehen, dass die belangte Behörde von Amts wegen zu weiteren Erhebungen verpflichtet gewesen wäre, ob die Zusammenführende vielleicht in den Sommermonaten zu Urlaubszwecken nach Österreich eingereist wäre.
Auch der in der Berufung der Beschwerdeführer enthaltene Hinweis auf das schon genannte Erkenntnis vom war nicht in diese Richtung zu verstehen. In der Rechtsmittelschrift wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Beurteilung im erstinstanzlichen Bescheid, der Aufenthalt der Zusammenführenden im Bundesgebiet sei wegen des Erlöschens ihres Aufenthaltstitels nach § 20 Abs. 4 NAG nicht rechtmäßig, und sie führten dazu aus:
"So stellt der Verwaltungsgerichtshof in dieser angeführten Erkenntnis eindeutig fest, dass ein Daueraufenthalt nur verloren geht, wenn der Fremde sechs Jahre nicht im EWR Raum niedergelassen war.
Im gegenständlichen Fall hat die zusammenführende Ehegattin bzw. Mutter der Antragsteller zwischen und keinen Wohnsitz in Österreich gehabt. Sie ist wieder am in Österreich gemeldet. Damit liegen im gegenständlichen Fall die Erfordernisse der Erlöschung gemäß § 20 Abs. 4 NAG nicht vor, ..."
Da die Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Feststellung über einen knapp vierjährigen Aufenthalt der Zusammenführenden in Serbien nicht substantiiert entgegentraten und auf eine sechsjährige Frist abstellten, hatte die belangte Behörde keine Anhaltspunkte von einer jährlichen Rückkehr der Zusammenführenden
auszugehen oder "die Beschwerdeführer ... damit zu konfrontieren,
ob sie (gemeint wohl: die Zusammenführende) in den Sommermonaten zu Urlaubszwecken nach Österreich eingereist" wären.
Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, dass sie auf Grund des mehr als zwölfmonatigen Aufenthaltes der Zusammenführenden außerhalb des Gebietes des EWR von einem Erlöschen des Aufenthaltstitels gemäß § 20 Abs. 4 NAG ausgegangen ist.
Die von den Beschwerdeführern behauptete Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" an die Schwester des Erstbeschwerdeführers und Tochter des Zweitbeschwerdeführers vermag das Erlöschen des Aufenthaltstitels der Zusammenführenden gemäß § 20 Abs. 4 NAG nicht zu verhindern.
Den Beschwerdeführern fehlte daher die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 46 Abs. 1 Z. 2 lit. a NAG, nämlich die Innehabung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" der Zusammenführenden, sodass eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG nicht mehr vorzunehmen war.
Da die behauptete Rechtsverletzung somit nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-77661