VwGH vom 29.02.2012, 2008/10/0339
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des R K in N, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS- 10/10175/10-2008, betreffend Übertretung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last, er habe es als bevollmächtigter Vertreter von R.R. zu verantworten, dass am auf näher bezeichneten Grundstücken der KG D. mit dem Bau einer Aufschließungsstraße noch vor Vorliegen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung begonnen worden sei und bereits erhebliche Eingriffe und Bodenverwundungen in der Landschaft getätigt worden seien und dass diese Bauarbeiten am neuerlich ohne die dafür erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung weitergeführt worden seien, obwohl die mit erheblichen Bodenverwundungen, Abtragungen oder Aufschüttungen verbundene Anlage und wesentliche Änderung von Straßen und Wegen einschließlich ihrer Nebenanlagen einer Bewilligung der Naturschutzbehörde bedürften.
Der Beschwerdeführer habe damit eine Übertretung des § 61 Abs. 1 iVm § 25 Abs. 1 lit. d Salzburger Naturschutzgesetz 1999 - NSchG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden) verhängt wurde.
Im Weiteren legte die belangte Behörde ihrer Entscheidung die Feststellungen zugrunde, R.R. - die Alleineigentümerin der gegenständlichen Grundstücke, welche Grünfläche, landwirtschaftlich benutzt und im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen seien - habe den Beschwerdeführer, einen pensionierten Bautechniker, mit der Projektierung der gegenständlichen Aufschließungsstraße, der behördlichen Einreichung und der Überwachung der Baumaßnahmen beauftragt. R.R. habe in diesem Zusammenhang weder selbst Unternehmen beauftragt noch Aufträge erteilt, wann welche Baumaßnahmen durch wen zu setzen seien. Dafür habe der Beschwerdeführer gesorgt; R.R. habe lediglich die Rechnungen bezahlt.
Der Beschwerdeführer habe ihr bis dato für die Projektierung und damit verbundene behördliche Aktivitäten EUR 6.000,-- verrechnet und im Dezember 2007 eine schriftliche Aufstellung der im Zusammenhang mit dem Projekt stehenden noch offenen Forderungen überreicht, der zufolge die Bauaufsicht noch einer gesonderten Abrechnung unterzogen werde.
Nach seinen eigenen Ausführungen sei der Beschuldigte, der gegenüber R.R. von Beginn an die Auffassung vertreten habe, die gegenständliche Maßnahme bedürfe keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, von der Behörde erster Instanz darauf aufmerksam gemacht worden, dass eine solche Bewilligung für die gegenständliche Straße erforderlich sei. Mit Anbringen vom habe er namens R.R. diese Bewilligung beantragt, wobei ein Einreichplan angeschlossen gewesen sei, der vom Beschwerdeführer als "Planverfasser und Verantwortlicher Bauführer" unterzeichnet gewesen sei.
Sowohl am 24. Mai als auch am seien die Baumaßnahmen bereits in erheblichem Ausmaß begonnen gewesen und hätten erhebliche Bodenverwundungen verursacht. Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom , rechtskräftig seit , sei die naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden.
Die erste Verfolgungshandlung im Verwaltungsstrafverfahren, nämlich eine Aufforderung zur Rechtfertigung, die dem nunmehrigen Tatvorwurf entspreche, sei dem Beschwerdeführer am zugestellt worden.
In beweiswürdigender Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe der Darstellung durch R.R. als Zeugin insofern widersprochen, als er bestritten habe, mit der Bauaufsicht beauftragt gewesen zu sein bzw. diese vorgenommen zu haben. Diese Verantwortung habe die belangte Behörde jedoch auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers und des von ihr gewonnenen unmittelbaren Eindrucks als nicht glaubwürdig erachtet, weil der Beschwerdeführer selbst einzelne Schritte in Bezug auf das Bauvorhaben, die er veranlasst bzw. überwacht habe, wie etwa das Abstecken der Grenzen durch den Vermessungstechniker, das Abziehen des Humus und das Verlegen von Leitungen durch die S. AG, dargestellt habe. Darüber hinaus sei er laut Einreichplan, bei der Behörde eingebracht im März 2007, der "verantwortliche Bauführer".
Demgegenüber habe die Zeugin R.R. glaubwürdig ausgeführt, sie habe sich in den ganzen Straßenbau - schon in Ermangelung entsprechender Kenntnisse - in keiner Weise eingemischt, sondern sich in jeder Hinsicht auf den von ihr dazu beauftragten Beschuldigten verlassen. Der Beschuldigte wiederum - so die belangte Behörde weiter - sei von Beruf (pensionierter) Bauingenieur, also auch dazu fachlich befähigt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe § 25 Abs. 1 lit. d NSchG zuwidergehandelt und somit den Tatbestand des § 61 Abs. 1 NSchG erfüllt. Der Beschwerdeführer, der nach wie vor die Auffassung vertrete, die Anlage der gegenständlichen Straße bedürfe keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, habe vorsätzlich gehandelt, weil er auf die Notwendigkeit einer solchen Bewilligung aufmerksam gemacht worden sei.
Zur Bemessung der Strafe nach § 19 VStG führte die belangte Behörde schließlich aus, als Milderungsgrund werde die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gewertet, im Ergebnis als erschwerend der Umstand, dass er bis zuletzt nicht einmal ansatzweise Einsicht gezeigt habe. Der Beschwerdeführer habe angegeben, über ein Pensionseinkommen von monatlich EUR 900,-- netto zu verfügen, und sonstige Einkünfte nicht angegeben. Allerdings gehe die belangte Behörde von weiterem (selbständigen) Einkommen des Beschwerdeführers aus, weil er R.R. für die gegenständliche Tätigkeit bislang EUR 6.000,-- in Rechnung gestellt habe und weitere Beträge noch offen seien. Die bei etwa einem Siebtel des möglichen Strafrahmens angesetzte Geldstrafe erscheine aus spezialpräventiven und aus generalpräventiven Gründen als geboten; es müsse dem Beschwerdeführer wie auch der Allgemeinheit vor Augen geführt werden, dass mit offensichtlich bewilligungspflichtigen Maßnahmen nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt ohne Vorliegen einer Bewilligung begonnen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 - NSchG, LGBl. Nr. 73/1999 in der hier maßgeblichen Fassung des LGBl. Nr. 58/2005, lautet auszugsweise wie folgt:
" Bewilligungsbedürftige Maßnahmen
§ 25
(1) Folgende Maßnahmen bedürfen einer Bewilligung der Naturschutzbehörde:
(…)
d) die mit erheblichen Bodenverwundungen, Abtragungen oder Aufschüttungen verbundene Anlage und wesentliche Änderung von Schipisten, Sommerrodelbahnen, Straßen und Wegen einschließlich ihrer jeweiligen Nebenanlagen, ausgenommen nicht mit Lastkraftwagen befahrbare unbefestigte Rückewege zur Holzbringung, sofern damit keine größeren Abtragungen oder Aufschüttungen verbunden sind; (…)
(…)
Strafbestimmungen
§ 61
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit Geldstrafe bis 14.600 EUR oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den Bestimmungen der §§ 7 Abs 2, 8, 10 Abs 1 zweiter Satz, 11 Abs 3, 14, 15, 17 Abs 2, 18 Abs 1 und 2, 20, 21, 22a, 22b, 23 Abs 4, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 34 Abs 8 und 10, 35 Abs 3, 38 Abs 2 und 3, 39 Abs 1, 46 Abs 3 oder 50 Abs 3 zweiter Satz oder den in den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen, Bescheiden oder Anordnungen getroffenen Geboten und Verboten zuwiderhandelt.
(2) Bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände, wie etwa nicht wieder gutzumachender abträglicher Auswirkungen oder großer wirtschaftlicher Vorteile der Tat, können Geldstrafen bis zu
36.500 EUR verhängt werden.
(…)"
2. Der Beschwerdeführer macht zunächst Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG geltend und bringt dazu im Wesentlichen vor, erst im angefochtenen Bescheid sei ihm ein Dauerdelikt vorgeworfen worden, während ein solcher Vorwurf im vorangegangenen Verfahren niemals erhoben worden sei.
Wie schon die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, wurde dem Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten bereits am eine Aufforderung zur Rechtfertigung zugestellt, die eine Schilderung des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Sachverhaltes entsprechend dem (eingangs wiedergegebenen) Spruch des angefochtenen Bescheides enthielt.
Damit hat die Verwaltungsstrafbehörde allerdings eine Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG gesetzt, weil insofern der Vorhalt der von der Behörde verfolgten Tat und nicht deren rechtliche Qualifikation maßgebend ist (vgl. etwa die Judikaturnachweise bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 32 VStG E 86, 109, sowie bei E.Pürgi in N.Raschauer/W.Wessely , VStG § 32 Rz 5,
S. 484).
3. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die als erwiesen angenommene Tat hinreichend gemäß § 44a Z. 1 VStG bezeichnet. Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, worin die Verantwortung des Beschwerdeführers für den Bau der gegenständlichen Aufschließungsstraße bestehen solle, ist auf die wiedergegebenen Feststellungen zur Beauftragung durch den Beschwerdeführer hinzuweisen.
Entgegen der in der Beschwerde offenbar vertretenen Auffassung ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides begründende Unklarheit des Spruchs darin, dass die belangte Behörde durch Einfügen eines Klammerausdrucks die im Übrigen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unstrittige Lage der gegenständlichen Grundstücke präzisiert hat, keineswegs zu erblicken.
4. Im Weiteren wendet sich die Beschwerde gegen die der Feststellung der Beauftragung der gegenständlichen Baumaßnahmen durch den Beschwerdeführer zugrunde liegende behördliche Beweiswürdigung und führt dazu im Wesentlichen aus, die dafür von der belangten Behörde allein herangezogene Aussage der Zeugin R.R. sei nicht schlüssig; vielmehr hätte die belangte Behörde der Aussage des Beschwerdeführers folgen müssen.
Die belangte Behörde hat bei der von ihr vorgenommenen Beweiswürdigung auf den von ihr (von beiden Personen) gewonnenen unmittelbaren Eindruck verwiesen und etwa dargelegt, dass der Beschwerdeführer Einzelschritte des Bauvorhabens präzise darstellen habe können und dass er - im Gegensatz zur Zeugin R.R. -
über die ausreichenden fachlichen Kenntnisse verfügt habe.
Mit dem wiedergegebenen Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Umstände auf, die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis aufgreifen könnte. Die behördliche Beweiswürdigung ist nämlich der Kontrolle durch den Gerichtshof nur dahin unterworfen, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen, ohne dass es dem Gerichtshof zukäme, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist zur Rechtskontrolle berufen und keine Tatsacheninstanz (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0028, mwN).
5. Auch mit ihren Ausführungen zu der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung nach § 19 VStG vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Soweit sich der Beschwerdeführer darin gegen die Annahme von Vorsatz durch die belangte Behörde wendet, ist mit dem angefochtenen Bescheid darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer Verfasser des dem naturschutzbehördlichen Bewilligungsantrag vom angeschlossenen Einreichplanes war. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Anlage der Straße bedürfe keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, vermag daran nichts zu ändern, ist doch nach der hg. Rechtsprechung bei komplexer Rechtslage gerade die Einholung von Auskünften der für die Sache zuständigen Behörden geboten (vgl. W.Wessely in N.Raschauer/W.Wessely , VStG § 5 Rz 21, mit Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).
Auch die Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich weiterer Einkünfte des Beschwerdeführers abgesehen von seinem Pensionseinkommen sind nicht zu beanstanden, bestreitet doch die Beschwerde etwa die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe von R.R. bereits EUR 6.000,-- erhalten, nicht konkret.
Schließlich kann entgegen der Beschwerdeauffassung der Umstand, dass nach Tatbegehung die erforderliche naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt wurde, nicht als Milderungsgrund gewertet werden; die belangte Behörde hat durchaus zu Recht bei Bemessung der Strafe den Aspekt berücksichtigt, dass mit bewilligungspflichtigen Maßnahmen nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt ohne Vorliegen der erforderlichen Bewilligung begonnen werden darf.
6. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
VAAAE-77636