zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.11.2018, Ra 2018/09/0105

VwGH vom 21.11.2018, Ra 2018/09/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der F Kft. in S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 20.32-1957/2017-42, betreffend Aufwandersatz im Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Maßnahmenbeschwerde vom beantragten die revisionswerbende Partei und ein Kellner näher bezeichnete Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz in einem Lokal für rechtswidrig zu erklären. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die Beschwerden kostenpflichtig zurückzuweisen in eventu abzuweisen.

2 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom wurde der Beschwerde des Kellners wegen Verletzung von Rechten Folge gegeben und die belangte Behörde zum Kostenersatz verpflichtet.

3 Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wurde vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) mündlich verkündet, dass die Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet abgewiesen werde und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Eine Entscheidung über den Aufwandersatzantrag der belangten Behörde erfolgte nicht.

4 Mit dem nun angefochtenen Beschluss vom gab das LVwG dem Antrag der belangten Behörde gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 35 VwGVG Folge und verpflichtete die revisionswerbende Partei zum Ersatz des Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwandes. In der Begründung führte das LVwG aus, es habe die zugrundeliegende Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abgewiesen und aus einem Versehen über den Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz (in der mündlichen Verhandlung) nicht entschieden.

5 Gegen den Beschluss vom , mit dem über den Kostenantrag abgesprochen wurde, richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag auf Aufhebung des Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die vor dem LVwG belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Die Revision erweist sich im Sinn des Zulassungsvorbringens in der Revision zur Frage, ob es zulässig ist, nach Vorliegen einer rechtskräftigen Erledigung einer Maßnahmenbeschwerde mit gesondertem Beschluss über beantragte Kosten abzusprechen, zur Klarstellung der Rechtslage als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

8 Rechtsvorschriften

§ 31 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018 lautet:

"Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

§ 35 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die

der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner

Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden

waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden

Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die § 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Der Aufwandersatz für Maßnahmenbeschwerden richtet sich nach § 35 VwGVG."

§ 52 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

"§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(...)"

§ 52, 53 und 54 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I.

Nr. 33/2013 lauten:

"§ 52. (1) Haben ein oder mehrere Revisionswerber in einer Revision mehrere Erkenntnisse oder Beschlüsse angefochten, ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn jedes der Erkenntnisse bzw. jeder der Beschlüsse in einer gesonderten Revision angefochten worden wäre.

(2) Für Verhandlungen, die im Fall des Abs. 1 am selben Tag oder an unmittelbar aufeinander folgenden Tagen stattgefunden haben, sind einer Partei Fahrtkosten so zu ersetzen, wie wenn nur eine Verhandlung stattgefunden hätte. Aufenthaltskosten sind einer Partei für denselben Zeitraum nur einmal, der Verhandlungsaufwand ist einer Partei für jede mündliche Verhandlung zu ersetzen. Kommissionsgebühren, die Eingabengebühr gemäß § 24a und Barauslagen sind einer Partei in dem Ausmaß zu ersetzen, in dem sie von ihr tatsächlich entrichtet worden sind.

(3) Haben in den Fällen des Abs. 2 erster Satz für die Fahrtkosten einer Partei gemäß § 47 Abs. 5 mehrere Rechtsträger aufzukommen, sind sie von diesen Rechtsträgern zu gleichen Teilen zu tragen.

§ 53. (1) Haben mehrere Revisionswerber ein Erkenntnis oder einen Beschluss gemeinsam in einer Revision angefochten, ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn die Revision nur von dem in der Revision erstangeführten Revisionswerber eingebracht worden wäre. Der Aufwandersatz ist an diesen Revisionswerber zu zahlen. Die Zahlung hat gegenüber allen Revisionswerbern, die auf Aufwandersatz Anspruch haben, schuldbefreiende Wirkung. Welche Ansprüche diese Revisionswerber untereinander haben, ist nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Aufwandersatz haben die Revisionswerber zu gleichen Teilen zu leisten.

(2) Haben mehrere Revisionswerber ein Erkenntnis oder einen Beschluss in getrennten Revisionen angefochten und sind diese Revisionen durch denselben Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht worden, ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. An die Stelle des erstangeführten Revisionswerbers tritt in diesem Fall der Revisionswerber, dessen Revision die niedrigste Geschäftszahl des Verwaltungsgerichtshofes trägt.

§ 54. (1) Wird die Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß § 45

Abs. 1 Z 1 oder gemäß § 45 Abs. 4 dieses Bundesgesetzes in

Verbindung mit § 69 Abs. 1 Z 1 AVG bewilligt, so hat die Partei,

die die Wiederaufnahme beantragt hat, gegen jene Partei, die das

Erkenntnis beziehungsweise den Beschluss durch eine gerichtlich

strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen hat,

einen Anspruch

1. auf Ersatz des Aufwandes, der für sie mit dem Antrag auf

Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand);

2. auf Ersatz der Geldleistungen, die sie auf Grund der

§§ 47 bis 59 dieses Bundesgesetzes im anhängigen Verfahren vor dessen Wiederaufnahme zu erbringen hatte.

(2) Auf den Schriftsatzaufwand gemäß Abs. 1 Z 1 sind die Bestimmungen des § 49 Abs. 1 und 2 über den Schriftsatzaufwand mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass der Pauschalbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 um die Hälfte niedriger festzusetzen ist als der sonst auf Grund dieser Bestimmung für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes festzustellende Pauschalbetrag.

(3) Wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens von mehreren Parteien beantragt, so hat jede von ihnen einen Anspruch auf Aufwandersatz gemäß den Abs. 1 und 2. Wurde jedoch von mehreren Parteien ein gemeinsamer Wiederaufnahmeantrag gestellt oder wurden getrennte Wiederaufnahmeanträge von mehreren Parteien durch denselben Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht, so gilt § 53 Abs. 1 und 2 sinngemäß.

(4) Soweit die Abs. 1 und 2 nicht anderes bestimmen, gelten die allgemeinen Bestimmungen über den Aufwandersatz auch für das wiederaufgenommene Verfahren."

9 Wenn die Revisionswerberin argumentiert, dass § 35 Abs. 6 VwGVG auf § 52 VwGVG verweist, wonach in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen ist, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, übersieht sie, dass § 35 Abs. 6 VwGVG auf die Bestimmungen der § 52 bis 54 VwGG (und nicht des VwGVG) verweist, die für die gegenständliche Rechtsfrage nicht von Belang sind.

10 Aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 VwGVG kann nicht abgeleitet werden, dass die Kosten im Rahmen der Entscheidung über die Sache zugesprochen werden müssen. Ein Verweis auf die Regelungen zum Kostenersatz im Verwaltungsstrafverfahren ist - anders als in der Revision ausgeführt - gesetzlich nicht vorgesehen.

11 Aus den Materialien zu § 35 VwGVG ergibt sich, dass die Bestimmung über die Kosten bei Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

§ 79a AVG entspricht (vgl. dazu RV 2009 BlgNR 24. GP, 8). Auch

§ 79a AVG sah keine Regelung dahin gehend vor, dass über den

Kostenersatz im Zusammenhang mit Maßnahmebeschwerden im - die Maßnahme bestätigenden - Bescheid abzusprechen ist.

12 Kosten nach § 79a AVG gehörten zur Kostenfrage im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich aus § 59 Abs. 1 AVG nicht ableiten, dass über Verfahrenskosten überhaupt nicht oder nur dann in einem abgesonderten Bescheid abgesprochen werden könne, wenn der in der Hauptsache ergehende Bescheid zumindest den Hinweis auf einen nachfolgenden Bescheid über die Verfahrenskosten enthalte. Somit macht die Unterlassung eines Abspruches über die Kosten die Entscheidung in der Hauptsache nicht rechtswidrig (, mwN). Aus § 59 AVG kann nicht abgeleitet werden, dass über Verfahrenskosten nicht in einem eigenen Bescheid abgesprochen werden könne ().

13 Somit hat das Verwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 59 AVG grundsätzlich schon im Spruch seiner Erledigung über die Kosten abzusprechen, ein gesonderter Abspruch über die Kosten in einer eigenen Erledigung ist aber zulässig (so auch ).

14 Davon ausgehend war die gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG nachträglich mittels Beschluss getroffene Kostenentscheidung im Maßnahmenbeschwerdeverfahren zulässig, wenn - in einem Fall wie dem gegenständlichen - kein Ausspruch über einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Aufwandersatz in dem die Hauptsache erledigenden Erkenntnis erfolgt ist.

15 Angesichts dieser Ausführungen war auf das weitere Vorbringen der Revisionswerberin, es läge mit dem abgesonderten Beschluss ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" vor, nicht mehr einzugehen.

16 Die Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090105.L00
Schlagworte:
Trennbarkeit gesonderter Abspruch Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.