VwGH vom 29.05.2013, 2012/22/0261
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des R, vertreten durch Mörth Ecker Filzmaier Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Maiffredygasse 8/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. ABT03-2-9.Y/1108-2011, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), welcher ab als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 4 NAG gewertet wurde, gemäß § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 und Abs. 5 und § 43 Abs. 4 NAG ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am nächsten Tag einen Asylantrag gestellt, welcher mit "zweitinstanzlich negativ entschieden" worden sei. Am sei von der Bundespolizeidirektion G gegen den Beschwerdeführer eine fremdenpolizeiliche Ausweisung verfügt worden, welche "mit VwGH-Erkenntnis vom in Rechtskraft" erwachsen sei.
Der Beschwerdeführer habe seinen Antrag mit seiner mittlerweile guten Integration, seinem Wunsch, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen sowie dem Willen seine Deutschkenntnisse zu verbessern, begründet. Neben Kopien der Geburtsurkunde, des Einwohnermelderegisters, des abgelaufenen Reisepasses, des Mietvertrages, des KSV-Auszugs und einer Deutschkursbestätigung sei auch ein Arbeiterdienstvertrag einer Pizzeria vom (Ende der Einstellungsfrist ) vorgelegt worden. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark habe nach Übermittlung des Antrages durch die belangte Behörde mit Stellungnahme vom ausgeführt, dass die seit durchsetzbare rechtskräftige fremdenpolizeiliche Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nach wie vor auf Dauer zulässig wäre und die mangelnde Integration trotz des jahrelangen Aufenthaltes im Bundesgebiet betont. Sie habe auch auf die Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz vom wegen falscher Beweisaussage sowie auf die Tatsache, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers nach wie vor in der Türkei leben würde, hingewiesen. Nach Einräumung von Parteiengehör zur Stellungnahme der Sicherheitsdirektion sowie der beabsichtigten abweisenden Entscheidung der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer nach einem Fristerstreckungsantrag eine Deutschkursanmeldebestätigung sowie eine Haftungserklärung des E. K. samt zwei Lohnabrechnungen nachgereicht.
In der rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, dass die gemäß § 43 Abs. 4 NAG geforderten Aufenthaltszeiten erfüllt seien, doch fehle dem Beschwerdeführer die Selbsterhaltungsfähigkeit, welche eine allgemeine Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG darstelle. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass dem Beschwerdeführer selbst kein eigenes Einkommen zur Verfügung stehe; eine Haftungserklärung sei dagegen im Niederlassungsverfahren gemäß § 43 Abs. 4 NAG nicht vorgesehen, weshalb jene von E. K. nicht zu berücksichtigen sei. Selbst im Erteilungsfall sei mit der beantragten Niederlassungsbewilligung kein freier Zugang zum Arbeitsmarkt gegeben, sodass die Vorlage allfälliger Einstellungszusagen nicht von Belang sei. Selbst eine tragfähige Patenschaftserklärung, wie sie im Verfahren von besonders berücksichtigungswürdigen Altfällen zulässig sei, könnte im Fall seiner Tragfähigkeit für sich alleine keine besondere Berücksichtigungswürdigkeit bzw. Integration in Österreich darlegen. Eine solche sei in Gesamtbetrachtung des Falles nach Einbindung der Sicherheitsdirektion nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer weder eine wirtschaftliche, sprachliche noch gesellschaftliche Integration auf einem derartigen Niveau darlegen habe können, dass von einer besonderen Berücksichtigungswürdigkeit ausgegangen werden könne. Die bloße Anmeldung bei einem Deutschkurs bzw. die Behauptung, am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu wollen und die Vorlage eines Arbeiterdienstvertrages könnten entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trotz mehrjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keine derartige nachhaltige Integration darlegen, dass eine besondere Berücksichtigungswürdigkeit gegeben sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 43 Abs. 4 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 38/2011) zum einen deshalb abgewiesen, weil sie die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG als nicht erfüllt erachtete. Zum anderen gelangte die Behörde zum Ergebnis, dass kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliege, sodass die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels auch deshalb nicht in Betracht komme.
Dieses Ergebnis vermag die Beschwerde nicht als rechtswidrig darzustellen. Was die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG anlangt, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer unstrittig nicht erwerbstätig ist und nicht über einen Zugang zum Arbeitsmarkt verfügt. Er hat auch keinen Rechtsanspruch auf Unterhaltsmittel nachgewiesen. Insoweit der Beschwerdeführer im Hinblick darauf rügt, die belangte Behörde habe die von ihm vorgelegte Haftungserklärung von E. K. nicht ausreichend berücksichtigt, ignoriert er die Ausführungen der belangten Behörde zur Unzulässigkeit einer Haftungserklärung im gegenständlichen Verfahren und hält somit den Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer fehlende Unterhaltsmittel abgesprochen wurde, nichts Stichhaltiges entgegen. Entgegen der Beschwerdeansicht durfte die belangte Behörde daher schon deshalb zu Recht davon ausgehen, dass die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG nicht erfüllt sei. Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Integration kommt es daher nicht mehr an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0305, mwN), weshalb das der Sache nach darauf Bezug nehmende Vorbringen in der gegenständlichen Beschwerde ins Leere führt.
Im Übrigen wird aber auch in der Beschwerde nicht dargetan, auf Grund welcher besonderen Umstände davon auszugehen sei, dass hier ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 43 Abs. 4 NAG vorliege. Der Beschwerdeführer war zwar den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge nahezu 9 Jahre und 8 Monate in Österreich aufhältig, war jedoch während dieses Zeitraums nicht erwerbstätig. Auch wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers den Besuch eines Deutschkurses und das Bestehen eines Freundes und Bekanntenkreises veranschlagt und berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge schuldenfrei ist und "der Allgemeinheit nicht zur Last" falle, wie die Beschwerde ausführt, so reicht das nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes insgesamt noch nicht, um einen so hohen Integrationsgrad zu begründen, dass die belangte Behörde einen "besonders berücksichtigungswürdigen Fall" hätte annehmen müssen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-77634