VwGH vom 29.06.2011, 2010/12/0190
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des HK in G, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs. 41478/2009-1, betreffend Ruhegenussbemessung (§ 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis in einem Aktivdienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Er wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt.
In dem genannten Bescheid sprach die erstinstanzliche Dienstbehörde weiters aus, dass eine Zurechnung von Jahren für die Ruhegenussbemessung nicht erfolge und der Ruhegenuss mit Wirksamkeit vom mit EUR 2.098,94 brutto monatlich festgesetzt werde.
Ihrer Ruhegenussbemessung legte die erstinstanzliche Dienstbehörde eine gemäß § 49b Abs. 1, 2 und 5 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957 (im Folgenden: DO Graz), gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahme von der Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz erachtete die erstinstanzliche Dienstbehörde nicht für gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer lediglich insoweit Berufung, als die vorgenommene Ruhegenussbemessung bekämpft wurde. Insbesondere vertrat er die Auffassung, die Voraussetzungen des § 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz für eine Abstandnahme von der Kürzung lägen vor, weil er am einen Dienstunfall erlitten habe, auf Grund dessen ihm bei zutreffender Beurteilung im Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gebühre.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Unfallfürsorgeausschuss habe zwar den vom Beschwerdeführer erlittenen Verkehrsunfall vom als Dienstunfall anerkannt; freilich habe er lediglich eine befristete Versehrtenrente im Ausmaß von 20 v.H. für den Zeitraum vom bis zuerkannt. Eine vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid des Unfallfürsorgeausschusses erhobene Berufung sei mit einem Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom abgewiesen worden. Auf die Begründung dieses Berufungsbescheides werde verwiesen; sie stelle einen "integrierten Bestandteil" des angefochtenen Bescheides dar. Damit stehe fest, dass die Voraussetzungen des § 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz nicht vorlägen. Aus § 52 Abs. 2 DO Graz sei für den Beschwerdeführer keinesfalls etwas zu gewinnen, betreffe dieser doch bloß Fallkonstellationen, in welchen der Ruhegenussbemessung eine noch nicht zehnjährige Dienstzeit zu Grunde zu legen sei, während beim Beschwerdeführer diese Zeit 34 Jahre und sechs Monate betrage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Beschwerdeführer hatte auch gegen den oben zitierten Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom eine (zur hg. Zl. 2010/09/0087 protokollierte) Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof wendet sich der Beschwerdeführer u.a. gegen die Nichtanwendung der Ausnahmebestimmung von der Kürzung gemäß § 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz.
§ 49b Abs. 1 bis 3 DO Graz idF LGBl. Nr. 1/2003 lautet:
"§ 49 b
Ruhegenussbemessungsgrundlage
(1) 80 v. H. der Ruhegenussberechnungsgrundlage bilden die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage.
(2) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Tages liegt, zu dem der Beamte frühestens seine Versetzung in den Ruhestand bewirken können hätte, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 v. H. um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.
(3) Eine Kürzung nach Abs. 2 findet nicht statt
1. im Falle des im Dienststand eingetretenen Todes des
Beamten,
2. wenn die Ruhestandsversetzung wegen
Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gebührt."
Strittig ist somit, ob die Voraussetzungen des § 49b Abs. 3 Z. 2 DO Graz im Falle des Beschwerdeführers vorlagen. Dies hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid primär mit der Begründung verneint, es stehe auf Grund der Rechtskraft des Bescheides des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom fest, dass eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers nicht gebührt habe.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wirkte jedoch die Aufhebung des eben zitierten Bescheides der belangten Behörde durch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0087, auf den Bescheiderlassungszeitpunkt zurück. Es ist daher nunmehr - rückwirkend betrachtet - davon auszugehen, dass eine rechtskräftige Entscheidung über die Frage der Gebührlichkeit einer Versehrtenrente bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht vorlag (vgl. hiezu etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0042), weshalb dieser, insoweit er sich auf die Bindungswirkung einer rechtskräftigen diesbezüglichen Entscheidung stützt, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.
Insoweit sich die belangte Behörde aber - hilfsweise - auf die im angefochtenen Bescheid verwiesene Begründung des aufgehobenen Bescheides vom stützt, genügt es, sie gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnisses vom zu verweisen, wonach diese Begründung mit einem zur Bescheidaufhebung führenden Mangel behaftet ist.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid infolge prävalierender inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Auf die weiteren Einwände des Beschwerdeführers brauchte vor diesem Hintergrund nicht eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen, weil durch die vorliegende Entscheidung dem Standpunkt des Beschwerdeführers ohnedies Rechnung getragen wurde und auch keine für ihn nachteiligen tragenden Aussagen überbunden wurden.
Wien, am
Fundstelle(n):
NAAAE-77575