VwGH vom 30.05.2018, Ra 2018/09/0045
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision der Disziplinarkommission für Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Burgenland in Eisenstadt, vertreten durch Maxl & Sporn Rechtsanwälte GmbH, in 1010 Wien, Ebendorferstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom , Zl. E 212/01/2017.002/007, betreffend Disziplinarstrafe nach dem LDG 1984 (mitbeteiligte Partei: X Y in Z, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Kostenantrag der revisionswerbenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2017/09/0008, verwiesen.
2 Mit Bescheid der revisionswerbenden Disziplinarkommission für Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Burgenland (in der Folge: DK) vom wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe am an einem näher bezeichneten Duathlon-Wettkampf teilgenommen und sei bei diesem als Sieger einer näher umschriebenen Leistungsklasse hervorgegangen, obwohl er laut amtsärztlichem Gutachten dienstunfähig gewesen sei. Der Mitbeteiligte habe dadurch gegen § 29 Abs. 1 und 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984) verstoßen, weshalb über ihn gemäß §§ 70 und 71 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug verhängt wurde.
3 Der gegen diesen Bescheid vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Burgenland Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
4 Zur Begründung der Entscheidung führte das Verwaltungsgericht, unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zusammengefasst aus, die DK sei eine Kollegialbehörde, die für ihre Erledigungen eines Beschlusses derselben bedürfe. Die Willensbildung einer Kollegialbehörde erfolge "üblicherweise durch den Gesamtakt einer sich an die gemeinsame Erörterung der zu entscheidenden Angelegenheit anschließenden Abstimmung", wobei die Willensbildung nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und die wesentliche Begründung einer Erledigung umfasse. Die Entscheidung über die Verurteilung wegen einer Dienstpflichtverletzung schließe auch die Willensbildung hinsichtlich des angenommenen Sachverhaltes sowie der tragenden Gründe der Entscheidung mit ein.
5 Aus dem Beratungsprotokoll der DK sei ein Beschlussantrag, eine durchgeführte Abstimmung oder ein Abstimmungsergebnis nicht ersichtlich, was einen gültigen Beschluss nicht nachvollziehbar mache. Überdies umfasse der Beschluss kein einziges Begründungselement, weshalb sich die Frage, ob tragende Teile der Begründung beschlossen worden seien, nicht stelle. Da der ausgefertigte Bescheid nicht vom Beschluss des Kollegiums gedeckt sei, habe ihn die Vorsitzende der DK als unzuständiges Organ genehmigt und erlassen. Der Bescheid sei daher als rechtswidrig aufzuheben gewesen, auch wenn dies in der Beschwerde nicht vorgebracht worden sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das Verwaltungsgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Mitbeteiligten erwogen hat:
7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revision ist zulässig und es kommt ihr auch Berechtigung zu. Darin wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonachzwar die Begründung einer Entscheidung einer Kollegialbehörde auch Gegenstand ihrer Beschlussfassung sein müsse und die Willensbildung sohin nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung umfassen müsse. Daraus ergebe sich aber nicht die Verpflichtung, dass der vollständige Inhalt der Begründung durch einen Beschluss im Beratungsprotokoll festzuhalten sei.
10 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Kollegialbehörde bei der Abstimmung über die bescheidmäßige Erledigung sowohl den Spruch der Entscheidung als auch deren Begründung (zumindest in den Grundsätzen) der Beschlussfassung unterziehen muss. Andernfalls wäre der ausgefertigte Bescheid, der eine (eingehende) Begründung enthält, durch den Beschluss des Kollegialorgans nicht gedeckt und damit rechtswidrig (vgl. , mwN).
11 Dem Beratungsprotokoll der DK ist nicht nur eine Darstellung des als erwiesen angenommenen und wesentlichen Sachverhalts zu entnehmen, es enthält auch beweiswürdigende Überlegungen, eine rechtliche Begründung und eine Auseinandersetzung mit der Schuldfrage und der Strafhöhe. Der Spruch der Entscheidung ist ebenfalls von der Beschlussfassung umfasst. Damit sind die von der Rechtsprechung geforderten wesentlichen Elemente jedenfalls einer Beschlussfassung unterzogen worden. Das Beratungsprotokoll ist außerdem von allen Mitgliedern der DK unterschrieben worden, sodass kein Zweifel an einer Einhelligkeit der Beschlussfassung besteht, wobei § 91 Abs. 1 LDG 1984 im Übrigen nur vorsieht, dass Entscheidungen in Disziplinarkommissionen mit Stimmenmehrheit zu erfolgen haben (mit Ausnahme der Disziplinarstrafe der Entlassung). Die Willensbildung erfolgte sohin insgesamt, wie von der Rechtsprechung gefordert und aus dem Beratungsprotokoll ersichtlich, durch den Gesamtakt einer sich an die gemeinsame Erörterung der zu entscheidenden Angelegenheiten anschließenden Abstimmung (vgl. ).Vor diesem Hintergrund sind die Bedenken des Verwaltungsgerichtes nicht nachvollziehbar.
12 Im Übrigen trifft die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den Revisionsfall nicht zu, wurde in den jeweiligen Fällen doch eine Begründung gar nicht der Beschlussfassung unterzogen (vgl. ; , 86/05/0139; , 83/05/0137) bzw. war zusätzlich ein Widerspruch zwischen dem beschlossenen Spruch und dem Spruch im ausgefertigten Bescheid gegeben (vgl. ).
13 Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte, hat es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
14 Der Kostenantrag der revisionswerbenden Partei war abzuweisen, da nach § 47 Abs. 4 VwGG der Revisionswerber bzw. der Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 2 bis 4 und Abs. 8 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz haben.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090045.L00 |
Schlagworte: | Spruch und Begründung Besondere Rechtsgebiete |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.