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VwGH vom 15.12.2005, 2005/16/0145

VwGH vom 15.12.2005, 2005/16/0145

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2005/16/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde 1. der Z B und

2. des J B, beide in M und vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Claudistraße 5, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, jeweils vom , zu 1. Zl. RV/0439-L/03 und zu 2. Zl. RV/0440-L/03, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt Urfahr schrieb den beschwerdeführenden Parteien jeweils mit Erbschaftssteuerbescheiden vom auf Grund eines Erwerbes von Todes wegen unter Einbeziehung einer Forderung Erbschaftssteuer von je EUR 4.710,65 vor. Die in die Bemessungsgrundlage einbezogene Forderung hatte ihren Grund in dem Übergabsvertrag vom , mit dem den beschwerdeführenden Parteien von der am verstorbenen Erblasserin Liegenschaften übergeben wurden. § 3 dieses Übergabsvertrages lautet:

"§ 3

Gegenleistung

1) (Die beschwerderführenden Parteien) verpflichten sich, nachstehende Geldleistung zu erbringen:

a) Bezahlung eines Betrages von S 800.000,-- an die (Erblasserin).


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b)
c)
Die Fälligkeit dieses Betrages von S 800.000,-- tritt binnen 3 Monaten nach Kündigung des gesamten Betrages oder eines Teilbetrages durch die (Erblasserin) ein.
d)
e)
Die Beträge, die bis zum Tode der (Erblasserin) nicht gekündigt wurden, werden den (beschwerdeführenden Parteien) zum Todeszeitpunkt erlassen."
In der gegen diese Bescheide vom erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, bei dem Betrag von S 800.000,-- handle es sich um eine Forderung, die sich die Erblasserin und seinerzeitige Übergeberin nur deswegen ausbedungen habe, weil die Übergabe nicht an nahe Verwandte erfolgt sei und sie durch diesen Betrag eine gewisse Sicherheit dafür haben wollte, dass sie von den beschwerdeführenden Parteien so betreut werde, wie dies bei nahen Angehörigen auch der Fall wäre (sogenannte "Stillage"). Da keinerlei Schenkungs- bzw. Bereicherungsabsicht für die Zuwendung gegeben sei, sei dieser Betrag nicht in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung der Bescheide wurde zunächst der Begriff der "Stillage" näher erläutert. Die belangte Behörde führte aus, rechtlich handle es sich bei der "Stillage" um eine der Übergeberseite zustehende unbedingte Forderung, deren gänzlich oder teilweise Fälligkeit von den Vertragsteilen einvernehmlich festgelegt werde. Sie ende zivilrechtlich spätestens mit dem Tod des Gläubigers. Hievon abweichend werde in § 20 Abs. 2 ErbStG angeordnet, dass die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse für die Ermittlung der Erbschaftssteuer als nicht erloschen gelten. Durch die Vereinigung, also durch das zivilrechtliche Erlöschen der Schuld, komme es nämlich zu einer Bereicherung des Schuldners im Umfang des noch offenen Forderungsbetrages. Die Bereicherungsabsicht brauche keine unbedingte zu sein, es genüge, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejahe bzw. in Kauf nehme, falls sich eine solche Bereicherung im Zuge der Abwicklung des Geschäftes ergebe, wobei der Bereicherungswille aus dem Sachverhalt erschlossen werden könne. Schon aus dem Umstand, dass vereinbarungsgemäß nicht gekündigte Forderungsbeträge mit dem Tod der Übergeberin als erloschen gelten, sei zu schließen, dass die Übergeberin die beschwerdeführenden Parteien zumindest in diesem Ausmaß bereichern habe wollen.
Gegen diese Bescheide richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Nichteinbeziehung von S 800.000,-- in die Bemessungsgrundlage verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Einbeziehung der "sonstigen Forderung" in die Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Erbschaftssteuer strittig.
Als Erwerb gilt, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. Bei der Zweckzuwendung tritt an die Stelle des Anfalls die Verpflichtung des Beschwerten.
Die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten gemäß § 20 Abs. 2 ErbStG als nicht erloschen.
Die Anwendung der Bestimmung des § 20 Abs. 2 ErbStG setzt voraus, dass die Rechtsverhältnisse tatsächlich durch Vereinigung erlöschen (vgl. das bei Fellner , Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz. 14 zu § 20 referierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1661/61, Slg. 2914/F).
Im Beschwerdefall wurde den beschwerdeführenden Parteien der in Rede stehende Betrag von S 800.000,-- auf Grund der im Übergabsvertrag festgehaltenen Vereinbarung im Todeszeitpunkt der Erblasserin "erlassen". Ab dem Todeszeitpunkt der Erblasserin bestand diese Forderung daher nicht mehr. Damit fiel den beschwerdeführenden Parteien als Erben diese mit dem Tod der Erblasserin erlassene Forderung nicht an und somit konnte das Rechtsverhältnis nicht durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit erlöschen, weil die Forderung der Erblasserin, die auf die beschwerdeführenden Parteien hätte übergehen können, zum Todeszeitpunkt schon auf Grund der Regelung im Übergabsvertrag erloschen war. Daher hatten die beschwerdeführenden Parteien die Forderung von S 800.000,-- im Erbsweg nicht erhalten und die Bestimmung des § 20 Abs. 2 ErbStG hatte im Beschwerdefall entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht zur Anwendung zu kommen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am