Suchen Hilfe
VwGH 29.04.2011, 2010/12/0115

VwGH 29.04.2011, 2010/12/0115

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
RS 1
Eine offenkundige Unrichtigkeit der nach § 59 Abs. 1 erster Satz AVG gebotenen Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen im Spruch des Bescheides ist einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG zugänglich, aber ohne eine solche in dem (für alle Parteien erkennbaren) Wortsinn zu verstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, Rz 74 zu § 59 AVG). Wenn es sich um einen nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähigen Mangel handelt, ist der Spruch nach seinem eindeutig erkennbaren wahren Gehalt auszulegen (vgl. zur Auslegung von Bescheiden mit berichtigungsfähigen Mängeln etwa das E vom , 2007/12/0166, unter Hinweis auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), S. 1144 f).
Norm
AVG §62 Abs4;
RS 2
Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn zu dessen Erkennung kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig ist, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelnden Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 90/18/0248 E RS 3
Norm
AVG §62 Abs4;
RS 3
Unter "Durchschnittsbetrachter" ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 62 Abs 4 AVG - wie das Abstellen auf die klare Erkennbarkeit für die Partei zeigt - nicht etwa ein durchschnittlicher Rechtsanwender im Bereich der jeweiligen Rechtsmaterie gemeint, sondern vielmehr eine mit ihrem eigenen "Fall" vertraute durchschnittliche Verfahrenspartei. Diese Voraussetzungen sind in Ansehung des hier aufgezeigten Aspektes restriktiver als jene für eine amtswegige Aufhebung oder Abänderung eines Bescheides in Anwendung des § 13 Abs. 1 DVG.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2002/12/0140 E RS 4 (hier: nur der erste Satz)

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/12/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerden des F B in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21402-5/0502035/0082-2010, betreffend Bemessung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss, und vom , Zl. 21402-5/502035/0081-2010, betreffend Berichtigung eines Bescheides über die Ruhestandsversetzung nach § 4a Abs. 2 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer steht seit Ablauf des in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Salzburg.

Zur Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die in dieser Sache bereits ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/12/0024, und vom , Zl. 2009/12/0119, verwiesen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer wie folgt ab (Schreibungen in Zitaten im Original, Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Spruch:

Der am durch die Salzburger Landesregierung erlassene Bescheid, Zl 21402-5/0502035/58-2007, mit dem (der Beschwerdeführer) mit in Ruhestand versetzt wurde, wird dahingehend berichtigt, dass im Spruchteil 'Rechtsgrundlagen:' die Zitierung '§§ 4 Abs. 5' ergänzt wird und dieser Teil des Spruches nun lautet:

'Rechtsgrundlagen:

§§ 4 Abs. 5 in Verbindung mit § 4a Abs. 2 des Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 sowie die §§ 3a bis 6 Landesbeamten-Pensionsgesetz, in der jeweils geltenden Fassung.'

Rechtsgrundlagen:

§ 62 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 -

 AVG, § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987"

Begründend ging die belangte Behörde zunächst von folgender

"Sachverhaltsdarstellung" aus: am sei dem

Beschwerdeführer auf dessen Anfrage hin mitgeteilt worden, dass

dessen Regelpensionsalter mit 62 Jahren und 5 Monaten erreicht

wäre; die so genannte 40/60 Regel (§ 4a Abs. 2 des Landes-

Beamtengesetzes 1987) müsste im konkreten Fall geprüft werden. Am

14. Mai d. J. sei auf die neuerliche telefonische Anfrage des

Beschwerdeführers die Auskunft ergangen, dass er mit dem

Regelpensionsalter von 62 Jahren und 5 Monaten ohne Abzüge in

Pension gehen könnte bzw. er im Jahr 2009 auch die 40/60 Regel in

Anspruch nehmen könnte. Am seien dem

Beschwerdeführer per E-Mail zwei provisorische

Ruhegenussbemessungsblätter übermittelt worden, in denen der

Ruhegenuss zum und zum berechnet

und dargestellt worden sei. Im Ruhegenussbemessungsblatt für die

allfällige Pensionierung zum seien unter dem

Punkt "Ruhegenussberechnung" die Abschläge pro Monat in der Höhe

von 0,3333 % gemäß § 5 Abs. 6 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes

ausgewiesen und dargestellt worden.

Mit Schreiben vom habe der Beschwerdeführer um Versetzung in den Ruhestand mit angesucht.

Nach weiterer Darstellung des Verfahrensganges schließt die belangte Behörde folgende "rechtliche Beurteilung" an:

"Gemäß § 62 Abs. 4 AVG ...

Die (zahlreiche) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes interpretiert die Bestimmung dahingehend, dass die Anwendung der Vorschrift über die Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraussetzt, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist …

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2005/10/0132 wird die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG wie folgt interpretiert:

Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können.

Weiters wird festgehalten, dass eine Berichtigung dort ausgeschlossen ist, wo sie eine nachträgliche Änderung des Spruchinhalts des berichtigenden Bescheides oder die Sanierung eines unterlaufenen Begründungsmangels bewirkt. Hingegen sei es geradezu Zweck des in Rede stehenden Instituts, den Wortlaut des Bescheides (in Spruch oder Begründung) von textlichen Unstimmigkeiten zu reinigen, die den wahren Sinn des Bescheides nicht in Frage stellen können, wie sie aus dem inhaltlichen Zusammenhang heraus als ein bloßes Versehen bei der Textgestaltung in die Augen springen. Mithin sind insbesondere solche Unrichtigkeiten einer Berichtigung zugänglich, die darin bestehen, dass der tatsächliche Inhalt des Spruches des Bescheides von dem in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt abweicht und den von der Behörde ihrem Bescheid offensichtlich zugrunde gelegten Gedanken unrichtig wiedergibt.

(…)

Es kommt dabei letztlich auf den Inhalt der übrigen

Bescheidteile bzw. auf den Akteninhalt an.

Aus dem unter Pkt. 1 dargestellten Sachverhalt geht eindeutig hervor, dass sich (der Beschwerdeführer) vor Antragstellung bei der Dienstbehörde über die Möglichkeiten einer Pensionierung informiert und die entsprechenden Informationen auch erhalten hat.

Nach der Übermittlung der Ruhegenussberechnungsblätter an (den Beschwerdeführer) - eine Berechnung betraf auch den Zeitpunkt einer allfälligen Pensionierung zum und wurde darin auch die Kürzung der Bezüge um 0,333 % ausgewiesen - stellte er einen Pensionierungsantrag mit genau diesem Datum. Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Antragsteller also in voller Kenntnis der Konditionen, zu denen er in Pension gehen würde - insbesondere der Kürzung seines Ruhegenusses gemäß § 5 Abs. 6 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes um 0,3333 % für jeden Monat der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monats, in dem er das 60. Lebensjahr vollendete.

Am erging über den Antrag des (Beschwerdeführers) der Pensionierungsbescheid mit folgendem Inhalt:

Der Spruch besteht aus zwei Sätzen wobei im zweiten Satz auf das beiliegende, einen Bescheidteil bildenden Bestandteil bildende Ruhegenussbemessungsblatt verwiesen wird.

Diesen beiden Sätzen folgt unter der Überschrift 'Rechtsgrundlagen' die Zitierung von Rechtsnormen.

Es folgt die Begründung mit einer kurzen Sachverhaltsdarstellung und dem Hinweis, dass auf Grund des Pensionsantritts 24 Monate vor jenem Zeitpunkt, an dem der Antragsteller die Beitrags gedeckte Gesamtdienstzeit erfüllt hätte, eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage um 0,3333 % für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet hätte, erfolge. Als Rechtsgrundlage dafür wird in der Begründung selbst § 5 Abs. 6 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes angeführt.

Der Bescheid ist damit in sich schlüssig, die Entscheidung der Behörde und ihre Zielrichtung eindeutig und unmissverständlich erkennbar: Sie trägt dem Antrag des Bescheidwerbers vollinhaltlich Rechnung und führt eine Pensionierung gemäß §§ 4 Abs. 5 in Verbindung mit § 4a Abs. 2 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, sowie die §§ 3a bis 6 Landesbeamten-Pensionsgesetz, in der jeweils geltenden Fassung, durch.

Dass die Zitierung des § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 im Punkt 'Rechtsgrundlagen' unterblieben ist, beruht auf einem offensichtlichen Versehen der Behörde.

Diese Unrichtigkeit ist eine offenkundige, die sowohl (dem Beschwerdeführer) als auch der Dienstbehörde bei entsprechender Aufmerksamkeit auffallen hätte können. Denn (der Beschwerdeführer) war bereits vor seiner Antragstellung auf Grund der vorliegenden Informationen der Personalabteilung in Kenntnis der Kürzung des Ruhegenusses auf Grund seines vorzeitigen Pensionsantritts, der in § 4 Abs. 5 Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 seine rechtliche Grundlage hat. Aufgrund der sachlichen Zuständigkeit der Dienstbehörde für die Pensionierungen hätte dort, bei der Bearbeitung des Antrages auffallen müssen, dass die Anwendung des § 5 Abs. 6 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes die Anwendung des § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 zur unabdingbaren Voraussetzung hat und dort immer von diesem Sachverhalt bzw. Tatbestand ausgegangen wurde. Der gesamte Bescheidinhalt insbesondere das beigelegte Ruhegenussbemessungsblatt als auch die Zitierung der richtigen Rechtsgrundlage für die Kürzung des Ruhegenusses ergeben die Offensichtlichkeit dieses Versehens, das zu einer Unrichtigkeit des Bescheides führte, die bereits - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bei Bescheiderlassung vermieden hätte werden können.

Auch aus dem inhaltlichen Zusammenhang ergibt sich eindeutig, dass der tatsächliche Inhalt des Spruchs nämlich die unterlassene Zitierung des § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 von dem in klar erkennbarere Weise gewollten Inhalt abweicht und den von der Behörde ihrem Bescheid offensichtlich zugrunde gelegten Gedanken unrichtig wiedergibt.

Nachdem es letztlich auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile bzw. den Akteninhalt ankommt, das heißt, im vorliegenden auf das Ruhegenussbemessungsblatt, die Zitierung des richtigen Paragraphen in der Bescheidbegründung und der im Akteninhalt dokumentierten Kenntnis des Antragstellers um die Kürzung des Ruhegenusses, ist die Unrichtigkeit klar erkennbar und auf einem Versehen des zuständigen Sachbearbeiters beruhend, sodass sie einer Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG zugänglich ist."

Mit dem erstangefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer wie folgt ab:

"Spruch:

In Ergänzung zum ha. Bescheid vom , Zahl: 21402- 5/0502035/58-2007, mit dem Ihnen anlässlich Ihrer Versetzung in den Ruhestand eine Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss zuerkannt wurde, erfolgt nunmehr die endgültige Abrechnung der Nebengebührenwerte unter Berücksichtigung der laut Schreiben vom , Zahl …, angeführten Überstunden wie folgt:

Anstatt der ursprünglichen Nebengebührenzulage in der Höhe von Euro 181,70 erhalten Sie rückwirkend ab eine Nebengebührenzulage in der Höhe von Euro 182,71.

Rechtsgrundlagen:

§§ 60 bis 63 Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987, in der

geltenden Fassung."

Begründend führte die belangte Behörde in diesem Bescheid aus, mit dem angeführten Bescheid (vom ) seien die bis zu diesem Zeitpunkt geleisteten Überstunden in Nebengebühren berücksichtigt worden. Durch die Auszahlung weiterer Überstunden im Oktober 2007, deren Umrechnung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung über die Versetzung in den Ruhestand mit noch nicht habe erfolgen können, seien diese nunmehr endgültig in der Nebengebührenzulage zu berücksichtigen. Da der Pensionierungszeitpunkt 24 Monate vor dem 60. Lebensjahr (= Ablauf des 720. Lebensmonates) liege, erfolge "nach § 63 Abs. 4 Ziffer 2" eine Kürzung der Nebengebührenzulage um 0,3333 % für jeden Monat, den der Beschwerdeführer vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter (720. Lebensmonat) pensioniert worden sei.

Gegen die beiden Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, die die Aufhebung der von ihnen angefochtenen Bescheide jeweils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes begehren.

Die belangte Behörde hat - nach Einleitung des Vorverfahrens und Urgenz der Aktenvorlage - lediglich zur Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid eine Gegenschrift unter Anschluss von vier Ablichtungen erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichthof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Aus systematischen Gründen ist zunächst auf den zweitangefochtenen Bescheid einzugehen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den zweitangefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Nichtabänderung eines die abänderungsrelevanten rechtlichen Erfordernisse nicht erfüllenden Bescheides verletzt, in Konsequenz daraus in seinem sich aus der ursprünglichen Bescheidfassung ergebenden Rechten auf höheren Ruhebezug sowie weiters in seinem Recht darauf, dass behördlicherseits in Beachtung der Bindungswirkung eines in dieser Sache ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2009/12/0119, zu entscheiden sei (§ 63 VwGG, Art. 20 Abs. 1 B-VG).

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage kann zunächst wiederum gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene, bereits eingangs zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2008/12/0024, verwiesen werden.

Gemäß dem - nach § 1 Abs. 1 DVG auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses u.a. zu einem Land anwendbaren - § 59 Abs. 1 erster Satz AVG hat der Spruch des Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlagen beruhende Unrichtigkeit in Bescheiden jederzeit von Amtswegen berichtigen.

Eine offenkundige Unrichtigkeit der nach § 59 Abs. 1 erster Satz AVG gebotenen Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen im Spruch des Bescheides ist einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG zugänglich, aber ohne eine solche in dem (für alle Parteien erkennbaren) Wortsinn zu verstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, Rz 74 zu § 59 AVG). Wenn es sich um einen nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigungsfähigen Mangel handelt, ist der Spruch nach seinem eindeutig erkennbaren wahren Gehalt auszulegen (vgl. zur Auslegung von Bescheiden mit berichtigungsfähigen Mängeln etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0166, unter Hinweis auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), S. 1144 f).

Offenkundig ist eine Unrichtigkeit im besagten Sinn dann, wenn sie jene Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, erkennen können. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn das Erkennen des Versehens kein längeres Nachdenken und keine Nachschau im Gesetz erfordert, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelnden Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist. Unter "Durchschnittsbetrachter" ist - wie das Abstellen auf die klare Erkennbarkeit für die Partei zeigt - nicht etwa ein durchschnittlicher Rechtsanwender im Bereich der jeweiligen Rechtsmaterie gemeint, sondern vielmehr eine mit ihrem eigenen "Fall" vertraute durchschnittliche Verfahrenspartei (vgl. etwa die in Hengstschläger/Leeb, aaO, unter Rz 47 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Durch die Berichtigung eines Bescheides darf aber der Inhalt dieses Bescheides nicht verändert werden. Die genannte Bestimmung bietet weder eine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende oder erklärende Auslegung des Spruchs oder der Begründung eines Bescheides, noch kann auf Grund dieser Gesetzesstelle eine unrichtige rechtliche Beurteilung (eine unrichtige Gesetzesanwendung) eines richtig angenommenen Sachverhalts oder ein unrichtig angenommener Sachverhalt berichtigt werden (vgl. die in Hengstschläger/Leeb, aaO, unter Rz 49 zu § 62 AVG zitierte Rechtsprechung).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom u.a. ausführte, brachte der Bescheid vom in seinem (damals unangefochten gebliebenen) ersten Spruchabschnitt in gedrängter, aber deutlicher Fassung zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer - auf seinen Antrag hin - nach § 4a Abs. 2 Sbg L-BG in den Ruhestand versetzt wurde.

Für die (damals strittige) Frage der Bemessung des Ruhegenusses konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Anwendung des § 4a Abs. 2 Sbg L-BG mit Ablauf des rechtskräftig in den Ruhestand versetzt worden war.

Allfällige Bedenken gegen die Rechtsrichtigkeit der in Rechtskraft erwachsenen Ruhestandsversetzung vermochten am normativen Gehalt der ausschließlich auf § 4a Abs. 2 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 gegründeten Ruhestandsversetzung nichts zu ändern, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dem Spruch, nicht aber auch der Begründung des Bescheides (hier: bloß Zitierung des § 5 Abs. 6 des Salzburger Landesbeamten-Pensionsgesetzes in der Begründung zur Ruhegenussbemessung im Bescheid vom , der an einer Ruhestandsversetzung nach § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 anknüpft) Rechtskraft zukommen konnte.

Unter Zugrundelegung dessen war der erste Spruchabschnitt des Bescheides vom zunächst keiner "berichtigenden" Auslegung dahingehend zugänglich, dass darin der Sache nach etwa eine Ruhestandsversetzung nach § 4 Abs. 5 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 erfolgt wäre. Ein Erkennen eines Versehens der Dienstbehörde hätte abgesehen von längerer Reflexion über deren wahren Entscheidungswillen auch eine tiefer gehende Lektüre des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 erfordert, welche weitere Arten der Ruhestandsversetzung sonst noch in Betracht kommen könnten (vgl. die zwar auf das Wesentliche reduzierte, jedoch umfängliche Darstellung der Rechtslage auf den Seiten 7 bis 11 des zitierten Erkenntnisses vom ).

Schon deshalb lag in der alleinigen Anführung des § 4a Abs. 2 leg. cit. als der für die Ruhestandsversetzung maßgeblichen Rechtsgrundlage keine - einem Schreib- und Rechenfehler gleich zu haltende, offenbar auf einem Versehen beruhende - Unrichtigkeit, die einer Berichtigung in im Wege des § 62 Abs. 4 AVG zugänglich wäre, zumal die von der belangten Behörde intendierte Berichtigung des ersten Spruchabschnittes des Bescheides vom den Inhalt dieses Spruchabschnittes wesentlich verändert, wie sich nicht zuletzt an den von der belangten Behörde im Weiteren ins Auge gefassten pensionsrechtlichen Folgen der Kürzung von Leistungen nach dem Salzburger Landesbeamten-Pensionsgesetz zeigt.

Da die belangte Behörde derart die Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 1 D-VG verkannte, belastete sie den zweitangefochtenen Bescheid mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid nahm die belangte Behörde "in Ergänzung" zum Bescheid vom , dessen zweiter Spruchabschnitt über die Bemessung des Ruhegenusses (einschließlich der Nebengebührenzulage) allerdings seit Ergehen des bereits mehrfach zitierten Erkenntnisses vom nicht mehr existiert, die Bemessung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss vor und gründete dies, wie aus den im Spruch angeführten Rechtsgrundlagen ersichtlich ist, auf die "§§ 60 bis 63 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, in der geltenden Fassung". Begründend leitete sie aus der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers vor Erreichen seines gesetzlichen Pensionsantrittsalters eine in "§ 63 Abs. 4 Ziffer 2" - offenbar des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, wie die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen nahelegen - vorgesehene Kürzung der Nebengebührenzulage um 0,3333 % für jeden Monat der vorzeitigen Ruhestandsversetzung ab und bemaß offensichtlich eine derart gekürzte Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss.

Zunächst ist festzuhalten, dass die von der belangten Behörde nach § 59 Abs. 1 erster Satz AVG zitierten, sohin von ihr zur Anwendung gebrachten Gesetzesbestimmungen, nämlich die §§ 60 bis 63 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987, Regelungen über das Disziplinarverfahren treffen: So § 60 leg. cit. über außerordentliche Rechtsmittel, § 61 leg. cit. über den Vollzug des Disziplinarerkenntnisses, § 62 leg. cit. über die Kosten des Verfahrens und schließlich § 63 leg. cit. über Ratenbewilligung und Verwendung der Geldstrafe und Geldbußen.

Schon deshalb vermögen die von der belangten Behörde zitierten Rechtsgrundlagen eine Bemessung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss, insbesondere in Anwendung einer Kürzungsbestimmung, nicht zu tragen.

Sollte allerdings die belangte Behörde - ob auf Grund eines offensichtlichen Versehens im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG kann dahingestellt bleiben - den Inhalt der §§ 60 bis 63 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes, LGBl Nr. 17/2001, vor Augen gehabt haben, respektive § 63 Abs. 4 Z. 2 leg. cit., wonach für den Fall, dass dem Ruhegenuss ab dem eine gemäß § 5 Abs. 2 oder 6 bzw. gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde liegt, die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen sind, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspricht, erwiese sich eine solche Kürzung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss in Ansehung des aufgrund der nach § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkenden Aufhebung des unter Zl. 2010/12/0116 zweitangefochtenen Berichtigungsbescheides wiederum dem Rechtsbestand angehörenden und in Rechtskraft erwachsenen ersten Spruchabschnittes des Bescheides vom , womit eine Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nach § 4a Abs. 2 LBG verfügt worden war, und vor dem Hintergrund des bereits mehrfach zitierten Erkenntnisses vom ebenfalls als rechtswidrig.

Daher war auch der erstangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2010120115.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAE-77401