VwGH vom 21.10.2010, 2008/10/0321
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der A S in Wien, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 20/2, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 22 - 3149/2008, betreffend naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom wies die Wiener Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung der - nachträglichen - naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung für die Errichtung eines Autoabstellplatzes auf dem Grundstück Nr. 190/7, KG X., gemäß § 24 Abs. 5 Z. 3, Abs. 6 und Abs. 8 des Wiener Naturschutzgesetzes ab.
Die Wiener Landesregierung stützte sich dabei auf die Stellungnahmen des naturkundlichen Amtssachverständigen DI. K. vom und . Diesen zufolge sei das in der Wienerwaldrandzone des Landschaftsschutzgebietes Hernals gelegene Grundstück Nr. 190/7 im geltenden Flächenwidmungsplan als "Grünland, Parkschutzgebiet" ausgewiesen. Das Grundstück erstrecke sich am Nord-Ost Abhang des Heuberges. Der Landschaftsraum sei geprägt durch eine Villenbebauung mit zum Teil noch vorhandenen großzügigen Gartenanlagen. Bei dem verfahrensgegenständlichen Parkplatz im Ausmaß von ca. 5 mal 10 m handle es sich um eine ebene, geschotterte Fläche, die mit Betonsteinen eingefasst sei. Diese mit Gras bewachsene Fläche sei an einer Seite eingezäunt und an der Zufahrtsseite mit einem Gittertor versehen. Bereits in der -
von der Beschwerdeführerin vorgelegten - Stellungnahme eines naturkundlichen Amtssachverständigen vom sei hervorgehoben worden, dass in diesem Bereich, der einen Bestandteil eines großen Villengartens darstelle, das Belassen von Flächen mit einem gewissen Verwilderungsgrad notwendig sei. Durch das Abstellen von Kraftfahrzeugen werde aber der Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern auf dieser Fläche unmöglich gemacht, weshalb es nicht zu einer Verwilderung kommen könne. Durch die Errichtung des Parkplatzes komme es daher zu nachteiligen Auswirkungen auf den Landschaftshaushalt, die auch durch Vorschreibung von Nebenbestimmungen nicht hintangehalten werden könnten. Der Einschätzung des Sachverständigen folgend führte die Wiener Landesregierung aus, durch die Errichtung des Parkplatzes werde der Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes wesentlich beeinträchtigt. Eine Ausnahme vom Verbot der Vornahme von Eingriffen, die dem Schutzzweck der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 17. Wiener Gemeindbezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Hernals), LGBl. Nr. 5/2001, (im Folgenden: LSchVO) zuwiderliefen, sei daher nicht zu bewilligen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Wiener Naturschutzgesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 12/2006 lauten (auszugsweise):
"l. ABSCHNITT
Allgemeine Bestimmungen
Ziel des Gesetzes
§ 1. Dieses Gesetz dient dem Schutz und der Pflege der Natur in all ihren Erscheinungsformen im gesamten Gebiet der Bundeshauptstadt Wien sowie der nachhaltigen Gewährleistung der stadtökologischen Funktionen durch Setzung der erforderlichen Erhaltungs-, Ergänzungs- und Erneuerungsmaßnahmen.
...
Begriffsdefinitionen
§ 3. (1) Landschaft ist der charakteristische, individuelle Teil der Erdoberfläche, der durch das Wirkungsgefüge der hier vorhandenen Landschaftsfaktoren, einschließlich der Einwirkungen durch den Menschen, etwa durch bauliche Anlagen, bestimmt wird.
(2) Landschaftshaushalt ist das Wirkungsgefüge zwischen den Landschaftsfaktoren Klima, Luft, Gestein, Relief, Boden, Wasser, Pflanzen, Tiere und Menschen.
(3) Landschaftsgestalt ist die Wahrnehmungseinheit, welche sich aus dem Relief und den darauf befindlichen, natürlichen und vom Menschen geschaffenen Gebilden zusammensetzt und das Ergebnis des landschaftlichen Wirkungsgefüges (Landschaftshaushalt) darstellt.
...
(8) Eingriff ist jede vorübergehende oder dauerhafte Maßnahme, die geeignet ist, nachteilige Auswirkungen auf den Schutzzweck eines Schutzgebietes, auf ein Schutzobjekt oder im Rahmen des allgemeinen Landschaftsschutzes zu haben . ...
...
5. ABSCHNITT
Gebiets- und Objektschutz
...
Landschaftsschutzgebiete
§ 24. (1) Gebiete, die
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1. | sich durch ihre Landschaftsgestalt auszeichnen, |
2. | als Kulturlandschaft von historischer Bedeutung sind oder im Zusammenwirken mit Nutzungsart und Bauwerken eine landestypische Eigenart aufweisen oder |
3. | der naturnahen Erholung dienen, |
können zu deren Schutz und Pflege durch Verordnung der Landesregierung zum Landschaftsschutzgebiet erklärt werden. | |
... |
(3) Die Verordnung nach Abs. 1 hat (...) den jeweiligen (...) Schutzzweck (...) zu enthalten.
...
(5) Im Landschaftsschutzgebiet sind vorbehaltlich des Abs. 6 alle Eingriffe untersagt, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen.
Hiezu zählen insbesondere:
...
3. die Errichtung von Neu- und Zubauten; Umbauten, wenn dadurch das äußere Erscheinungsbild wesentlich geändert wird, sowie andere Baulichkeiten (wie Einfriedungen, Stützmauern), die nicht unter § 18 Abs. 1 oder 2 fallen,
...
(6) Die Naturschutzbehörde kann mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des Abs. 5 bewilligen, wenn die geplante Maßnahme den Schutzzweck nicht wesentlich beeinträchtigt.
(7) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die geplante Maßnahme eine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes darstellt, jedoch das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles deutlich höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Landschaftsschutzgebietes vor störenden Eingriffen. ...
(8) Die Bewilligung ist erforderlichenfalls unter Bedingungen, Befristungen und Auflagen zu erteilen, um eine Beeinträchtigung des Landschaftshaushaltes, der Landschaftsgestalt oder der Erholungswirkung der Landschaft möglichst gering zu halten. ...
..."
1.2. § 1 der im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung der erwähnten LSchVO lautet:
"§ 1. (1) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan mit einer ununterbrochenen schwarzen Linie umgrenzten und durch Grünfärbung ausgewiesenen Teile des 17. Wiener Gemeindebezirkes werden zum Schutz und zur Pflege der Landschaftsgestalt und der historisch bedeutsamen Kulturlandschaft sowie zur Wahrung der naturnahen Erholung zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.
(2) Das Landschaftsschutzgebiet Hernals besteht entsprechend der unterschiedlichen Grünfärbung und Schraffierung in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan aus den Teilen
A. Wienerwald und
B. Wienerwaldrandzone."
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, der beschwerdegegenständliche Parkplatz sei vor mehr als 10 Jahren von der K. GmbH hergestellt und seither - zum Teil von schweren Baufahrzeugen - verwendet worden. Über Teile dieser Fläche habe früher eine asphaltierte Straße geführt. Dadurch sei das darunter liegende Erdreich derart verfestigt worden, dass ein Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern nicht mehr möglich und damit die Fläche "endgültig der natürlichen Landschaft entzogen" sei. Ferner gingen von der Fläche, welche sich in der Nähe einer Straße und eines Müllplatzes befinde, "keine entscheidenden Impulse" für die Landschaftsgestaltung aus.
2.1.2. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf die Stellungnahmen des naturkundlichen Amtssachverständigen DI. K. vom und gestützte Auffassung zu Grunde, dass es durch das naturschutzrechtlich beantragte Vorhaben zu nachteiligen Auswirkungen auf den Landschaftshaushalt und damit zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes der LSchVO, die auch durch die Vorschreibung von Nebenbestimmungen nicht beseitigt werden könnten, komme.
Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit, diesen Stellungnahmen in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten entgegen zu treten (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0052).
Die Beschwerdeführerin, die von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, räumt selbst ein, dass es durch die Errichtung und Verwendung des beschwerdegegenständlichen Parkplatzes zu einer Verfestigung des Erdreiches gekommen sei, die einen Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern unmöglich mache.
Vor diesem Hintergrund hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die auf den erwähnten Stellungnahmen des Amtssachverständigen beruhenden Feststellungen keine Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/10/0124, welches einen Eingriff in den Naturhaushalt auf Grund einer Bodenversiegelung im Ausmaß von insgesamt etwa 22 m2 zum Gegenstand hatte).
Der Schutzzweck der LSchVO liegt gemäß deren § 1 Abs. 1 (ua.) im Schutz und in der Pflege der Landschaftsgestalt. Gemäß § 3 Abs. 3 des Wiener Naturschutzgesetzes ist die Landschaftsgestalt die Wahrnehmungseinheit, welche sich aus dem Relief und den darauf befindlichen, natürlichen und vom Menschen geschaffenen Gebilden zusammensetzt und das Ergebnis des landschaftlichen Wirkungsgefüges (Landschaftshaushalt) darstellt.
Der Auffassung der belangten Behörde, dass das naturschutzrechtlich beantragte Vorhaben einen Eingriff darstelle, der den erwähnten Schutzzweck der LSchVO wesentlich beeinträchtigt, kann daher nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.
Bei dieser Sachlage konnte dahin gestellt bleiben, ob vom beschwerdegegenständlichen Parkplatz, der sich nach dem Beschwerdevorbringen in der Nähe einer Straße und eines Müllplatzes befinde, entscheidende Impulse für die Landschaftsgestaltung ausgingen.
2.2. Sollte die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, die vom beantragten Vorhaben betroffene Fläche sei "endgültig der natürlichen Landschaft entzogen", der Ansicht sein, dass deshalb eine naturschutzrechtliche Bewilligung für das beantragte Vorhaben nicht erforderlich sei, ist ihr zu entgegnen, dass das Wiener Naturschutzgesetz solches nicht vorsieht.
2.3. Dass es sich bei dem nach dem Vorbringen der Beschwerde vor mehr als zehn Jahren errichteten Parkplatz um eine Anlage handle, die im Zeitpunkt ihrer Herstellung keiner Bewilligung durch die Naturschutzbehörde bedurfte und seither unverändert bestehe(vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0062), hat die Beschwerde nicht behauptet. Auf ihr Vorbringen in der Stellungnahme vom (richtig: 2008), wonach im Zeitpunkt der Errichtung der Häuser X-Gasse 45a und 45c im Bereich des beschwerdegegenständlichen Parkplatzes eine Betonierung vorgenommen worden sei, ist die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht mehr zurückgekommen.
2.4. Ebenso wenig wurde in der Beschwerde behauptet, dass das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles deutlich höher als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Landschaftsschutzgebietes vor störenden Eingriffen zu bewerten sei.
2.5. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-77609