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VwGH vom 19.12.2012, 2012/22/0219

VwGH vom 19.12.2012, 2012/22/0219

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/275.806/2010, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, der Beschwerdeführer sei am illegal nach Österreich gelangt, habe "im Zuge der Schleusung" über einen gefälschten Reisepass verfügt und unter einem falschen Namen am einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei "schlussendlich mit negativ abgeschlossen" worden, wobei auch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien für zulässig erklärt worden sei. "Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß Asylgesetz wurde mit widerrufen."

Am habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, wobei jedoch bereits am die Scheidung erfolgt sei.

Am habe er eine andere österreichische Staatsbürgerin geheiratet; bei dieser Ehe "habe es sich - laut Akt - auch um eine sogenannte 'Scheinehe' gehandelt". Der Aufenthaltsverbotstatbestand sei nur deshalb nicht erfüllt worden, weil kein entsprechender Antrag unter Berufung auf diese Ehe gestellt worden sei. Dennoch sei die Ehe, wie auch der Aussage der vormaligen Ehefrau entnommen werden könne, gegen Bezahlung geschlossen worden und es habe ein gemeinsames Familienleben nie stattgefunden.

Der Beschwerdeführer sei aktuell ohne Aufenthaltsberechtigung und daher illegal im Inland aufhältig. Somit seien die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung gegeben. Entgegen seiner Rechtsansicht sei ihm zu keiner Zeit eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zugekommen.

Wegen des mehrjährigen Aufenthalts im Inland und einer daraus "angeblich" resultierenden Integration sei mit der Ausweisung ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Der überwiegende (rechtmäßige) Teil des Aufenthaltes habe auf einem Asylantrag beruht, der sich als unberechtigt erwiesen habe. Der Beschwerdeführer sei geschieden und kinderlos und verfüge über keine familiären Bindungen im Inland. Zumindest die zweite Ehe des Fremden "könnte" aus fremdenrechtlich verpönten Zwecken geschlossen worden sein, wenngleich sich der Beschwerdeführer zur Titelerteilung nicht auf diese Ehe berufen habe.

Von einer nachhaltigen Integration am heimischen Arbeitsmarkt könne nicht gesprochen werden. Der Beschwerdeführer habe zu keiner Zeit über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt.

Einer entsprechenden Kursbesuchsbestätigung sei lediglich zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer an einem Deutschunterricht teilnehme, er habe aber Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2 bis dato nicht nachgewiesen.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei schon im April 2002 in erster Instanz abgewiesen worden. Er habe somit "zu keiner Zeit" davon ausgehen können, auf Dauer im Inland verbleiben zu dürfen.

Der Beschwerdeführer habe den Großteil seines Lebens in seiner Heimat verbracht und verfüge dort über familiäre Bindungen, weil seine Eltern und auch ein Bruder dort lebten. Er verfüge dort über ein soziales Netz, welches ihm neben der Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme Unterstützung gewähren könnte. Es sei daher überhaupt kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer nicht in seine Heimat zurückkehren könne. Seine vorgeblichen Asylgründe hätten sich jedenfalls als unzutreffend erwiesen.

Den entsprechend relativierten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet stünden erhebliche öffentliche Interessen gegenüber. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der geordneten Abwicklung des Fremdenwesens ein sehr hoher Stellenwert zu. Seine privaten Interessen seien jedenfalls nicht höher zu bewerten als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Daher sei die Ausweisung dringend geboten und zulässig im Sinn des § 66 FPG.

Überdies seien keine besonderen Umstände ersichtlich, die die Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens zu einer Abstandnahme von der Ausweisung veranlassen müsste.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid an ihn erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 1383/10-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der über die Beschwerde nach Aktenvorlage samt Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am die Bestimmungen des FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 anzuwenden sind und sich nachfolgende Zitierungen auf diese Rechtslage beziehen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde.

Nicht nachvollziehbar ist der Beschwerdehinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0046. Dieses Erkenntnis betraf nämlich die Überprüfung einer behördlichen Zurückweisung eines Niederlassungsantrages gemäß § 44b Abs. 1 Z 3 NAG. In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof ausgeführt, dass - liegt eine Ausweisungsentscheidung noch nicht vor - die Aufenthaltsbehörde die Fremdenpolizeibehörde um Stellungnahme zu ersuchen hat und letztere nach Prüfung des Sachverhalts die Ausweisung zu erlassen oder gemäß § 66 Abs. 3 FPG über deren Zulässigkeit abzusprechen hat. Im vorliegenden Fall hat die Fremdenpolizeibehörde ihre Befugnis in Anspruch genommen, gegen den unrechtmäßig im Inland aufhältigen Fremden eine Ausweisung zu verfügen. Warum sie deswegen die Gesetzeslage verkannt haben soll, entzieht sich dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenso wenig nachvollziehbar ist der Beschwerdehinweis auf § 75 Abs. 6 Asylgesetz. Diese Übergangsbestimmung betrifft Fremde, denen am oder nach dem eine befristete Aufenthaltsberechtigung infolge Gewährung subsidiären Schutzes nach dem Asylgesetz 1997 bzw. Asylgesetz 1991 zugekommen ist oder zuerkannt wurde. Davon kann beim Beschwerdeführer nicht die Rede sein, hat dieser doch lediglich über eine vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung verfügt, sodass sein Aufenthalt nur bis zum Abschluss seines Asylverfahrens rechtmäßig war.

Es bestehen somit keine Bedenken gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt ist.

Der Beschwerde ist aber auch darin der Erfolg zu versagen, als sie das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung nach § 66 FPG bekämpft.

Der Beschwerdeführer vermag zwar auf einen ca. neunjährigen inländischen Aufenthalt zu verweisen, verfügt aber nicht über familiäre Bindungen in Österreich. Zu einer beruflichen Integration verweist der Beschwerdeführer in der Beschwerde lediglich auf die "Erlangung eines Gewerbescheins samt Gründung und Führung der, im Firmenbuch zu FN 3 eingetragenen PSS KG, für welche sämtliche Steuern und Abgaben sowie Sozialversicherungsbeiträge stets beglichen werden". Konkrete Behauptungen, in welcher Weise aus dieser Firmengründung auf eine maßgebliche Integration am österreichischen Arbeitsmarkt geschlossen werden könnte, fehlen jedoch. Weiters behauptet der Beschwerdeführer zwar, über Deutschkenntnisse zu verfügen, tritt der behördlichen Feststellung aber nicht argumentativ entgegen, dass er diese Kenntnisse nicht nachgewiesen hat. Letztlich vermag der Beschwerdeführer auch nicht dem behördlichen Argument entgegenzutreten, dass sein Asylantrag bereits im April 2002 in erster Instanz abgewiesen wurde. Auch wenn der Beschwerdeführer auf einen Erfolg seiner Berufung gehofft haben mag, war ihm bewusst, auf einen legalen Aufenthalt in Österreich nicht vertrauen zu dürfen.

Insgesamt ist die Ansicht der belangten Behörde nicht zu beanstanden, dass eine Abwägung der Interessenlage nicht zu einer Unzulässigkeit der Ausweisung nach § 66 FPG iVm Art. 8 EMRK führt. Der Beschwerdeführer wirft zwar der belangten Behörde weitwändig Verfahrensmängel vor, legt aber nicht dar, welche weiteren integrationsbegründenden Umstände hätten ermittelt werden können. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit nicht als rechtswidrig, ohne auf die behördlichen Argumente der Einreise mit einem gefälschten Pass und des Abschlusses einer Aufenthaltsehe eingehen zu müssen. Maßgebliche Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass dem alleinstehenden Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Asylverfahrens eine Rückkehr in seinen Heimatstaat, in dem er ca. 28 Jahre gelebt hat, möglich und zumutbar ist.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-77460